Von der Verherrlichung Jesu Christi

Geliebte Gottes!

Kurz vor Seinem Leiden sprach der Heiland beim letzten Abendmahl zu Seinem himmlischen Vater: „Vater, verherrliche Mich nun bei Dir mit der Herrlichkeit, die Ich bei Dir hatte, ehe die Welt war.“ (Joh. 17,5).

Dieses Gebet Christi wurde erhört, als Er drei Tage nach Seinem Leiden und Sterben mit verklärtem Leibe vom Tode auferstand. Der Triumph unseres göttlichen Erlösers in Seiner glorreichen Auferstehung war dabei jedoch erst das Morgenrot dieser persönlichen Verherrlichung, wie der hl. Augustinus sagt: „Die Himmelfahrt ist die Verherrlichung unseres Herrn Jesus Christus, die mit Seiner Auferstehung ihren Anfang genommen hatte.“ (in Joan. 104,3). Mit der wunderbaren Himmelfahrt – vierzig Tage nach Seiner Auferstehung (vgl. Apg. 1,3) – erreichte Seine Glorie ihren strahlenden Zenit. „Er wurde in den Himmel aufgenommen und sitzt zur Rechten Gottes.“ (Mk. 16,19). Das ist der Triumph der heiligsten Menschheit Christi, die Gott über alle Himmel erhöht hat.

Die Verherrlichung der Menschheit Christi

Jesus war „ausgegangen vom Vater“, und nachdem Er Seine Sendung auf Erden vollendet hatte, „ging Er wieder zum Vater.“ (vgl. Joh. 16,28). Damals versammelte der Herr Seine Jünger ein letztes Mal und führte sie hinaus nach Bethanien auf die Spitze des Ölberges (vgl. Apg. 1,12).

Er beauftragte die Apostel nochmals, alle Völker in Seinem Namen zu lehren, und verhieß ihnen, daß Er immerdar bei ihnen bleiben werde mit Seiner Gnade, durch Seinen göttlichen Beistand und durch Seine reale Gegenwart im allerheiligsten Sakrament. Nachdem Er sie gesegnet hatte, erhob sich Sein verklärter Leib kraft Seiner göttlichen Allmacht und durch die Kraft Seiner verklärten Seele über die Wolken und entschwand ihren Blicken.

a) Der Ausgangspunkt

Der Ölberg war jener Ort, an dem Jesus Seine Passion zur Erlösung des Menschengeschlechtes begann. Dieser Ort war geheiligt durch Sein oftmaliges Gebet. Der Ölberg wurde von Seinen Knien, ja von Seinem Angesicht berührt und hat Seine flammenden Gebete gehört. Darum sollte dieser Ort auch Seine Himmelfahrt schauen. Darin liegt die Lehre, daß sich der Weg in den Himmel vor uns nur durch das Gebet auftut, wie der hl. Augustinus sagt: „Das Gebet ist der Schlüssel, welcher die Pforten des Himmels öffnet.“ (serm. 216).

Ferner hatte der Heiland hier Blut geschwitzt. Hier wurde Er von Judas verraten und von Seinen Feinden gefangen genommen. Darin liegt die Lehre, daß für jeden von uns die Nachfolge Christi in den Himmel über den dornigen Weg des hl. Kreuzes führt. Die Erde des Ölberges hatte Sein kostbares Blut aufgesogen, Seine Seufzer gehört, Seine Schmach geschaut. Darum sollte diese Erde durch die Jahrtausende Zeugnis von Seiner Erhöhung bei der Himmelfahrt ablegen.

Noch heute findet man den Ort, wo der Herr den Abdruck Seiner Füße in einem Stein hinterlassen hat. Schon der hl. Hieronymus hat die beiden bei Seiner Himmelfahrt wundersam entstandenen Fußabdrücke gesehen. Heute ist nur noch der Abdruck des linken Fußes erkennbar, nachdem die Türken die Spur des rechten Fußes um die Mitte des 17. Jahrhunderts zerstört hatten. Der wunderbare Fußabdruck liefert uns den Beweis, daß es sich bei der leiblichen Himmelfahrt Jesu Christi um eine wirklich historische, wenngleich wundersame Tatsache handelt und nicht, wie die Modernisten behaupten, um eine nachträgliche Erfindung der sog. „Urgemeinde“, die damit ihren Glauben an die Vergöttlichung des Menschen Jesus von Nazareth zum Ausdruck gebracht hätte. Nein, der Heiland ist wirklich in den Himmel aufgefahren, genauso wie es uns die Heilige Schrift berichtet.

b) Der Vorgang

Er ist aus eigener Macht und Kraft zum Himmel aufgefahren, wie der hl. Papst Gregor d. Gr. sagt: „Von unserem Erlöser lesen wir, daß Er nicht [wie der Prophet Elias] auf einem Wagen oder [wie die Gottesmutter] von den Engeln getragen in den Himmel zurückgekehrt ist; denn der, welcher alles gemacht hat, wurde durch eigene Kraft über alles emporgehoben“ (hom. 29), über alle Himmel, über alle Engelchöre, bis „zur Rechten Gottes“ (Eph. 4,10).

Auch hier verbietet sich dem Gläubigen jede Spitzfindigkeit in der Ausdrucksweise. Denn der Ausdruck „sitzet zur Rechten Gottes“ darf natürlich nicht wörtlich verstanden werden. Gott ist Geist. Gott ist reiner Geist und hat daher nichts Körperliches an sich. Folglich gibt es keine räumliche Platzierung Ihm gegenüber. Die Heilige Schrift und die Kirche bedienen sich dieser Ausdrucksweise nur, um die höchsten Ehren und die Majestät des Triumphes anzudeuten, welche der heiligsten Menschheit Christi im Heiligtum der Gottheit zuteil wurden.

Ebenso versteht man unter dem Ausdruck, daß Jesus nun „sitzet“, nichts anderes, als daß die menschliche Natur des Herrn in den ewigen Besitz der Ruhe eingegangen ist, die Er Sich zuvor durch Seinen glorreichen Kampf errungen hat. Diese Ruhe schließt dabei keineswegs die unablässige Ausübung der göttlichen Allmacht aus, die der Vater nun auch der menschlichen Natur Christi mitteilte, um die Menschheit zu regieren, zu heiligen und zu richten.

c) Die Huldigung

Dazu sagt der Völkerapostel in seinem Brief an die Epheser: „Groß ist die Macht des Vaters, die Er an uns Gläubigen gezeigt hat. Es ist dieselbe gewaltige Macht, die Er an Christus erwiesen hat, da Er Ihn von den Toten auferweckte und in den himmlischen Höhen zu Seiner Rechten sitzen hieß, erhaben über alle Herrschaften und Mächte, Fürstentümer und Gewalten, wie über jegliches Wesen, das es in dieser und der zukünftigen Welt gibt. Alles hat Er Ihm zu Füßen gelegt und Ihn zu dem alles überragenden Haupte der Kirche gemacht.“ (Eph. 1,19 ff.).

Fortan ist und bleibt Christus für alle Menschen die einzige Quelle der Gnade und des Heiles, des Lebens und des Segens. Fortan ist Sein Name so gewaltig, so strahlend und glorreich, daß „im Namen Jesu sich alle Knie beugen sollen im Himmel, auf Erden und in der Unterwelt. Und alle Zungen sollen zur Verherrlichung Gottes, des Vaters, bekennen: ‚Jesus Christus ist der Herr.‘“ (Phil. 2,10). – Seither legt die unermeßlich große Schar der Seligen bei der ewigen Feier der himmlischen Liturgie im himmlischen Jerusalem ihre Kronen nieder zu den Füßen des Lammes Gottes auf dem Thron, das wie geschlachtet ist, und vor dem alle niederfallen auf ihr Angesicht. Und ihr gemeinsames Bekenntnis kündet im Himmel wie ein gewaltiger donnernder Chor, daß „das Lamm würdig ist, zu empfangen Macht und Gottheit und Weisheit und Stärke und Ehre und Herrlichkeit und Bewunderung, weil alles Heil und alle Seligkeit in Ihm den Anfang und das Ende hat.“ (Offb. 5,12). – Seit jener Stunde fällt die streitende Kirche auf Erden in das himmlische Loblied auf das Lamm ein, indem sie im Gloria der hl. Messe Tag für Tag vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang Lob und Dank­ und Bitte emporsteigen läßt, mit den Worten: „Der Du sitzest zur Rechten des Vaters, erbarme Dich unser; denn Du allein bist der Heilige, Du allein bist der Herr, Du allein der Höchste, Jesus Christus in der Herrlichkeit des Vaters.“ – Seither erbeben die Gewalten der Finsternis in Furcht und Schrecken, weil ihnen Christus durch Seinen Sieg am Kreuz die durch List und Trug erbeuteten Seelen der Patriarchen und Propheten und der Gerechten des Alten Bundes entriß, „da Er die Gefangenen mit sich fortführte“ (Eph. 4,8) in den Himmel. Vor dem Namen Jesu müssen die höllischen Geister ihren Nacken beugen und vor dem Siegeszeichen des hl. Kreuzes fliehen. Das ist der strahlende und herrliche Triumph, in welchen die Menschheit unseres göttlichen Erlösers am Tag ihrer glorreichen Himmelfahrt auf immer eingegangen ist.

Die Verherrlichung der Glieder in Christus

Dieser Triumph kommt, insoweit er im eigentlichen Sinne des Wortes göttlich ist, als ausschließliches Vorrecht nur dem Gottmenschen Jesus Christus zu. Nur der Sohn Gottes hat als Erlöser der Welt ein Anrecht auf die unendliche Herrlichkeit des Himmels, die Er bereits beim Vater besaß, „ehe die Welt war“. Darum sagt der hl. Paulus unter Bezugnahme auf den 2. und den 109. Psalm im Hebräerbrief: „Zu welchem der Engel hat Gott je gesprochen: ‚Mein Sohn bist Du, heute habe Ich Dich gezeugt‘? … Zu welchem der Engel hat Gott je gesagt: ‚Setze Dich zu Meiner Rechten‘?“ (Heb. 1,5.13).

Einen ähnlichen Gedanken brachte Jesus selbst im Gespräch mit dem Ratsherrn Nikodemus zum Ausdruck: „Niemand ist in den Himmel aufgestiegen, als der, welcher von dem Himmel herabgestiegen ist, der Menschensohn, der im Himmel ist.“ (Joh. 3,13). Jesus ist der Menschensohn seit Seiner Menschwerdung. Als Er das Gewand der Sterblichkeit im Schoß der unbefleckten Jungfrau Maria anlegte, hörte Er nicht auf, Sohn Gottes zu bleiben, der allezeit im Himmel ist. Nachdem Er aus dem Schoß des himmlischen Vaters in den Schoß der Gottesmutter herabgestiegen war, kehrt Er nun dorthin, wie in Seine natürliche Heimat, zurück. Einzig Ihm, dem Gottessohn, gebührt das volle Recht, zum Vater heimzukehren und teilzuhaben an den höchsten Ehren der Gottheit. Ihm allein sind sie vorbehalten, denn „niemand steigt hinauf, der nicht hinabgestiegen ist.“

Bedeutet das nun für uns den Ausschluß von der Herrlichkeit des Himmels? Sollen wir dann nicht teilnehmen dürfen an der Himmelfahrt unseres göttlichen Erlösers?

Gewiß! Auch uns winkt ein Himmelfahrtstag. Aber nur in Christus. Einzig und allein durch Jesus Christus gehen wir in den Himmel ein. – Das Eingehen durch Christus beginnt bereits bei der hl. Taufe, die uns zu Gotteskindern und damit zu Brüdern Christi macht. So hat es der Heiland selbst dem Nikodemus erklärt: „Wer nicht wiedergeboren wird aus dem Wasser und dem Heiligen Geist, der kann in das Reich Gottes nicht eingehen.“ (Joh. 3,5). D. h., zum Eintritt in das herrliche Leben des Himmelreiches bedarf es einer Neuschaffung, einer Wiedergeburt aus Gott. – Es gibt ja eine ewige Geburt aus dem Schoß des Vaters; und diese Geburt ist nur dem wesensgleichen Gottessohn eigen. Er allein fährt mit vollem Recht in den Himmel auf, weil er wahrer Gott und wesensgleicher Sohn des Vaters ist, gezeugt aus dem Schoß des Vaters, Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott, „noch ehe die Welt war“. – Es gibt jedoch noch andere Gotteskinder, jene, „die aus Gott geboren sind“ (Joh. 1,13) durch die Gnade der hl. Taufe. Auch diese sind Kinder Gottes und daher nach dem Wort des Völkerapostels „Erben Gottes und Miterben Christi“ (Röm. 8,17), die als gnadenhafte Brüder Christi berufen sind, das Erbe Christi mit Ihm zu teilen.

Die hl. Taufe macht uns zu Kindern Gottes und gleichzeitig zu Gliedern eines mystischen Leibes, dessen Haupt Jesus Christus, der Sohn Gottes, ist. Deshalb erklärt der hl. Paulus im 1. Korintherbrief: „Ihr seid der Leib Christi und Glied an Glied.“ (1. Kor. 12,27). D. h., jeder ist Glied nach seiner Art, jeder in seinem jeweiligen Stand. Und noch eindringlicher schreibt der Völkerapostel im Epheserbrief: „Niemand hat je sein eigenes Fleisch gehaßt“ (Eph. 5,29 f.), sondern man hegt und pflegt es. So macht es auch Christus mit Seiner Kirche, weil wir die Glieder Seines Leibes sind. Fleisch von Seinem Fleisch und Bein von Seinem Bein. (vgl. Gen. 2,23). – Nun nehmen aber die Glieder an der Ehre des Hauptes teil. Die Freude eines Menschen strömt über auf den ganzen Leib. So haben auch wir alle Anteil an den Reichtümern Christi. Seine Freude, Seine Glorie, Seine Seligkeit wird einst auch die unsere sein. Nicht für alle gleich, sondern jedem nach dem Maß seiner Berufung durch Gott und nach dem Maß seiner persönlichen Mitwirkung mit der göttlichen Gnade.

Über diese barmherzige Herablassung Gottes jubelt der hl. Paulus auf: „Gott aber, der an Erbarmen reich ist, hat in Seiner großen Liebe zu uns, obwohl wir durch unsere Vergehen tot waren, uns mit Christus lebendig gemacht. Aus Gnade seid ihr gerettet worden. Gott hat uns in Christus auferweckt und mit hineinversetzt in das Reich der Himmel, um so in den zukünftigen Zeiten den überschwänglichen Reichtum Seiner Gnade zu zeigen, zufolge Seiner Güte gegen uns in Christus Jesus.“ (Eph. 2,4 ff.).

Wie Adam durch die eine Sünde alle seine Nachkommen mit sich ins Verderben gerissen hat, so zieht Jesus Christus die gesamte Schar der Kinder Gottes nach sich in die himmlische Glorie und Seligkeit hinein. Das ist das Wunderwerk des Gottmenschen, daß Er durch Sein Leiden der gefallenen Welt die Himmelspforten wieder geöffnet und bei Seiner Himmelfahrt die durch Sein göttliches Blut gerechtfertigten Menschen als Sein Gefolge in den Glanz des ewigen Heiligtums eingeführt hat.

Als der Heiland in den Himmel heimkehrte, zog ein strahlendes Gefolge heiliger Seelen als glorreiche Siegesbeute mit Ihm durch die ewigen Tore. Die Gerechten der Vorzeit und des Alten Bundes, die den Herrn im Triumph begleiteten, waren die Erstlinge einer unabsehbar reichen Ernte. Unablässig halten seither heilige Seelen „Himmelfahrt“, bis am Jüngsten Tage das Reich Jesu Christi sein Vollmaß erreicht haben wird.

Der hl. Papst Leo d. Gr. sagt: „Die Himmelfahrt Christi ist unsere eigene Erhebung, weil die Hoffnung der Glieder dorthin berufen ist, wohin die Herrlichkeit des Hauptes vorangegangen ist. Am heutigen Tage wird nicht bloß unser Anrecht auf den Besitz des Paradieses bestätigt, sondern wir sind selber schon eingetreten in die Höhe des Himmels zusammen mit Christus Jesus. … Die Arglist des alten Feindes hatte uns aus der Glückseligkeit des ursprünglichen Wohnsitzes vertrieben. Da hat uns Gottes Sohn sich selbst einverleibt und uns zu des Vaters Rechten versetzt.“ (de Ascen. Dom. 1,4).

Freilich hat für uns die Stunde der Verherrlichung, wie sie den Heiligen des Himmels bereits zuteilgeworden ist, noch nicht geschlagen. In der Erwartung, daß auch wir den Chören der seligen Geister beigesellt werden, sollten wir aber trotz der irdischen Drangsale eigentlich beständig, besonders aber in dieser Festwoche, in Gedanken und durch unserer Sehnsucht nach im Himmel wohnen, wo Christus, unser Haupt, lebt und regiert.

Hier auf Erden sind wir Fremdlinge und Pilger auf dem Weg in die wahre Heimat. Als Bürger des himmlischen Jerusalems, als Miterben Christi und Hausgenossen Gottes aber gehört es sich, daß nach den Worten des hl. Paulus „unser Wandel im Himmel sei durch Glaube und Hoffnung.“ (Phil. 3,20). Darum haben wir mit der hl. Kirche soeben in der Meßoration gebetet: „Wir bitten Dich, o Herr, verleihe uns, daß wir, die wir an die Himmelfahrt Deines Sohnes glauben, selber auch mit unserem Geiste im Himmel wohnen mögen!“ Und im Schlußgebet werden wir sprechen: „Was wir in sichtbaren Geheimnissen als Speise empfingen, das laß durch deren unsichtbare Wirkung uns zu eigen werden.“ In der hl. Kommunion kehrt Jesus in unsere Seele ein. Indem Er sich mit ihr vereinigt, läßt Er sie durch die Hoffnung an der ewigen Glorie teilnehmen, die Er selber jetzt schon in Wirklichkeit besitzt. Reißen wir uns also los von alledem, was vergänglich ist. Lernen wir die wahren, unvergänglichen Güter zu suchen. So sagt der hl. Gregor: „Wir möchten Dir mit unserem Herzen dorthin folgen, wohin Du aufgefahren bist in Deiner heiligen Menschheit.“ (hom. 29,11).

Die Verherrlichung Christi durch uns

Zu diesem Zweck sollen wir uns heute besonders um zwei Gesinnungen bemühen: 1. um die Freude und 2. um das Vertrauen.

a) … durch unsere Freude

Warum müssen wir uns am Himmelfahrtstag freuen? Weil der Heiland selbst vor Seinem Abschied zu den Aposteln sprach: „Wenn ihr Mich lieb hättet, würdet ihr euch freuen, daß Ich zum Vater gehe.“ (Joh. 14,28). Auch zu uns spricht Jesus diese Worte. Wenn wir Ihn lieben, so müssen wir uns freuen über Seine Verherrlichung, uns freuen, daß Sein Lauf vollendet ist und Er Seinen himmlischen Thron zur Rechten Gottes bestiegen hat und dort als Lohn für Sein Leiden und Seine Todesqualen ewige Ruhe und unermeßliche Glorie genießt. Wenn wir Ihn lieben, dann müssen wir uns heute für Ihn freuen. Nur dann sind wir wahre Freunde Christi, wenn wir uns mit Ihm und für Ihn freuen können, denn ein wahrer Freund freut sich über das Glück des Freundes. Viele sog. „Freunde“ erweisen sich gerade durch ihre Teilnahmslosigkeit oder gar durch Neid und Mißgunst angesichts des Glückes ihres Freundes als „falsche Freunde“. So sagte einmal ein Weltweiser: „Jeder kann über die Leiden eines Freundes Mitgefühl aufbringen. Es bedarf aber eines wirklich edlen Charakters, um sich über die Erfolge und das Glück eines Freundes zu freuen …“

Deshalb muß unser Herz heute überströmen vor Freude für unseren geliebten Herrn und Erlöser. Durch unsere Freude für Ihn wollen wir Ihn verherrlichen. Und dabei braucht unsere Freude gar nicht so selbstlos zu sein, denn Jesus ist uns ja nur vorausgegangen. Er trennt sich nicht von den Gliedern Seines mystischen Leibes, und die Seinen werden nicht von Ihm getrennt. Wenn Er in das Reich Seiner Herrlichkeit einzieht, so geschieht es nur, um uns dort in den zahlreichen Wohnungen Seines Vaterhauses eine Stätte zu bereiten. Er verheißt uns, daß Er in unserer Todesstunde wiederkommen wird und unsere Seele zu sich nehmen wird, damit auch wir dort seien, wo Er ist (vgl. Joh. 14,3). Darum hatte Er sogar eigens den Vater gebeten: „Laß jene, die Du Mir gegeben hast, bei Mir sein dort, wo Ich bin.“ (Joh. 17,24).

b) … durch unser Vertrauen

Deshalb muß sich heute zu einer tiefen Herzensfreude als zweite Gesinnung auch ein unerschütterliches Vertrauen gesellen. Dieses Vertrauen muß sich gründen auf den allmächtigen Einfluß des Heilandes bei Seinem himmlischen Vater, den Er vor allem als unser Hohepriester genießt, der vermittelnd für uns bittet, nachdem Er dem Vater am Kreuz ein reines, heiliges und makelloses Opfer von unendlichem Wert dargebracht hat. Dieses Mittleramt hat unser göttlicher Erlöser am Tag Seiner glorreichen Himmelfahrt in ganz vorzüglicher Weise angetreten.

Der hl. Paulus handelt im Hebräerbrief über mehrere Kapitel hinweg über die Vorzüglichkeit des ewigen Priestertums unseres Herrn im Vergleich zu dem des Alten Bundes mit seinen letztlich wertlosen Tieropfern. „Christus“, so sagt der Völkerapostel, „ist der wahre Hohepriester, und zwar ein Hohepriester, der heilig ist, schuldlos, rein, nicht aus der Zahl der Sünder“ (Heb. 7,26), sondern „über alle Himmel erhaben“ (Heb. 9,11). „Er trat durch ein höheres und vollkommeneres [Bundes-]Zelt, das nicht von Menschenhand gemacht ist, in das Allerheiligste der Gottheit hinter den Vorhang.“ (Heb. 6,19). Dabei brachte Er nicht wie der aaronitische Hohepriester das „Blut von Böcken und Stieren, sondern Sein eigenes Blut“ (Heb. 9,12) von unermeßlichem, ewigem Wert zum Opfer dar. Der Heiland trat zu Seinem Erlösungsopfer nicht nur in reine, weiße Leinenkleider gehüllt herzu, wie der jüdische Hohepriester am Jom Kippur, sondern war von der unbefleckten Jungfrau in die makellosen Meßkleider Seiner heiligsten Menschheit gehüllt worden. Auch muß Sein Versöhnungsopfer nicht wie das alttestamentliche jedes Jahr erneut dargebracht werden, sondern Christus hat es „ein für allemal“ (Heb. 9,12) am Kreuz dargebracht. Und so schließt der hl. Paulus: „Mit dem einen Opfer hat Er für immer diejenigen zur Vollendung geführt, die sich heiligen lassen.“ (Heb. 10,14). – Das Wunderbarste jedoch an diesem Werk Gottes ist, daß der ewige Hohepriester Jesus Christus nicht alleine ist, wenn Er durch den Vorhang tritt. Unser Hohepriester trägt die ganze Menschheit mit sich – nicht nur sinnbildlich, sondern in voller Wirklichkeit; denn wir sind Seine Glieder.

Vor Christus konnte niemand in den Himmel eingehen. Diese Tatsache wurde versinnbildet durch den Vorhang im Tempel, der das Allerheiligste mit der Bundeslade von dem Bereich der Menschen schied. Erst als Christus am Kreuz hängend Seinen Geist aufgab, da zerriß der Vorhang im Tempel von oben bis unten, wodurch angedeutet wurde, daß fortan der Zugang zum Himmel wieder geöffnet war.

Am Tag Seiner Himmelfahrt hat Christus als Hohepriester der gesamten Menschheit uns dem Anrecht und der Hoffnung nach mit sich in die himmlische Herrlichkeit versetzt. Der Schatz Seiner Verdienste hat uns die unendliche Beseligung erkauft. Durch Sein vergossenes, kostbares Blut stehen wir heute vor Gottes Angesicht. Sein Opfer, Seine Hingabe haben uns jeden Augenblick unserer künftigen Glorie und Seligkeit erkauft.

Bis zu dem Tag, an dem Er wiederkommen wird, um uns in die ewige Wohnung zu holen, hilft Er uns durch Seine Fürbitte, solange wir hier auf Erden noch kämpfen und ringen. Denn was tut Christus, unser ewiger Hohepriester, jetzt im Himmel? Der hl. Paulus antwortet: „Er ist [in den Himmel] eingegangen, um nunmehr vor dem Angesicht Gottes für uns einzutreten.“ (Heb. 9,24). Sein Priestertum ist ewig. Ewig daher auch Seine Mittlerschaft. Und welche unendliche Macht liegt dabei nicht in Seiner Fürbitte! Er steht vor Seinem ewigen Vater und stellt Ihm unablässig Sein Opfer vor Augen. Er zeigt dem Vater die hl. Wundmale, die Er auch im Himmel tragen wollte. Er ist der Hohepriester, der allezeit Erhörung findet und für uns das hohepriesterliche Gebet beständig wiederholt, das Er beim letzten Abendmahl für die Seinen sprach: „Vater … für sie bitte Ich … sie aber bleiben in der Welt … bewahre sie, die du Mir gegeben hast … dies rede Ich … damit Meine Freude vollkommen die ihre sei … Vater, laß jene, die Du Mir gegeben hast, bei Mir sein, dort, wo Ich bin, damit sie Meine Herrlichkeit sehen, die Du Mir verliehen hast, … damit die Liebe, mit der Du Mich geliebt hast, in ihnen sei und Ich in ihnen.“ (Joh. 17, 9.11 ff.).

Sind diese herrlichen Wahrheiten unseres Glaubens etwa nicht hinreichend, um in unserer Seele ein unerschütterliches Vertrauen auf Ihn zu wecken? Wir Kleingläubigen, was sollten wir fürchten? Sollten wir nicht weit eher alles erhoffen? Christus betet für uns. Er betet unablässig. Der Völkerapostel sagt: „Denn wenn schon das Blut von Böcken und Stieren und die Asche einer Kuh bei der Besprengung die Verunreinigten heiligt, so daß sie leiblich rein werden, um wie viel mehr wird dann das Blut Christi, der Sich selbst im Hl. Geiste als ein unbeflecktes Opfer Gott dargebracht hat, unsere Gewissen von toten Werken reinigen, auf daß wir dem lebendigen Gotte dienen?“ (Heb. 9,13 ff.). Setzen wir deshalb unser unbedingtes Vertrauen in das Opfer, die Verdienste und das Gebet unseres göttlichen Hohepriesters!

In diesem bedingungslosen Vertrauen wollen wir zum himmlischen Vater in wenigen Augenblicken, wenn der Heiland unter den geheimnisvollen Gestalten von Brot und Wein Seine Wundmale öffnet, beten: „Himmlischer Vater, verherrliche Deinen Sohn! Schaue auf Seine Wunden! Blicke in das Antlitz Deines Gesalbten! Durch Ihn und in Ihm verleihe uns, daß wir einst als Glieder Seines mystischen Leibes dorthin gelangen dürfen, wo Er jetzt ist, damit wir durch Ihn und mit Ihm und in Ihm Dir alle Ehre und Verherrlichung erweisen können in alle Ewigkeit.“ Amen.

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