Die Früchte des hl. Meßopfers

Geliebte Gottes!

Als wir zuletzt die Würde und Erhabenheit des heiligen Meßopfers betrachtet haben, fanden wir dieselbe in der Tatsache begründet, daß das hl. Meßopfer wesentlich dasselbe Opfer ist wie das Opfer am Kreuz. – Hieraus haben wir sodann die ganz selbstverständliche Anwendung gemacht, daß wir dem hl. Meßopfer so aufmerksam, so andächtig, so ehrerbietig beiwohnen müssen, als wären wir selbst auf dem Kalvarienberg unter dem Kreuz des Heilandes gestanden.

Es läßt sich jedoch aus der Wahrheit, daß das hl. Meßopfer dasselbe Opfer wie das Opfer am Kreuz ist, noch eine weitere Schlußfolgerung ziehen, die einer eingehenderen Betrachtung wert ist. Wir haben des öfteren gehört, zu welchem Zweck unser göttlicher Erlöser das heilige Meßopfer eingesetzt hat. Christus hat das hl. Meßopfer eingesetzt, damit Sein Kreuzesopfer allezeit vergegenwärtigt werde, damit es „vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang“, und das „alle Tage bis ans Ende der Welt“, dem himmlischen Vater dargebracht werde, um Ihn zu verherrlichen. Das ist der erste und hauptsächliche Zweck: die Verherrlichung Gottes. Die Einsetzung des hl. Meßopfers geschah aber auch zu dem Zweck, damit den Menschen aller Jahrhunderte die Früchte des Kreuzesopfers zugewendet werden. Wenn das hl. Meßopfer dasselbe Opfer ist wie das am Kreuz, dann können wir bei der Darbringung des hl. Meßopfers auch dieselben Früchte erlangen, als wären wir damals persönlich beim Opfer Christi am Kreuz dabeigewesen. Das Meßopfer eröffnet uns nicht nur die Möglichkeit, Gott das vollkommene Opfer des Neuen Bundes darzubringen, den vollkommenen Kult und die vollkommene Verherrlichung zu erweisen. Es ermöglicht uns auch, fortwährend in den Genuß der Früchte des Kreuzesopfers zu kommen.

Betrachten wir also den Baum des heiligen Kreuzes, den neuen „Baum des Lebens“, den Gott nach der Vertreibung aus dem Paradies in diesem Erdental gepflanzt hat. Betrachten wir die reichen Früchte, die sich daran, sowohl für Sünder also auch für Gerechte, finden lassen. Dabei werden wir erkennen, wie reich, wie groß, wie vielfältig die Gnaden sind, die wir durch die andächtige Mitfeier der hl. Messe gewinnen können.

Früchte für die Sünder

Beginnen wir mit den Früchten, welche den Sündern zuteil geworden sind. – Man kann ohne Übertreibung sagen, daß das Volk, welches der Kreuzigung des Heilandes beiwohnte, zum großen Teil aus Sündern bestand. Es waren diejenigen anwesend, die den Tod Jesu gefordert hatten. „Hinweg, hinweg, kreuzige ihn!“ (Joh. 19, 15), hatten sie geschrien. Es waren diejenigen, die ohne Furcht vor Gottes Gerechtigkeit leichtfertig die Verantwortung für den blutigen Tod des unschuldigen Erlösers auf sich geladen hatten, indem sie riefen: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder“ (Mt. 27, 25). Sie hatten dem Opfer des Kreuzes beigewohnt ohne Andacht. „Das Volk stand da und schaute zu. Es verhöhnte Ihn“ (Lk. 23, 35). Aus Neugier, aus boshafter Grausamkeit. – Trotzdem hat das Opfer des Heilandes auch in den gleichgültigen, harten, neugierigen, grausamen Herzen dieses Volkes eine heilsame Frucht hervorgebracht. Das Evangelium berichtet uns: „Und alles Volk, das sich zu diesem Schauspiel eingefunden hatte und sah, was geschah, schlug an seine Brust und ging von dannen“ (Lk. 23, 48). Sie hörten, wie der Heiland für Seine Feinde betete. Sie sahen, wie geduldig Er litt, wie standhaft Er litt. Sie fühlten die Erde unter ihren Füßen erbeben. Sie sahen die Sonne sich verfinstern. Was nun? – Sie schlichen davon und schlugen an ihre Brust. Furcht hatte sie ergriffen; die Beklemmung, daß sie am Tod eines Unschuldigen mitgewirkt hatten; die Angst, Sein Blut würde womöglich jetzt wirklich über sie kommen. – Ein Strahl der Gnade Gottes hatte ihre Herzen getroffen. Etwas von Furcht, etwas Mitleid mit dem Heiland, etwas wie Reue über das, was sie getan hatten. – Vielleicht war dies für viele von ihnen der Anfang zu ihrer späteren Bekehrung. Gut sechs Wochen später bekehrten sich nämlich am Pfingstfest auf die Predigt des hl. Apostels Petrus hin dreitausend Juden und ließen sich taufen. Sollten darunter nicht viele von denen gewesen sein, die auch bei der Kreuzigung anwesend waren? – Wenn also sogar diejenigen, die bloß müßige, neugierige und gleichgültige Zuschauer beim hl. Kreuzesopfer waren, dennoch einen gnadenreichen und heilsamen Anteil an den Früchten dieses Opfers bekommen haben, wie groß, wie reich wird dann der Strom der Gnade denjenigen zufließen, die dem hl. Meßopfer mit wirklicher Andacht, mit großer Demut und Ehrerbietigkeit beiwohnen?

Auch der Hauptmann unter dem Kreuz war ein Sünder, ein Heide, ein Ungläubiger. Er war von Amts wegen da, um die Soldaten bei der Kreuzigung zu beaufsichtigen und zu befehligen. Gewiß hatte er ein scharfes Auge für alles, was geschah. Er war durchaus nicht aus Andacht gekommen. Nichtsdestoweniger hatte auch seine Seele unverhofft Anteil an den Früchten des hl. Opfers erhalten. Der Passionsbericht sagt uns: „Da der Hauptmann, sah, was geschehen war, verherrlichte er Gott“ (Lk. 23, 46). Und mit welchen Worten verherrlichte er Gott? Der Hauptmann bekannte: „Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen“ (Mt. 27, 54). – Was hat er erhalten? Die Gnade des Glaubens, den Anfang und die Wurzel aller Rechtfertigung, das Fundament des übernatürlichen Lebens. Aus der Finsternis des Unglaubens ist er bis zum Licht des Glaubens, aus dem Heidentum zum Christentum gelangt. – Wenn der Heide, der unter dem Kreuz zugegen war, aus dem Opfer des Heilandes so große übernatürliche Vorteile gezogen hat, werden dann etwa die Gläubigen, die der Erneuerung des Kreuzesopfers andächtig beiwohnen, nicht ähnliche Gnaden erhoffen dürfen: etwa die Befestigung im wahren katholischen Glauben, die Bewahrung des Glaubens, die tiefere Erkenntnis des Glauben und das Leben aus dem Glauben? Wird unser Gebet etwa nicht gesegnet sein, wenn wir beim hl. Meßopfer um die Ausbreitung des Glaubens beten? Um die Ausrottung der Häresien und Irrtümer? Um das Verschwinden der religiösen Gleichgültigkeit, welche heute so viele Menschen in dem finsteren Verließ des Unglaubens zurückhält? Gewiß dürfen wir auf die Erhörung solcher Gebete hoffen.

Es ist noch ein anderer Sünder übrig, der von dem Baum des Kreuzes die herrlichsten Früchte ernten durfte – Dismas, der reumütige Schächer. Ohne Zweifel war er ein Sünder. Hinter ihm lag ein Leben voll Raub, voll Ungerechtigkeit und vielleicht auch voll Mord, Hurerei und Ausschweifung. – Was lag vor ihm? Unabwendbar der Tod. Der Tod am Kreuz. Und nach dem Tod? Das Gericht und eine Ewigkeit, entsprechend einem solchen Leben, das er geführt hat. – Er hatte aber das große Glück, ganz nahe neben dem Hohenpriester des Neuen Bundes zu leiden und zu sterben. Er hatte das Glück, daß seine Todesstunde zusammenfiel mit der Stunde, in der das Opfer des Neuen Bundes dargebracht wurde. In dieser Stunde bekehrte er sich. Durch die Gnade, die vom Kreuz auf ihn überging, kam er Angesichts der Unschuld des Heilandes zur Einsicht in seine Schuld. Er bekannte seine Schuld: „Mit Recht! Wir empfangen nur die gebührende Strafe für unser Missetaten. Dieser aber hat nichts Unrechtes getan“ (Lk. 23, 41). Er kam zum Glauben, bekannte Jesus Christus als seinen Herrn und König; als einen König, der auch nach dem Tod noch ein Reich hat. Er bereute, er vertraute, er betete – und: Er erhielt die Verzeihung seiner Sünden. Er starb mit der Gewißheit, ins Paradies zu gelangen. „Wahrlich, Ich sage dir, heute noch wirst du mit Mir im Paradiese sein“ (Lk.23, 43), so lauteten die Worte der Lossprechung aus dem Munde Christi für ihn. – Welchen Weg hat diese Seele in den Stunden des Kreuzesopfers zurückgelegt? Aus dem Abgrund des Verbrechens bis an die Schwelle des Paradieses. Von der Sicherheit ewiger Verdammnis bis zur Gewißheit der ewigen Glückseligkeit im Himmel.

Ohne Zweifel sind unter denjenigen, die dem hl. Meßopfer beiwohnen, oftmals Sünder, vielleicht große Sünder. Sünder, die noch nicht an Bekehrung denken; die sich ihre Schuld nicht eingestehen wollen; die erklären, das sei ja gar nicht Sünde, was sie getan haben. Sünder, welche die Bekehrung aufschieben oder gar von sich weisen; denen die Bekehrung zu unbequem erscheint, weil man dabei ernsthaft sein Leben ändern müßte; denen die Bekehrung zu schwierig, ja gar unmöglich erscheint. – Wenn sie andächtig, ehrfürchtig, vertrauensvoll dem hl. Meßopfer beiwohnen, wenn sie um die Gnade der Reue beten, dann werden ihnen die Gnaden des hl. Opfers das Schwere leicht, das Unmögliche möglich, ja das, was sie bisher als unbequem zurückgewiesen haben, erwünscht und willkommen machen.

Früchte für die Gerechten

Doch gehen wir nun dazu über, die Früchte zu betrachten, welche den Gerechten, d.h. den Seelen im Stande der heiligmachenden Gnade, die durch Taufe und Buße gerecht gemacht worden sind, vom Baum des hl. Kreuzes zuteil werden.

Von den Frauen, die unter dem Kreuz des göttlichen Erlösers standen, wollen wir nur Maria Magdalena nennen. Sie hatte schon früher aus dem Munde Christi die Verzeihung ihrer Sünden erlangt. Sie lebte in der Gnade Gottes. Es sind aber zwei verschiedene Dinge, die Gnade zu erlangen und die Gnade zu bewahren; darin auszuharren bis ans Ende, bis zum letzten Atemzug. – Die Beharrlichkeit bis ans Ende ist eine schwierige Sache! Besonders für diejenigen, welche ein langes lasterhaftes Leben zugebracht haben. Die immer und immer wieder schwer gesündigt haben; und die bis zu ihrer Bekehrung lange Zeit freiwillig in der allernächsten Gelegenheit zur Sünde gelebt haben. Genau das war bei Maria Magdalena der Fall. – Ja und selbst für diejenigen, die lange gerecht und gottesfürchtig gelebt haben, ist die Gnade der Beharrlichkeit bis ans Ende eine besondere Gnade. Man könnte sie die „Gnade aller Gnaden“ nennen; die letztlich entscheidende Gnade! Denn nur, „wer ausharrt bis ans Ende, der wird gerettet werden“ (Mt. 24, 13). – Allzuoft geschieht es, daß die erste Liebe nach einer gewissen Zeit erkaltet, daß der erste Eifer erlahmt, daß die Gottesliebe lau wird. Schreckliche Worte hält Gott für die Laugewordenen bereit: „Weil du aber lau bist und weder warm noch kalt, so will Ich dich ausspeien aus Meinem Munde“ (Off. 3, 16)

Schauen wir, wie Maria Magdalena dem Kreuzesopfer beigewohnt hat: Von Anfang bis zum Ende, aufgelöst in Tränen des Mitleids und der Reue; das Kreuz mit beiden Händen umklammernd. Welche Gebete mögen wohl damals aus ihrem Herzen aufgestiegen sein? „O Herr, verlaß mich nicht! Nie mehr will ich von Dir weichen!“ Welche Vorsätze! Welche heiligen Versprechen! Welch aufrichtiger Wille, wirklich ernst damit zu machen! – Und welche Gnaden hat sie vom Opfer des Kreuzes empfangen? Welche Früchte durfte sie ernten? – Die Gnade ihre Vorsätze halten zu können! Ihre Liebesglut nicht nur zu bewahren, sondern sogar noch zu vermehren. Von da an ist sie beharrlich geblieben und hat fern von der nächsten Gelegenheit zur Sünde ein Leben in strengster Buße geführt – bis zu ihrem seligen Tod.

Die Gnade der Beharrlichkeit sollen auch wir jedesmal, wenn wir dem hl. Meßopfer beiwohnen, mit großer Andacht und mit großem Vertrauen erbitten. Die Gnade der Standhaftigkeit in der Versuchung. Die Gnade des Eifers, in allen guten Werken fortzuschreiten. Die Gnade auszuharren bis ans Ende. Die Gnade einer seligen Sterbestunde. Das ist die letzte, die größte, ja die notwendigste aller Gnaden. Wie sie für Maria Magdalena unter dem Kreuz zu finden war, so werden auch wir sie finden beim Opfer der heiligen Messe.

Wir finden unter dem Kreuz noch andere Gerechte stehen. Etwa den Lieblingsjünger, den hl. Johannes. Er ist Apostel und Evangelist. Er ist der einzige Apostel, der dem Heiland bis unter das Kreuz gefolgt war. Unser Herr Jesus Christus hat ihn begünstigt, indem Er ihn Seine Verklärung auf dem Berge Tabor schauen, indem Er ihn beim letzten Abendmahl an Seiner Brust, an Seinem heiligsten Herzen, ruhen ließ. Welche Gunst hat Christus diesem treuen Apostel erwiesen, als dieser, allen Widrigkeiten zum Trotz, als einziger von allen Aposteln, Seinem Opfer beiwohnte? Eine ganz einzigartige Bevorzugung! Jesus sprach zu ihm: „Siehe da, deine Mutter!“ (Joh. 19, 26). Johannes tritt gegenüber der allerseligsten Jungfrau Maria in alle Rechte und Pflichten Jesus Christi ein. – Große Rechte! Den Anspruch auf den mütterlichen Beistand und die mütterliche Fürsorge Mariens in allen Lebenslagen, vor allem in allen Nöten und Prüfungen. Sowie die Pflichten, Maria zu ehren wie die leibliche Mutter. Sie zu ehren, wie Jesus sie geehrt hat. „Und von jener Stunde an, nahm sie der Jünger zu sich“ (Joh. 19, 27). Welch Auserwählung! Welchen Lohn für seine Treue hat doch der hl. Johannes dafür erhalten, daß er dem hl. Opfer beiwohnte!

Es liegt nahe, wie die Anwendung auf uns zu machen ist. Wenn wir, ähnlich wie der hl. Johannes, in treuer Reinheit und Liebe zu unserem göttlichen Meister dem hl. Meßopfer beiwohnen, so erhalten wir ein Anrecht auf den Schutz, die Fürsorge, die Fürbitte und Liebe der jungfräulichen Gottesmutter. Dann gelten die Worte auch von uns: „Und von jener Stunde an“ – der Stunde des hl. Meßopfers – „nahm sie der Jünger zu sich.“ Dann sind wir der glückliche Jünger. Und kann derjenige verlorengehen, der Maria zur Mutter hat? Gewiß nicht! Niemals!

Schließlich schauen wir noch auf die reinste, die heiligste, die gerechteste von allen; auf die Gnadenvolle, die unter dem Kreuz stand; auf die schmerzensreiche Jungfrau und Gottesmutter Maria. Wer könnte sagen, wie sie dem Opfer ihres Sohne beigewohnt hat? – So manche Mutter freut sich, wenn sie am Primiztag dem ersten Meßopfer ihres gerade zum Priester geweihten Sohnes beiwohnt. Wie hat diese Mutter dem großen Opfer dieses göttlichen Sohnes beigewohnt? Es war Sein erstes Opfer. Er opferte dabei Sich selbst. Und in welchen Schmerzen! Auch Seine hl. Mutter fühlte Seine Schmerzen mit Ihm. Auch ihre Seele wurde vom Schwert des Schmerzes durchbohrt (vgl. Lk. 2, 35). – Es ist wenig oder fast nichts damit ausgesagt, wenn man sagen wollte, die allerseligste Jungfrau habe beim Opfer ihres Sohnes am Kreuz „andächtig“, oder sie habe „aufmerksam“, oder sie habe „voll Mitleid“, oder sie habe „standhaft“ mitgeopfert. Das haben auch die anderen getan. – Aber nie hat ein Mensch dem hl. Opfer der Messe in all den Jahrhunderten, in denen die hl. Messe gefeiert worden ist, mit solcher Hingabe, mit einer solchen Tiefe des Mitleidens, mit einer solch freiwilliger Zustimmung und Ergebung in das eigene Leid, mit einer solchen Summe des Schmerzes beigewohnt, wie Maria dem Opfer ihres göttlichen Sohnes am Kreuz. – Ja, die Andacht, die Innigkeit, das Mitleid, der Schmerz aller Gläubigen aller Zeiten zusammengenommen erreicht nicht ihrer Andacht, ihre Ergebenheit, ihr Mitleid, ihren Schmerz. 

Wenn unser göttlicher Erlöser schon alle jene belohnt, die auch nur mit ein klein wenig Andacht Seinem Erlösungsopfer beigewohnt haben, welchen Lohn hat Er dann erst Seiner hl. Mutter zuteil werden lassen? – Etwa die Gnade des Glaubens, wie dem Hauptmann? Maria hatte den Glauben längst. – Oder etwa die Verzeihung der Sünden, wie dem Schächer? Sie ist makellos, ganz und gar ohne Sünde. Sie ist die Unbefleckte Empfängnis. – Dann aber vielleicht die Beharrlichkeit bis zum Ende, wie bei Maria Magdalena? Die Gottesmutter ist bereits in der Gnade befestigt. – Welchen Lohn wird dann die Gottesmutter empfangen? – Eine Sache, die von uns wohl zu beherzigen ist! Der Heiland läßt Seine heiligste Mutter teilnehmen an Seiner Bitterkeit: Mit Ihm leiden; durch Ihn leiden; für Ihn leiden. Ergeben und standhaft leiden. Und genau dementsprechend die Seligkeit, die der verheißene Lohn solchen Leidens ist. – Der endlose Chor der Heiligen lehrt uns: Nichts ist schöner, nichts ist verdienstlicher, nichts wird in der Ewigkeit herrlicher belohnt, als zusammen mit Christus zu leiden. Für uns irdisch Gesinnte kaum faßbar. „Mysterium fidei! – Geheimnis des Glaubens!“ – „Maria hat den besseren Teil erwählt“ (Lk. 10, 42). Sie wird mit Christus eins im Leiden. Sie wird mit Ihm eins in Seiner Opfergesinnung. Sie wird mit Ihm eins in ihrer Opferbereitschaft. So ist Maria mit ihrem Sohn zu einer Opfergabe geworden. Aus zwei Herzen wurde in der Flamme des Leidens eins. Deshalb spricht man zurecht von den vereinten Herzen Jesu und Mariä. Maria hat sich durch ihren göttlichen Sohne vollkommen Gott dem Allerhöchsten aufgeopfert.

Und das kann und soll bei der hl. Messe auch mit uns geschehen. Bei der Opferung sollen wir uns geistig zusammen mit Jesus zu einer Opfergabe verbinden. Bei der hl. Wandlung sollen wir Christus, und durch Ihn uns selbst, Gott dem Allerhöchsten aufopfern. Und in der hl. Kommunion vereinigen wir uns mit Christus, und es wird tatsächlich aus zwei Herzen eins. – In der hl. Kommunion reicht uns Christus vom Kreuz herab die Hand, um uns an Sich, an den Baum des Lebens, an das Holz des hl. Kreuz empor zu ziehen. Und wir sollen uns mit Ihm verbinden, wie Maria sich unter dem Kreuz mit ihm vereinigt hat. Die hl. Kommunion ist nicht nur ein Empfangen. Sie ist auch Hingabe. Sie ist die Vereinigung mit dem „Christus passus“, wie der hl. Thomas von Aquin sagt, mit dem leidenden Jesus Christus. 

Und welcher Lohn wird denen zuteil, die in den Gesinnungen der Gottesmutter der hl. Messe beiwohnen? – Wie der Leib des ewigen Hohenpriesters am Kreuz gestorben und am dritten Tag aus dem Grab glorreich auferstanden ist, so ist der Leib der allerseligsten Jungfrau nach der Kommunion des Leidens verklärt in den Himmel aufgenommen worden. Für sie in der ewige Ostermorgen angebrochen, jener ewige Tag, der kein Ende nimmt. Diese Frucht trägt der Baum des hl. Kreuzes auch für uns. Wenn wir unser Fleisch durch ein gottesfürchtiges Leben gekreuzigt und in Vereinigung mit Christus geopfert haben. Wenn unser Leib Seinen heiligsten Leib in der hl. Kommunion berührt, dann empfangen wir damit das Unterpfand unserer glorreichen Auferstehung am Jüngsten Tag. Für sie ist der ewige Ostermorgen bereits angebrochen. Und er wird niemals enden. Die leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel ist die Frucht des Kreuzesopfers. Die Auferstehung und Verherrlichung unseres Leibes am Jüngsten Tag ist für uns die wertvollste Frucht des hl. Meßopfers, wenn wir es so mitfeiern lernen, wie die unbefleckte Gottesmutter Maria es getan hat.

Machen wir schließlich noch eine letzte und vielleicht die nützlichste Anwendung: Wir wohnen der hl. Messe bei. Sie ist die unblutige Erneuerung des Opfers am Kreuze. Es wird nicht selten geschehen, daß wir zur hl. Messe kommen mit einem Herzen voll Sorgen und Leid. Es bedrücken uns bittere Erinnerungen an die Vergangenheit; schwere Nöte und Bedrängnisse in der Gegenwart; Sorgen für die nächste oder für die fernere Zukunft: häusliche Probleme, Probleme am Arbeitsplatz, in der Politik, in der Gesellschaft; Krankheiten in der Familie, Unglück in der Ehe, Sorgen wegen der Kinder. – Derlei Gedanken stören nicht selten die Andacht beim hl. Opfer. Und doch könnten sie uns den Weg zeigen, um aus dem hl. Meßopfer die besten Früchte zu gewinnen, indem wir nämlich unsere Leiden, Sorgen und Nöte dem Heiland aufopfern; indem wir um die Gnade der Geduld bitten, um die Gnade der Standhaftigkeit, um die Gnade der vollen Ergebung in den göttlichen Willen, ja um die Gnade, dem leidenden Heiland und Seiner schmerzhaften Mutter ähnlich und immer ähnlicher zu werden. – Diese Gnaden werden uns sicherlich nicht versagt werden. Das ist gewiß! Und wenn wir diese Gnade erlangen, was wollen wir mehr? Der Weg des hl. Kreuzes ist der Weg des Verdienstes, der Weg des Triumphes und der Weg ewiger Glückseligkeit. Es ist der geradeste Weg zum Ziel. Der direkte Weg zum Himmel. Amen.

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