2. Sonntag nach Ostern
Die Wirkungen und Einteilungen der heiligen Sakramente
Geliebte Gottes!
Als wir zuletzt vom Wesen der hl. Sakramente gesprochen haben, da hielten wir fest, daß zum Begriff des Sakramentes drei Wesensmerkmale gehören; drei Dinge, die zusammen sozusagen die Grundmauern eines jeden Sakramentes bilden; nämlich: 1. ein äußeres Zeichen, bestehend aus Materie und Form, das 2. eine innere Gnade bewirkt und mitteilt und das 3. eben zu diesem Zweck der Gnadenvermittlung von Jesus Christus, dem göttlichen Ursprung der Gnade, eingesetzt worden ist.
Die Bedeutung der Siebenzahl der hl. Sakramente
Am Ende sagten wir, daß es nur sieben Zeichen gibt, welche diese drei Wesensmerkmale in sich vereinigen, nämlich: 1. die Taufe, 2. die Firmung, 3. die hl. Eucharistie, 4. die Buße, 5. die Letzte Ölung, 6. die Priesterweihe und 7. die Ehe. Das ist die Lehre der katholischen Kirche, wie sie sich aus der Heiligen Schrift und der mündlichen Überlieferung ergibt.
Ferner hatten wir uns gefragt, warum Christus ausgerechnet sieben Sakramente eingesetzt hat – nicht mehr und nicht weniger. Und wir hatten darauf geantwortet, daß die Kirche auf diese Weise sowohl insgesamt als auch in ihren einzelnen Gliedern geheilt und geheiligt wird.
Eine weitere Antwort kann darin gefunden werden, daß die Siebenzahl in der Heiligen Schrift eine geheimnisvolle Bedeutung hat. Sie steht für das göttliche Wirken in der Welt; weist auf die Durchdringung und Durchweihung der Schöpfung durch die heiligende Tätigkeit Gottes hin. Die Zahl Sieben ergibt sich aus der Summe der Zahlen Drei und Vier. – Die Drei repräsentiert aufgrund ihrer Unteilbarkeit im Bereich der natürlichen Zahlen sowohl die Einheit und Ewigkeit Gottes, als auch dessen Dreipersönlichkeit als Vater, Sohn und Heiligem Geist. – Die Zahl Vier hingegen repräsentiert als teilbare Zahl, die geschaffene, aus Teilen zusammengesetzte, und damit auch vergängliche Welt, mit ihren vier Elementen, ihren vier Himmelsrichtungen, vier Jahreszeiten, vier Kardinaltugenden und vier Temperamenten. – Durch die Vereinigung mit Gott (3) wird die Schöpfung (4) auf den Zahlenwert Sieben gehoben, wodurch sie Anteil an der Unteilbarkeit, also an der Unvergänglichkeit, ja Heiligkeit Gottes erhält. – Deshalb begegnet uns die Siebenzahl so oft in der Heiligen Schrift; so etwa schon im Schöpfungsbericht. Die sieben Wochentage dienen als Erinnerung an die sechs Tage des Schöpfungswirkens und den darauffolgenden Sabbat-Ruhetag Gottes. Ferner lesen wir von sieben Gaben des Heiligen Geistes, die vom Propheten Isaias aufgezählt werden. Außerdem sei verwiesen auf die ewige Weisheit, die sich im Hinblick auf die Kirche Christi ein Haus baute und sieben Säulen dafür ausmeißelte; auf den Leuchter im jüdischen Tempel, der auf Anordnung Gottes sieben Arme hatte. – Sieben Bitten enthält das Vaterunser. – Besonders in der Geheimen Offenbarung des hl. Johannes begegnet uns die Siebenzahl auf Schritt und Tritt. Die Zahl Sieben ist sozusagen das Metermaß nach dem das gesamte Buch der Geheimen Offenbarung durchkonstruiert ist. Die ganze Apokalypse ist aufgeteilt in sieben Abschnitte. Und jeder Abschnitt ist wiederum gegliedert in sieben Unterteile, so daß sich siebenmalsieben Teile ergeben. Das Siebenerschema bildet den Grundriß der gesamten Apokalypse. Darin erscheint der Menschensohn, inmitten von sieben Leuchtern, sieben Sterne in Seiner Hand haltend. Er richtet sieben Sendschreiben an die sieben Gemeinden. Ferner ist dort die Rede vom Lamm Gottes, mit sieben Augen und sieben Hörnern. Sieben Engel treten auf mit sieben Posaunen und mit sieben Schalen des göttlichen Zornes. Sieben Zeichen, sieben Gestalten und sieben Bilder des Gerichtes, werden dem Leser vorgestellt. Schließlich wird in der Geheimen Offenbarung auch ein Buch erwähnt, das mit sieben Siegeln verschlossen ist, die niemand lösen kann, als allein das göttliche Lamm, das wie geschlachtet ist. Einige Ausleger sind der Meinung, daß die sieben Siegel am „Buch des Lebens“, ein Hinweis auf die sieben Sakramente sind, die niemand erfinden, einsetzen und wirksam machen konnte als allein das Lamm Gottes, Jesus Christus; eben jener Gottmensch, der auch selber in Seiner Menschwerdung durch die Zahl Sieben repräsentiert wird. Denn bei der Vermählung der ewigen Gottheit (3) und der geschaffenen Menschheit (4) in der göttlichen Person Christi, steht Er als Mittler zwischen Gott und den Menschen, weil Er beide Naturen in sich vereinigt (7). – So erscheint in der Zahlensymbolik der Heiligen Schrift die ganze Schöpfung, ihre Geschichte und ihre Vollendung wie maßgeschneidert auf den Gottmenschen zugeschnitten, wie es auch der hl. Paulus sagt: „Alles ist durch Ihn und für Ihn geschaffen. Er ist vor allem, und alles hat in Ihm Bestand“ (Kol. 1, 15). Wie die Menschheit Christi im Augenblick Seiner Empfängnis im Schoß Mariens mit der Gottheit gesalbt und ganz durchheiligt wurde, so heiligt die Erlösertätigkeit Christi die ganze Schöpfung, wozu Ihm insbesondere die Sakramente als Werkzeuge und Instrumente der Heiligung dienen. Deshalb war es angemessen, daß der Gottmensch Jesus Christus sieben Sakramente eingesetzt hat, um Sich alles, was durch die Sünde verlorenging, wieder zu Eigen zu machen.
Ferner gibt der hl. Kirchenlehrer Bonaventura auf die Frage, warum der Heiland gerade sieben Sakramente eingesetzt hat, die schöne Antwort: Zur vollkommenen Heilung gehöre eine gänzliche Entfernung der Krankheit. Nun aber leide der gefallene Mensch an einem siebenfachen Übel. Nämlich an einem dreifachen Übel der Sünde: 1. an der Erbsünde, welche getilgt wird in der hl. Taufe; 2. an der Todsünde, welche nachgelassen wird im Sakrament der Buße; 3. an der läßlichen Sünde, welche verziehen wird in dem Sakrament der Letzten Ölung. – Außerdem leide der gefallene Mensch an einem vierfachen Übel der Strafe. Nämlich 1. an der Unwissenheit, welche geheilt wird durch das Sakrament der Priesterweihe; ist es doch die Aufgabe der Priester das Evangelium zu verkünden und auf diese Weise die religiöse Unwissenheit der Menschen zu heilen; sodann leidet der gefallene Mensch 2. an der Strafe der Bosheit, welche beseitigt wird durch das Sakrament des Altares, das uns die Liebe Christi einflößt; 3. an der Schwäche, die behoben wird durch das Sakrament der Firmung; und schließlich 4. leidet der Mensch unter der Strafe der Begierlichkeit, welche ihr Gegengift findet im Sakrament der Ehe.
Ob uns nun die von den hl. Kirchenlehren und Theologen vorgelegten Begründungen der Siebenzahl der hl. Sakramente einleuchtend erscheinen oder nicht, eines steht fest: Die ewige Weisheit, die alle Dinge nach Maß, Zahl und Gewicht geordnet hat, hat ohne allen Zweifel aus heiligen und gerechten Gründen die Siebenzahl der hl. Sakramente angeordnet, auch wenn es uns nicht gegeben sein mag, diese Gründe vollständig und ihre Notwendigkeit sicher einzusehen.
Die Mitteilung und Vermehrung der heiligmachenden Gnade
Gehen wir also weiter und betrachten wir heute noch kurz, welche Gnaden durch die hl. Sakramente bewirkt werden. Es gibt nämlich einige Sakramente, welche die heiligmachende Gnade stiften und erteilen. Sodann gibt es andere Sakramente, welche die heiligmachende Gnade, die schon vorhanden ist, vermehren.
Einige Sakramente stiften die heiligmachende Gnade. D.h. sie schenken die Gnade, wo sie vorher nicht da war. – Wir wissen, daß die heiligmachende Gnade nichts anderes ist, als die Teilnahme am ewigen Leben Gottes. Deshalb wird sie auch „Gnadenleben“, „ewiges Leben“ oder auch „göttliches Leben“ genannt.
Wenn also das Gnadenleben der Seele eingegossen wird, dann bricht sie die Macht des Todes. Sie vertreibt und tilgt alle Todsünden, wie das Licht die Finsternis vertreibt. Sie macht die Seele gerecht. Sie macht die Seele heilig. Sie macht die Seele gottähnlich. – Die heiligmachende Gnade stellt die von der Sünde entstellte Gottebenbildlichkeit der Seele wieder her. Sie ist gleichsam das Bild Gottes in uns. Ein Bild, das von der allmächtigen Hand Gottes gezeichnet ist, nicht auf Papier oder Leinwand oder Holz, sondern in die unsterbliche Seele des Menschen; ein Bild nicht vergänglicher Geschöpfe – von Bäumen, Landschaften, Tieren, Menschen oder Engeln – sondern ein Bild des dreifaltig-einen Gottes selber. Ein Bild so schön, daß die Seele, welche dieses Bild in sich trägt, Gott so wohlgefällt, daß sie zugleich ein „Kind Gottes“ wird; wenn aber Kind Gottes, dann auch Erbe des Himmels; dazu berufen und befähigt, Gott ewig zu schauen wie Er sich erkennt und Gott so zu lieben, wie Er sich selbst liebt.
Welche Kraft muß also in jenen Sakramenten sein, welche die heiligmachende Gnade in der Seele stiften. Eine größere Kraft als die notwendig wäre, um einen Leichnam aus dem Grab wiederauferstehen zu lassen. Denn es ist ein schwierigeres Werk den Tod der Sünde in einer Seele zu überwinden, als den Tod des Leibes. – Welche Sakramente überwinden die Todsünde? In der Regel tun das nur zwei Sakramente, nämlich die hl. Taufe und die hl. Beichte. Weil ein Mensch im Stande der Todsünde die heiligmachende Gnade nicht hat, ist er für die Ewigkeit tot. Und weil er als für das ewige Leben Toter diesen beklagenswerten Zustand allein durch den Empfang dieser beiden Sakramente beseitigen kann, werden Taufe und Buße auch die „Sakramente der Toten“ genannt.
Die anderen fünf Sakramente vermehren die heiligmachende Gnade. Sie setzen voraus, daß sich die Seele bereits im Gnadenstand befindet. Sie bewirken, daß das bereits vorhandene Bild Gottes in der Seele noch deutlicher ausgeprägt wird, in seiner Ähnlichkeit noch vollkommener hervortritt und der Erbanspruch der Seele auf den Himmel noch fester wird. Weil nun diejenigen, welche diese Sakramente empfangen, schon im Stand der heiligmachenden Gnade sein müssen, d.h. für das ewige Leben lebendig sind, so heißen die Sakramente der Firmung, der Eucharistie, der Letzten Ölung, der Priesterweihe und der Ehe, auch die „Sakramente der Lebendigen“.
Die Mitteilung helfender Gnaden
Doch die hl. Sakramente stiften die Gnade nicht nur und vermehren sie. Sie haben auch eine zweite Wirkung. Diese besteht darin, daß jedes Sakrament zusätzlich auch noch eine bestimmte helfende Gnade mitteilt, die dem besonderen Zweck des jeweiligen Sakramentes entspricht.
Durch die hl. Taufe wird der Mensch ein Christ, ein Glied am Leibe Christi, ein Kind Gottes. Deshalb bekommt der Täufling in diesem Sakrament zusätzlich auch diejenigen helfenden Gnaden, die er benötigt, um das empfangene Gnadenleben zu bewahren und gläubig und gottesfürchtig als Gotteskind zu leben.
Durch die hl. Firmung wird der Getaufte ein Streiter Christi. Dabei empfängt er all diejenigen Gnaden, die notwendig sind, um den Kampf mit der Welt, mit dem eigenen Fleisch und sogar mit der Hölle siegreich zu führen. Er bekommt die innere Stärkung zur Tapferkeit und Standhaftigkeit in der Versuchung, sowie zum Gebrauch der scharfen Waffen des geistigen Kampfes, zu dem er unter das Banner des Kreuzes Christi einberufen worden ist.
Das Sakrament des Altares ist das Sakrament des geistigen Fortschrittes, des Wachstums in der Gnade und in der Vollkommenheit. Jeder, der die hl. Kommunion oft und würdig empfängt, wird unmöglich ohne einen Fortschritt in der Demut, in der Liebe, in der Vollkommenheit bleiben. Genauso wie eine reichhaltige gesunde Ernährung eine Zunahme an körperlicher Kraft und Größe bewirkt, so bewirkt der würdige Genuß des Himmelsbrotes das übernatürliche Wachstum, die geistliche Entwicklung und Reifung der Seele.
Das Sakrament der Buße ist das Sakrament der Heilung. Darin werden die Wunden, insbesondere die tödlichen Wunden der Seele geheilt. Es erteilt dem Empfänger die helfenden Gnaden, um gerade jene Sünden, die er bereut und gebeichtet hat, künftig leichter zu überwinden, die Ketten der Gewohnheit zu brechen und die Gelegenheiten zur Sünde zu meiden. Um dieser helfenden Gnaden willen ist es besonders angeraten, möglichst auch alle läßlichen Sünden zu beichten. Sie werden dabei nämlich nicht einfach nur nachgelassen, sondern wir empfangen aus ihrem reuevollen Bekenntnis auch die notwendige sittliche Kraft, um sie fortan besser bekämpfen zu können.
Die Letzte Ölung ist das Sakrament der Schwerkranken und Sterbenden. Es erteilt dem Empfänger jene Gnade des Beistandes, um die Schmerzen der Krankheit zu ertragen, um die Anhänglichkeit an dieses Leben und die Furcht vor dem Tod abzulegen, um den letzten und entscheidenden Kampf in der Stunde des Todes glücklich zu bestehen. Wenn dieses Sakrament bei einer todbringenden Krankheit möglichst frühzeitig empfangen wird, kann es nach Gottes Willen auch seine heilende Wirkung, zur Wiederherstellung der körperlichen Gesundheit, entfalten.
Die Priesterweihe ist das Sakrament, wodurch der Empfänger zum Priester geweiht wird und dabei jene helfenden Gnaden empfängt, derer er bedarf, um die Pflichten seines Standes zu erfüllen und einen priesterlichen Lebensstil zu pflegen.
Das Sakrament der Ehe ist jenes Sakrament, wodurch die Eheleute zu einem sichtbaren Abbild der unauflöslichen Verbindung Christi mit Seiner Kirche, verbunden werden. Es erteilt den Eheleuten jene helfenden Gnaden, um die Pflichten des Ehestandes beständig und treu zu erfüllen; dazu gehört nicht nur der Beistand zur Wahrung der ehelichen Treue, sondern auch jene helfenden Gnaden, die dazu notwendig sind, um die Kinder, die ihnen Gott schenkt, zu guten Christen zu erziehen.
Wir sehen also: Alle Sakramente erteilen und vermehren nicht nur die heiligmachende Gnade im Empfänger, sondern vermitteln auch bestimmte helfende Gnaden, die dem besonderen Zweck des jeweiligen Sakramentes entsprechen.
Die Einprägung des unauslöschlichen Charakters
Die dritte und letzte Wirkung der hl. Sakramente besteht schließlich darin, daß einige Sakramente der Seele des Empfängers ein Merkmal, ein Siegel, einen sog. „Charakter“ einprägen. Dabei handelt es sich um ein geistiges Merkmal, ein unauslöschliches Merkmal, das weder durch die Sünde, noch durch den Tod, ja nicht einmal durch die Flammen der Hölle ausgelöscht werden kann.
Der unauslöschliche Charakter wird in der Heiligen Schrift angedeutet, wenn der hl. Apostel Paulus etwa von der Firmung spricht: „Gott aber ist es, der uns mit euch in Christus befestigt, und der uns gesalbt hat, der uns auch das Siegel aufgedrückt, und das Pfand des Geistes in unsere Herzen gegeben hat“ (2. Kor. 1, 21 f.). Und an anderer Stelle sagt er: „Gläubig geworden, seid ihr besiegelt worden mit dem heiligen Geist der Verheißung“ (Eph. 1, 13). Daher: „Betrübt nicht den heiligen Geist Gottes, mit welchem ihr besiegelt seid auf den Tag der Erlösung“ (Eph. 4, 30). Der hl. Paulus spricht hier von der „Besiegelung“ der Getauften und Gefirmten und unterscheidet dieselbe vom Heiligen Geist und von Seinen Gaben, also von der heiligmachenden Gnade und den helfenden Gnaden und Gaben.
Die hl. Väter haben dieses Siegel verglichen mit militärischen Abzeichen; mit dem Abdruck des Siegelringes in Wachs; mit der jüdischen Beschneidung; mit der Prägung einer Münze oder – sehr passend zum heutigen Gut-Hirten-Sonntag – mit einem Brandzeichen, welches den Schafen von ihrem Hirten aufgebrannt wird, wodurch sie für immer als zur Herde Christi gehörig markiert bleiben. So sagt der hl. Cyrill von Jerusalem: „Zum geheimnisvollen Zeichen [des Sakramentes] tritt das Siegel hinzu, damit ihr von eurem Eigentümer wiedererkannt werdet“ (Cat. 1, n. 2). Insbesondere der hl. Augustinus behandelt in seinen Schriften gegen die Donatisten die Lehre vom sakramentalen Charakter, den die Taufe, die Firmung und das Weihesakrament einprägen, ausführlich und beruft sich dabei wiederholt auf den konstanten Glauben der Kirche. Dieser fand sodann seinen Niederschlag in der unfehlbaren kirchlichen Praxis, in der es zu allen Zeiten als ein schändliches Sakrileg, also als ein Gottesraub galt, die drei genannten Sakramente zu wiederholen; selbst wenn sie in der Häresie, im Schisma oder auf sonstige Weise unwürdig empfangen worden sind. Diejenigen, welche sie zwar unwürdig, aber gültig(!) empfangen hatten, wurden niemals aufs Neue getauft, gefirmt oder geweiht, sondern lediglich durch eine auferlegte Buße mit der Kirche versöhnt. Diese Praxis wäre unerklärlich, wenn diese drei Sakramente nicht eine von der Gnade verschiedene, unbedingt eintretende und bleibende Wirkung in der Seele des Empfängers hervorrufen würden.
Wie bereits gesagt sind es die drei Sakramente der Taufe, der Firmung und der Priesterweihe, welche der Seele ein unvergängliches Siegel einprägen. Während das Siegel der Taufe und der Firmung bei ihrem jeweiligen Empfang zur Gänze eingeprägt wird, so ist das Siegel des Weihesakramentes dreigliedrig. Beim Empfang jeder der drei sakramentalen Weihestufen, wird das Siegel der Priesterweihe, um ein Fragment vervollständigt. Der Diakon trägt nur den ersten Teil des Weihecharakters in der Seele; er befähigt ihn zu predigen, feierlich zu taufen und beim Opfer zu assistieren. Der Priester empfängt zudem den zweiten Teil des Weihesiegels, der ihn befähigt den Leib und das Blut Christi zu konsekrieren, darzubringen und auszuteilen, sowie die Sünden nachzulassen. Aber nur der Bischof trägt mit dem dritten Teil das vollständige Siegel des Weihesakramentes in der Seele. Nur der Bischof ist der eigentliche „Vollpriester“, der dann ja auch alle priesterlichen Funktionen ausführen kann; vor allem die Weitergabe des Weihesakramentes selbst, aber auch alles zum Kult Gottes und zur Heiligung der Seelen Notwendige bereitstellen kann. Nur er weiht die heiligen Öle, konsekriert die Kirchen, Altäre und Kelche, etc.
Taufe, Firmung und das Weihesakrament prägen also der Seele einen Charakter ein. Warum ist das so? Kurz gesagt, weil diese drei Sakramente den jeweiligen Empfänger in einen besonderen Stand erheben und ihn als Angehörigen eines besonderen Standes endgültig kennzeichnen. – Gerade die Endgültigkeit unterscheidet die drei genannten Sakramente von der Ehe, die ja auch einen eigenen Stand bildet. Doch ist die Zugehörigkeit zum Ehestand nicht endgültig. Wird das Eheband durch den Tod eines Gatten gelöst, so gehört der verwitwete Teil nicht mehr dem Ehestand an. Er kann entweder erneut heiraten oder ehelos leben. Nicht so bei der Taufe, der Firmung und bei der Priesterweihe. Einmal getauft, für immer getauft. Einmal gefirmt, für immer und ewig gefirmt. Einmal zum Priester geweiht, so bleibt der Empfänger, wie man auf so vielen Primizbildern lesen kann: „Priester in Ewigkeit“.
Durch die Taufe wird der Mensch ein Christ, ein Glied am mystischen Leib Christi; und zwar unwiderruflich und endgültig. Der Seele wird ein Siegel eingeprägt, das sie für immer dem Heiland verähnlicht, und zwar in Seiner Sohnschaft zum ewigen Vater. Bis in alle Ewigkeit bleibt die Seele als Gotteskind kenntlich, selbst wenn sie verdammt werden sollte! Dann freilich wird der unauslöschliche Taufcharakter zweifelsohne zur Ursache einer noch größeren Höllenpein werden, weil es nämlich nichts Widersprüchlicheres gibt, als ein Gotteskind, das auf ewig von der Gemeinschaft mit Gott ausgeschlossen ist, nichts Schrecklicheres als ein Gotteskind, das dem Wüten der Teufel überlassen bleibt. Durch die Firmung wird der Getaufte sodann ein streitendes Glied am Leibe Christi; der eingeprägte Firm-Charakter verähnlicht die Seele des Empfängers mit Christus in Seinem Kampf gegen die Welt, die Sünde und den Teufel. Schließlich wird der Empfänger durch die Priesterweihe ein führendes Glied am mystischen Leib Christi, ein Anführer im geistlichen Kampf.
Wer einmal in einen dieser drei Stände aufgenommen und das unauslöschliche Merkmal des jeweiligen Standes in die Seele eingeprägt bekommen hat, der kann nicht zum zweiten Mal in denselben Stand aufgenommen werden. Darum können diese drei Sakramente nur ein einziges Mal empfangen werden.
So hat das Konzil von Florenz feierlich erklärt: „Unter diesen [sieben] Sakramenten gibt es drei, die Taufe, die Firmung und die Weihe, die der Seele einen unzerstörbaren Charakter einprägen, das heißt, ein geistiges Zeichen, das sie von den übrigen unterscheidet. Daher können sie bei derselben Person nicht wiederholt werden. Die übrigen vier aber prägen keinen Charakter ein und lassen eine Wiederholung zu“ (DS 1313). Gegenteilige Behauptungen wurden später vom Konzil von Trient nochmals feierlich inkriminiert und unter die Strafe des automatischen Kirchenausschlusses gestellt: „Wer sagt, in den drei Sakramenten, nämlich der Taufe, Firmung und Weihe, werde der Seele kein Charakter eingeprägt, daß heißt ein geistliches und unauslöschliches Zeichen, weshalb sie nicht wiederholt werden können, der sei mit dem Anathema belegt“ (DS 1609).
Die Einteilung der hl. Sakramente
Fassen wir das Gesagte noch einmal kurz zusammen: Die Siebenzahl der Sakramente weist darauf hin, daß Gott durch diese heiligen Zeichen auf die Schöpfung, auf den Menschen, auf die Seele des Menschen einwirkt. Die Sakramente sind die Werkzeuge Gottes, um den Menschen zu heiligen, um ihm Anteil am göttlichen Leben zu geben.
Ferner ist es leicht einzusehen, daß sich aus dieser heiligenden Wirkung auch die weitere Einteilung der Sakramente ableiten läßt. Einige Sakramente stiften die heiligmachende Gnade. Das sind die „Sakramente der Toten“: Taufe und Buße. Andere vermehren die bereits vorhandene heiligmachende Gnade. Das sind die „Sakramente der Lebenden“; nämlich: Firmung, Altarsakrament, Letzte Ölung, Priesterweihe und Ehe.
Außerdem teilen alle Sakramente ihrem Zweck entsprechend, spezifische helfende Gnaden mit. Die Taufe hilft, daß wir treu als Kinder Gottes leben können; die Firmung, daß wir den Lockungen und dem gewalttätigen Zwang zur Sünde widerstehen; die Kommunion, daß wir in den Tugenden und in der geistlichen Vollkommenheit zunehmen; die Letzte Ölung, daß wir als vollständig Geheilte in die Ewigkeit eintreten; die Priesterweihe und das Ehesakrament helfen ihren jeweiligen Empfängern die Pflichten ihres Standes treu erfüllen, bzw. als Eltern ihre Kinder in rechter Weise erziehen zu können.
Schließlich prägen drei Sakramente der Seele einen unauslöschlichen Charakter ein und brauchen bzw. können daher nur ein einziges Mal empfangen werden: Taufe, Firmung und Priesterweihe. Die Vier anderen können deshalb mehrmals empfangen werden, weil sie eben keinen bleibenden Charakter einprägen.
Vergessen wir nach all diesen Überlegungen also nie, wie großartig die Wirkungen der heiligen Sakramente sind. Mögen die äußeren Zeichen der Sakramente auch noch so unscheinbar sein: Ein paar Tropfen Wasser, ein paar Tropfen Öl, ein paar Worte, gesprochen aus dem Mund des Priesters, des Bischofs; eine leichte Berührung der Hand, ein leises Kreuzzeichen auf die Stirn. Doch welch erhabene Wirkungen sind mit diesen schlichten Zeichen verbunden! Wirkungen, die bis in die Tiefe der Hölle, bis in die Höhe des Himmels reichen! – Betätigen wir daher unseren Glauben und lassen wir uns nicht von unseren Sinnen täuschen. Verachten wir die hl. Sakramente nicht, weil sie so gering erscheinen. Schätzen wir sie hoch, eben weil sie so heilige und unvergängliche Wirkungen haben. Schätzen wir sie höher, weil diese Wirkungen auf der ganzen Welt durch keine anderen Mittel bewirkt werden können. Schätzen wir sie am höchsten, weil diese gnadenvollen Wirkungen von unserem Guten Hirten zu unserem ewigen Heil eingesetzt und bestimmt worden sind. Sprechen wir den Namen der hl. Sakramente nur mit Achtung und Dankbarkeit aus; begegnen wir ihnen mit großer Ehrfurcht; und vor allem: Benutzen wir sie so, daß sie auch an uns das bewirken, wozu sie eingesetzt sind – das ewige Leben. Amen.