Gehorsam aus dem Glauben

Geliebte Gottes!

Oft führt uns die Kirche an den See Genezareth, der auch See von Tiberias oder Galiläisches Meer genannt wird. Nachdem Christus Nazareth verlassen hatte, wählte Er sich das blühende Städtchen Karpharnaum am Ufer des Sees zur neuen Heimat. Die meisten Seiner Jünger stammten aus den Dörfern entlang des Seeufers und gingen dort dem Fischereihandwerk nach. Hier wirkte der göttliche Erlöser zahlreiche und noch nie gesehene Wunder. Trockenen Fußes wandelte Er über die Wasser des Sees. Mit einem einzigen Wort stillte Er den heulenden Seesturm und glättete die aufgewühlten Wogen. Wenige Meilen landeinwärts vermehrte Er zweimal in der wüsten Ödnis am See wenige Brote, um damit Tausende zu speisen. Und mitten auf dem See ereignete sich zweimal das Wunder eines reichen Fischfanges – einmal vor Seinem Leiden und einmal nach Seiner glorreichen Auferstehung von den Toten. Der erste wunderbare Fischfang ist Gegenstand des heutigen Sonntagsevangeliums. Dieser ist insofern von großer Bedeutung, weil durch den ganzen Hergang des Wunders sehr viel über die katholische Kirche und die ganze Heilsökonomie Gottes deutlich wird.

Das Schifflein Petri

Der Evangelienbericht setzt ein, als das Volk am Seeufer an unser Herr Jesus Christus herandrängte. Die Menschen wollten das Wort Gottes hören. Um dem Wunsch zu entsprechen, „stieg Er in das eine der Schiffe, das dem Simon gehörte, und bat ihn, etwas vom Land zu fahren. Dann setzte Er sich und lehrte das Volk vom Schiff aus.“ Jesus benützt das Schiff des hl. Petrus als Kanzel, um besser von der am Ufer versammelten Volksmenge gesehen und gehört zu werden. So wurde das Schiff des Simon Petrus zum ersten Sinnbild für die katholische Kirche, von der aus der göttliche Lehrer die Völker und Nationen aller Jahrhunderte lehrt – eindeutig, autoritativ und gut verständlich. Vor dem Auge des berühmte Kirchenschriftsteller Origenes entsteht angesichts dieser Szenerie die große Vision von der katholischen Kirche, die durch das Meer der Weltzeit zielsicher und unfehlbar den Hafen der Ewigkeit ansteuert. Er sagt: „O wahrhaft reiches, prächtiges, königliches, himmlisches, göttliches Schiff! Sein Mastbaum, der den glorreichen Gipfel bis zum Himmel empor trägt, ist das heilvolle Holz des Kreuzes, von dem die Segel der Lehre des Evangeliums herabwehen, angeschwellt vom Hauch des Heiligen Geistes! Sein Steuerruder ist der Glaube, sein Eigentümer Jesus Christus, sein Steuermann Petrus und die Apostel, welche in seiner Gesellschaft fahren; seine Ruderer sind die Engel, seine Reisenden die Chöre der Gläubigen und Heiligen; seine Fahrt geht durch das stürmische Meer dieser Weltzeit; sein Kurs ist immer auf das Heil ausgerichtet, sein Hafen ist das Paradies, sein Ziel die ewige Seligkeit.“ Christus bestieg das Schiff des Simon. Nur diesem Apostel wollte Er Seinen besonderen Beistand schenken, so daß fortan alle, welche Menschenfischer sein würden, mit Petrus und unter der Leitung Petri arbeiten werden müssen. Durch die Anwesenheit des Herrn ist das Schifflein Petri gesichert. In diesem Schiff überwand der Herr den Seesturm wiederholter Anfeindungen gegen Seine Kirche. So wurde die Kirche Petri die rettende Arche in der Sintflut der Jahrhunderte. Wer der Lehre, die vom Schiff des Petrus aus verkündet wird, Glauben und Gehorsam schenkt, der wird nicht in Irrtum und Verderbnis untergehen. 

Die Kirche ist außerdem „das Kaufmannsschiff; von ferne bringt sie ihr Brot“ (Spr. 31, 14). Ja, die Kirche ist ein beladenes Schiff. Ihr Rumpf birgt die wertvollsten übernatürlichen Güter, die sie aus weiter Ferne, aus dem Gnadenreich des Himmels, herbeiträgt, um sie den erlösungsbedürftigen Menschen mitzuteilen. Vor allem das Brot des Lebens – Jesus Christus. „Seid getrost, ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt.“ Das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist, bleibt stets gegenwärtig an Bord der Kirche. Seine Lehre ist Nahrung für den Geist zur Erkenntnis der Wahrheit. Sein Fleisch und Blut im Allerheiligsten Altarsakrament ist die Nahrung der Seele zum ewigen Leben.

Die Fischer

Außer dem Schiff des Petrus spielen natürlich auch die Fischer eine große Rolle, sowohl im Hinblick auf den wunderbaren Fischfang als auch hinsichtlich der katholischen Kirche. Im heutigen Evangelium treten einige Mitarbeiter des Simon Petrus in Erscheinung. Sein leiblicher Bruder Andreas wird zwar vom hl. Lukas nicht eigens erwähnt, doch wissen wir von anderen Stellen, daß Andreas mit Simon zusammen auf demselben Schiff arbeitete, so daß wir annehmen dürfen, daß auch er sich an Bord bei Jesus und Petrus befand. Ausdrücklich genannt werden die beiden Brüder Jakobus und Johannes, welche den Fischfang vom Boot ihres Vaters Zebedäus aus begleiteten. Jesus ruft die Jünger in Seine Nachfolge. Sein Ruf ist die Ursache, daß ihren weltlichen Beruf verließen und fortan einem höheren Beruf nachgehen würden. Der hl. Paulus sagt von Christus: „Er Selbst hat einige zu Aposteln, einige zu Propheten, einige zu Evangelisten, einige aber zu Hirten und Lehrern verordnet für die Vervollkommnung der Gläubigen“ (Eph. 4, 11 f.). Warum wählte der Herr ausgerechnet Fischer aus? Der hl. Augustinus antwortet darauf: „Betrachtet nur, mit welcher Weisheit Gott zu diesem wunderbaren Werk, das die Gestalt der Welt verändern sollte, Fischer wählte. Denn der Fischer geht nicht gewaltsam zu Werk, sondern wirft das Netz ins Meer und zieht diejenigen Fische an sich, welche freiwillig eingehen. Gott wollte also Fischfänger wählen, damit sie Menschenbekehrer würden und dabei auf dieselbe Weise verfahren wie bei ihrem Fischfang, so daß sie wohl das Geschäft, aber nicht die Handlungsweise änderten.“

Die Arbeit der Fischer

Das Evangelium berichtet uns auch von der Arbeit der Fischer. Erst heißt es von ihnen: „Sie wuschen ihre Netze.“ Dann werfen sie die Netze auf Geheiß des Herrn zum Fang aus. Das Netz ist das Handwerkszeug des Fischers. Er wirft es aus, um die Fische aus den Tiefen des Sees emporzuziehen. Das Meer bedeutet die Welt; das Wasser ist ein Bild für die Unbeständigkeit des irdischen Lebens. Es kennt keine Ruhe und wirft den Menschen durch die Stürme der Leidenschaften und Prüfungen hin und her. Die Fische bedeuten die in die Tiefen und Abgründe der Sünde hinabgesunkenen Menschen, denen der Glanz der Herrlichkeit Gottes ebenso unbekannt ist wie den Tiefseefischen das Sonnenlicht. Das Netz ist ein Bild für die Gnadenmittel der Kirche: die Predigt des Evangeliums, das heilige Meßopfer, die sieben Sakramente, das Gebet, die Bußwerke. Sie erfassen die Seelen der Sünder wie das Netz den Fisch und ziehen die Seelen dem gleißenden Tageslicht der Ewigkeit entgegen. Der Fisch kann auf natürliche Weise nur im Wasser atmen. Den Sauerstoff aus der Luft zu nehmen, übersteigt die Fähigkeiten seine Natur. Durch das gnadenhafte Wirken der Kirche aber wird die Seele aus den Tiefen eines bloß rein natürlichen Lebens weit hinausgehoben in das ganz andere, höhere, vollkommenere Leben der Übernatur, in das Leben der heiligmachenden Gnade. Durch das Fischernetz der Kirche werden aus aalglatten Kaltblütern liebeglühende Herzen voll Gottes- und Nächstenliebe; das Netz der Gnadenmittel fördert Heilige zu Tage. Und das nicht wenige! Es ist der heilige Apostel Johannes, der in seiner Geheimen Offenbarung die Früchte des wunderbaren Fischfangs der Kirche quer durch alle Jahrhunderte hindurch mit den Worten bestaunt: „Hierauf sah ich eine große Schar, die niemand zählen konnte, aus allen Völkern und Stämmen und Nationen und Sprachen.“ Eine unzählbar große Zahl Seelen wird durch die Netze der Kirche für das Himmelreich geborgen.

Wir hören außerdem davon, daß die Netze durch den reichen Fischfang derart voll waren, daß sie zerrissen. Auch dieser Umstand hat seine Bedeutung im Hinblick auf die Kirche in dieser Zeit. Der hl. Papst Gregor der Große sagt: „Bei jenem Fischfang reißt das Netz vor der Menge der Fische, weil jetzt zum Bekenntnis des Glaubens zusammen mit den Auserwählten auch so viele Verworfene in die Kirche kommen, welche die Kirche selbst durch Irrlehren zerreißen.“ Das Zerreißen des Netzes, wodurch manche Fische für die Kirche wieder verlorengehen, deutet auf die Häresien, Irrtümer und Spaltungen hin, welche dazu führen, daß viele Seelen wieder von der Kirche abfallen und nicht gerettet werden. Sie zerreißen die Einheit im Glauben, oder die Einheit im Kult, oder die Einheit in der Leitung, indem sie sich ihren eigenen Glauben zurechtlegen, ihr Heil in einer religiösen Praxis suchen, welche nicht die katholische ist, oder indem sie sich einem falschen Oberhaupt anschließen. Alle Irrlehrer und Schismatiker zerreißen das Netz, indem sie einer falschen, selbstbestimmten Freiheit nachjagen. Sie reißen sich und diejenigen, die ihnen folgen, von der Kirche los und verschwinden wieder in dunklen Tiefen.

Die Ursache des Erfolges

Nachdem wir nun die tiefere Bedeutung aller Einzelheiten in bezug auf die Kirche gesehen haben, müssen wir uns Gedanken über die Ursachen des Erfolges bzw. über die Gründe des anfänglichen Mißerfolges der Jünger machen. Das Evangelium berichtet uns, daß sich die Apostel anfänglich vergebens bemühten. Sie hatten die ganze Nacht gearbeitet. Die Nacht ist an sich die beste Zeit zum Fischfang. D.h. sie hatten bei optimalen Bedingungen gearbeitet und doch nichts gefangen. – So arbeiten auch die Menschenfischer in der Kirche oft erfolglos am Seelenheil der Menschen. Und auch so mancher von uns, der um religiöse Wissenschaft, um die Überwindung von Sünden und Fehlern, um sittliche Vollkommenheit und Heiligkeit bemüht ist, ringt oft jahrelang vergebens. Warum? Nach einem Hinweis des heutigen Evangeliums liegt der Mißerfolg daran, weil sich die Jünger und Apostel der Kirche zu wenig weit vom Land, d.h. von den sicheren Ufern dieser Welt mit all seinen Annehmlichkeiten, Zerstreuungen und Sicherheiten entfernt haben. Deshalb verlangt der Herr: „Fahr hinaus in die See.“ Laßt die Welt mit ihren Tröstungen und Reizen hinter euch! Setzt euer Vertrauen nicht auf materielle Absicherung und auf die Liebe von Menschen; denn „wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert; und wer den Sohn oder die Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert“ (Mt. 10, 37). Laßt all das hinter euch und ihr werdet Seelen finden. – „Fahr hinaus in die See.“ Das heißt auch: Dringe vor in die Tiefe. Gottes Wort, die heilige Messe, die Sakramente, unsere Gebete bringen uns deshalb oft so wenig ein, weil wir in zu seichten Gewässern fischen; weil wir zu oberflächlich sind. Deshalb Christi Befehl: „Duc in altum. – Fahr hinaus in die Tiefe.“ Höre auf, dich mit religiösem Minimalismus zu begnügen! Höre auf, bloß ein mittelmäßiger Durchschnittskatholik zu sein! Verleihe deinem religiösen Leben mehr Tiefgang, mehr Idealismus, eine größere Hingabe und Opferbereitschaft aus Liebe zu Gott; und du wirst sehen, daß die Gnadenmittel ganz wundersame Erträge in deiner Seele zeitigen werden. – Die Gründe für unser erfolgloses Mühen ist letztlich immer in unserer Anhänglichkeit an die Freuden dieser Welt, auf die wir einfach nicht verzichten wollen, und in der Eigenliebe zu finden, welche ein behagliches Leben sucht, sich schont und vor Opfern zurückschreckt.

Damit wir aber nicht dem Irrtum des Pelagianismus erliegen, müssen wir deutlich unterstreichen, daß der wunderbare Fischfang nicht zuallererst durch menschliche Leistung erzielt wurde. Der Erfolg am hellichten Tag, also zur denkbar ungünstigsten Zeit, führt uns klar vor Augen, daß der Segen aller menschlichen Bemühungen nicht zuallererst vom Denken und Planen des Menschen abhängt, sondern allein von Jesus. Es ist der Herr, der den Erfolg schenkt. Er ist die erste Ursache des Erfolges. Das wollte Jesus Seinen Jüngern für alle Zeit tief in die Seele einprägen: „Ohne Mich könnt ihr nichts tun“ (Joh. 15, 5). Seelen retten – auch die eigene – ist ein Werk der göttlichen Gnade, die von keinem Menschen verdient werden kann, noch von einem Menschen verdient worden ist, sondern immer von Gott gratis geschenkt wird. Prinzipiell gilt: Nur mit Jesus im Schifflein und auf Sein Wort hin kann der reiche Fischfang geschehen – damals auf dem See Genezareth, in der großen Kirchengeschichte und auch in unserem persönlichen Leben. Der Herr ruft jeden ganz persönlich in seinem Leben an. Entscheidend ist freilich unsere Antwort auf den Gnadenruf Christi. 

Der Glaubensgehorsam Petri

Es ist gerade der hl. Petrus, das erste Oberhaupt der Kirche Christi, der uns ein eindrucksvolles Vorbild gibt, wie auch wir auf die Gnade antworten müssen. Obwohl Petrus über jahrelange Erfahrung als Fischer verfügte und bestens wußte, daß bei hellem Tageslicht die Aussichten, Fische zu fangen, kaum schlechter stehen könnten; obwohl sein vernünftiges Urteil den Befehl Christi als Unfug hätte abtun müssen, hat Petrus gehorcht! Warum hat er gehorcht? Weil er geglaubt hatte „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Petrus hat geglaubt, und deshalb hat er gehorcht – wider alle menschliche Vernunft: „Auf Dein Wort hin will ich das Netz auswerfen.“ So wurde der reiche Fischfang zum Lohn für den Glauben und den daraus erwachsenden Gehorsam Petri.

Die Geschichte ist sehr alt. Sie zieht sich quer durch die gesamte Heilige Schrift und wiederholt sich in ihren Grundzügen in jedem Menschenleben. Gott prüft den Gehorsam Seiner Diener. Die Absicht Gottes, die dahinter steht, ist die, den Menschen dazu zu bewegen, den übernatürlichen Glauben zu betätigen. Und das geschieht immer durch den Gehorsam gegenüber einem göttlichen Befehl, der allen menschlichen Vernunftmaßstäben widerspricht und töricht erscheinen muß. Die Heilige Schrift bescheinigt den großartigen Glaubensgehorsam dem Abraham. Er wird „Vater der Glaubenden“ (vgl. Röm. 4, 11) genannt. Gott hatte dem Abraham in seinem Greisenalter durch ein Wunder noch einen Sohn geschenkt – Isaak. Gott offenbarte dem Abraham, daß aus der Nachkommenschaft seines Sohnes Isaak einst der Messias hervorgehen werde. Trotz dieser Verheißungen forderte Gott eines Tages von Abraham, er solle den Isaak nehmen und ihn als Brandopfer schlachten. Ohne diesen Befehl in Frage zu stellen, gehorchte Abraham. Er hatte bereits das Opfermesser erhoben, um den Jungen zu töten, als der Engel Gottes die Glaubensprüfung beendete. Zurecht schreibt der hl. Paulus von ihm: „Im Glauben hat Abraham, da er geprüft wurde, den Isaak dargebracht und wollte den einzigen Sohn hinopfern, er, der die Verheißung empfangen hatte und zu dem gesagt worden war: ‚In Isaak sollen dir Nachkommenschaft werden.‘ Er dachte, Gott habe die Macht, auch von den Toten zu erwecken, und so bekam er ihn wieder als ein Sinnbild zurück“ (Heb. 11, 17-19). Im Glauben, daß Gott selbst Tote erwecken kann, um Seine Verheißungen zu erfüllen, zögerte Abraham nicht, die Befehle Gottes auszuführen. So groß war sein Glaube, der sich im Gehorsam bewiesen hat. 

Umgekehrt ist der Ungehorsam gegen Gottes Befehl immer ein Beweis – vielleicht nicht gleich des Unglaubens – aber doch eines großen Mangels an Glauben, eines großen Mangels an Glaube an die Größe, Majestät und Heiligkeit Gottes. Der Ungehorsam legt immer einen Mangel an Gottesfurcht offen. Und dieser wird von Gott bestraft. Vielleicht das erschreckendste Strafgericht Gottes über einen einzelnen Menschen aufgrund seines Ungehorsams ist das Beispiel König Sauls. Saul wurde von Gott zum ersten König über Israel auserwählt. Samuel hatte ihn zum König über das auserwählte Volk Gottes gesalbt. Sauls Auftrag bestand vor allem darin, Israel gegen die heidnischen Nachbarstämme zu verteidigen und zu schützen – insbesondere vor den Philistern. Eines Tages befahl Gott dem König, den Stamm der Amalekiter anzugreifen und nach dem Sieg niemanden zu verschonen, sondern alles zu töten und zu zerstören. Israel sollte keinerlei Beute machen. Gott befahl: „Töte Männer und Frauen, Kinder und Säuglinge, Rinder und Schafe, Kamele und Esel“ (1. Sam. 15, 3). Wir könnten vielleicht denken, Gottes Befehl sei doch sehr grausam. Vergessen wir aber nicht: Gott ist der Herr über das Leben! Er gibt es und Er nimmt es und fügt damit niemandem ein Unrecht zu. Und Er hat für alles, was Er beschließt, Seine Gründe. – König Saul verfuhr zunächst, wie es ihm von Gott befohlen worden war. Er führte den Angriff auf Amalek und siegte. Doch dann schonte er den König der Amalekiter und alles, was in den Augen Sauls von Nutzen sein konnte. Er zerstörte und verbrannte nur jene Dinge, die wertlos waren. Gott mißfiel dieser Ungehorsam. Saul hatte sich in der Prüfung nicht als zuverlässig erwiesen. Zwar versuchte der König Gott zu versöhnen, indem er Ihm von den erbeuteten Tieren die schönsten zum Opfer darbrachte. Doch Samuel tadelte Saul im Namen Gottes für diese Opfer: „Hat denn der Herr an Brand- und Schlachtopfern das gleiche Wohlgefallen wie am Gehorsam gegen den Befehl des Herrn? Wertvoller als Opfer ist Gehorsam, Folgsamkeit besser als Widderfett! Widerspenstigkeit ist Sünde wie Zauberei; Eigensinn ist Sünde wie schuldbarer Götzendienst! Weil du des Herrn Wort verworfen hast, verwirft er dich als König“ (1. Sam. 15, 23 f.). Gott salbte durch Samuel den Hirtenjungen David zum neuen König über Israel, während Saul mit seinem Erben in einer Schlacht gegen die Philister am Berg Gelboe unterlag und sich angesichts der Niederlage selbstmörderisch in sein Schwert stürzte. Das war das schändliche Ende König Sauls. Der Grund dafür findet sich in seinem Ungehorsam, der aus einem Mangel an Gottesfurcht hervorging. Er stellte sein menschliches Urteil über die Weisheit Gottes. Er konnte es nicht verstehen, warum es notwendig sein sollte, all die schönen Beutestücke Amaleks einfach zu vernichten. Und das war genau der Grund dafür, warum Gott diesen ausdrücklichen Befehl gab. Er wollte Saul prüfen, ob dieser dem göttlichen Ratschluß den Vorrang einräumen würde oder nicht. Dabei glaubte Saul, es sich herausnehmen zu können, Gottes Befehl nach seinem persönlichen Urteil einfach abändern zu können. Das ist eine maßlose Respektlosigkeit gegenüber Gott. Dieser Mangel an Gottesfurcht veranlaßte Saul zum Ungehorsam. Das ist für uns sehr wichtig einzusehen! Erst vor diesem Hintergrund begreifen wir nämlich die ganze Tragweite des Glaubensgehorsams, den der hl. Petrus bewies und der für den Erfolg des wunderbaren Fischfangs den Ausschlag gegeben hat. Der Ausruf „Auf Dein Wort hin werfe ich die Netze aus“ ist ein Akt des Gehorsams, wider alle menschliche Vernunft. Der Gehorsam Petri basiert auf dem Glauben, daß der Befehl Christi der Befehl Gottes ist. Die Gottesfurcht ist es, die den hl. Petrus dazu bewegt hat, dieses Gebot ohne Hinterfragen zur Ausführung zu bringen. Es ist dieselbe Gottesfurcht, welche ihn nach dem Wunder ausrufen läßt: „Herr, geh weg von mir, denn ich bin ein sündiger Mensch.“ Die Gottesfurcht ist bekanntlich der Anfang der Weisheit. Im „Buch der Psalmen“ heißt es: „Heilig und furchtbar ist Sein Name! Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Weisheit. Gute Einsicht wird allen, die sie üben“ (Ps. 110, 9 f.). Der aus Gottesfurcht erwachsende Glaubensgehorsam ist die Lebensader der katholischen Kirche. Man muß Gott gehorchen! Wo die Gottesfurcht fehlt, ist der Glaube schwach und der Wille wankelmütig. – Was war der Grund, warum Adam und Eva mehr auf ihr eigenes Urteil vertrauten und dem Teufel mehr geglaubt haben als Gott? Es fehlte ihnen die Gottesfurcht. Die Strafe dafür war das angedrohte Todesurteil für sie selbst und ihre gesamte Nachkommenschaft sowie das Leid der ganzen Menschheitsgeschichte. – Warum folgen die Modernisten ihren Irrtümern, mit denen sie meinen, die katholische Glaubenslehre an den modernen Zeitgeist anpassen zu können? Was ist die Ursache, warum sie meinen, es sich erlauben zu können, Gottes Offenbarung und Gottes Gebote einfach so „korrigieren“ zu dürfen? Es ist der Mangel an Gottesfurcht! Die Strafe dafür ist die neue Religion des sog. 2. Vatikanums und die „konziliare Kirche“. – Warum fallen Katholiken nach der hl. Beichte immer und immer wieder so leicht in dieselben Todsünden zurück? Bei jeder Beichte sind es immer und immer wieder die gleichen Todsünden; vor allem die Sünden der Unkeuschheit. Warum? Weil ihnen die Ehrfurcht vor Gott fehlt. Es besteht keine Furcht vor Seiner Majestät, vor Seiner Erhabenheit und Heiligkeit; und auch keine Furcht vor Seiner Strafe. Wie bei Saul! Der Gewohnheitssünder sündigt und sündigt und sündigt, als gäbe es keine göttliche Gerechtigkeit zu fürchten. Auf diese Weise wird die Unkeuschheit eine Art Götzendienst, der Gott mißfällt. 

Freilich will Gott uns an sich ziehen durch das Netz Seiner Liebe. Das ist der Hauptgedanke des heiligsten Herzens Jesu. Das Heiligste Herz Jesu eröffnet uns die Abgründe Seiner Liebe, um uns an Sich zu ziehen. Doch zuerst müssen wir den Gehorsam lernen. Denn ohne Gehorsam können wir Gott nicht lieben. Wir sollen Gott lieben, wie wir es am Beispiel des hl. Petrus sehen: im Glauben an Seine göttliche Majestät und im vollkommenen Gehorsam gegen Sein Gebot. Auch wir sollen rufen: „Auf Dein Wort will ich das Netz auswerfen.“ Und wir dürfen mit Sicherheit hoffen, daß auch unser Gehorsam aus dem Glauben nicht enttäuscht wird. Amen.

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