Dreifaltigkeitsfest
Das Ringen um das richtige Verständnis des Dreifaltigkeitsdogmas
Geliebte Gottes!
Der Glaubenssatz von der Dreieinigkeit Gottes ist das Grunddogma des Christentums. Durch dieses Bekenntnis unterscheidet sich das Christentum wesentlich von der mohammedanischen, der jüdischen und den heidnischen Gottesvorstellungen. Die klassische Formulierung dieses Dogmas lautet: Es gibt nur einen Gott. In dem einen Gott aber finden sich drei Personen. Wir bekennen also die Einheit der göttlichen Natur – nur ein Gott – und die Dreiheit der Personen – Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Dieser Glaube ist nicht gegen die Vernunft, aber er übersteigt die geschaffene Vernunft. Er ist nicht gegen die Vernunft, denn wir sagen dabei nicht die Dreiheit und die Einheit von demselben aus. Das wäre gegen das Gesetz vom Widerspruch, sondern wir sagen drei und eins von Verschiedenem aus: Drei der Personen. Aber nur eine göttliche Natur!
So bekennt es die katholische Kirche im Athanasianischen Glaubensbekenntnis: „Der katholische Glaube aber besteht darin, daß wir den einen Gott in der Dreifaltigkeit und die Dreifaltigkeit in der Einheit verehren, indem wir weder die Personen vermischen noch die Wesenheit trennen. Eine andere nämlich ist die Person des Vaters, eine andere die Person des Sohnes, eine andere die Person des Heiligen Geistes. Aber Vater, Sohn und Heiliger Geist besitzen eine Gottheit, gleiche Herrlichkeit, gleich ewige Erhabenheit.“
Unerschaffen, unendlich, ewig ist der Vater, der Sohn und der Heilige Geist, und doch sind nicht drei Unerschaffene, Unendliche und Ewige, sondern nur ein Unerschaffener, nur ein Unendlicher und nur ein Ewiger. Diese Ausdrücke – „Natur“ und „Personen“ – stammen aus der Philosophie. Sie finden sich nicht in dieser Form in der Heiligen Schrift. Aber sie sind ein genuiner Ausdruck dessen, was uns die Heilige Schrift über den dreifaltigen Gott offenbart. Die Wirklichkeiten dessen, was mit diesen Ausdrücken ausgesagt werden soll, finden sich in der Heiligen Schrift bezeugt.
Offenbarung des Geheimnisses in der Heiligen Schrift
Man kann die Dreifaltigkeit leugnen, aber man kann nicht sagen, daß sie sich in der Heiligen Schrift nicht bezeugt fände. Die Heilige Schrift legt in all ihren verschiedenen Schriften ein eindeutiges Zeugnis über den dreifaltigen Gott ab.
a) alttestamentliche Andeutungen
So ist das Dogma von der Dreifaltigkeit schon im Alten Testament angedeutet. Wenn man die Weisheitsbücher des Alten Testamentes aufmerksam liest, dann wird man bemerken können, daß dabei immer wieder von der göttlichen Weisheit als einer eigenen Person die Rede ist und ähnlich auch vom Geiste Gottes. Die göttliche Weisheit und der Geist Gottes werden dabei der Gottheit gegenübergestellt und gleichzeitig göttlich genannt. Das geschieht jedoch nicht in völlig eindeutiger Weise. Aber als eine sanfte Andeutung darf man diese Aussagen des Alten Testamentes sehr wohl verstehen.
b) neutestamentliche Vollendung
An die alttestamentliche Offenbarung anknüpfend ist der hl. Evangelist Johannes einer der deutlichsten Zeugen von der Dreieinigkeit Gottes. Am Ende fast jeder heiligen Messe beten wir den Prolog, also das Vorwort, zum Johannesevangelium: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.“ (Joh. 1,1 f.). Das ist im Kern eine kleine Dreifaltigkeitslehre.
Der Evangelist Johannes gebraucht den griechischen Ausdruck „Logos“, was unsere Übersetzungen mit dem Begriff „Wort“ wiedergeben. „Logos“ kann man übersetzen mit „Wort“. Die Übersetzung ist richtig. Aber man muß wissen, was in diesen Begriff „Logos“ alles eingegangen ist. Es ist ein mit reichem Inhalt gefüllter Begriff, der einerseits der Philosophie des Altertums entnommen ist.
In der stoischen Philosophie besagt der Logos soviel wie die „Weltvernunft“; die Weltvernunft, von der ein Splitter in jedem Menschen ist. Und bei Plato ist der Logos die „Weltidee“, die Uridee, in der alle anderen Ideen enthalten sind. Wenn der hl. Johannes vom „Logos“, von dem göttlichen „Wort“, spricht, dann dürfen wir ohne Zögern das Ergebnis der griechischen Philosophie mitdenken, welches im Kontext des Alten Testamentes von der pantheistischen Vorstellung gereinigt und im Licht der Offenbarung des Neuen Bundes vollendet wird.
Denn schon im Alten Testament finden sich Aussagen vom Sprechen Gottes. Das Wort ist ja ein gesprochenes Wort. Gleich am Anfang der Heiligen Schrift, im Buche Genesis, ist die Rede von Gottes Sprechen: „Gott sprach, und es wurde Licht.“ (Gen. 1,3). „Gott sprach: Es bilde sich ein Firmament innerhalb der Gewässer und scheide Wasser von Wasser.“ (Gen. 1,6). „Gott sprach: Es lasse die Erde grünende Pflanzen hervorbringen, und so geschah es.“ (Gen. 1,11). Durch das Wort hat Gott also alles erschaffen. Wenn Gott redet, wirkt Er. Dasselbe faßt der Johannesprolog in den Worten zusammen: „Alles ist durch dasselbe [das göttliche Wort] geworden, und ohne dasselbe ist nichts geworden, was geworden ist.“ (Joh. 1,3). Durch das göttliche Wort ist also alles geschaffen, ohne, daß es selbst erschaffen worden ist. Es ist also unerschaffen und damit Gott selbst.
Und dieser Logos ist jedoch auf der Ebene der Personen unterschieden von einer anderen göttlichen Person. „Das Wort war bei Gott“, d. h., es steht Ihm gegenüber. Es fällt also nicht zusammen mit der Person des sprechenden Vatergottes, der das Wort ausspricht, sondern Es ist bei Ihm; Es ist von Ihm unterschieden.
Nichtsdestotrotz besitzt das Wort ein und dasselbe göttliche Wesen, sagt doch der hl. Johannes von Ihm: „Und das Wort war Gott.“ (Joh. 1,1). Es war bei Ihm, und Es war Gott.
Hier finden wir ausgesprochen, was die Kirche immer geglaubt, bekannt und im Laufe der Zeit mit immer geschliffeneren Worten gelehrt hat: „Die Einheit des göttlichen Wesens und die Verschiedenheit der drei Personen in der einen Gottheit.“ Genau das ist hier im Prolog des Johannesevangeliums ausgesagt.
Daß es sich um mehrere göttliche Personen handelt, wird wiederum schon im Schöpfungsbericht des Alten Testamentes angedeutet. Dort spricht Gott nämlich: „Lasset uns – also in der Mehrzahl! – den Menschen machen nach unserem Bilde.“ (Gen. 1,26).
Deutlich finden wir die Dreipersönlichkeit Gottes dann aber bei der Erschaffung des Gottmenschen geoffenbart. Das Geheimnis, welches nämlich der hl. Johannes mit den Worten „Und das Wort ist Fleisch geworden“ (Joh. 1,14) beschreibt, wurde der allerseligsten Jungfrau Maria in voller Deutlichkeit enthüllt. Maria war die erste, welche das Geheimnis der Dreieinigkeit Gottes aus dem Mund des Erzengels Gabriel erfahren durfte. Er sprach: „Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Allerhöchsten [Gott der Vater] wird dich überschatten, und deswegen wird auch das Heilige, was aus dir geboren wird, Sohn Gottes genannt werden.“ (Lk. 1,35).
Bei der Taufe Jesu im Jordan offenbarte sich die Dreipersönlichkeit Gottes sogar gewissermaßen sichtbar. Da öffnete sich der Himmel über dem Heiland. Der Heilige Geist kam in Gestalt einer Taube auf Ihn herab. Und eine Stimme sprach: „Dieser ist Mein geliebter Sohn, an dem Ich Mein Wohlgefallen habe.“
Immer wieder finden sich im Evangelium Aussagen, welche die Gleichheit der Natur der Dreiheit der Personen erklären. Beim letzten Abendmahl wurde Jesus vom hl. Philippus gebeten, Er möge ihm doch den Vater zeigen. Da antwortet Jesus: „So lange schon bin Ich bei euch, und du hast Mich noch nicht erkannt. Philippus, wer Mich sieht, der sieht auch den Vater. Wie kannst du sagen: ‚Zeige uns den Vater‘?‘ Glaubst du nicht, daß Ich im Vater bin und daß der Vater in Mir ist?“ Ferner erklärte der Heiland: „Alles, was der Vater hat, ist Mein.“ „Ich und der Vater sind eins.“ Das ist die Einheit der göttlichen Natur. Bei dieser Gelegenheit sprach Jesus auch vom Heiligen Geist als einer vom Vater und Ihm selbst verschiedenen Person: „Ich will den Vater bitten, daß Er euch einen anderen Tröster gebe, den Geist der Wahrheit.“ Der Heiland nennt Ihn den „Tröster“. Trösten kann nur eine Person. Er werde die Apostel alles lehren und sie an alles erinnern, was Jesus zu ihnen gesagt hat. Lehren und erinnern kann nur eine Person.
Am deutlichsten ist die Dreieinigkeit Gottes jedoch ausgesprochen im Taufbefehl, den wir soeben vernommen haben: „Gehet also hin und lehret alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ (Mt. 28,18). Alle drei Personen sind ausdrücklich genannt. Es handelt sich um drei verschiedene Personen. Zugleich sind die drei Personen aber durch das „und“ gleichrangig nebeneinandergestellt: Der Vater „und“ der Sohn „und“ der Heilige Geist. Sie werden nebeneinander gestellt, nicht untereinander. Aber auch die Einheit in der göttlichen Natur wird im Taufbefehl ausgesagt. Es ist nämlich nur die Rede von einem Namen. Die Apostel sollten taufen, auf „den Namen“, nicht auf „die Namen“, des dreifaltigen Gottes: „Taufet sie im Namen – Einzahl! – des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“. Die hl. Taufe wird in einer einzigen göttlichen Kraft und Autorität gespendet, im Namen der einen Gottheit.
c) das apostolische Bekenntnis
Aber nicht nur die Evangelien, auch die Apostel beschreiben die Dreifaltigkeit in ihren Briefen wiederholt. So z. B. der heilige Paulus im 2. Korintherbrief: „Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes, des Vaters, und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen.“ Hier haben wir die drei: Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus – die Liebe Gottes, des Vaters – und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes.
Ferner schreibt der hl. Petrus, der erste Papst, von der „Vorherbestimmung Gottes, des Vaters, durch die Heiligung des Geistes, zum Gehorsam und zur Besprengung mit dem Blute Jesu Christi“. Wiederum die Dreiheit: Vorherbestimmung Gottes, des Vaters – Heiligung des Geistes – Gehorsam und Besprengung mit dem Blute Jesu Christi. Schließlich schreibt der Lieblingsjünger in seinem 1. Brief: „Drei sind es, die Zeugnis ablegen im Himmel: der Vater, das Wort und der Heilige Geist, und diese drei sind eins.“ (1. Joh. 5,7). Wiederum die drei: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Und diese drei sind eins. Die Apostel haben also von Anfang an den dreifaltigen Gott, wenn auch in unbeholfenen Wendungen, gepredigt.
Das Ringen um die Durchdringung und Reinerhaltung des Dreifaltigkeitsdogmas
Warum hat sich die Kirche mit den biblischen Aussagen nicht begnügt? Sehr einfach: Die Kirche konnte sich mit dem biblischen Sprachgebrauch nicht begnügen, weil sich die Irrlehrer damit nicht begnügt haben. Die Kirche konnte das Nebeneinander, Miteinander und Ineinander und Auseinander von Vater, Sohn und Heiligem Geist, wie es in der Bibel bezeugt ist, nicht bloß wiederholen. Dann wäre es unmöglich gewesen, die irrigen Ansichten der Irrlehrer zurückzuweisen.
Die Kirche mußte, geleitet vom Heiligen Geist, solche Ausdrücke suchen und finden, die geeignet waren, das Geheimnis der Dreiheit der Personen in der Einheit der Gottheit eindeutig, widerspruchsfrei und unmißverständlich zu verkünden, zu erklären und zu verteidigen.
a) Der Adoptianismus und der dynamische Monarchianismus
Schon am Ende des 1. Jahrhunderts traten judaistische Irrlehrer wie Cerinth und die Ebioniten auf. Sie gingen von einem starren, einpersönlichen Monotheismus aus und leugneten die Gottheit Christi. Sie erklärten, Jesus sei wahrer Mensch, aber eben ein bloßer Mensch und damit eine menschliche Person gewesen. Er sei vom hl. Joseph gezeugt und aus Maria wie jeder andere Mensch geboren worden, weshalb Er sich im Jordan die Bußtaufe habe erteilen lassen. Dabei sei jedoch eine göttliche Kraft in Gestalt einer Taube auf ihn herabgekommen, um Ihn mit der göttlichen Erkenntnis zu erfüllen. Er sei zwar fortan mit göttlicher Erkenntnis ausgestattet gewesen, aber nur als bloßer Mensch. Das Evangelium des hl. Johannes richtete sich vor allem gegen die Häresie des Cerinth und des Ebion.
Diese Irrlehre wurde dann im 2. und 3. Jahrhundert von anderen in modifizierter Weise übernommen. Der byzantinische Laie Theodot, der Gerber, hat die Lehre aufgestellt, Jesus sei ein bloßer Mensch gewesen. Er sei jedoch auf übernatürliche Weise aus dem Heiligen Geist und der Jungfrau Maria geboren worden. Bei Seiner Taufe im Jordan sei der Heilige Geist auf Ihn herabgekommen, wodurch der Mensch Jesus von Nazareth in besonderem Maße mit göttlicher Kraft ausgestattet und von Gott gleichsam „an Sohnes Statt“ angenommen, also „adoptiert“ wurde. Diese Irrlehre hatte einen bedeutenden Vertreter in dem Bischof Paul von Samosata.
Paul von Samosata war in der Mitte des 3. Jahrhunderts der Inhaber des Bischofsstuhles von Antiochien, dessen Gründung durch den hl. Apostel Petrus wir jedes Jahr am 22. Februar begehen. Dieser sehr einflußreiche Bischof behauptete ebenfalls, Jesus sei ein bloßer Mensch gewesen. In Ihm habe die unpersönliche Vernunft oder die Weisheit Gottes wie in einem Tempel gewohnt. Der Erlöser sei mit Gott eins, aber nur im Willen, nicht in der göttlichen Natur, also nicht in der Gottheit. Diese Lehre wurde von vielen aufgenommen, so z. B. im 4. Jahrhundert von Bischof Photinus von Sirmium.
Theodot, der Gerber, wurde von Papst Victor I. verurteilt und exkommuniziert; Paul von Samosata und Photinus von Sirmium wurden jeweils von einer Synode in Antiochien (268) und Sirmium (351) abgesetzt.
b) Der Patripassianismus und der modalistische Monarchianismus
Andere Christen hielten sowohl an der wahren Gottheit Christi als auch an der Einpersönlichkeit Gottes fest. Das führte sie zu der irrigen Annahme, daß in Jesus von Nazareth der göttliche Vater Selbst Mensch geworden sei und gelitten habe. Deswegen heißen die Vertreter dieser Lehre „Patripassianer“. Eine Zusammensetzung aus den lateinischen Worten „pater“ für den Vater und „passio“ für das Leiden; Zusammen: „Patripassianer“, weil sie lehrten, der Vater habe als Mensch am Kreuz gelitten. Der Hauptvertreter dieser Irrlehre war Bischof Noet von Smyrna und Praxeas, der von Tertullian bekämpft wurde.
Eine Erweiterung der Häresie der Patripassianer erfolgte durch den Häretiker Sabellius, indem er auch den Heiligen Geist einbezog. Auch er ging von der falschen Voraussetzung eines einpersönlichen Gottes aus und stellte dann die Behauptung auf, Gott habe sich im Laufe der Geschichte auf drei verschiedene Weisen (modi) geoffenbart. Wie ein Schauspieler hätte sich die eine Person Gottes drei verschiedene Masken aufgesetzt und sich bei der Schöpfung als Vater, in der Erlösung als Sohn, im Werk der Heiligung als Heiliger Geist geoffenbart. Hier wurde also nur eine göttliche Person in drei „Modi“, in drei verschiedene Erscheinungsweisen in Gott, angenommen, nicht drei verschiedene Personen.
Diese trinitätsfeindlichen Sekten suchten in Rom Boden zu fassen, denn sie wußten: Wenn Rom diese Lehre annimmt, dann nimmt sie die ganze Kirche an. Aber Rom hat sie nicht angenommen, sondern verurteilt. Da hat sich das Wort erfüllt, das der Heiland in seiner Abschiedsstunde gesprochen hat: „Simon, Simon, der Satan hat verlangt, euch sieben zu dürfen, wie man den Weizen siebt. Ich aber habe für dich gebetet, daß dein Glaube nicht wanke.“ Und das hat das Papsttum 2.000 Jahre lang nicht getan. Es hat den Glauben der katholischen Kirche hochgehalten, allen Irrlehren und allen Apostasien zum Trotz. Papst Kallistus schloß Sabellius aus der Kirchengemeinschaft aus und sein Irrtum wurde nochmals von Papst Dionysius autoritativ verurteilt. Das Wort hat sich erfüllt; Petrus hat seine im Glauben wankenden Brüder gestärkt.
c) Der Arianismus
Im Gegensatz zu den bisherigen Irrtümern, die von der starren Einpersönlichkeit Gottes ausgingen, entstanden auch solche, die zwar drei verschiedene Personen in Gott zugaben, aber der zweiten und dritten Person die Wesensgleichheit mit dem Vater und damit die wahre Gottheit absprachen.
Der hartnäckigste dieser Irrlehren kam im 4. Jahrhundert auf. Da trat der Priester Arius in Alexandrien auf und lehrte Folgendes: Der Sohn existiere nicht von Ewigkeit her. Das Wort sei nicht aus dem Vater gezeugt, sondern ein Geschöpf des Vaters, das vor allen anderen Geschöpfen aus dem Nichts hervorgebracht worden sei. Arius sprach dem Sohne das göttliche Wesen ab und gestand Ihm nur die Ähnlichkeit mit dem Vater zu. Der Sohn sei nicht wesensgleich, sondern nur wesensähnlich und daher nicht im eigentlichen Sinne Gott, sondern nur im uneigentlichen Sinne, insofern Er in Voraussicht Seiner Verdienste vom Vater als Sohn angenommen wurde, durch den der Vater dann die übrige Schöpfung ins Dasein gerufen habe. Der Sohn sei also eine Art „Halbgott“. Diese Irrlehre fand weiteste Verbreitung, vor allem bei unseren Vorfahren, bei den Germanen. Die Westgoten, die Ostgoten, die Langobarden, die Vandalen – sie alle nahmen diese Irrlehre an; ja, kamen überhaupt mit dem Christentum erstmals in Form des Arianismus in Berührung. Nur die Franken und die Burgunder waren unter den Germanenstämmen nicht diesem Irrglauben verfallen.
Die arianische Häresie stand also damals im Raume. Was sollte damit geschehen? Kaiser Konstantin berief unter Zustimmung von Papst Sylvester I. ein Konzil nach Nicäa ein. Nicäa liegt in der heutigen Türkei, wo sich damals die kaiserliche Sommerresidenz befand, die den Bischöfen zur Verfügung gestellt wurde. Das geschah genau vor 1700 Jahren, im Jahr 325. Als Ergebnis wurde dort jenes Glaubensbekenntnis formuliert, das wir bis heute in der hl. Messe beten. Es enthält die ausdrückliche Erklärung, daß auch der Sohn wahrer Gott sei: „Ich glaube … an den einen Herrn Jesus Christus, Gottes eingeborenen Sohn. Er ist aus dem Vater geboren vor aller Zeit. Gott von Gott, Licht vom Lichte, wahrer Gott vom wahren Gott; gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater; durch Ihn ist alles geschaffen.“ Das entscheidende Wort in diesem Bekenntnis ist das griechische Wort „homöusios“, welches „wesensgleich“ bedeutet. Verworfen wurde hingegen das Wort „homoiöusios“, das nur die „wesensähnliche“ Natur des Sohnes in der arianischen Auffassung aussagt. Es ging also in dieser zentralen Glaubensfrage buchstäblich nur um ein Jota; nur um den Buchstaben „i“. Damit erklärte das Konzil: Vater und Sohn sind nicht „wesensähnlich“, sondern ganz und gar „wesensgleich“. Der Vater und der Sohn besitzen ein und dasselbe göttliche Wesen, also die eine und einzige Gottheit. Der Sohn ist wahrer Gott.
Er ist gezeugt aus dem wahren Gott. „Gezeugt“ wird deswegen gesagt, um das Geschaffensein abzuwehren. „Gezeugt, nicht geschaffen.“ Das Zeugen ist hier natürlich im geistigen Sinne zu verstehen! Es besagt, daß der Vater dem Sohne Seine eigene göttliche Natur mitteilt. „Denn wie der Vater das Leben in Sich Selbst hat, so hat Er auch dem Sohn verliehen, das Leben in Sich Selbst zu haben.“ (Joh. 5,26). Zeugung besagt ja ganz allgemein, daß der Erzeugende etwas von seiner Substanz an den Gezeugten weitergibt. Da die göttliche Substanz – die Gottheit – ganz einfach und unteilbar ist, besagt der Ausdruck „Zeugung“, daß dem Sohn die Gottheit – das Aus-sich-selber-Sein – vom Vater zukommt.
Die geistige Zeugung des Sohnes aus dem göttlichen Vater findet eine analoge Entsprechung in der geistigen Zeugung eines Gedankens in unserem Verstand. Unser Verstand ist eine geistige Kraft. Er kann einen Gedanken erzeugen, etwa die Vorstellung von einem Baum, einem Tisch oder von einer Katze. Dieses vom Verstand erzeugte Bild ist ebenfalls von geistiger Natur. Der Gedanke hat also Anteil an der Natur unseres Verstandes. Der Gedanke ist aus unserem Verstand gezeugt. – Völlig abwegig wäre die Auffassung von der Zeugung des Sohnes aus dem Vater in einem geschlechtlichen Sinn. Alles Geschlechtliche ist von Gott unendlich weit entfernt, denn Gott ist reiner Geist und hat keinen Leib. Der Begriff „gezeugt“ soll nur sagen, daß aus dem göttlichen Wesen des Vaters ein wesensgleicher Sohn hervorgeht und damit beide Personen ein und dieselbe göttliche Natur besitzen.
Die Irrlehre des Arianismus wurde zwar vom Konzil von Nicäa verurteilt. Aber sie war damit noch lange nicht überwunden. Es bedurfte vieler Anstrengungen bis ins 6. Jahrhundert hinein, um sie endgültig zu überwinden. Erst als die Westgoten nach dem Martyrium des hl. Hermenegild im Jahre 589 zum katholischen Glauben übertraten, war der Arianismus im Wesentlichen besiegt. Im Jahre 675 tagte in Spanien die 11. Synode von Toledo; ein regionales Konzil, an dem nur siebzehn Bischöfe teilnahmen. Aber dieses Konzil hat ein Glaubensbekenntnis formuliert, das zu den wichtigsten Aussagen über den dreifaltigen Gott gehört. Es wurde später von Papst Innozenz III. ausdrücklich bestätigt. Dieses Konzil lehrte: „Es ist nämlich nicht der Vater derselbe wie der Sohn, noch ist der Sohn derselbe wie der Vater, noch ist der Heilige Geist derselbe wie der Vater oder der Sohn; gleichwohl ist der Vater dasselbe wie der Sohn; der Sohn dasselbe wie der Vater, der Vater und der Sohn dasselbe wie der Heilige Geist, nämlich von Natur ein Gott. Wenn wir nämlich sagen, der Vater sei nicht derselbe wie der Sohn, so bezieht sich das auf die Verschiedenheit der Personen. Wenn wir aber sagen, der Vater sei dasselbe wie der Sohn, der Sohn dasselbe wie der Vater, der Heilige Geist dasselbe wie Vater und Sohn, so bezieht sich das offensichtlich auf die Natur.“ (DH 530) Die drei Personen sind wesensgleich in der Gottheit. Sie sind dasselbe, auch wenn Vater, Sohn und Heiliger Geist nicht derselbe sind. Unterschieden werden die Personen, aber die eine Gottheit wird nicht aufgeteilt.
d) Der Mazedonianismus
Nachdem mit der Überwindung des Arianismus und als seiner Spielarten die Gottheit des Sohnes unumstößlich durch den Begriff der Wesensgleichheit festgestellt war, wurde die Gottheit des Heiligen Geistes durch den Bischof Macedonius von Konstantinopel geleugnet. Er war der Anführer der „Bekämpfer des Heiligen Geistes“, der sog. „Pneumatomachen“. Das griechische Wort „Pneuma“ bedeutet „Geist“; und das Verb „machomai“ besagt soviel, wie „mit jemandem kämpfen“. „Pneumatomachen“ nannte man diese Häretiker, weil sie die Gottheit des Heiligen Geistes bekämpften. Sie sagten: Der Sohn sei ein Geschöpf des Vaters und der Heilige Geist sei ein Geschöpf des Sohnes. Er sei wie die Engel lediglich ein dienendes Geistwesen. Dagegen erhoben sich der hl. Athanasius, der Bischof von Alexandrien in Ägypten, zusammen mit den drei großen kappadozischen Kirchenvätern, dem hl. Basilius dem Großen, dem hl. Gregor von Nazianz und dem hl. Gregor von Nyssa, welche die Gottheit des Heiligen Geistes und Seine Wesensgleichheit mit dem Vater und dem Sohn gegen die Anhänger des Macedonius verteidigten.
Schließlich wurde dieser Irrtum auf einer alexandrinischen Synode unter dem Vorsitz des hl. Athanasius im Jahre 362 und noch einmal durch Papst Damasus auf einer römischen Synode im Jahr 382 verurteilt und im Gegensatz dazu die Wahrheit bekräftigt, daß auch der dritten Person dieselbe Substanz und Göttlichkeit wie dem Sohne und dem Vater zukommt. Das im Jahre 381 gefeierte Konzil von Konstantinopel erweiterte das Glaubensbekenntnis von Nizäa und bekannte den Heiligen Geist als den „Herrn und Lebensspender, der vom Vater ausgeht, der mit dem Vater und dem Sohn zugleich angebetet und verherrlicht wird“. Zugleich angebetet und verherrlicht kann Er aber nur werden, weil Er wesensgleicher Gott ist.
e) Die Orthodoxen
Noch war aber die Frage nicht definiert, wie sich der Heilige Geist zum Sohne verhält. Die griechische Kirche lehrte den Ausgang vom Vater durch den Sohn. Der Heilige Geist habe seinen Ursprung also vom Vater, wie der Sohn. Die lateinische Kirche hingegen lehrt: „Der Heilige Geist geht aus vom Vater und vom Sohne“ – „und“ vom Sohne! Seit dem Jahr 589 wurde deswegen in der lateinischen Kirche ein Zusatz im nizäno-konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnis eingefügt, der sich auf den Heiligen Geist bezieht: „Ich glaube an den Heiligen Geist, den Herrn und Lebensspender, der vom Vater und vom Sohne ausgeht.“, das ist das sog. „Filioque“. Seitdem beten wir in unserem Glaubensbekenntnis: „Wir glauben an den Heiligen Geist …, der vom Vater und vom Sohne ausgeht.“ Der Zusatz ist berechtigt, denn die drei göttlichen Personen haben alles vollkommen gemeinsam und sind in allem vollkommen gleich, außer in dem Gegensatz des Ursprungs. Ihre Verschiedenheit als Person besteht einzig in der Verschiedenheit ihres Ursprungs. So ist der Vater gänzlich ursprungslos. Der Sohn unterscheidet sich vom Vater nur dadurch, daß er vom Vater ausgeht. Während der Vater ursprungslos ist, ist der Sohn aus dem Vater gezeugt, geht also vom Vater aus. Wenn nun auch der Heilige Geist – wie der Sohn – allein vom Vater ausginge, so würde sich die Person des Sohnes und die des Heiligen Geistes in nichts voneinander unterscheiden. Dieser Unterschied ist nur gegeben, wenn der Heilige Geist außer vom Vater auch vom Sohn ausgeht. Genau das deckt sich mit den Worten des Heilandes, der zu den Aposteln sprach: „Der Beistand, den Ich euch vom Vater senden werde. … Er wird aus dem Meinigen nehmen und es euch verkünden.“ (Joh. 16,7.13). Christus erklärt damit, daß auch Er den Hl. Geist sendet, daß Er Sein Wissen, das Er den Aposteln mitteilt, vom Sohn empfangen hat. Folglich geht der Heilige Geist nicht allein vom Vater aus, sondern vom Vater und vom Sohn. So ist die Verschiedenheit der drei göttlichen Personen in ihrem gegensätzlichen Ursprung begründet: Der Vater ist als einzige Person ursprungslos. Die Person des Sohnes geht allein vom Vater aus, ist vom Vater „gezeugt“. Während die Person des Heiligen Geistes vom Vater und vom Sohn „gehaucht“ wird. Der Sohn ist wegen der Wesenseinheit mit dem Vater auch am Hervorgang des Heiligen Geistes beteiligt.
Diese Lehre weisen die Griechisch-„Orthodoxen“ seit dem 9. Jahrhundert zurück, als der Patriarch Photius auf einer im Jahre 879 in Konstantinopel abgehaltenen Synode das Schisma der Griechen dadurch zu rechtfertigen suchte, indem er den Lateinern das „Filioque“ als Häresie vorwarf.
So ist es bis heute geblieben. Die Unionskonzilien von Lyon (1274) und Florenz (1439) verlangten von den „Orthodoxen“ die Anerkennung des Dogmas, daß der Heilige Geist vom Vater und vom Sohne ausgeht. Jedes Mal hatte sich die griechische Gesandtschaft dazu bekannt. Als sie dann aber abgereist waren, sind sie in den alten Irrtum zurückgefallen.
f) Der Tritheismus
Das bisher betrachtete Ringen um die drei göttlichen Personen und um ihre verschiedenen Hervorgänge war vor allem geprägt von einem prinzipiellen Festhalten an der Einheit des göttlichen Wesens, wobei die von uns genannten häretischen Strömungen aus dem Festhalten an der einen Gottheit falsche Schlüsse in Bezug auf die Göttlichkeit der drei Personen zogen.
Dieser Gruppe von Irrtümern steht eine andere gegenüber, die prinzipiell an der eigenständigen Persönlichkeit des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes festhält und dabei jedoch die Einheit der Gottheit leugnet, indem die drei göttlichen Personen genauso gedacht werden wie drei menschliche Personen. So wie jede menschliche Person ihre eigene menschliche Natur besitzt, so besäße auch jede der drei göttlichen Personen ihre eigene göttliche Natur. Träfe das zu, dann gäbe es nicht einen Gott in drei Personen, sondern drei Götter. Deswegen werden die Vertreter dieser Systeme auch „Tritheisten“ genannt.
Im 11./12. Jahrhundert traten der Kanonikus Roscelin von Compiègne, Gilbert von Poitiers und Joachim von Fiore auf, deren „Gotteslehre“ auf den irrigen Schluß hinauslief, es gäbe nicht einen, sondern drei Götter. Ihnen traten der hl. Anselm von Canterbury und der hl. Bernhard von Clairvaux entgegen. Und auch das kirchliche Lehramt wurde aktiv, indem es derlei Irrlehren auf der Synode von Soisson (1092), auf dem Konsistorium zu Reims (1148) und schließlich auf dem 4. Laterankonzil (1215) verurteilte.
g) Rationalismus und Modernismus
Das alles war nur ein Vorspiel zu der rationalistischen und modernistischen Theologie des 18., 19. und 20. Jahrhunderts. „Rationalistisch“ heißt die Theologie, weil sie nur anerkennen will, was dem Verstand einleuchtet. „Modernistisch“, weil der „Glaube“ nicht auf objektiver Wirklichkeit, sondern auf den subjektiven religiösen „Bedürfnissen und Gefühlen“ beruhe.
Beides tut die katholische Lehre von der Trinität nicht. Deswegen ist für viele moderne Protestanten und Modernisten die Trinität eine arge Verlegenheit. D. h., sie wissen nicht, was man damit anfangen soll. Deshalb wurde Trintätsdogma von diesen Irrlehren immer mehr ausgehöhlt und abgelehnt.
Einer der berühmtesten „Theologen“ des Protestantismus, Adolf von Harnack, stellte die Behauptung auf, die christliche Dreifaltigkeitslehre beruhe einzig auf der polemischen Auseinandersetzung mit dem Judentum, von dem sich die Christen loslösen wollten. Um sich von dem von Gott verbürgten Gesetz des Moses losreißen zu können, hätten die „ersten Christen“ dem Moses den Gottmenschen Jesus Christus entgegengesetzt, indem sie den Menschen Jesus von Nazareth zu Gott erklärten. Später sei der Heilige Geist dazugefügt worden. Dabei prägte Harnack den unerhörten Satz: „Der Vater allein gehört ins Evangelium.“ Also nicht der Sohn und nicht der Heilige Geist. „Der Vater allein gehört ins Evangelium.“
Und die postkonziliare „synodale Kirche“, die in der Dreifaltigkeitslehre im Zuge des 2. Vatikanums ein Hindernis für den Ökumenismus ausgemacht hat, hat sich auf den häretischen Modalismus des Sabellius zurückbesonnen und ist heute zu der „Überzeugung“ gelangt, daß es keinen „katholischen Gott“ gäbe, sondern daß alle Religionen – wie „Papst Franziskus“ lehrte – lediglich verschiedene Dialekte seien, um mit dem einen wahren Gott zu sprechen, der von allen Weltreligionen gleicherweise, aber unter verschiedenen Masken (modi) angebetet werde.
Das unergründliche Geheimnis Gottes
Die Irrlehren haben gemeinsam, daß sie die Gottheit den Menschen begreiflich oder schmackhaft machen wollen. Ihr Bestreben geht dahin, die Göttlichkeit dem menschlichen Verstande unterzuordnen. Dabei aber gehen sie in die Irre. Wer sich mit Gottes Wesen und Existenz befaßt, der muß damit rechnen, daß sie alles Geschaffene übersteigen und nicht vollends begriffen und durchdrungen und verstanden werden können; ja, daß am Ende das Rätsel nur umso größer sein muß.
Wir sprechen von „Transzendenz“, also vom Übersteigen Gottes über alles Geschaffene, auch über alles geschöpfliche Begreifen. Gott übersteigt alles Begreifen. Die Unbegreiflichkeit ist eine Wesenseigenschaft Gottes. Gott ist seiner Natur nach unbegreiflich, sonst wäre Er nicht Gott. Denn der Begreifende umfaßt und umschließt gleichsam den Gegenstand seiner Erkenntnis vollends und erweist sich damit selbst als größer als das Begriffene. Könnten unser Verstand Gott begreifen, wäre Er unseresgleichen; ja, sogar geringer.
Vom heiligen Augustinus, der ein großes Werk über den dreifaltigen Gott geschrieben hat, wird erzählt, daß er einmal am Ufer des Meeres in Nordafrika dahinwanderte. Da traf er auf einen kleinen Knaben, der mit einem silbernen Löffel Wasser in ein Grübchen füllte, das er am Strand ausgehoben hatte. Er fragte den Knaben: „Was tust du da?“ Er antwortete: „Ich schöpfe das Meer in das Grübchen.“ „Ja“, sagte der heilige Augustinus, „das ist ja ganz ausgeschlossen, das ist doch unmöglich.“ Der Knabe antwortete: „Eher wird mein kleines Grübchen das Meer fassen als dein Verstand das Geheimnis des dreifaltigen Gottes.“ Wahrhaftig, so ist es. Gott ist der ganz Andere. Er bleibt immer derselbe, aber Er bleibt auch immer der Unfaßbare und der Unbegreifliche.
Gerade die Unbegreiflichkeit der Dreieinigkeit ist in gewisser Hinsicht ein Beweis für ihre Wahrheit, denn kein geschaffener Verstand könnte sie sich ausdenken. Wovon sich unsere Vernunft keinen Begriff bilden kann, worauf das menschliche Denken von sich aus nicht kommen kann, das muß von Gott selbst stammen, das muß geoffenbart sein, und das müssen wir glauben.
Der Glaube der Kirche übersteigt die Vernunft. Er muß sie übersteigen, wenn er Kunde von Geheimnissen sein will, die die Vernunft weder entdecken noch durchdringen kann. Ein Glaube an Gott, der seinen Geheimnischarakter verliert, ist kein Glaube an Gott mehr; er muß falsch sein, denn wenn Gott aufhört, ein Geheimnis zu sein, wird Er ein Geschöpf, das man begreifen kann.
Das Geheimnis von der Dreifaltigkeit ist dabei nicht gegen die Vernunft, aber es ist über der Vernunft. Wir haben gesehen, daß das Dogma der Dreifaltigkeit der Vernunft nicht widerstreitet, daß es aber weit über die Vernunft hinausreicht.
Das Geheimnis der heiligsten Dreieinigkeit Gottes ist ein Glaubenssatz, welcher den Juden nur angedeutet, im Neuen Bunde aber voll enthüllt wurde. Er offenbart das innerste Leben der Gottheit. Sein Inneres aber gibt man nicht allen Menschen kund, sondern nur den Freunden. Die Kenntnis von einem Gott in drei Personen ist der Gipfelpunkt der katholischen Theologie und Mystik; sie verleiht uns Katholiken eine solche Würde, daß man mit Recht die Kenntnis dieses Dogmas als höchste Ehre und Auszeichnung, als den Ruhm und das Heil der katholischen Kirche bezeichnen darf. Darum betet die Christenheit eine Woche nach der Herabkunft des Heiligen Geistes, der die Herde der Gläubigen leitet, ihr die vollen Schätze der göttlichen Wahrheit erschließt und sie „in alle Wahrheit einführt“ (Joh. 16,13), dieses höchste uns geoffenbarte Geheimnis Gottes voll Ehrfurcht und Freude an. In diesen jahrhundertewährenden Chor der Anbetung wollen wir heute einstimmen: „Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geist. Wie es war im Anfang, so auch jetzt und alle Zeit und in Ewigkeit.“ Amen.