Der reiche Tor

Geliebte Gottes!

Eines Tages riefen Männer aus dem Volk in einer Erbstreitigkeit unseren Herrn Jesus Christus als Schiedsrichter an. Christus erteilte ihnen jedoch nur eine Mahnung, indem Er zu ihnen sprach: „Seht zu und hütet euch vor jeglicher Habsucht! Denn selbst wenn einer im Überfluß schwimmt, so ist ihm noch nicht auch das Leben aufgrund der Besitztümer gesichert.“ (Lk. 12,15). Damit gab der Herr dem Volk zu verstehen, daß die Existenzsicherung nicht maßgeblich von der Anhäufung materieller Güter und Sicherungen abhängt.

Das Bedürfnis nach Sicherheit ist zutiefst menschlich und wurzelt in unserer Hinfälligkeit und Abhängigkeit von materiellen Gütern. Obwohl wir in einer Zeit leben, die einen noch nie dagewesenen Wohlstand kennt, ist das Bedürfnis nach Sicherheit und Absicherung nicht zurückgegangen. Ja, es scheint fast: Je größer der Besitzstand, um so größer wird das Gefühl der Unsicherheit der Besitzenden.

Besonders deutlich wird dies an den vielen Möglichkeiten sich finanziell abzusichern durch Abschluß aller möglichen Versicherungen: gegen Unfall, Einbruch, Hagel, Feuer, Rohrbruch, Krankheit usw. – Sodann sichert man sich körperlich und gesundheitlich ab durch Hygiene, gesunde Ernährung, Sport, medizinische Vorsorgeuntersuchungen. – Im sozialen Leben sichert man sich ab durch Genossenschaften, Vereine und Verbände. Sei es die Berufsgenossenschaft oder der Mieterbund. So ist der einzelne durch die Masse gesichert. Und doch: Bei aller Vorsorge und bei aller Absicherung mit materiellen Gütern, bleibt doch ganz offensichtlich die Unsicherheit, die nun einmal allem Menschlichen anhaftet.

Der sichere Besitz machte den reichen Toren …

Um Seiner Lehre Nachdruck zu verleihen, schloß unser Herr unmittelbar an Seine Mahnung ein anschauliches Gleichnis an. Es handelte von einem tüchtigen Mann, dessen Acker reichliche Früchte getragen hatte (Lk. 12,16-21). Angesichts der reichen Ernte dachte nun der Mann: „Was soll ich nur anfangen? Ich habe ja keinen Platz, meine Früchte unterzubringen.“ Da sagte er sich: „So werde ich es machen: Ich breche meine Scheunen ab und baue größere; dort werde ich alle meine Erzeugnisse und meine Güter unterbringen. Dann werde ich zu meiner Seele sagen: Meine Seele, du hast viele Güter auf manches Jahr bereitliegen; ruhe aus, iß, trink und laß es dir wohl sein!“ Da sprach aber Gott: „Du Tor! Noch in dieser Nacht fordert man dein Leben von Dir. Wem wird dann das alles gehören, was du aufgespeichert hast?“ Jesus nannte den tüchtigen und reichen Mann einen Tor. Und das mit vollem Recht, weil ihn die Fülle des Wohlstandes nicht wirklich reich, sondern ihn in sechsfacher Hinsicht arm werden ließ.

Wenn wir nun die sechs Punkte gemeinsam durchgehen, so prüfe sich jeder selbst, ob wir uns nicht in dem einen oder andern Punkt im reichen Toren wiedererkennen müssen.

… nicht gottesfürchtiger

Der erste Mangel des Toren bestand darin, daß ihn die reiche Ernte nicht gottesfürchtiger machte. Denn das Gleichnis hebt mit den Worten an: „Eines reichen Mannes Acker trug reichliche Früchte.“

Alles gedieh vortrefflich. Aber kein einziges Wort des Dankes kommt über seine Lippen. – Zwar hat seine Muskelkraft den Boden bearbeitet, sein Fleiß die Saat ausgebracht, seine Sorgfalt Unkraut und Schädlinge fern gehalten. Und doch konnten all seine Kraft, sein Fleiß und seine Sorgfalt nicht die Sonne scheinen lassen und den notwendigen Regen spenden, geschweige denn das Wachstum der Saat bewirken.

Es fehlte ihm jenes demütige Eingeständnis des hl. Paulus, der im Hinblick auf sein apostolisches Wirken in der göttlichen Gnadenordnung offen bekannte: „Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen, Gott aber ließ wachsen. So ist weder der etwas, der pflanzt, noch der, welcher begießt, sondern nur Gott, der wachsen läßt.“ (1. Kor. 3,6). Dieses demütige Bekenntnis, das auch im natürlichen Bereich seine Geltung hat, ist das erste wesentliche Merkmal der Tugend der Dankbarkeit. Die Dankbarkeit besteht zuallererst in der Anerkennung der Tatsache, daß wir von einem anderen eine Wohltat empfangen haben. Gott ließ wachsen. Alles menschliche Mühen ist umsonst, wenn nicht Gott das Wachstum gibt. Das muß der Mensch anerkennen und, wie es der hl. Paulus getan hat, auch bekennen!

Wie steht es bei uns? Haben wir es im Anblick unserer Erfolge, also angesichts der Früchte unserer Arbeiten und Bemühungen vielleicht ebenfalls versäumt, auch Demjenigen Dank abzustatten, der maßgeblich zum Gedeihen, Wachsen und Gelingen all unserer Anstrengungen beigetragen hat? Nicht nur auf dem Feld oder im Garten, sondern auch in der Werkstatt, im Büro, in der Küche oder bei anderen Arbeiten? Schreiben wir nicht auch gelegentlich die Erfolge allein unserem Fleiß und unserer Tüchtigkeit zu, wie es der reiche Mann aus dem Gleichnis getan hat?

Sollten wir unserer Dankespflicht gegenüber Gott nur selten bis gar nicht nachgekommen sein, dann sagen wir Ihm wenigstens heute um so inniger Dank, daß Er unserer Hände Arbeit so gesegnet hat, damit uns daraus unser tägliches Brot, unser notwendiger Unterhalt, und sogar darüber hinaus (!) zuteil wurde. – Versuchen wir uns bei Tisch an die Worte des hl. Paulus zu erinnern und mit ihm im Herzen zu sprechen: „Ich habe gepflanzt und begossen, Gott aber ließ wachsen. So ist weder der etwas, der pflanzt, noch der, welcher begießt, sondern nur Gott, der wachsen läßt.“ So werden wir nicht mehr unter jenem Mangel leiden, dem der reiche Tor aus dem Gleichnis verfiel: dem Mangel an Gottesfurcht.

… nicht zufriedener

Darüber hinaus machte die überaus gesegnete Ernte den Toren auch nicht zufriedener, heißt es doch von ihm: „Da dachte er bei sich selbst und sprach: Was soll ich nur anfangen? Denn ich habe nicht Raum, wo ich meine Früchte unterbringen könnte.“ – Der reiche Segen stimmte ihn nicht fröhlich, sondern wurde ihm zur Ursache schwermütiger Gedanken. „Was soll ich nur anfangen?“, so denkt und spricht der Reiche! Würde ein Armer bei schlechter Ernte, oder bei existenzgefährdenden Verlusten so reden, so wäre es eher verständlich. – Wie aber kann ein reicher, wohlhabender Mensch beim Anblick eines so außerordentlichen Glückes in solch besorgtes Grübeln geraten? Man möchte meinen der Überfluß an Gütern schaffe den inneren Frieden, weil er ja Sicherheit gewähre. Viele Menschen wünschen sich reich zu sein, um sorgenfrei leben zu können. Vielleicht zählen auch wir zu diesen Vielen?

Sowohl das Evangelium als auch die tägliche Erfahrung lehren uns: Genau das Gegenteil ist der Fall! Auch der reiche, wohlhabende Mensch ist nicht frei von Sorge. Denn Geld und materielle Güter werfen neue Probleme auf. Sie wollen ver-„sorgt“ werden und erzeugen eben dadurch Sorge und Unruhe. Man muß sich darum kümmern, daß sie recht gelagert, recht gepflegt und haltbar gemacht, bzw. gewinnbringend angelegt werden. Je größer der Besitzstand, um so mehr Unruhe und Unzufriedenheit bemächtigen sich des Herzens. Und der Gedanke an Einbuße und Verlust ängstigt die Seele. Nur wer nicht selber von seiner Habe besessen wird, bleibt innerlich frei. Nur den drückt der Wohlstand nicht, der sein Herz nicht daran hängt und seine Güter nach Gottes Absicht gebraucht.

Darin liegt eine Hauptursache des Unglücks und der Zukunftsängste in der heutigen Gesellschaft, daß man nur an das Aufhäufen irdischer Güter denkt; nie zufrieden ist; nicht danach strebt, die irdischen Güter auch in gottgefälliger Weise zu gebrauchen. Letzteres führt uns zu dem dritten Defizit des Reichen.

… nicht barmherziger

Der dritte Mangel, den wir an dem Toren feststellen müssen, besteht darin, daß ihn der reiche Erntesegen nicht barmherziger gemacht hat. Denn er sprach bei sich: „Das will ich tun; ich will meine Scheunen abbrechen und größere bauen. Daselbst will ich alles, was mir gewachsen ist, und was ich besitze zusammenbringen.“

Der Tor denkt nur an sich selbst. Besäße er nur einen Funken Nächstenliebe, so hätte er gewiß auch an andere gedacht, denen er hätte mitteilen können und sollen. Denn Gott will den Unterschied zwischen arm und reich! Ja, entgegen der sozialistischen Gleichmacherei und der kommunistischen Enteignungsideologie, will Gott den Reichtum. Aber nicht, damit sich die vergleichsweise wenigen Reichen ihres gesegneten Besitzes alleine erfreuen sollten, sondern damit sie von dem Überfluß, den sie besitzen, den Bedürftigen mitteilen.

Indem die Reichen ihre Güter in großzügiger Nächstenliebe mitteilen, werden sie nämlich zu einem Abbild Gottes, der in Seiner unendlichen Güte für alle Seine Kinder sorgt; Er läßt doch die Sonne scheinen über Guten und Bösen und spendet Regen den Gerechten wie den Sündern; ja selbst das Gras und die Lilien des Feldes kleidet Er herrlich; Er nährt die Vögel des Himmels und weist dem Fuchs seine Höhle als Wohnstatt zu. Durch die Werke barmherziger Nächstenliebe wird Gott, der Geber und Spender aller Güter, sichtbar und erfahrbar gemacht und eben dadurch verherrlicht.

Nicht in unserem Vorratskeller, nicht auf unserem Bankkonto oder in unserer Vermögensanlage, sollen wir unsere Güter in vermeintliche Sicherheit bringen, sondern unseren Überfluß in den Kornspeichern der Mildtätigkeit für die Ewigkeit sichern. So sagt der hl. Ambrosius: Was willst du größere Scheunen bauen? „Du hast ja schon Kornböden und Behältnisse: Der Schoß der Bedürftigen, die Hände der Witwen, den Mund der Waisen und der Unmündigen, das sind Kornspeicher, die für die Ewigkeit dauern.“ Barmherzige Mildtätigkeit es die beste Vermögensanlage für die Ewigkeit.

… nicht vernünftiger

Die durch die segensreiche Ernte erlangte vermeintliche Sicherheit machte den reichen Toren sodann auch nicht vernünftiger. Das geht aus den Worten hervor: „Dann will ich meiner Seele sagen: Meine Seele, du hast großen Vorrat an Gütern auf sehr viele Jahre. Ruhe aus, iß, trink und laß es dir wohl sein.“

Der hl. Basilius kommentiert diesen Satz treffend: „O Worte voll Unsinn! Hättest du eine Schweineseele, könntest du dann wohl anders reden?“ Allein an die allernächste Zukunft des irdischen Lebens denkt der Tor – an Essen und Trinken und an die Bequemlichkeiten des Lebens. Wie ein Tier vermag er nicht an die Zukunft zu denken. An die Zukunft, die nach dem Tod kommt.

Ja, nicht einmal der Gedanke an die Hinfälligkeit seiner Güter, die doch stets durch Verderben, Verlust und Diebstahl gefährdet sind, bringt ihn auf die Idee, den Herrn aller Dinge wenigstens um jenen Schutz und Segen anzuflehen, welchen der 90. Psalms verheißt: „Wer im Schutz des Höchsten wohnt, wer im Schatten des Himmelsgottes weilt, der spricht zum Herrn: Mein Helfer bist du und meine Burg; mein Gott, dem ich vertraue. … Mit Seinen Flügeln wird Er dich schirmen und unter seinen Flügeln wirst du Hoffnung schöpfen. Mit einem Schild wird dich Seine Treue umgeben; vor den Schrecken der Nacht brauchst du dich nicht fürchten. … Kein Unheil wird dir begegnen, und keine Plage deinem Zelte nahen.“ (1-5.10). Nicht einmal soweit vermag der Tor vorauszuschauen, auf daß er seine Zuflucht bei Gott suchen würde.

… sondern törichter

Er wird also in seinem Überfluß nicht vernünftiger, sondern – fünftens – auch noch törichter! „Gott sprach: Du Tor! In dieser Nacht wird man deine Seele von dir fordern. Wem wird dann das alles gehören, was du aufgespeichert hast?“

Die Torheit ist das der Weisheit entgegengesetzte Laster. Der hl. Thomas von Aquin beschreibt die Torheit als eine Stumpfheit des Herzens (S. th. II-II, q. 46). Er sagt: „Die Torheit bedeutet eine Stumpfheit [eine Beschränktheit] des Sinnes beim Urteilen, und zwar vor allem in Bezug auf die höchste Ursache, die letztes Ziel und höchstes Gut ist.“ – also vor allem im Bezug auf Gott. „Ihr gegenüber kann einer in doppelter Weise der Beschränktheit im Urteil verfallen. Einmal aus naturhaftem Mangel, wie das bei den Geisteskranken zutage tritt. Und diese Torheit ist nicht Sünde. – In anderer Weise aber dadurch, daß der Mensch seinen Sinn in die irdischen Dinge versinken läßt, wodurch sein Sinn unfähig wird, das Göttliche zu vernehmen; gemäß 1. Kor. 2,14: ‚Der irdisch gesinnte Mensch erfaßt nicht, was des Geistes Gottes ist.‘ So schmeckt etwa auch dem Menschen, dessen Geschmackssinn durch eine Krankheit verdorben ist, die Süßigkeit nicht mehr. Und diese Torheit ist Sünde.“ (a.2).

Eine heute sehr weitverbreitete Sünde! Und das ist auch kein Wunder, wenn wir noch mit berücksichtigen, auf welche Ursache der Aquinate die törichte Beschränktheit zurückführt, nämlich auf die Unzucht! Der hl. Thomas sagt: „Die Torheit kommt, soweit sie Sünde ist, daher, daß der geistige Sinn abgestumpft ist, so daß er nicht mehr fähig ist, die geistigen Dinge zu beurteilen. Am stärksten aber versinkt der Geist des Menschen ins Irdische durch die Unzucht. Diese zielt nämlich auf die größte [fleischliche] Lust, welche die Seele am heftigsten mit sich fortreißt und bindet. So wird die Torheit, soweit sie Sünde ist, am ehesten aus der Unzucht geboren.“ (a. 3). Die Unzucht ist die Hauptursache der menschlichen Torheit. Die ungeordnete Ausschweifung in fleischlichen Genüssen – seien sie sexueller oder kulinarischer Art – verdunkeln das Herz des Toren auf dreifache Weise. 1. Der Tor sucht sein ganzes Glück nur in zeitlichen Genüssen. 2. Er denkt, wenn überhaupt nur selten an den Tod, sondern verspricht sich ein langes Leben. Und 3. ist er gar nicht für das Heil seiner Seele besorgt. Und so schließt der Heiland selbst sein Gleichnis mit den Worten: „So geht es mit dem, der für sich Schätze aufhäuft, aber nicht vor Gott reich ist.“ (Lk. 12,21).

… und ärmer.

Trachte also nicht – so ruft uns der hl. Augustinus zu – so sorgfältig nach irdischem Besitze, der nicht wahrhaft glücklich machen, hingegen aber dich der ewigen Glückseligkeit berauben kann. Wörtlich sagt er: „Damit du nicht womöglich, wenn du aufspeicherst, wovon du lebst; das einsammelst, woran du sterben wirst“ [für die Ewigkeit]! Nur die Liebe zu Gott und die Liebe zum Nächsten um Gottes Willen macht uns reich. So wiederum der hl. Augustinus: „Was hat der Reiche, wenn er die [übernatürliche] Liebe nicht hat? Was hat der Arme nicht, wenn er die [übernatürliche] Liebe hat? Glaubst du, daß jener reich sei, dessen Kiste voll Goldes ist? oder dieser arm, dessen Gewissen voll von Gott ist? Der ist wahrhaft reich, in welchem Gott zu wohnen sich würdigt!“ Ja, welch bittere Armut droht einem reichen Toren. Der Tod beraubt ihn seiner irdischen Güter. Doch schon zuvor hatte ihn sein materieller Besitz ganz unbemerkt der ewigen Güter beraubt, nämlich des Besitzes Gottes durch die heiligmachende Gnade.

Armer Tor! Denn alles in allem müssen wir festhalten, die gesegnete Ernte hatte den wohlhabenden Mann, nicht gottesfürchtiger, nicht zufriedener, nicht barmherziger, nicht vernünftiger, sondern nur noch törichter gemacht. Er ist in Wirklichkeit also nicht reicher, sondern ärmer geworden. Denn nachdem noch in derselben Nacht seine Seele von ihm gefordert wurde, hatte er nicht bloß die irdischen Güter verloren; auch sein Planen, sein Arbeiten, sein Mühen und seine Sorgen waren alle vergeblich. All das trägt ihm keine Frucht für das Leben nach dem Gericht! Sehr wohl aber wird Derjenige, welcher seine Seele von ihm fordert, über all das Rechenschaft verlangen.

Reich vor Gott sein

Man muß genau hinhören, aber Christus gibt am Ende Seines Gleichnisses einen klaren Hinweis darauf, daß die Sicherheit des Christen darin bestehen muß, daß er „vor Gott reich ist“. Letztlich sind damit die entscheidenden Punkte des Gleichnisses klar benannt: der Tod und Gott. Der Tod als die Macht, die alle irdischen Güter und menschlichen Absicherungen zerbricht. Und Gott als die Macht, welche die einzige Sicherheit bietet.

Folglich dürfen wir nicht auf menschliche Absicherungen unser ganzes Vertrauen setzen, deren Unsicherheit durch den Tod erwiesen ist; und uns auch nicht ängstigen, wenn menschliche Sicherungen versagen oder wegzubrechen drohen. Genausowenig dürfen wir stumpfsinnig einfach ins Ungewisse hineinleben, hinter allem das Fragezeichen des Agnostikers setzen und nur der Lust folgen. Stattdessen muß der Christ in gläubigem Vertrauen festhalten, daß seine absolute Sicherheit allein in Gott besteht.

Um das gläubige Gottvertrauen in Seiner Kirche handgreiflich werden zu lassen, bildete Christus Seine Apostel zu einer Elite heran, die auf Seinen Anruf hin zu freiwilliger, bewußter Preisgabe aller menschlichen Sicherungen bereit waren, um ausschließlich und allein in Gott gesichert zu sein. – Jesus gebot ihnen: „Ihr sollt mit euch auf den Weg nehmen, weder Stab noch Tasche noch Brot noch Geld, auch sollt ihr nicht zwei Röcke haben.“ (Lk. 9,3). Der Heiland fordert von dieser Elite die ganze Hingabe an Gott durch Preisgabe des Besitzes in freiwilliger Armut. Dieses apostolische Ideal wurde von Anfang an in vollkommener Weise aufgegriffen durch das christliche Mönchtum und später ganz speziell durch die Bettelorden. – Christus verlangt sodann, den Verzicht auf die zwischenmenschliche Sicherung in ehelicher Gemeinschaft durch die freiwillige Ehelosigkeit, wie sie für den geistlichen Stand gefordert ist. – Schließlich will Er sogar den Verzicht auf die Sicherung des eigenen Urteils und fordert an deren Stelle die Auslieferung in den Gehorsam.

Dieses Ideal der evangelischen Vollkommenheit wurde vom Ordensstand quer durch alle christlichen Jahrhunderte vorgelebt, so daß alle übrigen Christen durch das sichtbare Beispiel der Ordensleute einerseits zu eigener standesgemäßer Armut, zu standesgemäßer Keuschheit und zu standesgemäßem Gehorsam angespornt würden. Andererseits lieferten und liefern die gelebten evangelischen Räte den handgreiflichen Beweis dafür, daß Gott das Vertrauen, das man auf Ihn setzt, nicht enttäuscht. Gott sorgte und sorgt ja tatsächlich für jene, die in lebendigem Glauben auf Sein Wort bauen, und zwar auch in jenen Lebenslagen, wo die Nachprüfung durch menschliches Denken und menschliches Rechnen nicht mehr hinreicht.

Das Gotteswort: „Du Tor! In dieser Nacht wird man deine Seele von dir fordern“, gilt dem Menschen, der auf menschliche und damit falsche Sicherheit gebaut hat, und nun im Erdbeben des Todes alle seine Türme einstürzen sieht. Es gilt aber nicht dem Menschen, der seine Sicherung – durch dankbare Gottesfurcht, bescheidene Zufriedenheit, wohltätige Barmherzigkeit und vernünftige Planung in Vorausschau auf die Ewigkeit – im allein sicheren Gott gesucht hat, und eben dadurch „reich vor Gott“ geworden ist.

Torheit ist Sicherung im unsicheren Reichtum. Weisheit ist Sicherung in der Sicherheit Gottes. Amen.

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