Die Verehrung der Heiligen

Geliebte Gottes!

Wie wir dem Abschnitt aus der Geheimen Offenbarung des hl. Johannes soeben entnehmen konnten, sind die Hei­li­gen eine unermeßliche Schar; ein gewaltiges Heer. Und die Kirche hält heute Heerschau! Aus allen Stän­den und Beru­fen sind die Heiligen gekom­men, Kai­ser und Könige – Hein­rich, Eduard und Lud­wig; Kaiserinnen und Fürs­tin­nen – Kunigunde, Eli­sa­beth und Hed­wig. Aber auch ein­fa­che Men­schen, Sol­da­ten wie Mauritius und Sebas­tian, wie der Schuh­ma­cher Cris­pinus und wie die Dienst­magd Verena und die hei­lige Chris­tina, Bau­ern und Hir­ten wie Wen­de­lin. – Aus allen Stän­den sind sie, aus jeder Höhe und Tiefe des irdi­schen Lebens sind Hei­lige empor­ge­wach­sen ins Reich der Voll­endung.

Da sind die Män­ner und Frauen, die mit ihrem Blut für Chris­tus Zeug­nis abge­legt haben, die hei­li­gen Mär­ty­rer. Sie ver­ach­te­ten den Tod, weil sie der Auf­er­stan­dene berührt hatte. Es siegte in ihnen, der in ihnen lebte. Da sind die Beken­ner, deren Leben, Lei­den und Lie­ben für Chris­tus gezeugt hat. Sie haben bewie­sen wie mäch­tig die Gnade Got­tes ist, denn es gibt keine Tugend, die nicht von Gott gestif­tet wäre.

Zwei Got­tes­be­weise wer­den immer die bes­ten blei­ben: 1. wenn die Chris­ten nach ihrem Glau­ben leben, und 2. wenn sie für ihren Glau­ben ster­ben.

Da sind ferner auch hei­lige Frauen, denn das Heer­la­ger Christi ist nicht nach Geschlech­tern getrennt. Es gibt nur eine ein­zige Armee, und wenn Gott sich einem Volke gnä­dig erwei­sen will, dann schenkt er ihm hei­lige Frauen, wie Gertrud von Helfta, Katharina von Siena, oder Jeanne d’Arc, die Jungfrau von Orleans. Die Jung­fräu­lich­keit ist das süße und gewal­tige Lied, das den Him­mel und die Erde erfreut.

Unter den Hei­li­gen sind man­che, die uns beson­ders nahe­ste­hen: unsere Namens­pa­trone, die Patrone unse­rer Hei­mat, unse­res Ortes. Auch die Hei­li­gen, die uns den Glau­ben gebracht haben: die hll. Boni­fa­tius und Petrus Cani­sius. – Und nicht zuletzt die 14 Not­hel­fer, die wir oft anru­fen soll­ten, vom hl. Georg ange­fan­gen über den hl. Bla­sius bis hin zu den hll. Katha­rina und Bar­bara. Die Hei­li­gen sind die Hel­den im Rei­che Got­tes. Die Hei­li­gen­ge­schichte ist das Hel­den­lied der Kir­che. Sie ist geschrieben von Män­nern und Frauen, von Erwachsenen und Kindern; von „einer Schar die nie­mand zäh­len kann“. So groß ist sie: aus allen Stäm­men, Völ­kern, Spra­chen und Natio­nen. So groß ist ihre Zahl, daß die Tage des Jahres bei weitem nicht ausreichen, um jedem von ihnen einen eignen Festtag zuzuweisen.

Das Allerheiligenfest

Als Rom christ­lich wurde, ver­wan­delte man das Pan­theon, das die heidnischen Römer errichteten, um darin allen Götzen des Imperiums zu huldigen, in eine christ­li­che Kir­che. Diese christ­li­che Kir­che wurde am 13. Mai 609 von Papst Bonifazius IV. zu Ehren der Gottesmutter und aller heiligen Märtyrer geweiht. Und das geschah wohlgemerkt nicht, um heidnische Gebräuche zu „verchristlichen“, nicht, um den Römern ihre alten Bräuche zu lassen und ihnen nur einen christlichen Sinn anzudichten, wie man bisweilen liest. Nein, die Weihe des Pantheon zu Ehren der Gottesmutter und aller Märtyrer sollte den Sieg des Christentums über das Heidentum anzeigen. Es sollte angezeigt werden, daß die Blutzeugen über die heidnischen Götzen triumphiert haben; daß die hl. Märtyrer die Dämonen – denn „die Götzen der Heiden sind Dämonen“ (1. Kor. 10,20) – obwohl sie der heidnischen Gewalt und Folter scheinbar unterlagen, in Wahrheit durch ihre Standhaftigkeit im Glauben und durch ihr Blutvergießen bis zum Tod überwunden und besiegt haben. Seither herrschen alle hl. Märtyrer unter der Himmelskönigin an genau jenem Ort, den die Römer allen Dämonen geweiht hatten. Das ist der Ursprung des Fes­tes Aller­hei­li­gen.

Jenes Fest, das auch den unzähligen unbekannten Heiligen gilt. Die Übung, alle Hei­li­gen an einem Tage zu ver­eh­ren und anzu­ru­fen, brei­tete sich aus. König Lud­wig der Fromme, selber ein Heiliger, sorgte dafür, daß das Fest im gan­zen Fran­ken­reich ein­ge­führt wurde.

Beginn der Heiligenverehrung

Die Hei­li­gen­ver­eh­rung begann jedoch schon viel früher. Sie setzte ein mit dem Kult der Märtyrer. Belehrt durch Christus im Heiligen Geist, wußten die Chris­ten von Anfang an, daß, wer sein Blut für Chris­tus ver­gießt, ganz gewiß in das himmlische Got­tesreich auf­ge­nom­men wird. „Wer sein Leben um Meinetwillen verliert, der wird es finden.“ (Mt. 16,25).

Christus hat gleichsam in den Gliedern der hl. Blutzeugen Sein Kreuzesleiden erneuert und fortgesetzt. Und so haben die Christen nachweislich seit dem 2. Jahr­hun­dert über den Grä­bern der Märtyrer das hl. Meßopfer gefei­ert. Sie haben Kir­chen und Kapel­len über den Grä­bern der Märtyrer erbaut. Die herrlichen Kirchen in Rom – der Petersdom, St. Paul vor den Mauern, St. Sebastian, St. Laurentius vor den Mauern, usw. – wurden über den Gräbern der Märtyrer errichtet. Daher kommt auch der Brauch, daß bei der Weihe eines jeden Altares oder Altarsteines, in demselben durch den Bischof die Reliquien wenigstens eines hl. Blutzeugen, eingefügt bzw. beigesetzt werden müssen. – Der Altarstein symbolisiert ja Christus. Deshalb sind fünf Kreuzzeichen in den Altarstein eingemeißelt, welche auf die fünf Wundmale des Heilandes hinweisen. Die Heiligen, insbesondere die hl. Märtyrer sind die bevorzugten Glieder Christi. „Christus ist das Haupt“, sagt der hl. Paulus, „und wir sind die Glieder.“ (vgl. 1. Kor. 12,12). Daher gilt das Wort des Herrn um so mehr ihnen: „Was ihr dem geringsten Meiner Brüder getan habt, das habt ihr Mir getan.“ (Mt. 25,40). Deswegen soll das hl. Opfer stets über den Gräbern jener Glieder der Kirche dargebracht werden, die durch ihr Blutzeugnis dem gekreuzigten Erlöser am ähnlichsten geworden sind.

Das Gebet zu den Heiligen

Die Verehrung der Hei­li­gen erstreckt sich auf fünf Bereiche. – Ers­tens: Wir beten zu ihnen. Wir beten sie nicht an! Das ist eine Ver­ken­nung, viel­leicht auch eine gewollte Dif­fa­mie­rung der Hei­li­gen­ver­eh­rung durch die Ungläubigen, die uns des Götzendienstes bezichtigen. Nein, wir beten die Heiligen nicht an, son­dern wir beten zu ihnen.

Anbe­ten, d.h. als den höchs­ten Herrn aner­ken­nen, kann man nur Gott. Anbe­tung ist näm­lich jener reli­giöse Kul­t­akt, durch den das ver­nunft­be­gabte Geschöpf die Ober­herr­lich­keit Gottes und die eigene voll­stän­dige Abhän­gig­keit von Ihm anerkennt und bekennt. Sie gebührt nur Gott, dem einen und dreifaltigen Gott, der Per­son Jesu Christi als dem mensch­ge­wor­de­nen Got­tes­sohn und allem, was durch die hyposta­ti­sche Union in Einheit mit der Person Jesu Christi steht; also auch Seine hei­lige Mensch­heit, Sein allerhei­li­gstes Herz, Sein kostbares Blut; selbstverständlich auch das hei­ligste Altarsakrament, weil unser göttlicher Erlöser darin wahr­haft, wirk­lich und wesent­lich gegen­wär­tig ist. Anbetung gebührt Gott allein.

Aber wir ver­eh­ren die Hei­li­gen als Die­ner Got­tes, als Freunde Got­tes, als Meis­ter­werke der Gnade Got­tes. Sie sind hei­lig gewor­den durch die Macht der göttlichen Gnade, und des­we­gen sind sie die Meis­ter­werke Got­tes. Jeder Künstler ist hocherfreut, wenn seine Kunstwerke von den Menschen bestaunt, bewundert und gelobt werden. Wie sollte es also Gott mißfallen, wenn wir die Heiligen als Werke Seiner Gnade bestaunen, bewundern und loben? Wenn wir sie ver­eh­ren, dann ver­eh­ren wir Gott! Wir ver­eh­ren Gott in sei­nen Hei­li­gen.

Sodann beten wir zu den Hei­li­gen ganz anders als zu Gott. Gott bit­ten wir, daß Er uns aus Seiner souveränen Machtvollkommenheit Gutes ver­leihe und Übles abwende. Zu den Hei­li­gen dage­gen beten wir, daß sie als Freunde Got­tes bei Ihm als unsere Für­spre­cher tätig wer­den. So wie wir einander in bestimmten Anliegen um das Gebet bitten, genauso machen wir es bei den Heiligen. Wir bitten sie für uns bei Gott einzutreten. Der hl. Jakobus sagt: „Betet füreinander, damit ihr das Heil erlanget; denn viel vermag das beharrliche Gebet des Gerechten.“ (Jak. 5,16). Wenn wir also schon einander um das Gebet angehen dürfen, ja sogar sollen, wie sollte es dann abwegig sein, die Heiligen – die um ein vielfaches „gerechter“ sind als wir sündigen Erdenpilger – um ihre Fürbitte anzuflehen?

Dadurch nehmen wir Gott nichts weg. Im Gegenteil! Es ist Gott sogar sehr wohlgefällig, wenn wir die Heiligen um ihre Fürbitte angehen, weil wir uns durch die Anrufung der Heiligen demütigen und damit bekennen, daß wir selber unwürdig oder wenigstens nicht in der gleichen Weise der Erhörung unserer Bitten würdig sind, wie es bei den Freunden Gottes im Himmel der Fall ist. Die Hei­li­gen­ver­eh­rung ist keine Beein­träch­ti­gung der Got­tes­ver­eh­rung, viel­mehr eine Blüte der­sel­ben! Durch sie wird die Ver­herr­li­chung des drei­ei­ni­gen Got­tes gemehrt. Denn die Hei­lig­keit, deret­we­gen die Hei­li­gen geehrt werden, ist eine Gabe Got­tes, eine Frucht der Erlö­sung, somit ein ste­ter Lobpreis Got­tes.

Der Wesens­un­ter­schied zwi­schen Anbe­tung Got­tes und Ver­eh­rung der Hei­li­gen ist genau so groß wie der zwi­schen Schöp­fer und Geschöpf! Der Unterschied wird ganz offensichtlich darin, daß wir zwei ver­schie­de­ne Bitt­for­meln anwenden: Zu Gott sagen wir: „Erbarme dich unser! Erlöse uns! Erhöre uns!“ Zu den Hei­li­gen sagen wir: „Bit­tet für uns.“ Auf unse­ren Altä­ren wird das hl. Meßopfer dar­ge­bracht, aber es wird nur Gott dar­ge­bracht, nicht einem Hei­li­gen. Der Hei­li­gen wird gedacht beim hl. Meßopfer. Aber das Meßopfer wird nur Gott dar­ge­bracht. „Wo ist ein Bischof“, sagte der hl. Augus­ti­nus, „der sagt: Wir opfern dir o Petrus; wir opfern dir o Johan­nes; wir opfern dir o Cyprian? Nein, unser Opfer gilt Gott allein, der den Mär­ty­rern die Krone ver­lie­hen hat.“ – Und das Kon­zil von Tri­ent definierte gegen die protestantischen Neue­rer des 16. Jahr­hun­derts den Glaubenssatz: „Es ist gut und nutz­brin­gend, die Hei­li­gen, die im Him­mel mit Chris­tus herr­schen, um ihre Für­spra­che anzu­ru­fen, um von Gott durch sei­nen Sohn Jesus Chris­tus, der allein unser Erlö­ser und Ret­ter ist, Wohl­ta­ten zu erlan­gen.“ Die Heiligen sind unsere Fürsprecher bei Gott. Deshalb beten wir zu ihnen.

Die Feier der Heiligenfeste

Zwei­tens: Wir fei­ern ihre Feste. Der Fest­tag der Hei­li­gen ist meis­tens ihr Todes­tag. Ges­tern, am 31. Oktober, fei­er­ten wir das Fest des hei­li­gen Wolf­gang, des Bischofs von Regensburg. Am 31. Okto­ber 994 ist der hl. Wolf­gang gestor­ben. Er ist aus dieser Welt des Kampfes geschieden und in den Him­mel ein­ge­gan­gen. Deshalb feiern wir bei den meisten Heiligen ihren Todes­tag, weil es ihr Geburts­tag für den Him­mel ist.

An die­sem Tage ste­hen die Hei­li­gen leuch­tend vor uns und rufen uns zur Nach­folge. Jedes Hei­li­gen­fest ist ein Sie­ges­fest! Sie haben gesiegt über das Fleisch und die Begierde, über die Lockungen der Welt und des Teufels.

Jeder Tag, an dem die Kirche ein Heiligenfest begeht, ist ein Tag der Dank­bar­keit. Wir dan­ken Gott, daß Er uns die­sen Hei­li­gen geschenkt hat, daß Er ihn durch Wunderzeichen verherrlicht hat, daß Er ihn uns zu einem Vorbild und Fürsprecher gegeben hat, den wir anrufen und nachahmen sollen.

Es ist ein Tag der Erin­ne­rung. Wir ver­ges­sen die Hei­li­gen nicht. Das Andenken der Hei­li­gen darf nicht unter­ge­hen. An ihrem Fest­tag soll es Jahr für Jahr wie­der leben­dig wer­den. Jeder von uns trägt den Namen wenigstens eines Hei­li­gen. Er soll uns hei­lige Ver­pflich­tung sein und auch sichere Zuflucht! Verpflichtung und Zuflucht! Der Name soll uns ver­pflich­ten, das Leben des Hei­li­gen nach­zu­ah­men, seine Tugen­den zu erwer­ben, so zu leben, wie er gelebt hat. Und sie sol­len auch unsere Patrone sein. Sie sol­len für uns bit­ten. Es sollte kein Tag ver­ge­hen, wo wir nicht unse­ren Namens­pa­tron um seine macht­volle Hilfe anru­fen.

Besonders sollen wir den Namenstag feiern. Der Namenstag steht für den Katholiken höher und sollte feierlicher begangen werden, als der Geburtstag. Denn es ist das Fest jenes Heiligen, der uns seit unserem Tauftag an dem wir für das ewige Leben geboren wurden, besonders beisteht, während unser Geburtstag lediglich ein Jahresgedächtnis unseres sterblichen, hinfälligen Lebens anzeigt. – In manchen Regionen konnte man früher Katholiken und Protestanten auseinanderhalten, indem man sich danach erkundigte, ob sie den Geburtstag oder den Namenstag feiern. Die Katholiken feierten nur Namenstag. Die Protestanten nur Geburtstag. Für jeden Katholiken muß also das Fest seines Namenspatrons ein besonderer Feiertag im Jahr sein. – Wir fei­ern die Feste der Hei­li­gen.  

Die Verehrung der Heiligenbilder

Drit­tens: Wir ehren ihre Bil­der. Bil­der von Hei­li­gen sind so alt wie die Kir­che. Sie erschei­nen anfäng­lich in der Ausschmückung christlicher Gräber. Auf den Fresken der Katakomben wurden sie dargestellt als Beglei­ter der Ver­stor­be­nen; oder wenn es sich um Heiligengräber handelte, bei ihrer Auf­nahme in die Selig­keit oder bei ihrer Krö­nung durch Chris­tus. – Seit dem 5. Jahr­hun­dert aber wer­den die Hei­li­gen allein für sich dar­ge­stellt.

Das christ­li­che Altertum und Mit­tel­al­ter hat seine Kathedralen, Dome und Kir­chen mit Hei­li­gen­bil­dern und Hei­li­gen­fi­gu­ren geschmückt. In die­ser Bil­der­bi­bel konnte auch der Ärmste und Unge­bil­detste lesen und ver­ste­hen: „Was sie getan haben, das soll ich nach­ah­men.“ Die Heiligenbilder rufen uns zur Nach­ah­mung auf, sooft wir sie anschauen.

Das Kon­zil von Tri­ent hat gegen Über­schwang und Ver­ir­run­gen definiert: „Wir glau­ben nicht, in den Bil­dern wohne etwas Gött­li­ches oder eine beson­dere Kraft.“ Nein, son­dern die Bil­der erin­nern uns an den Hei­li­gen. Sie haben nicht eine beson­dere Kraft in sich. Sie machen nicht den Hei­li­gen selbst gegen­wär­tig – das wären abergläubische Ver­ir­run­gen, son­dern es ist so, daß die Hei­li­gen­bil­der uns an ihre Tugen­den erin­nern und zu ihrer Nach­folge auf­ru­fen.

Jeder von uns trägt das Bild sei­ner lie­ben Ange­hö­ri­gen – des Vaters, der Mutter, des Ehegatten, der Kinder – im Her­zen. Wir haben ihre Bil­der auch in unse­ren Woh­nun­gen aufgestellt, in unse­ren Fotoalben auf­be­wahrt. Wir hal­ten die Bil­der unse­rer Lie­ben in Ehren und bewah­ren sie sorg­fäl­tig auf. Um wie­viel mehr muß das von den Bildern derjenigen gel­ten, die mit Sicher­heit den Sieg über Sünde, Tod und Teufel errungen haben!

Mancherorts wird die Verehrung eines Heiligenbildes von Gott mit besonderen Gnadenerweisen bedacht. Um diese Gnadenbilder haben sich teilweise große Wallfahrten gebildet; etwa in Altötting oder in Kevelar.

Um die Heiligen, insbesondere unsere Patrone, zu ehren, sollen wir ihre Bilder in unse­ren Häu­sern aufhängen, schmücken und verehren. Mancherorts ist es Sitte zur Taufe, zur Erstkommunion und Firmung und auch zur Hochzeit Heiligenbilder zu schenken. Zur Primizfeier werden vom Neupriester Bildchen von Heiligen gedruckt und ausgeteilt. An den Schriftenständen der Kirchen sieht man Heiligenbildchen ausliegen, die mit Gebeten zu ihnen bedruckt sind. Wir legen sie in unsere Gebet­bü­cher ein­. – Wir tragen auch Medaillen mit der Prägung ihres Bildes. Bisweilen sieht man sogar eine Heiligendarstellung auch auf einem Grabstein. – Wir sol­len die Bil­der der Hei­li­gen ehren.

Die Reliquienverehrung

Vier­tens: Wir ver­eh­ren ihre Reli­quien. Reli­quien sind Überreste von Hei­li­gen; Überreste ihres Leibes, ihre Gebeine und auch solche Gegenstände, die mit den Heiligen in besonders naher Beziehung gestanden haben: ihr Gebetbuch, ihr Rosenkranz, das Kruzifix, vor dem sie gebetet haben, das Gewand, das sie getragen bzw. in dem sie gestorben sind.

Die Reli­qui­en­ver­eh­rung ist uralt und wird sogar im profanen Bereich geübt. Man zeigt etwa den Säbel Napo­le­ons, die Uniform von Admiral Nelson oder die Tage­bücher berühmter Persönlichkeiten.

Wir Katholiken hal­ten die Reli­quien der Hei­li­gen in Ehren, weil der Hei­lige Geist sich ihrer Kör­per als Organe und Gefäße zu allen guten Wer­ken bedient hat. Wie bereits erwähnt, werden Reli­quien in den Altar ein­ge­legt; man spricht vom Reli­qui­en­grab. Und das ist die Stelle, die der Pries­ter wäh­rend der hei­li­gen Messe immer wie­der küßt, bevor er sich zum Volk umwendet.

Gott selbst hat die Reli­quien der Hei­li­gen durch Wun­der ver­herr­licht. Und auch zu ihren Gräbern haben sich zahllose Wallfahrten gebildet. Es seien hier nur Rom und Santiago de Compostella genannt.

Der Schutzpatron von Neapel ist der hl. Januarius, Bischof von Benevent, der zur Zeit des Kaisers Diokletian enthauptet worden war. Sein Haupt und sein eingetrocknetes Blut, sowie andere Reliquien von ihm ruhen seit dem Jahr 1497 im Dom San Gennaro in Neapel. Beim Ausbruch des Vesuv im Jahr 1707, der so schrecklich war, daß durch den Rauch der Himmel bis Konstantinopel verfinstert war, trug man die Reliquien des Heiligen in einem Schrein in feierlicher Prozession dem Lavastrom entgegen und ließ den Sarg in einer Kapelle am Fuß des Vesuv zurück. Auffallenderweise hörte die Lava sofort auf zu fließen. Und schon am selben Abend sah man wieder die Sterne am Himmel leuchten. – Ferner ereignet sich alljährlich am 19. September, dem Fest des hl. Januarius, ein Wunder an seinen Reliquien. Ein Glasgefäß, in dem das eingetrocknete Blut des Märtyrers aufbewahrt wird beginnt, sobald es an diesem Tag in die Nähe seines Hauptes gebracht wird, flüssig zu werden und aufzuschäumen, wie wenn es noch ganz frisch wäre.

Gott will mit sol­chen Reli­qui­en­wun­dern unser Ver­trauen auf die Für­bitte der Hei­li­gen stär­ken und uns selbst zur Ver­eh­rung der Hei­li­genreliquien anlei­ten.

Die Nachahmung der Heiligen

Fünf­tens, das ist viel­leicht für uns das Gewich­tigste: Wir ehren die Heiligen, indem wir ihr Bei­spiel nachahmen. – Die Hei­li­gen waren keine ande­ren Men­schen als wir. Sie waren von Natur aus genauso gear­tet wie wir. Sie haben sich gefreut und sie haben gelit­ten wie wir. Den Hei­li­gen hat es noch nicht gege­ben, dem Schmerz nicht weh getan hätte und den Lust nicht erfreut hätte. Aber sie haben eben den Hang zum Ver­gnü­gen, zum Genuß bekämpft und über­wun­den. Sie haben den Unmut und den Wider­wil­len gegen das Lei­den besiegt.

Der hl. Pfar­rer von Ars, das Idealbild des Priesters – unser beschä­men­des Vor­bild – führte ein strenges Leben. Er pflegte sich vor Tages­an­bruch zu erhe­ben und weilte stun­den­lang vor dem Taber­na­kel, damit Jesus in seiner Kirche nicht allein sei. Viele Stun­den saß er im Beicht­stuhl und hörte immer wie­der die glei­che Leier vom Ver­rat der Men­schen an. Er aß nur ein­mal am Tag und schlief wenig.

Die Hei­li­gen hat­ten Kämpfe zu beste­hen. Die Angriffe kamen von innen und von außen. – Von innen: Selbst­zwei­fel, Ver­zagt­heit, Tro­cken­heit nag­ten an ihnen. Sie fühl­ten sich von Gott ver­las­sen. – Von außen: Demü­ti­gun­gen, Zurück­set­zun­gen tra­fen sie genauso, wie sie uns treffen. Ihre bes­ten Unter­neh­mun­gen wur­den ver­däch­tigt und ver­hin­dert, tra­fen auf Wider­stand. Ein Held ist, der stand­hält! Und die Hei­li­gen haben stand­ge­hal­ten.

Den Hei­li­gen haben auch Ver­su­chun­gen nicht gefehlt. Der Satan macht sich immer noch mehr an diejenigen heran, die sich schon auf einem hohen Stand der Hei­lig­keit befinden, als an jene, die noch am Anfang stehen. Der Satan hat Sinn für Qua­li­tät, um gerade die besten und schönsten Werke der Heiligkeit Gottes zuschanden zu machen. Und so haben die Hei­li­gen Ver­su­chun­gen ohne Maß über sich erge­hen las­sen. Aber sie haben sie über­wun­den. – Sie haben die Mit­tel gebraucht, die zu ihrer Über­win­dung erfor­der­lich sind. In den dunk­len Stun­den der Ver­su­chung und der Prüfung wird die Hei­lig­keit gebo­ren!

Die Heiligen haben die Erde gese­hen und doch den Him­mel nicht aus den Augen ver­lo­ren. Sie haben in der Welt gedient und doch Gott über alles geliebt. Sie haben in ihrer Zeit gelebt und doch die Ewig­keit gewon­nen. Sie haben Men­schen umarmt, ohne Gott zu belei­di­gen. Sie haben sich zu Gott geflüch­tet und doch die Men­schen nicht ver­nach­läs­sigt. Dafür sind die Hei­li­gen ein Bei­spiel, das uns trös­tet und zugleich auf­ruft. – Konn­ten sie es, warum wir nicht? Warum sind wir nicht ebenso mutig und ebenso tap­fer und ebenso konsequent? Warum las­sen wir unser Leben als eine Halb­heit, als einen unfer­ti­gen Bau, als eine Ruine einfach lie­gen?

Die Marienverehrung

Heute, am Fest Allerheiligen, dürfen wir natürlich nicht schwei­gen von der Köni­gin der Hei­li­gen, von der allerseligsten Jungfrau und Gottesmutter Maria.

Sie ist aus zwei­fa­chem Grunde die Köni­gin der Hei­li­gen. Ers­tens: Sie steht Gott am nächs­ten. Sie war Sein aus­er­wähl­tes Werk­zeug, als Er Sei­nen ewigen Sohn in die Welt sandte. Sie hat der Welt den Erlöser geboren und ihr damit die Erlösung geschenkt. Gott wollte, daß uns alles, was übernatürlich und heilig ist, aus den Händen Mariens zuteil wird. Sie ist die Mittlerin aller Gnaden. – Und Zwei­tens: Maria ist von Gott aus­ge­stat­tet wor­den wie kein ande­rer Hei­li­ger. In ihrer Unbefleckten Empfängnis blieb sie von der Erb­sünde frei. Durch ihr makel- und sündenloses Leben hat Maria ihren Schöpfer und Erlöser verherrlicht, wie niemand sonst. Sie wurde mit Leib und Seele in den Him­mel auf­ge­nom­men.

Da könnte man mei­nen: Ja, ist Maria uns nicht durch sol­che Aus­zeich­nun­gen und sol­che Erhe­bun­gen entrückt, fern und entfremdet? Nein, sie ist unsere Mut­ter. Sie ist uns nahe, wie eine Mutter. Sie ist um uns besorgt, wie die beste Mutter! Am Kreuz hat sie Christus als Seine Mut­ter und unsere Mut­ter bezeich­net. Darum sam­meln sich um Maria ihre glück­li­chen Kin­der: Jung und Alt, Män­ner und Frauen, Gottgeweihte und Laien. Unauf­hör­lich strömt der Ruf zu ihr: „Heilige Maria, Muttergottes, bitte für uns Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes.“ Dieser Ruf wäre schon längst erstorben, wenn er nicht erhört würde. Denn wenn Maria, die fürbittende Allmacht am Throne Gottes, mit uns die Hände fal­tet, dann steigt unser Gebet wahr­lich zum Him­mel auf. Maria, die Gottesmut­ter, die uns einst mit Jesus den Heiligen der Heiligen gebracht hat, will uns alle zu Jesus brin­gen. Sie will uns alle zu Heiligen formen.

Der Weg zur Heiligkeit

Worin aber besteht die Heiligkeit? – Aus drei Din­gen. Ers­tens: Man muß sich selbst aus der Hand Got­tes anneh­men. Das ist nicht so leicht, wie es aus­ge­spro­chen wird, denn man­cher von uns klagt über seine Unzu­läng­lich­keit, möchte ein ande­rer oder wenigs­tens anders sein. Aber nein, wir müs­sen uns bescheiden und uns so aus der Hand Got­tes anneh­men, wie wir geschaf­fen und begabt worden sind; aus welcher Fami­lie und aus welchen Verhältnissen wir her­vor­ge­gan­gen sind; welche Möglichkeiten und Fähigkeiten uns in die Wiege gelegt wurden – oder eben nicht. Nicht allen hat Gott fünf Talente gegeben. Manchen nur zwei. Manchen sogar nur eines. Man darf nicht mit Gott hadern, daß wir so sind, wie wir sind. Gott hat nicht alle gleich begabt. Er wird aber auch nicht von allen das Gleiche verlangen. Wem viel gegeben ist, von dem wird auch viel gefordert werden. Wem wenig gegeben ist, der muß sich mit eben dem bescheiden. So ist also das Erste, um hei­lig zu wer­den: sich aus der Hand Got­tes anneh­men, sich mit Gott beja­hen.

Das Zweite besteht darin, und das ist noch schwe­rer, näm­lich die Men­schen aus Got­tes Hand anneh­men; die Men­schen, die Gott uns an den Lebensweg gestellt hat. Nicht kla­gen und nicht jam­mern: „Ich möchte andere Men­schen haben.“ Eine andere Familie, andere Nachbarn, andere Arbeitskollegen, andere Vorgesetzte! Nein, die Men­schen, die uns umge­ben, das sind die, welche Gott ausgewählt hat und uns sen­det. Das sind die, an denen wir unsere Hei­lig­keit wir­ken sol­len! Wir brau­chen keine ande­ren. Diejenigen, die uns umge­ben, sind uns von Gott gesandt, auf daß wir an ihnen Hei­lig­keit ler­nen!

Drit­tens: Wir sol­len in dem Bereich, der uns zuge­wie­sen ist; also an dem Ort, an den uns die weise Vorsehung Gottes hingestellt hat, die Ord­nung her­stel­len, die Ord­nung nach Got­tes Wil­len. Diese Ord­nung voll­ziehen in der klei­nen und in der gro­ßen Welt; in unse­rem inneren Seelenleben – in der Gedankenwelt – und im per­sön­li­chen Umfeld des täglichen Lebens, aber auch im gesell­schaft­li­chen und staat­li­chen Leben. Wir müs­sen die göttliche Ord­nung in dem Stück Welt schaf­fen, das uns anver­traut ist, soweit es uns tatsächlich auf­ge­ge­ben ist und soweit wir dazu fähig sind.

Gerade das Leben der Hei­li­gen beweist, daß es dar­auf ankommt, das ewige Glück im Jen­seits durch die Er­fül­lung unserer diesseitigen Pflichten, die sog. Standespflichten, zu erwer­ben. Das ewige Glück kön­nen wir nur dadurch errei­chen, daß wir es auf Erden ver­die­nen, daß wir unsere Dies­seits­auf­ga­ben, die uns nach dem Wil­len Got­tes zuge­wie­sen sind, in hei­li­ger Treue, Hin­gabe und Opfer­be­reit­schaft erfül­len.

Gewiß glau­ben wir, daß ein guter Tod für uns von aus­schlag­ge­ben­der Bedeu­tung ist. Aber wir wis­sen auch, daß ein guter Tod nur die Frucht eines guten Lebens ist. In Gott hin­ein ster­ben ist genauso leicht oder so schwer wie in Gott hin­ein zu leben. Wer in Gott hin­ein lebt – wer also nach der Heiligkeit strebt – der wird auch die Kraft fin­den, selig in Gott hin­ein zu ster­ben.

Fol­gen wir deshalb der Lebens­weis­heit der Heiligen. Folgen wir dem Weg der Heiligen zur Heiligkeit! Wo findet sich der Weg zur Heiligkeit? – Christus hat uns den Weg der Heiligen soeben im Evan­ge­lium des heu­ti­gen Tages beschrieben: Sie waren arm im Geiste, und des­we­gen besit­zen sie jetzt das Reich Got­tes. Sie waren sanftmütig und deshalb sind sie zur Selbstbeherrschung gelangt. Sie trauerten und beweinten ihre Sünden. Sie besserten ihre schlechten Gewohnheiten, deshalb wurden sie mit einem guten Gewissen getröstet, das die Angst vor dem Tode vertrieb. Sie hungerten und dürsteten nach Werken der Buße und der Gerechtigkeit und werden jetzt gesättigt mit der ewigen Seligkeit Gottes. Sie waren fried­fer­tig, und des­we­gen fan­den sie heim zum ewi­gen Frie­den. Sie waren barm­her­zig, und des­we­gen haben sie Barm­her­zig­keit erlangt. Sie waren rei­nen Her­zens, und des­we­gen dür­fen sie jetzt Gott schauen. Sie haben gelit­ten und gekämpft, gedul­det und getra­gen, und des­we­gen haben sie den ver­hei­ße­nen Lohn gefun­den.

Heute rufen sie uns zu: „Die­sen Weg müßt auch ihr gehen!“ Ist es auch kein leich­ter Weg, for­dert er auch Ent­sa­gung und Über­win­dung, es ist der ein­zige Weg, der sicher – ja, tod­si­cher – zur letz­ten Erfül­lung des Men­schen­le­bens führt. „Freut euch und froh­lo­cket, denn euer Lohn ist groß im Him­mel.“ Amen.

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