1. Sonntag im Advent
Von den Kennzeichen der wahren Kirche Christi
Geliebte Gottes!
Jesus Christus ist der wesensgleiche Sohn Gottes. Er ist das ewige Wort und damit die Wahrheit selbst. – Wie Gott sich nicht ändern kann, so kann sich auch die Wahrheit nicht ändern. Wie Gott sich nicht ändern kann, so können auch Seine Worte nicht vergehen. Die Wahrheit ist ewig, beständig und unveränderlich, wie Gott selbst. Deshalb kann der Herr sagen: „Himmel und Erde werden vergehen, aber Meine Worte werden nicht vergehen.“ (Lk. 21,33).
Um die göttliche Wahrheit, die Christus der Menschheit geoffenbart hatte, vor jeder Änderung, vor jeder Verderbnis, vor jedem Irrtum und vor jeder Verfälschung zu bewahren, hat Er eine einzige Kirche gestiftet und sie mit dem unfehlbaren Beistand des Heiligen Geistes ausgestattet, damit sie der gesamten Menschheit bis zum Ende der Welt als stets zuverlässige und unverbrüchliche „Säule und Grundfeste der Wahrheit“ (1. Tim. 3,15) dienen könne. Wie Gott nur Einer ist, so auch die Wahrheit. Und wie die Wahrheit einzigartig ist, so auch die Kirche, welche sie verkündet.
Eine aus Tausend
Zuletzt haben wir schon gesehen, daß sich alle sog. Weltreligionen in wesentlichen Punkten widersprechen. Sie können nicht alle gleichzeitig wahr sein. Sie können ihre Anhänger unmöglich zum ewigen Heil führen, sagt doch die fleischgewordene Wahrheit: „Niemand kommt zum Vater, als durch Mich.“ (Joh. 14,6). „Wer den Sohn nicht ehrt, ehrt auch den Vater nicht, der Ihn gesandt hat.“ (Joh. 5,24). Folglich scheiden nach den Worten des hl. Petrus alle nicht-christlichen Religionen, die ja allesamt unseren Herrn als wesensgleichen Gottessohn zurückweisen, als Heilswege aus: „Es ist in keinem anderen Heil; denn kein anderer Name unter dem Himmel ist den Menschen gegeben, durch den wir selig werden sollten.“ (Apg. 4,12).
Aber auch unter den religiösen Gemeinschaften, die sich „christlich“ oder gar „Kirche“ nennen, haben wir wesentliche Abweichungen feststellen müssen. Der Glaube der Katholiken weicht von dem der Orthodoxen in entscheidenden Punkten ab. Aber auch die Orthodoxen untereinander sind zersplittert in verschiedenste Gruppen von Glaubensbekenntnissen. Noch größer ist die Zersplitterung unter den Protestanten. Bei ihnen gibt es Tausende verschiedener „Kirchen“. Jede dieser einander widersprechenden „christlichen Kirchen“ nimmt für sich natürlich in Anspruch, ganz allein die „wahre Kirche“ Jesu Christi zu sein. Jede ruft und schreit so laut sie kann: „Wir! Wir allein sind die wahre Kirche Christi!“
Weil die Wahrheit nur eine einzige ist, sich aber alle „christlichen Kirchen“ gegenseitig widersprechen, kann nur eine einzige, nur eine von allen die wahre Kirche Christi sein. Denn Christus hat nur eine Kirche gestiftet. Und wie der Welt in Jesus Christus nur ein Erlöser gegeben ist, um selig zu werden, so auch nur eine einzige Kirche, die unserer Seele das ewige Heil vermitteln kann. Kurz: Mögen sich also alle christlichen Gemeinschaften „Kirche“ nennen – nur eine kann wirklich von Christus herstammen. Alle anderen müssen Fälschungen sein.
Wenn es also nur eine einzige Kirche gibt, die Christus gestiftet hat, und nur diese eine Kirche das ewige Heil zu vermitteln imstande ist, dann folgt daraus die notwendige und strenge Pflicht für jeden Menschen, sich umzusehen und nachzuprüfen, welche unter den zahllosen „christlichen Kirchen“ diejenige ist, die Christus tatsächlich gestiftet hat. Mag sie verachtet oder verschmäht oder verfolgt oder gehaßt oder mit einem Berg von Vorurteilen und Verleumdungen erdrückt sein. Was tut das zur Sache? Diejenige Kirche, die Christus gestiftet hat, müssen wir festhalten, müssen wir suchen, ihr müssen wir folgen, ihr glauben, als ihre Glieder leben und sterben.
Ja, wir können noch einen Schritt weiter gehen und sagen: Wenn Christus nur eine Kirche gestiftet hat, um die Menschen in den Himmel zu führen, dann mußte Er auch dafür sorgen, daß diese eine zum Heile notwendige Kirche von allen falschen Religionen klar unterschieden und als richtige und wahre Kirche deutlich erkannt werden kann. – Noch mehr! Wenn Christus nur eine Kirche für alle Menschen gestiftet hat, dann mußte Er sie auf solche Weise kenntlich machen, daß jeder, der mit unvoreingenommenem Blick die Augen öffnet und sehen will, was ist, sie auch als die wahre Kirche Christi erkennen kann. Das können und müssen wir von der Barmherzigkeit Gottes, von der Wahrheit und Güte des Heilandes erwarten. Und so ist es auch wirklich der Fall.
Die Kennzeichen der Kirche Christi
Mit welchen Kennzeichen ist die wahre Kirche Jesu Christi ausgestattet, die sie von allen anderen Religionsgemeinschaften unterscheidet? Der Katechismus gibt uns zur Antwort: „Die wahre Kirche Christi muß einig, heilig, katholisch und apostolisch sein.“ Diese vier Kennzeichen müssen sich an der wahren Kirche Christi finden. Diese vier Kennzeichen müssen sich alle zusammen an der wahren Kirche Christi finden. – Mehr noch! Diese vier Kennzeichen können sich nur an einer einzigen Kirche finden, und zwar nur an derjenigen, die Christus gestiftet hat.
Stellen wir uns vor: Irgendwo ist ein Mord geschehen. Der Mörder ist entkommen und befindet sich auf der Flucht. Die Polizei fahndet nach ihm. Wie soll man ihn aus Tausenden von Menschen herausfinden? Auf belebten Straßen? In großen Städten? In vollbesetzten Bussen, Zügen und Flugzeugen? – An seinem Namen? Er kann einen falschen Namen annehmen. An seinen Kleidern? Die kann er wechseln. An seinem Bart? Den kann er abrasieren. Es müssen Kennzeichen sein, die nur auf den Mörder passen, die sich nicht leicht ändern oder verwischen lassen. Wenn also der Mörder mit einem Auge schielt, wenn er mit der Zunge stottert, wenn er an einer Hand einen Finger weniger hat, im Gesicht eine Narbe trägt, mit einem Fuß hinkt. Wenn er zwei oder mehrere dieser Kennzeichen zugleich hatte, so sind das Zeichen, an denen die Polizei ihn leicht erkennen wird. Diese Zeichen werden in alle Himmelsrichtungen verbreitet, eine Ringfahndung wird eingeleitet und es wird nicht lange dauern, bis man den Mörder – vielleicht in weiter Ferne – erkennen und verhaften kann. Woher hatte man diese Kennzeichen? Von Zeugenangaben, von Funden der Spurensicherung. Kurz: Weil der Mörder, als er die Tat beging, eben diese unverwechselbaren Kennzeichen an sich trug.
Warum bekennen wir, daß die wahre Kirche Christi einig heilig, katholisch und apostolisch sein muß? Nun, einfach darum, weil Christus, als Er die Kirche gründete, ihr diese vier unverwechselbaren Kennzeichen gegeben hat. Weil die Kirche, als sie gegründet wurde, bereits diese vier Kennzeichen trug.
a) Kirche Christi muß einig sein
Zuallererst muß die wahre Kirche einig sein. Das geht aus den Worten des Heilandes klar hervor. Er spricht von einem Hirten und einer Herde. Er betet um die Einigkeit. Er verkündet einen Glauben, setzt ein Oberhaupt ein. Er vollbringt am Kreuz ein einziges Opfer. Er nennt seine Kirche ein Reich von ewiger Dauer. Hingegen sagt Er auch deutlich: „Jedes Reich, das in sich selbst uneins ist, wird verwüstet werden.“ (Mt. 12,35).
Die Apostel wiesen deshalb die ersten Christen wiederholt auf die Einheit der Kirche hin. So sagt der hl. Paulus: „Ein Leib sind wir viele.“ (1. Kor. 10,7). „Durch einen Geist sind wir zu einem Leibe getauft: Juden oder Heiden, Knechte oder Freie.“ (1. Kor. 12,13). „Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe.“ (Eph. 4,5). Ferner drängten die Apostel mit allem Nachdruck zur Einigkeit unter den Gliedern der Kirche. So beschwor der Völkerapostel die Gemeinde von Korinth: „Ich beschwöre euch, Brüder! Durch den Namen unseres Herrn Jesu Christi, daß ihr vollkommen eines Sinnes und einer Meinung seid.“ (1. Kor. 1,10). „Seid beflissen, die Einigkeit des Glaubens zu erhalten.“ (Eph. 4,3). „Nehmt euch in acht vor denen, welche wegen der Lehre, die ihr gelernt habt, Spaltungen und Ärgernisse hervorrufen.“ (Röm. 16,17). Außerdem lehren die Apostel klar, daß jeder, der die Lehre der Apostel ändert, sich von selbst aus der kirchlichen Einheit ausschließt: „Allein, wenn wir selbst oder ein Engel vom Himmel euch ein anderes Evangelium verkünden, als wir euch verkündet haben, der sei ausgeschlossen. … Wie wir eben gesagt haben, so sage ich auch jetzt abermals: Wenn jemand euch ein anderes Evangelium verkündet als das, welches ihr empfangen habt, der sei ausgestoßen.“ (Gal. 1,8 f.). Und ausgerechnet der „Apostel der Liebe“, der hl. Evangelist Johannes, der Lieblingsjünger, verbot den Christen den vertrauten Umgang in einer Hausgemeinschaft mit denjenigen, die von der Einheit des Glaubens abweichen. Er sagt: „Wenn jemand zu euch kommt und diese Lehre [den einen Glauben] nicht mitbringt, so nehmt ihn nicht ins Haus auf.“ (2. Joh. 10,11).
Nicht anders lehrten die Apostelschüler und die älteren Kirchenväter. Als Zeuge der morgenländischen Kirche schrieb der hl. Ignatius von Antiochia an die Gemeinde von Ephesus: „Christus wollte Seinen Gläubigen sowohl unter den Juden als auch unter den Heiden ein Zeichen aufrichten in einem Leibe“ (Ep. ad Eph.). Und stellvertretend für das Abendland führen wir eine längere Passage des hl. Irenäus von Lyon an, der die Sichtbarkeit der kirchlichen Einheit sehr schön beschreibt: „Da nun also die genannten Häretiker für die Wahrheit blind sind, so schweifen sie immer auf andere Wege ab, und ohne Sinn oder Zusammenhang sind die Spuren ihrer Lehre. Der Pfad derer aber, die zur Kirche gehören, führt um die ganze Welt herum; er hat die feste, apostolische Tradition und läßt uns erkennen, daß aller Glaube ein und derselbe ist. Alle bekennen ein und denselben Gott Vater, alle glauben an dieselbe Ordnung der Menschwerdung des Sohnes Gottes, wissen von derselben Gabe des Geistes, beobachten ebendieselben Gebote und bewahren ebendieselbe Form der kirchlichen Verfassung, erwarten ebendieselbe Ankunft des Herrn und erhoffen ebendieselbe Heiligung des ganzen Menschen, d.h. des Leibes und der Seele. Wahr und fest ist die Predigt der Kirche; ein und derselbe Weg zum Heil wird in der gesamten Welt gewiesen. Ihr ist das Licht Gottes anvertraut, … Sie ist der siebenarmige Leuchter, der Christi Licht trägt.“ (adv. haer. 5,20).
Was für ein Reich oder was für eine Kirche wird also der Heiland gegründet haben? Eine einige oder eine uneinige? Ganz offenbar eine einige!
b) Die Kirche Christi muß heilig sein
Wie wir bereits früher erklärt haben, hat unser göttlicher Erlöser Seine Kirche zu dem Zweck gegründet, um die Menschen in den Himmel zu führen. Darum nannte Er die Kirche so oft „das Himmelreich“. Wenn sie aber die Menschen zum Himmel führen soll, so muß sie dieselben zunächst heiligen bzw. heilig machen. Denn nichts Unheiliges kann in den Himmel eingehen. – Um aber die Menschen zu heiligen, muß sie selbst heilig sein. Das ist das zweite Merkmal, welches die wahre Kirche Jesu Christi an sich tragen muß: die Heiligkeit. Ist das nicht selbstverständlich? Wenn das Licht andere erleuchten soll, muß es dann nicht zunächst einmal selber hell sein? Und wenn der Heizkörper oder der Ofen das Zimmer heizen soll, muß er dann nicht zuerst selber heiß sein? Das ist offensichtlich! Bei der Kirche kann es nicht anders sein, denn niemand kann geben, was einer nicht zuvor selber hat. Wenn die Kirche Jesu Christi dazu da ist, die Menschen heilig zu machen, dann muß sie selber heilig sein.
Fragen wir aber noch genauer: Inwiefern muß die Kirche Christi heilig sein? Sie muß heilig sein in ihrem Stifter, in ihrer Lehre, in ihren Gnadenmitteln und in ihren Gliedern.
Heilig muß sie sein in ihrem Stifter. Wie könnte jemand, der nicht selber heilig ist, eine heilige Kirche gründen? So wenig, wie jemand, der von der Baukunst nichts versteht, einen prächtigen Palast aufführen könnte; bzw. so wenig, wie jemand, der von Wirtschaft und Staatsführung nichts versteht, einen verfassungsgemäßen Bundeshaushalt aufstellen kann. Der Stifter der Kirche muß sich ganz besonders durch Heiligkeit ausgezeichnet haben, damit die Menschen an Ihm den Gesandten Gottes erkennen konnten und damit das Licht Seiner Lehre und Seines Tugendbeispiels durch die Jahrhunderte, durch alle Zeiten, fortleuchtet und nie erlöscht. Und ist Christus, der Stifter der Kirche, Gott selbst, als der Heilige der Heiligen. Ja, Er ist nicht nur heilig, Er ist die Heiligkeit selbst!
Eben deshalb muß die Kirche auch heilig sein in ihrer Lehre. Die wahre Kirche verkündet uns das Evangelium Gottes. Weil es von Gott selbst stammt, kann es nichts Böses und Sündhaftes enthalten, sondern es muß durch und durch gut und heilig sein. Denn nur eine heilige Lehre kann die Menschen zur Tugend und zum Gipfel der Heiligkeit führen.
Ferner muß die Kirche heilig sein in ihren Gnadenmitteln. Die Lehre ist noch nicht die Heiligung. Die Lehre ist zwar die Grundvoraussetzung für die notwendige Vorbereitung auf die Heiligung. Aber nicht die Kenntnis der Lehre macht den Heiligen, sondern die Beobachtung und Umsetzung derselben. Weil wir Menschen jedoch aufgrund der erbsündlichen Folgen sehr schwach und hinfällig sind und noch dazu die Heiligkeit ein übernatürliches Ziel ist, das die Kräfte unserer Natur übersteigt, bedürfen wir übernatürlicher Gnadenmittel, die dem Menschen aus seiner Schwäche aufhelfen, wenn er gefallen ist; die ihn stützen auf dem Weg; die ihn fortschreiten lassen, bis das Ziel erreicht ist; bis wir nicht nur „gute Menschen“, sondern bis wir „übernatürlich gut“, kurz: bis wir heilig geworden sind. Diese Gnadenmittel müssen aber heilig, d.h. vom himmlischen Ursprung und von himmlischer Kraft sein. Sonst würden sie nichts nützen. Die Gnadenmittel dürfen also nicht nur leere Symbole oder sentimentaler Ausdruck unserer religiösen Empfindungen und Bedürfnisse, sondern sie müssen die heiligende Gnade selber hervorbringen können.
Schließlich müssen auch die Glieder der wahren Kirche heilig sein. Ein edler Baum bringt auch edle Früchte hervor. „Jeder gute Baum bringt gute Früchte, jeder schlechte Baum bringt schlechte Früchte. Ein guter Baum kann keine schlechten Früchte und ein schlechter Baum keine guten Früchte hervorbringen.“ (Mt. 7,17). Wenn die Kirche auf dieser Erde als Himmelsbaum gepflanzt worden ist, dann muß sie auch Früchte des Himmels hervorbringen, d.h. Früchte der Gerechtigkeit und Heiligkeit. Sie muß also Heilige hervorbringen. – Freilich müssen nicht alle ihre Glieder vollendete Heilige sein. Denn auch am edelsten Baum hängen noch unreife Früchte und auch so manches welke Blatt. Nein, nur eines muß gegeben sein, daß das, was noch unvollkommen, das, was noch sündhaft an ihren Gliedern ist, nicht die Kirche Christi als Urheberin hat. So muß freilich eingeräumt werden, daß es auch unter den Gliedern der wahren Kirche Christi unheilige, selbst lasterhafte Mitglieder gibt. Sie sind aber nicht wegen der Kirche unheilig und lasterhaft, sondern, weil sie sich gerade von dem heiligen Vorbild des Stifters, von der hl. Lehre und von den hl. Gnadenmitteln der Kirche noch unzureichend haben heiligen lassen; wozu sie die Kirche jedoch mahnt und anleitet. Nein, an ihrem bemitleidenswerten Zustand ist nicht die Kirche schuld, sondern die Betreffenden sind selber daran schuld!
c) Die Kirche Christi muß katholisch sein
Aus dem Werk der Heiligung ergibt sich sodann das dritte Kennzeichen der wahren Kirche Jesu Christi. Denn wie viele Menschen soll sie den heilig machen? Nur ein Volk? Das auserwählte Volk? Nein, alle Völker, alle Menschen! – „Geht hinaus in alle Welt, lehret alle Völker!“ (Mt. 28,19). Gott will das Heil aller. Denn jeder Mensch ist von Gott geschaffen. Jeder Mensch ist von Gott mit ewiger und unergründlicher Liebe geliebt, wie Sein Kind. Eben deshalb wünscht Er auch, daß alle Menschen ohne irgendeine Ausnahme in Sein himmlisches Reich gelangen und dort ihr unsterbliches Glück finden. So schreibt der Völkerapostel an den hl. Timotheus: „Gott will, daß alle Menschen selig werden.“ (1. Tim. 4,10). Und hat nicht auch Christus selbst gesagt: „Es ist nicht der Wille eures Vaters im Himmel, daß eines von diesen Kleinen verlorengehe.“ (Mt. 18,14).
Ja, und wie lange soll die Kirche alle Menschen heilig machen? Nur eine Generation? Nein, die Generationen aller Zeiten! – „Seht, Ich bin bei euch alle Tage, bis ans Ende der Welt.“ (Mt. 28,20). Die wahre Kirche Jesu Christi muß also allgemein sein. Sie muß eine Kirche sein, die sich über die ganze Welt auszubreiten sucht; eine Kirche, die von Christus an alle Jahrhunderte hindurch einig und heilig bestanden hat. Kurz: Die wahre Kirche muß „katholisch“, d.h. „allumfassend“ sein. Allumfassend in der räumlichen Ausdehnung: Sie muß der ganzen Welt offenstehen und daran arbeiten, die ganze Welt in sich aufzunehmen. Allumfassend muß sie sein in der zeitlichen Ausdehnung: Sie muß von Christus an ohne Unterbrechung fortbestehen. Folglich kann eine Kirche, deren Geburtstag nach der Zeit Jesu Christi liegt, unmöglich die von Christus gestiftete Kirche sein, denn sie ist nicht katholisch in der Zeit. Das betrifft vor allem den Protestantismus, der ja erst ab dem 16. Jahrhundert aufgetreten ist und einen großen Teil der Christenheit von der Kirche Christi losgerissen hat. Ebensowenig ist eine Kirche „katholisch“, wenn sie sich gleichsam als Nationalkirche nur auf ein Volk oder auf einen Kulturkreis beschränkt. Hier wird der Mangel der orthodoxen Bekenntnisse sichtbar, aber auch der Gallikaner und der Anglikaner. Keine der genannten Gemeinschaften kann die Kirche Christi sein. Denn keine von ihnen ist katholisch.
d) Die Kirche Christi muß apostolisch sein
Als Viertes muß die wahre Kirche Jesu Christi unbedingt das Merkmal der Apostolizität an sich tragen. Sie muß apostolisch sein. D.h., sie muß auf die Apostel gegründet sein. Der hl. Paulus belehrte die Gemeinde von Ephesus: „Ihr seid erbaut auf das Fundament der Apostel.“ (Eph. 2,20). Und dem hl. Johannes wurde die Kirche in der Geheimen Offenbarung als Gottesstadt gezeigt. Das Fundament dieser Stadt beschreibt er mit den Worten: „Die Mauer der Stadt hatte zwölf Grundsteine und darauf waren die zwölf Namen der zwölf Apostel des Lammes.“ (Offb. 21,14).
Christus hatte alle Seine Vollmachten, die Er vom himmlischen Vater empfangen hatte, allein den Aposteln übertragen. Nicht Seiner heiligsten Mutter. Nicht Seinen übrigen Jüngern. Nicht den frommen Frauen. Nur zu den Aposteln sprach Er: „Wie Mich der Vater gesandt hat, so sende Ich euch.“ (Joh. 20,21). Nur den Aposteln vertraute Er die hl. Lehre an. Nur den Aposteln übertrug Er mit der Bischofsweihe die Fülle der Gnadenmittel. Nur die Apostel machte er zu Hirten des katholischen Erdkreises.
Die Apostel haben sodann von ihren Vollmachten Gebrauch gemacht und Männer zu Bischöfen geweiht, mit dem Auftrag, daß sie wieder andere weihen und zu Hirten einsetzen sollten.
Weil die Kirche Jesu Christi auf die Apostel gegründet ist, deswegen müssen vor allem diejenigen, welche ihnen im Leitungsamt nachgefolgt sind, mit den Aposteln übereinstimmen, und zwar in zwei Bereichen. Erstens: Die wahre Kirche Jesu Christi muß Amtsträger haben, deren Lehre mit der Lehre der Apostel vollkommen übereinstimmt. Nur dann ist ihre Lehre „apostolisch“, wenn sie nichts anderes lehren, als was die Apostel gelehrt haben. An dieser Stelle können wir schon erkennen, daß die „konziliare Kirche“ unmöglich die Kirche Jesu Christi sein kann. Denn wenn die Konzils-„Päpste“ ihren Mund öffnen, so hören wir daraus nicht die Lehre der Apostel, sondern die Lügen eines Antichristus, welche die Wahrheit aushöhlen und verdrehen. Besonders deutlich wird der Widerspruch zur Lehre der Apostel am derzeitigen Anti-„Papst“ „Franziskus“ deutlich, der sich viel weniger Mühe gibt, seine Häresien zu verschleiern, wie es noch seine Vorgänger getan haben. Wenn Bergoglio den Mund aufmacht, so hören wir nicht die von den Aposteln überlieferte göttliche Wahrheit, sondern die Reden Satans, der die Menschen zur Gleichgültigkeit und zur Sünde verführt. Da gilt noch einmal das Wort des Völkerapostels: „Wenn wir oder ein Engel des Himmels euch ein anderes Evangelium verkündeten, als was euch verkündet worden ist“ – nämlich das der Apostel, das apostolische – „der sei verflucht.“ (vgl. Gal. 1,8).
Apostolisch sein müssen sodann – zweitens – ihre Hirten. Die Vorsteher der wahren Kirche Christi müssen ihre geistlichen Gewalten – also ihre Weihegewalt und ihre Hirtengewalt (Jurisdiktion) – von den Aposteln empfangen. In ihrer Weihegewalt müssen die Nachfolger der Apostel durch den gültigen Empfang des Weihesakramentes in gerader Linie von den Aposteln herstammen. Es muß sie eine ununterbrochene Kette von Handauflegungen beim Empfang der Bischofsweihe mit den hl. Aposteln verbinden. Und die andere geistliche Gewalt – die Hirtengewalt (Jurisdiktion) – müssen sie vom „Apostolischen Stuhl“ also aus der Hand des Papstes empfangen, um wahrhaft „im Namen der Apostel“ ihre jeweilige Diözese und ihre Untergebenen darin zu leiten.
Kurz: Nur jene Kirche ist die apostolische, deren Lehre die der Apostel ist und deren Vorsteher alle ihre geistlichen Gewalten von den Aposteln herleiten können.
Die Erkennbarkeit der Kirche Jesu Christi
Einig, heilig, katholisch und apostolisch: Diese vier Kennzeichen sind, wie wir aus den Worten Christi, der Apostel und Väter nachgewiesen haben, nicht nach Laune oder Willkür erdacht, sondern sie ergeben sich aus der Gründung der Kirche selbst. Diese vier Kennzeichen der wahren Kirche waren schon aufgestellt, als es noch keine Abspaltungen von der Kirche gab.
Das 1. Konzil von Konstantinopel bekannte erstmals feierlich den Glauben an die „eine, heilige, katholische und apostolische Kirche“ in jenem Glaubensbekenntnis, das wir so oft im gleichen Wortlaut zusammen mit allen Katholiken früherer und kommender Generationen bei der hl. Messe beten. – Ist es nicht bezeichnend, daß die „konziliare Kirche“ gerade jenes Glaubensbekenntnis, welches ausdrücklich die vier Kennzeichen der Kirche Jesu Christi benennt, aus ihrer sog. „Neuen Messe“ verbannt hat?
Diese vier Kennzeichen hat der Heiland Seiner Kirche aufgedrückt. Wir dürfen keine anderen verlangen. Diese Kennzeichen sind an und für sich leicht wahrnehmbar. Diese Kennzeichen sind unverwischbar in der wahren Kirche, und sie können nicht von einer falschen Kirche gefälscht werden. Und mag eine Doppelgänger-Kirche auch noch so täuschend echt ausschauen. Wenigstens eines der genannten Kennzeichen wird ihr fehlen.
Oder kann eine „Kirche“ etwa machen, daß sie älter ist, als sie ist? Kann sie sozusagen ihren Geburtsschein fälschen? Unmöglich. Nur einem Gleichgültigen wird es nicht auffallen.
„Zu Dir, Herr, erhebe ich meine Seele“
Richten wir also unsere Augen auf die Stadt auf dem Berge, die weit und leicht zu sehen ist. Auf das Zeichen, das aufgerichtet ist unter den Völkern. Da, wo wir diese vier Kennzeichen finden, dort allein ist die wahre, von Christus gestiftete Kirche. Ihr wollen wir angehören, ihr wollen wir folgen im Leben bis in den Tod. Sie wird uns führen ins ewige Leben.
Um dieses Ziel zu erreichen, ruft die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche alle ihre treuen Kinder ab dem heutigen ersten Advent zu den Fahnen. Langer Friede, zeitliches Glück oder der vor sich hin plätschernde Alltag haben uns im religiösen Eifer lau und schläfrig werden lassen, ja vielleicht sogar in den Todesschlaf der Sünde versetzt. Heute rüttelt uns die Kirche wie ein Wachtposten auf mit denselben Worten des hl. Paulus, welche schon die Bekehrung des hl. Augustinus herbeigeführt haben: „Die Stunde ist da, vom Schlafe aufzustehen. … Laßt uns ablegen die Werke der Finsternis und anziehen die Waffen des Lichtes.“ (Röm. 13,11 f.). Denn der Herr ist nahe! Der Bräutigam kommt! Im Evangelium sehen wir Ihn schon, wie Er sich naht! Es ist nicht viel Zeit. So schnell wie der Advent auch in diesem Jahr vorbei gehen und auf einmal der Weihnachtstag gekommen sein wird, so schnell wird das Leben verfliegen und auf einmal ist Er da, der Herr, um uns zu richten.
Und was hätte es uns dann genutzt, die wahre Kirche Christi zwar an ihren vier Merkmalen erkannt zu haben und in sie eingetreten zu sein, wenn wir dann wie die törichten Jungfrauen aus dem Gleichnis das Öl der übernatürlichen Gottesliebe nicht zubereitet hätten? Deshalb wollen wir kluge Jungfrauen sein, die flüchtige und doch bemessene Zeit nutzen und unsere Lampen bereit machen, damit wir mit dem Herrn in die ewige Hochzeit eingehen können.
Leib und Seele wollen wir auf den Ankunftstag Christi in unserer Todesstunde bereiten. Der Leib, der uns durch die ungezügelten Leidenschaften zu „Schwelgereien und Trinkgelagen, zu Unzucht und Ausschweifung, zu Zank und Eifersucht“ mitreißen will, muß durch Buße und heilsame Furcht vor dem göttlichen Gericht gezügelt werden. – Die Seele muß „Christus, den Herrn anziehen“; d.h. sie muß im übernatürlichen Glanz der Tugenden Christi erscheinen. Angetan soll sie sein mit dem Glauben an Christus, mit der Hoffnung auf Christus, mit der Liebe zu Christus selbst und zu den geringsten Seiner Diener, in denen Er uns verborgen begegnet. Wir üben die Klugheit, die Gerechtigkeit, die Tapferkeit und die Mäßigkeit, um darin nicht den Beifall der Menschen, sondern allein das Wohlgefallen Gottes zu suchen. – Das ungeordnete Verlangen des Leibes wollen wir unterdrücken, damit unsere Seele sich zu Gott aufschwingen kann, um mit dem Psalmisten das Adventslied des 24. Psalms zu singen: „Zu Dir, Herr, erhebe ich meine Seele; auf Dich vertraue ich, mein Gott! Laß mich nicht zuschanden werden, und laß meine Feinde mich nicht verhöhnen; denn alle, welche auf Dich harren, werden nicht zu Schanden. Deine Wege, Herr, zeige mir, und Deine Pfade lehre mich.“ (Ps. 24,1-3.4b). Amen.