Was ist die Kirche?

Geliebte Gottes!

Das heutige Sonntagsevangelium berichtet uns davon, wie Jesus das Fischerboot des Simon Petrus bestieg, um von diesem Schifflein aus die am Seeufer versammelte Volksmenge zu lehren. Und als der Herr geendet hatte, da gab Er den Befehl hinaus auf den See zu fahren, wo sich unter widrigsten Umständen ein wunderbarer Fischfang einstellte. So groß war die Menge Fische, daß das Netz des Simon Petrus zerriß, der Fang nur mit vereinten Kräften geborgen werden konnte und das Schiff ob der Last des Fanges beinahe zum sinken gebracht wurde.

Durch dieses Wunder wollte Christus dem hl. Petrus eindrucksvoll vor Augen führen, zu welcher Aufgabe im Gottesreich er berufen sei: „Fürchte dich nicht; von nun an sollst du Menschen fangen!“ Von nun an wirst du ein anderes, ein viel größeres Schiff steuern. Nämlich das Schiff der Kirche. Ihr Steuer ist der Glaube, ihr Anker ist die Hoffnung, ihr Segel die Liebe. Nicht Netze und Köder wirst du auswerfen, sondern mit der Lehre des Evangeliums und dem Brot des ewigen Lebens wirst du die Menschen, wie Fische, aus den dunklen, trüben Tiefen der Unkenntnis und der Sünde emporziehen; sie in die katholische Kirche, die Arche des Heiles, aufnehmen und sie zusammen mit deinen Mitaposteln unter Lobgesang an die Gestade der Ewigkeit bringen. – Damit hat uns unser göttlicher Heiland selbst das Thema vorgegeben, mit dem wir uns in den kommenden Wochen eingehender befassen wollen: Nämlich mit der Lehre von der Kirche.

Als Katholiken sind wir ja verpflichtet die Gegenstände unseres Glaubens immer besser kennenzulernen und um so mehr jene Gegenstände, die von der Häresie und dem Irrtum bedrängt und angegriffen werden. Nun gibt es aber in der heutigen papstlosen Zeit, in der praktisch alle Lehren des katholischen Glaubens irgendwie verdreht und gefälscht werden, kaum einen anderen Gegenstand, der so verfinstert ist, wie die Lehre von der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche.

Viele Menschen, die am heutigen Sonntag das Credo beten und sich mit ihrem Mund zu dieser Kirche bekennen, sind sich nicht darüber im Klaren, daß sie dieser Kirche in Wirklichkeit gar nicht angehören, sondern einer der vielen Fälschungen. – Warum ist das so? Weil ihnen erstens das klare Verständnis fehlt oder abhanden gekommen ist, was die katholische Kirche eigentlich ist und ihnen folglich auch die Kenntnis mangelt, was notwendig ist, um zur katholischen Kirche zu gehören.

Wenn wir also für unsere kommenden Betrachtungen ein gutes Fundament legen wollen, dann müssen wir zwei Fragen beantworten:

  1. Was ist die Kirche? Und
  2. Wer gehört zur Kirche?

Was ist die Kirche?

Wenn wir fragen „Was ist die Kirche?“, dann fragen wir nach dem Begriff, nach der Definition der Kirche. – Schon hier begegnen wir einer ersten Schwierigkeit. Denn das Wort „Kirche“ wird keineswegs in einem eindeutigen Sinn gebraucht, sondern es ist mehrdeutig. – Mit dem Wort „Kirche“ bezeichnen wir sehr oft ein Gebäude, das dem Gottesdienst geweiht ist, mit Turm und Glocken; mit Altar, Kanzel und Orgel. Solche Kirchen gibt es viele; große und kleine. Fast in jedem Dorf findet sich eine. Jede Stadt kann sogar mehrere aufweisen. – Bisweilen verstehen wir unter dem Wort „Kirche“ auch den Gottesdienst. So sagen wir: „Die Kirche fängt an.“ „Die Kirche ist aus.“ „Die Kirche hat heute aber wieder lange gedauert.“

Wenn wir aber im Glaubensbekenntnis beten: „Ich glaube an die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche“, da meinen wir nicht das Gebäude und auch nicht den Gottesdienst, der in diesem Gebäude abgehalten wird. Was wir dabei meinen, sind nicht die äußeren Mauern, sondern die Katholiken drinnen. Die Menschen, die sich zum Gottesdienst in einem bestimmten Haus versammeln, bilden die Kirche. Nicht von der Kirche aus Steinen, sondern von der Kirche aus Menschen ist die Rede. Die Menschen sind gleichsam die Steine der Kirche, wie der hl. Petrus in seinem ersten Brief schreibt: „Zu Ihm [Christus] nun tretet hinzu, dem lebendigen Stein, der zwar von den Menschen verworfen, von Gott aber ausgewählt und hoch in Ehren ist; und werdet auch ihr als lebendige Steine gebaut auf Ihn als ein geistiger Tempel, zu einer heiligen Priesterschaft, um geistige Opfer darzubringen, welche Gott wohlgefällig sind durch Jesus Christus.“ (1. Petr. 2,4 f.).

a) Die dem Herrn gehörige Versammlung

Das deutsche Wort Kirche kommt vom griechischen „κυριακή“ (sprich: kyiriakä). Einem Ausdruck, der von „κυριός“ (sprich: kyriós), also „Herr“, abgeleitet ist und so viel besagt wie: „dem Herrn gehörig“.

Die lateinische Bezeichnung „ecclesia“ wird in der Heiligen Schrift vor allem im Sinne von „religiöser Versammlung“ gebraucht. So bezeichnet der hl. Paulus öfters die Einzelgemeinden (vgl. 1. Kor. 1,2), ja sogar die Hausgemeinschaften (vgl. Röm. 16,5). In dieser Fassung kann der Völkerapostel auch von den „Kirchen“ in der Mehrzahl sprechen (vgl. 2. Thess. 1,4), insofern sich die „dem Herrn gehörigen“ Glieder der Kirche an mehreren Orten versammeln: in Korinth, in Thessalonich, in Ephesus, in Rom.

Die Kirche ist eine hierarchische Versammlung. Christus nannte sie „Himmelreich“ „Gottesreich“. Ein Reich besteht aus einem Oberhaupt, anderen Vorgesetzten und aus Untertanen. Er vergleicht Seine Kirche auch öfters mit einer Herde. Die Gläubigen sind die Schafe, die Priester sind die Hirten, die Bischöfe die Oberhirten und der Papst der oberste Hirte. – Die Kirche ist also die „dem Herrn gehörige, hierarchisch geordnete Versammlung.“

Sonntags ist die Kirche im Gotteshaus beisammen; Priester und Volk. Werktags ist sie gleichsam auseinandergezogen. Sie ist an vielen verschiedenen Orten in Form der örtlichen Pfarrei, die unter normalen Umständen einem Pfarrer zur Seelsorge anvertraut ist. Mehrere Ortspfarreien wiederum bilden einen größeren Teil der Kirche: Das Bistum, die Diözese. Das Bistum ist die eigentliche Ortskirche; d.h. ein festumrissenes Gebiet, das jeweils einem Bischof als örtlichem Oberhirten zugewiesen ist. Überall auf dem ganzen Erdenrund finden sich schließlich Gemeinden, Pfarreien, Klöster, Diözesen. Sie bilden zusammen die eine, überall ganz gleiche katholische Kirche. Und alle zusammen stehen unter einem Oberhaupt, dem Römischen Papst, dem Stellvertreter Jesu Christi.

Die eine und einzige katholische Kirche ist also an vielen verschiedenen Orten als dem einen Gott „gehörige hierarchisch geordnete Versammlung“ zu finden und doch bildet sie nur eine einzige Gemeinschaft, nämlich, wie der hl. Augustinus – und im Anschluß an ihn der „Römische Katechismus“ sagen: „das über den Erdkreis zerstreute Volk der Gläubigen.“

b) Der geheimnisvolle Leib

Was macht aber das Wesen der Kirche aus? Hier stoßen wir erneut auf eine Schwierigkeit, denn die Kirche ist keine rein menschliche Versammlung, sondern eine göttliche Einrichtung, der aufgrund ihrer Göttlichkeit ein geheimnisvoller, letztlich unergründlicher Charakter anhaftet.

Deshalb gebrauchen Christus und die Apostel nicht klare Definitionen, sondern die verschiedensten Bilder und Gleichnisse, um das geheimnisvolle Wesen der Kirche selbst, oder ihr Wirken zu beschreiben. Zu diesen Bildern zählt natürlich der wunderbare Fischfang (Luk. 5,6; Joh. 21,6); sodann das Fischernetz, das brauchbare und unbrauchbare Fische enthält (Mt. 13,47); der Acker, auf dem neben dem von Gott gesäten Weizen auch Unkraut wächst, das bis zur Zeit der Ernte belassen wird (Mt.13,24); das Hochzeitsmahl, zu dem nicht alle Gäste mit dem hochzeitlichen Kleid bekleidet erscheinen (Mt. 22,11); die Schafherde Christi (Joh. 10,1 ff.; 21,15); das kleine Stück Sauerteig, das die ganze Menge Mehl durchsäuert; das Senfkorn, das aus einem winzigen Samen zu einem großen Baum wächst; usw.

Bei den zahlreichen Vergleichen ragen vor allem zwei Gruppen besonders hervor. Zum einen ist da das Bild des Gebäudes. Die Kirche ist die „Säule und Grundfeste der Wahrheit“ (1. Tim. 3,15), das „Haus Gottes“ (1. Tim 3,15), ein „geistiges Haus“ (1. Petr. 2,5), der „heilige Tempel im Herrn“ (Eph. 2,21), die „Wohnung Gottes im Geiste“ (Eph. 2,22). Sie wird genannt „Sion“, „die Stadt des lebendigen Gottes“, „das himmlische Jerusalem.“

Die zweite Gruppe Bilder beschreiben die Kirche als lebendigen Organismus. Die Kirche ist die „Braut Christi“, „ohne Makel, ohne Runzeln“, „heilig und fleckenlos“ (Eph. 5,25 ff.). – Sie ist ein Leib, bestehend aus vielen Gliedern, mit den unterschiedlichsten Aufgaben, die aber alle auf das gemeinsame Wohl aller hinwirken (1. Kor. 12,27). Sie ist der „Leib Christi“, dessen Haupt Christus selber ist (Kol. 1,18). Leib Christi und katholische Kirche sind folglich ein und dieselbe Sache.

Durch das Bild des Leibes wird in treffender Weise das äußere und das innere, das sichtbare und das unsichtbare, das stoffliche und das geistige, das natürliche und das übernatürliche, das menschliche und das göttliche Moment der „gottgehörigen Versammlung“ beschrieben. Wie die Glieder eines Leibes von der unsichtbaren Seele durchdrungen und geheimnisvoll belebt werden, so die sichtbare Gemeinschaft der Kirche von den übernatürlichen Gnadengaben Gottes. So sagt der hl. Robert Bellarmin: „Zu beachten ist aber bei Augustinus, daß die Kirche ein lebendiger Leib ist. In ihr gibt es einen Leib und eine Seele. Zur Seele zählen die innerlichen Gaben des Heiligen Geistes; Glaube, Hoffnung, Liebe, usw. Zum Leib gehört das äußere Bekenntnis des Glaubens und die Teilnahme an den Sakramenten.“ (De Eccl. mil. 2). Papst Pius XII. erklärte in seiner Enzyklika „Mystici Corporis“ (1943), daß bei einer Wesenserklärung der Kirche „nichts Vornehmeres und Vorzüglicheres gefunden werden kann“ als dieser Ausdruck: „mystischer Leib Christi“.

Obwohl die Bezeichnung „mystischer Leib Christi“ am vorzüglichsten beschreibt, was die Kirche ist, so handelt es sich dabei trotzdem mehr um einen analogen Vergleich, der wiederum einer genaueren Interpretation bedarf als um eine nüchtern-distinkte Sachdefinition.

Die Theologen haben deshalb das geheimnisvolle Wesen der Kirche in sachlichen Definitionen stets so auszudrücken versucht, um sowohl ihrem äußerlich sichtbaren Moment, als auch ihrer inneren, geheimnisvoll-geistigen Seite gerecht zu werden. Am berühmtesten dürfte wohl die Definition des hl. Robert Bellarmin sein. Sie lautet: „Die Kirche ist die sichtbare Vereinigung der Menschen, die durch das Bekenntnis desselben christlichen Glaubens und durch die Teilnahme an denselben Sakramenten unter der Leitung der rechtmäßigen Hirten, besonders des einen Stellvertreters Christi auf Erden, des Römischen Papstes verbunden sind.“ (Lib. III de Eccl. c.2). Wenn wir die einzelnen Elemente dieser Definition nun eingehender beleuchten, so wird uns nicht nur das Wesen des „mystischen Leibes“ deutlicher werden. Wir werden auch klar und eindeutig erkennen, wer zur Kirche gehört und wer nicht; wer ein Glied der katholischen Kirche ist und wer kein Glied am mystischen Leib ist. Darin finden wir die Antwort auf unsre zweite Frage.

Wer gehört zur katholischen Kirche?

Vier Wesensmerkmale sind hier genannt. Die Kirche ist:

  1. eine sichtbare Gemeinschaft
  2. aller Getauften,
  3. die den wahren Glauben bekennen und die
  4. im Gehorsam vereint sind unter einem gemeinsamen Oberhaupt, dem Papst.

a) Eine sichtbare Gemeinschaft

„Die Kirche ist die sichtbare Vereinigung.“ Also eine Gemeinschaft, an der man sehen und von der man sagen kann, wie weit ihre Grenzen sind; deren Oberhaupt für gewöhnlich an einem bestimmten Ort zu finden ist; deren Gesetze bekannt sind; deren Glieder als zur Kirche gehörig erkennbar sind. Die Kirche ist eine äußerlich erkennbare Gemeinschaft. – Ist das wahr? Gewiß!

Oft, ja sehr oft hat der Heiland Seine Kirche mit anderen Dingen verglichen: mit einem Gastmahl, mit einem Acker, mit einem Weinberg, mit einer Schafherde, mit einem Netz, mit einem Schiff, mit einem Haus, mit einem Reich. Immer hat Er sie verglichen mit äußerlichen, sichtbaren, körperlichen Gegenständen.

Ja, die Kirche muß sogar eine sichtbare Gemeinschaft sein! Denn der Mensch muß um des ewigen Heiles seiner Seele willen in die Gemeinschaft der katholischen Kirche eintreten. Dazu aber muß sie für ihn erkennbar sein. Weil der Mensch in seiner Erkenntnis auf die Sinne angewiesen ist, deshalb muß die Kirche sichtbar sein.

Woran aber wird die Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der katholischen Kirche sichtbar? An drei Gütern, welche allen Katholiken gemeinsam sind. Gemeinschaftlich haben sie das Bekenntnis ein und desselben Glaubens. Gemeinschaftlich haben sie das hl. Meßopfer und die hl. Sakramente. Gemeinschaftlich ist ihnen vor allem ein und dasselbe Oberhaupt – dem sie unterworfen sind – der Römische Papst.

Anhand des katholischen Glaubensbekenntnisses, der Teilnahme am katholischen Gottesdienst und anhand der gehorsamen Unterwerfung unter das katholische Kirchenoberhaupt kann jeder sehen und wissen, wer zur katholischen Kirche gehört und wer nicht.

Wie könnten also die Behauptungen richtig sein, welche die Protestanten aufstellen, die Kirche sei die Gemeinschaft aller, die den „rechten Glauben“ haben? Oder aller, die „in der Gnade Gottes sind“? Oder aller „Auserwählten“, die ihr Leben mit einem seligen Tod beschließen? Das mag vielleicht schön klingen, aber dabei würde es sich jeweils nur um eine unsichtbare Kirche handeln. – Denn der Glaube ist zunächst etwas rein Innerliches; ein geistiger Akt der Seele und damit unsichtbar. Wer kann angeben, welche Menschen den rechten Glauben haben? Das weiß nur Gott! – Ähnlich verhält es sich mit dem Gnadenstand. Die heiligmachende Gnade ist eine übernatürliche Gabe Gottes. Sie übersteigt die Kräfte der menschlichen Natur und damit auch die Kräfte der menschlichen Wahrnehmung. Der Mensch kann die Gnade nicht sehen, nicht fühlen, oder sonstwie wahrnehmen. Wer kann also sagen, welche Menschen im Stande der heiligmachenden Gnade sind und welche nicht? Das können wir nicht einmal von uns selber mit letzter Gewißheit sagen! Wie der hl. Paulus von sich sagt: „Ich bin mir wohl keiner Schuld bewußt, aber dadurch bin ich noch nicht gerechtfertigt.“ (1. Kor. 4,4). Kein Mensch kann wissen, ob er der Liebe oder des Hasses Gottes würdig ist. – Wenn es uns aber nun schon verborgen ist, welcher Mensch sich im Stande der Gnade und welche sich im Stande der Todsünde befindet, wer könnte dann erst sagen, wie viele und welche Menschen von Gott auserwählt sind und tatsächlich eines seligen Todes sterben werden? Auch das weiß nur Gott allein, ganz allein.

Wenn man in der Tugend des Glaubens, im Gnadenstand oder in der Auserwählung zur ewigen Glückseligkeit das maßgebliche Kriterium der Kirchenzugehörigkeit erblicken wollte, so käme man mit Luther und den anderen Reformatoren nur zu einer „unsichtbaren Gemeinschaft“, für die es kein Oberhaupt, kein Bekenntnis, keine Sakramente, keine Gesetze gäbe; eine Gemeinschaft, die schließlich gar keine Gemeinschaft ist, weil sie von den Menschen nicht erkannt werden könnte.

b) Der Empfang der Wassertaufe

Der hl. Robert fährt fort: Die katholische Kirche ist die sichtbare Gemeinschaft „der Menschen, die durch die Teilnahme an denselben Sakramenten … verbunden sind.“ D.h. sie ist die Gemeinschaft aller Menschen, welche die Wassertaufe empfangen haben. Denn erst der Empfang der hl. Taufe eröffnet den Zugang und die Teilnahme an allen anderen Sakramenten. Das hl. Taufsakrament ist gleichsam das Tor, mit der man in die sichtbare Gemeinschaft der katholischen Kirche eintritt. Wer irgendwo hinein will, der muß durch die Tür gehen. Wer die Türe nicht benützt, der bleibt draußen.

Nicht zur katholischen Kirche gehören also alle Ungetauften – Juden, Heiden, Mohammedaner, usw. – Warum nicht? Weil der Herr selber sagt: „Wer nicht wiedergeboren wird aus dem Wasser und dem Heiligen Geist, der kann in das Reich Gottes (d.h. in die katholische Kirche) nicht eintreten.“ (Joh. 3). Man muß getauft sein! – Wie sieht es aber mit jenen Ungetauften aus, die ein Verlangen nach der Taufe haben? Genügt die Begierdetaufe, trotz der physischen oder moralischen Unmöglichkeit die Wassertaufe zu empfangen? Oder genügt wenigstens die Bluttaufe, also das Martyrium eines Ungetauften, damit er zum Glied der katholischen Kirche wird? Beide Fragen sind zu verneinen. Man kann zwar durch die Begierdetaufe und auch durch die Bluttaufe seine Seele auf außerordentliche Weise retten. Das wohl! Aber wir fragen hier ja nicht, unter welchen Umständen man auf außerordentliche Weise das ewige Heil erlangen kann, sondern unter welchen Voraussetzungen man zu einem Glied der sichtbaren Kirche wird.

Kirche und Sakramente sind voneinander untrennbar. Durch ein Sakrament – nämlich die Taufe – tritt man in die Kirche ein. Durch die Sakramente der Firmung und den Weiheordo wird die Kirche gegliedert. Durch die übrigen Sakramente werden die Glieder der Kirche gnadenhaft gereinigt, übernatürlich belebt und zum „Vollalter Christi“ auferbaut. Die Kirche ist wesentlich sakramental!

Schon die Synode von Valence hat im Jahr 855 erklärt, daß die aus dem Wasser und dem Heiligen Geist wiedergeborene Schar der Gläubigen eben hierdurch wahrhaft der Kirche einverleibt wird. Gleiches definierte das Konzil von Florenz im Jahr 1439, und auch Papst Pius XII. erklärte in der bereits erwähnten Enzyklika nochmals nachdrücklich, daß zur Zugehörigkeit zur sichtbaren Gemeinschaft der Kirche der Empfang des Bades der Wiedergeburt erforderlich ist.

c) Das Bekenntnis des wahren Glaubens

Nun gibt es freilich viele, die zwar getauft und doch nicht katholisch sind. Viele hängen nämlich, obwohl sie gültig getauft sind, einem anderen Glauben an. Sie bekennen einen falschen Glauben.

Deshalb sagt der hl. Robert Bellarmin, daß zur Kirchenzugehörigkeit ferner erforderlich ist: „das Bekenntnis desselben christlichen Glaubens.“ Gleiches hat Papst Pius XII. aufs deutlichste mit den Worten gelehrt: „Zu den Gliedern der Kirche sind aber in Wirklichkeit nur die zu zählen, die das Bad der Wiedergeburt empfangen haben und den wahren Glauben bekennen.“

Wohlgemerkt! Man muß den wahren Glauben nicht nur haben, sondern ihn auch „bekennen“! Denn der Glaubensakt alleine, ohne das Bekenntnis, ist – wie wir schon sagten – etwas rein Innerliches; ein geistiger Akt der Seele und damit unsichtbar. Die Kirche ist aber eine sichtbare Gemeinschaft. Deshalb muß der innerliche Glaube irgendwie sichtbar gemacht werden. Das geschieht durch das äußere Bekenntnis. So geht es aus der Lehre des hl. Paulus hervor: „Denn mit dem Herzen (d.h. innerlich) glaubt man zur Gerechtigkeit, mit dem Munde (d.h. äußerlich) aber geschieht das Bekenntnis zum Heil.“ (Röm. 10,10).

Jeder, der eine von Gott geoffenbarte Wahrheit, welche vom rechtmäßigen Lehramt der katholischen Kirche als zu glauben vorgelegt wird, privat oder öffentlich in Zweifel zieht oder gar zurückweist, hört auf ein sichtbares Glied der katholischen Kirche zu sein. Gleiches gilt, wenn einer im kleinen Kreis oder vor breiter Öffentlichkeit Dinge behauptet oder gutheißt, welche vom kirchlichen Lehramt definitiv verurteilt worden sind. Öffentliche Häretiker – egal ob formelle oder materielle Häretiker – gehören nicht zu den Gliedern der katholischen Kirche.

Daß das auf „formelle Häretiker“ zutrifft, also auf solche, die genau wissen, daß die Kirche anders lehrt als das, was sie behaupten, ist unumstritten. Deshalb sind die Konzilspäpste, die allesamt sowohl den von Papst Pius XI. verurteilten Irrtum des Ökumenismus als auch die von Papst Pius IX. verdammte Häresie der Religionsfreiheit öffentlich propagiert haben, keine Katholiken. Allesamt sind sie in aller Öffentlichkeit vom katholischen Bekenntnis abgewichen; sie wurden mehrmals darauf hingewiesen; sie könnten ihren Irrtum durch Nachprüfung leicht einsehen, tun es aber nicht. Folglich sind sie keine Glieder am Leib der Kirche. Wenn sie aber keine Glieder am Leib der Kirche sind, dann können sie unmöglich Oberhaupt und Papst sein. Ja, selbst wenn die Konzilspäpste schuldlos irrten, wenn sie bloß „materielle Häretiker“ wären; selbst dann wären sie ebensowenig zur katholischen Kirche gehörig und außerstande ihr Oberhaupt zu sein. Denn auch von den im guten Glauben Irrenden kann man nicht sagen, wie Papst Pius XII. es fordert, daß sie „den wahren Glauben bekennen.“

Unter den „materiellen Häretikern“ sind ferner alle diejenigen zu verstehen, die im „guten Glauben“ einer falschen Kirche, einer Sekte und/oder einem falschen Glaubensbekenntnis anhängen. Also der protestantische Jugendliche, das orthodoxe Mütterchen, der lefebvristische Familienvater oder die Ministrantinn im Novus-Ordo; einfach alle Menschen, die es nicht besser wissen können und deshalb aufgrund unüberwindlicher Unkenntnis schuldlos irren. Diese können – wohlgemerkt nur unter der Voraussetzung, daß ihre Unkenntnis schuldlos ist! – zwar sehr wohl die Tugend des Glaubens und die heiligmachende Gnade haben und ihre Seele auf außerordentliche Weise retten; aber weil sie nach außen einem falschen Glaubensbekenntnis anhängen und durch ihre religiöse Praxis in gottesdienstlicher Gemeinschaft mit Häretikern und Andersgläubigen stehen, können sie unmöglich zur sichtbaren Gemeinschaft der katholischen Kirche zählen.

Die Verbindung mit der Kirche muß also nicht nur in sakramentaler Weise durch den Taufcharakter bestehen, sondern auch im Bekenntnis desselben Glaubens, wie ihn die rechtmäßige Lehrgewalt der Kirche zu glauben vorlegt. Wer daher nicht im Einklang mit der amtlichen Lehrverkündigung der katholischen Kirche steht, der kann – auch wenn er den Taufcharakter, ja sogar, sofern er schuldlos irrt, die Tugend des Glaubens hat – unmöglich im eigentlichen Sinne Glied der Kirche genannt werden, weil er an einem wesentlichen Element der katholischen Kirche – dem Bekenntnis des wahren Glaubens – keinen Anteil hat.

d) Die Unterordnung unter das gemeinsame Oberhaupt

Allein, selbst der Empfang der hl. Taufe und das Bekenntnis des wahren Glaubens genügen noch nicht. Als drittes Bindeglied muß sich schließlich dazugesellen, die Gemeinschaft unter dem rechtmäßigen Oberhaupt der katholischen Kirche. Katholiken sind gerade durch ihre Anhänglichkeit und Unterwerfung unter den Stellvertreter Christi definiert. Dieses Faktum gehört zur Definition eines Katholiken. D.h. als Katholik muß man nicht nur durch das Priesteramt und das Lehramt mit der Kirche verbunden sein, sondern auch durch das Hirtenamt. Das geschieht durch die pflichtschuldige Anerkennung des Papstes als Kirchenoberhaupt, und zwar, wie es Papst Pius XI. gesagt hat, indem der Katholik „die Autorität und Vollmacht des Petrus und seiner legitimen Nachfolger durch Gehorsam anerkennt und annimmt.“

Die zur Kirchenzugehörigkeit geforderte Unterordnung zeigt sich konkret darin, daß man sowohl die Gesetze und Vorschriften des Papstes als auch die des jeweiligen Ortsbischofs befolgt, als auch mit all denjenigen gottesdienstliche Gemeinschaft pflegt, welche dem Papst und dem Bischof der jeweiligen Diözese unterworfen sind. Und zwar in der Form des Ritus, welche der Papst bzw. der Diözesanbischof selber feiert.

Die Schismatiker hingegen zerreißen das Band der gesetzlichen Einheit unter der rechtmäßigen Autorität. Sie ignorieren die geltenden Gesetze und machen sich eigene. Kurz: Sie machen, was sie wollen. Man wird zum Schismatiker, indem man – wie wir schon sagten – ein falsches Kirchenoberhaupt anerkennt. Sodann, wenn man den Primat des Papstes zurückweist; dem Papst oder dem regierenden Bischof hartnäckig den schuldigen Gehorsam verweigert; oder wenn man mit solchen Menschen gottesdienstliche Gemeinschaft pflegt, welche die rechtmäßige Autorität der Kirche verachten.

Wenn der Katholik also gerade durch seine gehorsame Unterwerfung einem wahren Papst gegenüber definiert ist, dann ist er in gleicher Weise dadurch definiert, daß er einen falschen Papst zurückweist. Ein Beispiel: Angenommen nach dem Tod eines Papstes stünde in der unter normalen Umständen vielleicht drei bis vier Wochen dauernden Zeit der Sedisvakanz ein Gegenpapst auf und einige Menschen würden ihn als Papst anerkennen, dann würden diese Menschen, weil sie einem Gegenpapst unterworfen sind, aufhören Katholiken zu sein und ins Schisma treten. Wenn der Papst gestorben ist, muß jeder Katholik Sedisvakantist sein, und zwar genau so lange, bis es wieder einen legitimen Papst gibt, dem er sich im Gehorsam unterwirft! Solange das nicht der Fall ist, muß er, um katholisch zu bleiben, sagen: „Gegenwärtig gibt es keinen Papst!“ Genau das ist unsere Position. Nur mit diesem äußeren Bekenntnis bleibt man während einer Phase, da der Apostolische Stuhl unbesetzt ist, katholisch!

Mit anderen Worten: Alle, welche heute die häretischen Konzilspäpste als Kirchenoberhaupt anerkennen, bekennen sich eben dadurch zu einer Kirchengemeinschaft, welche nicht die katholische ist. Denn die katholische Kirche bekennt im Gegensatz zur „Kirche des 2. Vatikanums“ stets den wahren Glauben. Damit bekennen sich alle, welche die Konzilspäpste anerkennen, zu einer falschen, unrechtmäßigen Kirche, genauso wie es etwa auch die Orthodoxen tun. Die Orthodoxen bekennen sich ja zu ihren schismatischen Patriarchen als Kirchenoberhäuptern. Der Patriarch von Konstantinopel oder der Patriarch von Moskau ist ihr „Papst“. – Die von manchen Traditionalisten gebrauchte Phrase „Hauptsache die Messe und die Saramente sind gültig!“ greift also bei weitem zu kurz. Der Katholik muß sich immer auch fragen, in welcher Kirchengemeinschaft diese Messe steht!

Wie wir als Katholiken an den, an und für sich gültigen Sakramenten der Orthodoxen nicht teilnehmen dürfen, weil sie in einer akatholischen Kirchengemeinschaft gefeiert werden, so dürfen wir auch nicht an den Gottesdiensten teilnehmen, die in Gemeinschaft mit „Papst Franziskus“ und seiner „konziliaren Kirche“ gefeiert werden. Das betrifft also auch die an und für sich gültigen Sakramente bei der Piusbruderschaft. Durch eine Teilnahme an einer Messe bei der Piusbruderschaft würden wir uns in eine akatholische Kirchengemeinschaft stellen, womit wir das katholische Bekenntnis verraten würden.

Wie die Unterwerfung unter einen regierenden Papst wesentlich einen Katholiken ausmacht, so auch die Zurückweisung irgendeines Hochstaplers, selbst wenn ihn die ganze Welt für den Papst hält, weil sie in ihrer Gottlosigkeit gar nicht mehr weiß, was der Papst ist.

Schließlich sei nur noch der Vollständigkeit halber erwähnt, daß neben den Ungetauften, den Häretikern und Schismatikern auch die durch Urteilsspruch Exkommunizierten nicht mehr zu den Gliedern der Kirche gehören. Sie sind durch die Exkommunikation abgeschnitten vom Leib der Kirche, bis sie nach erfolgter Umkehr und Buße wieder in die Kirchengemeinschaft aufgenommen werden.

Wie Fische im Netz

Damit haben wir beantwortet, was die Kirche ist und wer zu ihr gehört. Die Kirche ist der „mystische Leib Christi“; d.h. „die sichtbare Vereinigung jener Menschen, die durch das Bekenntnis desselben christlichen Glaubens und durch die Teilnahme an denselben Sakramenten unter der Leitung der rechtmäßigen Hirten, besonders des Römischen Papstes verbunden sind.“

Der Empfang der Wassertaufe verbindet uns mit dem Priesteramt der katholischen Kirche; das Bekenntnis des wahren Glaubens verbindet uns mit dem Lehramt der katholischen Kirche. Der Gehorsam gegen den Stellvertreter Jesu Christi verbindet uns mit dem Hirtenamt der katholischen Kirche. Wer von diesem dreifachen Band – Glaube, Sakramente, Papst – umfangen ist, der gehört zur sichtbaren Gemeinschaft der katholischen Kirche. Der findet sich gleichsam geborgen in dem Fischernetz Petri, welches ihn emporzieht in die übernatürliche Welt der Gnade und des ewigen Lebens. Heraus aus der Finsternis der Unkenntnis, des Unglaubens und des Lasters; empor ans Tageslicht des wahren Glaubens und der Tugend. Heraus aus den kalten Tiefen der Eigenliebe; empor zur Verherrlichung Gottes durch das Opfer der himmlischen Liturgie und die tätige Liebe an den Brüdern. Heraus aus der stolzen Isolation des Eigensinnes und der Besserwisserei; empor zur liebevollen Unterwerfung unter das sanfte Joch des Gesetzes Christi und Seiner Stellvertreter.

Gebe Gott, daß auch nicht eines dieser drei Bänder, die uns mit der katholischen Kirche verbinden, solange wir leben, abreißt, sonst würden wir unausweichlich aus dem Netz der Kirche herausgezogen werden und könnten nicht zum Licht des ewigen Lebens hinaufgelangen. Wir würden ewig verloren gehen. Wenn wir hingegen mit Gottes Gnade die Einheit mit der sichtbaren Gemeinschaft der katholischen Kirche bewahren, dann werden auch wir selber Teil jenes reichen Fischfanges sein, den der hl. Petrus im Schiff der katholischen Kirche auf dem Zug durch die Jahrhunderte einfährt. Dann werden wir an die Gestade der Ewigkeit gelangen; zum Heil unserer Seele, zur vollen Glückseligkeit in der Gemeinschaft der Engel und Heiligen, zur Verherrlichung des allgütigen Gottes, der gelobt sei in alle Ewigkeit. Amen.

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