Christ, der Retter, ist da!

Geliebte Gottes!

Die ganze Christenheit singt heute die Worte: „Christ, der Retter, ist da!“ Wer ist dieser Christus? Von wo kommt Er? Von wem stammt Er ab? Darauf antwortet der hl. Augustinus: „Christus ist geboren von einem Vater und von einer Mutter; zugleich aber ohne einen Vater und ohne eine Mutter. Von einem Vater geboren als Gott, von einer Mutter als Mensch. Ohne eine Mutter als Gott, ohne einen Vater als Mensch.“

In diesen wenigen Worten bringt der hl. Kirchenvater das Geheimnis von der Menschwerdung des ewigen Gottessohnes auf den Punkt. Christus ist auf zweifache Weise geboren worden. Er ist in zweifacher Weise Sohn, nämlich Gottessohn und Menschensohn. Deshalb müssen wir, um das Geheimnis der Heiligen Nacht richtig zu verstehen, bei Christus zwei Geburten voneinander unterscheiden. Er ist nämlich

  1. Gottessohn aufgrund Seiner ewigen Geburt aus dem Vater; und
  2. Menschensohn aufgrund Seiner zeitlichen Geburt aus der Jungfrau Maria.

Von Ewigkeit geboren aus dem Vater, ohne eine Mutter

Die natürliche Vernunft kann zwar zu der Einsicht gelangen: Es gibt nur einen einzigen Gott. Es kann nur einen einzigen Gott geben. Aber allein aus der Offenbarung erfahren wir von der hochheiligen Fruchtbarkeit in dem einen Gott in drei Personen.

a) Der wesensgleiche Gottessohn

Diese Fruchtbarkeit findet schon einen zarten Anklang in dem alttestamentlichen Buch der Psalmen. Dort verkündet die erste Person Gottes im 2. Psalm feierlich: „Mein Sohn bist Du, heute habe Ich Dich gezeugt.“ (7). Die erste göttliche Person hat also einen Sohn. Damit ist diese Person Vater. Die aus dem Vater gezeugte zweite göttliche Person ist der Sohn. Die Person des Sohnes geht aus dem Vater hervor. Er ist ganz vom Vater. „Ich lebe durch den Vater“, wird Jesus zu Seinen Aposteln sagen. Und doch ist Er kein zweiter Gott, sondern mit der Person des Vaters und dem Heiligen Geist der eine Gott. Sagt doch der Heiland von sich: „Ich und der Vater sind eins.“

Die Zeugung des Sohnes aus dem Vater findet dabei einzig allein auf der Ebene der Person, nicht aber auf der Ebene der Natur statt. Damit unterscheidet sich die Zeugung des Gottessohnes von der Zeugung eines menschlichen Sohnes. Wenn ein menschlicher Vater einen Sohn zeugt, dann entsteht nicht nur eine andere, vom Vater verschiedene Person, sondern auch ein anderer Mensch. Der menschliche Sohn besitzt seine eigene, von seinem Vater getrennte Menschennatur: einen eigenen Leib, eine eigene Seele, einen eigenen Verstand und einen eigenen Willen. Nicht so der Gottessohn. Er ist mit dem Vater ganz und gar eins in der Gottheit. An Ihm findet sich nichts Ungleiches oder Unähnliches. Der Gottessohn besitzt dieselbe göttliche Natur wie der Vater; dieselbe Ewigkeit, dieselbe Macht und Weisheit. Er besitzt ein und denselben göttlichen Verstand und ein und denselben göttlichen Willen. Er ist der wesensgleiche Sohn; oder, wie das Nizänische Glaubensbekenntnis ausführlich bekennt, „Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott, gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater“. Das Einzige, was die Person des Sohnes von der des Vaters unterscheidet, ist die Tatsache, daß sie „gezeugt“ ist. Die wesentliche Eigentümlichkeit des Gottessohnes besteht einzig und allein in Seiner „Beziehung“ zum Vater. Er ist sozusagen die lebendige „Sohnschaft“.

b) Das gezeugte Wort

Wie genau der Vorgang der Zeugung zu denken ist, das ist, unerreichbar für unseren Verstand, im Abgrund des Geheimnisses verborgen. Auch wenn wir es nicht wagen dürfen, dieses Geheimnis zu ergründen, wenn wir nicht Gefahr laufen wollen, in Irrtum zu fallen, so erlaubt uns doch die Ausdrucksweise des Johannesprologs, die Art und Weise der ewigen Geburt des Sohnes aus dem Vater mit einem Gleichnis zu erklären. Der hl. Evangelist bezeichnet den Sohn als „das Wort“. „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort.“ Das menschliche Wort hat nicht aus sich selbst Bestand, sondern setzt einen voraus, der es spricht. Es ist gesprochen. Es ist ganz vom Sprechenden abhängig. Es trägt die Erkenntnis des Sprechenden in sich und hat nur solange Bestand, wie es gesprochen wird. – So weit sich nun Menschliches mit Göttlichem vergleichen läßt, verhält es sich in ähnlicher Weise mit der ewigen Geburt des Sohnes aus dem Vater. Gott ist nämlich die unendliche Erkenntnis. Er begreift Sich, das unendliche göttliche Wesen, in vollkommenster Weise. Mit einem einzigen Blick überschaut Er Sein ganzes Wesen; was Er ist und was Er in sich birgt. Er sieht sozusagen mit einem einzigen Blick die ganze Fülle Seiner Vollkommenheit; und mit einem einzigen Gedanken, mit einem einzigen Wort, das diese Seine vollumfängliche Erkenntnis der unendlichen Gottheit vollkommen erschöpft, bringt er Sein unendliches Erkennen zum Ausdruck. Dieser, dem ewigen Erkennen Gottes entsprungene Gedanke, womit sich Gott selbst vollkommen ausspricht, ist „das Verbum“, „das Wort“ Gottes. Dieses Wort ist, wie der hl. Apostel Paulus lehrt, das vollkommene Abbild des Sprechenden, nämlich „das Abbild des unsichtbaren Gottes“ (Kol. 1,15). Er ist „der Abglanz der Herrlichkeit des Vaters und das Gleichbild Seines Wesens.“ (Heb. 1,3). Die Ebenbildlichkeit des Wortes geht so weit, daß es selbst Gott ist. So konnte der Heiland später zu den Aposteln sagen: „Wer Mich sieht, der sieht auch den Vater.“ (Joh. 14,8 ff.). Das Wort ist selber Gott, ist selber unendlich und von ewiger Dauer. Anders als ein menschliches Wort hat es keinen Anfang und kein Ende. Es kennt keine Aufeinanderfolge von Buchstaben, keine Dauer, bis es ausgesprochen ist, und wird auch nie verhallen.

Doch obwohl das Wort selber Gott ist, so steht es doch in einem Abhängigkeitsverhältnis. Es ist nicht Sprecher, sondern gesprochen. So erklärte der Heiland: „Meine Lehre ist nicht aus Mir, sondern aus dem, der Mich gesandt hat.“ (Joh. 7,16). Wie das Wort nur ein Vermittler ist zwischen dem, der es ausspricht, und dem, der es hört, so ist auch das göttliche Wort nur Träger, nur Mittler der Erkenntnis Gottes. Weiter erklärt der Heiland Seine Abhängigkeit vom Vater: „Der Sohn kann nichts aus sich selbst tun; Er kann nur tun, was Er den Vater tun sieht. Was dieser tut, tut in gleicher Weise der Sohn. Der Sohn tut nichts aus sich selbst.“ (Joh. 6,5.7.16). Wie also der menschliche Geist eine Erkenntnis in ein gedankliches Wort faßt und dieses geistige Erzeugnis ausspricht, so können wir uns die ewige Geburt des Gottessohnes aus dem Vater vorstellen.

c) Im Heute der Ewigkeit

Wann fand diese Geburt des Sohnes aus dem Vater statt? Der Psalm sagt: Heute! „Heute habe Ich Dich gezeugt.“ Damit ist selbstverständlich kein bestimmter, zeitlich begrenzter Tag gemeint, sondern das ewige Heute der ewigen und unveränderlichen Gottheit. Die Geburt des Sohnes aus dem Vater hat keinen Anfang und kein Ende. Sie ereignete sich schon, bevor die Schöpfung geworden ist, und dauert fort bis in alle Ewigkeit. – Das ist also nach dem eingangs angeführten Wort des hl. Augustinus die erste Geburt Christi: „Von einem Vater geboren aus Gott, ohne eine Mutter.“

In der Zeit geboren aus einer Mutter, ohne Vater

So wundersam die ewige Geburt des Sohnes aus dem Vater auch ist, nicht weniger wunderbar ist die zweite Geburt Christi aus Seiner jungfräulichen Mutter ohne einen Vater.

a) In Raum und Zeit

Wann ereignete sich diese zweite Geburt? Sie ereignete sich in der Zeit, in der Fülle der Zeit. Als die Zeit, die Gott in Seiner Vorsehung bemessen hatte, abgelaufen war. Als das Maß der von Gott bestimmten Zeit voll war, da ist der Sohn Gottes Mensch geworden und geboren worden in der Zeit. Um aber keinen Zweifel daran zu lassen, daß diese irdische Geburt ein geschichtlicher Vorgang gewesen ist, verknüpften die hll. Evangelisten dieselbe in ihrer Berichterstattung mit historischen Tatsachen. Christus wurde geboren unter der Regierung des Kaisers Augustus. Dabei handelt es sich um eine große Persönlichkeit der Weltgeschichte, deren Existenz nicht in Zweifel gezogen werden kann. Von Augustus wissen wir sehr viel. Wir kennen seinen Großonkel Gaius Julius Cäsar, der ihn adoptiert hatte. Wir wissen, daß er von 31 v. Chr. bis 14 n. Chr. regiert hat. Wir kennen seine Lebensbeschreibungen. Augustus stellt also eine historische Persönlichkeit dar. Und eben in dieser Zeit wurde der Gottessohn in der Zeit geboren.

Eine Eigentümlichkeit der zeitlichen Geburt ist sodann, daß sie räumlich genau lokalisierbar ist. – Wo ereignete sich diese Geburt? Er wurde geboren in Bethlehem. Nun gibt es aber in Palästina zwei Städte mit Namen Bethlehem, so wie es etwa in Deutschland zwei Orte mit dem Namen Frankfurt gibt. Und deswegen präzisierten die Schriftgelehrten auf Anfrage des Herodes und der drei Weisen aus dem Morgenland: „Zu Bethlehem im Stamme Juda.“ (Mt. 2,5). Also nicht in Bethlehem im Stamme Zabulon, ganz im Norden, sondern in Bethlehem im Stamme Juda, acht Kilometer südlich von Jerusalem. Es wird genau angegeben, wo die Geburtsstätte Jesu ist. Und selbstverständlich haben die Christen sie von Anfang an heilig gehalten. Der hl. Justinus, der aus Palästina stammte und um das Jahr 155 das Martyrium für Christus litt, gibt uns von der Verehrung der Geburtsgrotte Kunde. Und nicht nur er, auch der heidnische, dem Christentum feindlich gesinnte Kaiser Hadrian. Dieser wollte zwar das Gedächtnis an Jesu Geburt auslöschen und errichtete zu diesem Zweck über der Geburtsgrotte ein Heiligtum des heidnischen Götzen Adonis. Aber gerade damit hat er dafür gesorgt, daß die Geburtsstätte gerade nicht vergessen werden konnte und weiterhin eindeutig lokalisierbar blieb. Nachdem dann das Christentum aus den Katakomben emporstieg, hat Kaiser Konstantin eine Basilika über der Geburtsgrotte errichten lassen, deren Reste noch heute zu bestaunen sind.

b) Von einer Mutter

Wer aber ist nun die Mutter, die den Sohn Gottes geboren hat? Natürlich die Jungfrau Maria, wie uns das Credo lehrt: „Geboren aus Maria, der Jungfrau“. Maria hat dem Gottessohn Einlaß in diese Welt gewährt. Auch Maria ist eine geschichtliche Persönlichkeit, die uns von den Evangelien verbürgt ist. Wir kennen ihre Heimat Nazareth, wir wissen von ihren Verwandten, von ihrer Base Elisabeth. – Maria hat den Sohn Gottes durch ihr eigenes Fleisch und Blut während neun Monaten eingekleidet. Damit hat sie denjenigen, welchen die Himmel nicht fassen können, in ihrem keuschen Schoß umschlossen, hat den Unsichtbaren sichtbar, den Unfaßbaren faßlich, ja anfassbar gemacht. Wie die Sonnenscheibe aufgrund ihres blendenden Lichtes von unseren Augen nur gesehen werden kann, wenn sie von Wolken bedeckt wird, so wurde durch das sanfte Wirken Mariens der im unzugänglichen Lichte wohnende Gott für unsere Augen sichtbar gemacht. – Aus Maria hat der ewige Sohn Gottes Fleisch angenommen. Und so ist Maria wahre „Theotokos“, also wahre Gottesgebärerin geworden. Seitdem geht ihre prophetische Voraussage in Erfüllung: „Von nun an werden mich seligpreisen alle Geschlechter. Denn Großes hat an mir getan, der Allmächtige.“ (Lk. 1,48).

c) Aber ohne einen Vater

Darüber gab der hl. Erzengel Gabriel Auskunft, indem er zur allerseligsten Jungfrau sprach: „Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Allerhöchsten wird dich überschatten.“ (Lk. 1,35). Die Empfängnis des Gottessohnes im Schoße Mariens ist ein Wunder der göttlichen Allmacht. Was sonst der männliche Same erzeugt, das hat Gott, jenseits aller geschlechtlichen Vorgänge, bewirkt.

Darin besteht eben der Unterschied der Jungfrauengeburt, die wir bekennen, zu den Geburten von Göttersöhnen in den Mythen der Sagenwelt. Dort, in den Göttersagen, nahten sich die Götter in Gestalt eines Stieres oder eines Einhorns einer Jungfrau und führten dann den physischen Zeugungsakt durch. Nein, „die Kraft des Allerhöchsten wird dich überschatten, und deswegen wird das Heilige, das aus dir geboren wird, Sohn Gottes genannt werden.“ (ebd.). Die Mythen sind ungeschichtliche Märchen. Die wunderbare Empfängnis und Geburt des Gottessohnes aus der Jungfrau Maria ohne männlichen Samen ist Geschichte.

Wunderbar war nicht nur die Empfängnis, sondern auch die Geburt. Wie das Licht durch die Fensterscheibe dringt, ohne das Glas zu zerbrechen, so trat der Sohn Gottes in die Welt, ohne den Schoß Seiner jungfräulichen Mutter zu verletzen. Daß Maria keine Geburtswehen litt, geht aus der Bemerkung des Evangelisten hervor: „Und sie gebar ihren erstgeborenen Sohn, und wickelte Ihn in Windeln, und legte Ihn in eine Krippe.“ (Lk. 2,7). Hätte Maria die Geburt solche Schmerzen bereitet, wie es bei jeder Gebärenden der Fall ist, so hätten ihr dazu zweifelsohne die Kräfte gefehlt. Ja, ein unbegreifliches Wunder der Allmacht Gottes hat sich hier zugetragen.

Das Wunder der hypostatischen Union

Als ein Mensch. „Er entäußerte sich, indem Er Knechtsgestalt annahm, den Menschen gleich geworden und im Äußeren als ein Mensch erfunden“ (Phil. 2,6), so lehrt der hl. Paulus. Im Äußeren erfunden wie ein Mensch. Er hat es nicht für einen Raub gehalten, Seine göttliche Natur zu verbergen, sondern Er hat eine menschliche Natur angenommen, also einen menschlichen Leib und eine menschliche Seele, und wurde im Äußeren erfunden wie ein Mensch, ein voller und ganzer Mensch. – Und auch hier nur mit einer einzigen Ausnahme: Die Person, welche Träger dieser menschlichen Natur ist, ist keine menschliche Person, sondern die zweite göttliche Person des Sohnes. Der ewige Gottessohn hat sich diese geschaffene Menschennatur vollkommen angeeignet. Der Sohn Gottes wohnt nicht nur in Jesus von Nazareth. Der Sohn Gottes IST Jesus von Nazareth. D. h., in Christus gibt es keine menschliche Person, kein menschliches Ich; nur ein göttliches Ich!

Man hat eingewendet, daß die Menschwerdung Gottes unmöglich sei, weil Gott unveränderlich sei und die Annahme einer menschlichen Natur eine Veränderung bedeuten würde. Der hl. Bonaventura erklärte auf diesen Einwand anschaulich, indem er die Menschwerdung mit einem Kristall vergleicht, der in das gleißende Licht der Sonne gehalten wird. Was passiert? Der Kristall wird ganz von den Sonnenstrahlen durchdrungen. Er beginnt zu leuchten und wird gleichsam selbst zu einer kleinen Sonne. Ist aber dadurch die Sonne verändert worden? Nein. Die Veränderung liegt alleine auf Seiten der Kristallkugel, die ganz durchflutet wird von dem Licht der Sonne. Genauso verhält es sich bei der Menschwerdung Gottes. Nicht die Gottheit wird verändert, sondern allein die Menschheit, indem sie von der Gottheit ganz durchstrahlt und durchherrscht wird. – Beide Naturen Christi – Seine Gottheit und Seine Menschheit – sind vereinigt in der einen Person des Sohnes Gottes. Das griechische Wort für Person lautet „Hypostase“. Und weil Gottheit und Menschheit Christi in Seiner göttlichen Person zu einer Einheit, zu einer Union, verbunden sind, spricht man von dem Geheimnis der „hypostatischen Union“. In dem Krippenkind sind zwei Naturen, die göttliche, die Es nicht verloren hat, und die menschliche, die Es angenommen hat. Christus blieb, was Er war. Er nahm an, was Er nicht war. Er, der Reiche, ist um unseretwillen arm geworden, damit wir durch Seine Armut reich würden. Als Gott nur konnte Er uns von unserer unendlichen Schuld erlösen, aber als Mensch nur konnte Er die Erlösung durch Sein Leiden bewirken. Also mußte Er als Gott-Mensch auf dieser Erde erscheinen. Das ist also die irdische Geburt unseres Gottes und Heilandes. – Ja, „Christus ist geboren von einem Vater und von einer Mutter; zugleich aber ohne einen Vater und ohne eine Mutter. Von einem Vater geboren als Gott, von einer Mutter als Mensch. Ohne eine Mutter als Gott, ohne einen Vater als Mensch.“ Beide Geburten des Gottessohnes müssen wir unter Androhung der ewigen Verdammnis glauben – die ewige Geburt ohne eine Mutter, allein aus dem Vater, vor aller Zeit; und die zeitliche Geburt allein aus der Mutter, ohne menschlichen Vater, in der Zeit.

„Christ, der Retter, ist da!“

Ja, das Kind, das vor uns in der Krippe liegt, ist wahrer Gott und wahrer Mensch. Das müssen wir glauben, um Erlösung zu finden. Und wenn es so ist, dann bleiben für uns nur zwei Folgerungen, nämlich erstens: „Transeamus usque Bethlehem“ – „Laßt uns nach Bethlehem gehen und sehen, was da geschehen ist.“ (Lk. 2,15). Es gibt keinen anderen Ort, an dem wir das Heil der Welt finden können, als in Bethlehem. Es gibt keinen anderen Namen, in dem uns Heil geworden ist, als den Namen dessen, der in Bethlehem von der Jungfrau geboren wurde. Er ist unsere Hoffnung, unser Friede und unsere Versöhnung.

Die Wortbedeutung des Namens „Bethlehem“ zeigt uns, wo wir konkret den Erlöser finden. Bethlehem bedeutet so viel wie „Haus des Brotes“. Ein „Haus des Brotes“ ist unser Gotteshaus. Unsere Kapelle ist Bethlehem, weil hier der Gottessohn, in Seiner Gottheit und Menschheit, mit Leib und Seele, mit Fleisch und Blut, verborgen unter der Gestalt des Brotes im Tabernakel wohnt. Laßt uns also nach Bethlehem gehen, an die Krippe des Altares, an die Krippe der Kommunionbank.

Und was wollen wir da tun? „Flectamus genua“ – „Beuget die Knie!“ Wir müssen nicht nur glauben, sondern auch gehorchen, d. h. uns Ihm unterwerfen, damit der Fluch Adams von uns genommen werden kann. Anbeten müssen wir, denn der da im Stall liegt, im Futtertrog der Tiere, das ist derselbe, der die Gestirne lenkt. Es ist der Sohn Gottes, wahrer Gott vom wahren Gott, verhüllt in irdischer Gestalt, aber deswegen nicht weniger wahr der Lenker der Geschichte und der Herr über die ganze Schöpfung. – „Sie knieten nieder vor ihm und beteten ihn an“ (Mt. 2,11), so heißt es von den Weisen aus dem Morgenland. Das ist es, was wir tun müssen. Alles andere ist Getue. Wer Jesus nicht als den menschgewordenen Gottessohn im Glauben bekennt oder sich Ihm nicht im Gehorsam unterwirft, der mag so viel reden, wie er will, er hat nur herumgeredet; und der mag so viel tun, wie er will, es bleibt nur eitel.

Und noch ein letzter Gedanke: Als der portugiesische Seefahrer Alfonso de Albuquerque, der Eroberer Indiens, einmal mit seiner Flotte in einen Sturm geriet, und der Sturm die Schiffe, diese Nußschalen von damals, schüttelte, da ergriff er ein auf seinem Schiff befindliches Kind. Er hob es in die Höhe und rief: „O Gott, wir sind Sünder und wir sind schuldig. Aber um dieses Kindes willen erbarme dich unser und rette uns!“ Der Sturm legte sich, die Flotte war gerettet. – Ist es nicht so, daß Weihnachten uns die Gelegenheit gibt, ein Kind zu ergreifen und es in die Höhe zu heben – nun aber nicht irgendein Kind, sondern das Gotteskind, der Gesalbte, der Erlöser – und zum Vater im Himmel zu sagen: „O Gott, wir sind schuldig, aber um dieses unschuldigen Kindes willen, um des göttlichen Kindes willen erbarme dich unser und verzeihe uns unsere Sünden!“ Ist das nicht die beglückende und tröstende Botschaft der Weihnacht, damit er einhalte mit seinem Zorn? Ja wahrhaftig so ist es! – Wenn also das göttliche Kind in wenigen Augenblicken in der hl. Wandlung hier im Bethlehem unserer Kapelle erhoben wird, dann wollen wir niederknien, dann wollen wir anbeten, dann wollen wir Es aufopfern für unsere Sünden und in dankbarer Freude bekennen: „Christ, der Retter, ist da!“ Amen.

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