Wahrhaft, wesenhaft und ganz gegenwärtig!

Geliebte Gottes!

Die Kirche öffnet nach dem Pfingstfest ihre Schatzkammern, um uns mit den herrlichsten Geheimnissen unseres Glaubens vertraut zu machen; damit wir voll Freude und Dankbarkeit die übernatürlichen Früchte bestaunen, anbeten und genießen, welche uns unser göttlicher Erlöser Jesus Christus aus der Gnadenwelt Gottes mitgeteilt hat. Nachdem wir uns am vergangenen Sonntag durch einen Blick in das Geheimnis der Allerheiligsten Dreifaltigkeit in den unendlichen Tiefen Gottes verlieren konnten, wird uns heute in der Monstranz eine weitere geheimnisvolle Kostbarkeit der göttlichen Liebe vor das gläubige Auge gestellt. Es ist der Fronleichnam, der „Leib des Herrn“; auch „Allerheiligstes Altarsakrament“ genannt, weil es nur über den Altar des Opfers zu uns kommt und darüber hinaus auf dem Altar im Tabernakel aufbewahrt wird. Es wird mit recht „das Allerheiligste“ genannt, weil es verborgen unter der bescheidenen Gestalt von Brot und Wein den allheiligen Gottessohn Jesus Christus enthält; wirklich, wesentlich und ganz.

Fundament des Glaubens an die Realpräsenz

Der Unglaube leugnet diese Wahrheit. Die Protestanten und in ihrer Schule die aufgeklärten Rationalisten und Modernisten bestreiten die reale Präsenz des Gottmenschen Jesus Christus unter den heiligen Gestalten von Brot und Wein. Deshalb wollen wir die Gelegenheit des hohen Festes von Fronleichnam dazu benutzen um dem Un- und Irrglauben unseren Glauben entgegenzusetzen und beweisen, daß dieser Glaube nicht unvernünftig ist. Im Gegenteil! Daß alle Beweise für die katholische Wahrheit sprechen, daß unser göttlicher Erlöser im Allerheiligsten Sakrament wahrhaft, wirklich und wesenhaft gegenwärtig ist.

Drei Dinge geben uns diese Sicherheit:

  1. die Worte Christi, mit denen Er dieses wunderbare Sakrament verheißen hat;
  2. die Worte Christi mit denen Er dieses wunderbare Sakrament eingesetzt hat und
  3. die unfehlbare Lehre der Apostel und der katholischen Kirche zu dieser Frage.

Die Worte Christi in der Verheißungsrede

Die wirkliche Gegenwart Christi im Allerheiligsten Sakrament geht zuerst hervor aus den Worten der sog. „Verheißungsrede“, aus der wir soeben im Evangelium einen kurzen Abschnitt gehört haben.

Es war ungefähr ein Jahr vor dem letzten Abendmahl, da hat unser Herr Jesus Christus ein Versprechen gegeben. Er sagte zu den Juden, die sich in der Synagoge von Karpharnaum versammelt hatten: „Das Brot, das Ich geben werde, ist Mein Fleisch für das Leben der Welt.“ (Joh. 6,52). Die Protestanten, Rationalisten und Modernisten behaupten nun, diese Worte seien nur bildlich und im übertragenen Sinne, auf keinen Fall aber wörtlich zu verstehen. Nun geht aber aus dem ganzen Zusammenhang in dem die Rede Christi steht und insbesondere aus der Reaktion der Zuhörer, eindeutig hervor, daß unser göttlicher Erlöser jedes Wort genau so gemeint hat, wie Er es gesagt hat: Er würde Sein Fleisch als Speise geben.

Rufen wir uns kurz den Kontext der damaligen Geschehnisse ins Gedächtnis. Was war tags zuvor geschehen? Am Tag zuvor hatte der Heiland in der Wüste fünftausend Männer (vgl. Mt. 14,21) mit nur fünf Broten gesättigt. Es waren wirkliche Brote – fünf Gerstenbrote (vgl. Joh. 6,13) – von deren Reste die Apostel zwölf Körbe voll aufsammelten, nachdem die Menschenmenge satt geworden war. Infolgedessen strömten am folgenden Tag große Scharen nach Karpharnaum, wohin sich der Herr inzwischen begeben hatte. Auch sie wollten von Christus auf so wunderbare Weise gespeist werden. Christus forderte von ihnen den Glauben. Was antworteten die Juden? Sie entgegneten Ihm: „Was für ein Wunderzeichen tust Du, damit wir glauben? Unsere Väter haben in der Wüste Manna gegessen.“ (Joh. 6,31.32). Unter der Voraussetzung würden die Juden an Ihn glauben wollen, wenn unser Herr auch ihnen das wunderbare Manna geben würde, wie es Moses ihren Vätern in der Wüste gab. Wir halten fest: Die Juden forderten von Christus eine wirkliche Speise, und zwar eine wunderbare Speise, die Er ihnen geben solle; dann wollten sie an Ihn als den verheißenen Messias glauben.

Bedenken wir vor diesem Hintergrund nun erneut die Worte des Heilandes: „Das Brot, das Ich geben werde, ist Mein Fleisch für das Leben der Welt.“ (Joh. 6,51). Er sagt: „Manna werde Ich euch nicht geben – weder heute, noch zu einem späteren Zeitpunkt – aber eine andere Speise, die noch kostbarer und wunderbarer sein wird als das Manna, welches zur Zeit des Moses vierzig Jahre hindurch in der Wüste vom Himmel regnete: Mein Fleisch für das Leben der Welt!“ Sodann vergleicht Christus das Manna mit Seinem Fleisch: „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist.“ (Joh. 6,50). Das Manna regnete auf wunderbare Weise und doch real vom Himmel herab. Christus ist wirklich vom Himmel gekommen. Das Manna war eine Nahrung zum Erhalt des leiblichen Lebens. Das Brot, das der Heiland geben wird, dient zum Erhalt des ewigen Lebens. „Eure Väter haben das Manna gegessen und sind gestorben. Das Brot, das Ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt.“ (Joh. 6,48.51).

Bedenken wir schließlich noch die Reaktion der Juden auf die Worte des Herrn. Sie ist der beste Beweis, daß Christus jedes Wort genauso gemeint hat, wie Er es gesagt hat. – Die Juden murrten. Sie sprachen: „Wie kann uns dieser Sein Fleisch zu essen geben?“ (Joh. 6,52). Wie hatten sie den Heiland verstanden? Wörtlich! Nämlich so, daß Sein Leib die Speise der Menschen werden solle. Sie konnten nicht begreifen wie das möglich wäre. – Hatten sie den Herrn richtig verstanden? Ja, ganz richtig! Denn sonst hätte Christus, um das Mißverständnis auszuräumen, das Gesagte sofort richtiggestellt und gesagt: „Ihr habt Mich da nicht ganz richtig verstanden. Meine Worte sind nur im übertragenen Sinne zu verstehen. Das Brot, das Ich euch geben werde, wird nur ein Symbol für meinen Leib, aber natürlich nicht Mein wirkliches Fleisch sein.“ So, oder so ähnlich hätte Er sprechen müssen. Doch wie ist Christus dem Protest der Juden begegnet? Statt zu relativieren bekräftigte Er Seine Worte nochmals mit Nachdruck und sprach: „Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch, wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht essen und Sein Blut nicht trinken werdet, so werdet ihr das Leben nicht in euch haben. Wer Mein Fleisch ißt und Mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben, und Ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tag. Denn Mein Fleisch ist wahrhaft eine Speise und Mein Blut ist wahrhaft ein Trank.“ (Joh. 6,53 f.). Christus blieb also dabei, obwohl die Juden daran Anstoß nahmen: „Hart ist diese Rede; wer kann sie hören?“ (Joh. 6,60). Er nahm es hin, daß viele Seiner Jünger sich daraufhin von Ihm abwandten: „Von da an zogen sich viele Seiner Jünger zurück und wandelten nicht mehr mit Ihm.“ (Joh. 6,66). Ja so wichtig war es unserem Herrn, richtig verstanden zu werden, daß Er sogar Seine Apostel vor die Wahl stellte, entweder der wörtlichen Bedeutung Seines Versprechens Glauben zu schenken oder Ihn zu verlassen: „Wollt auch ihr gehen?“ (Joh. 6,67), bot Er den Zwölfen an.

Es kann keinen Zweifel daran geben: In Karpharnaum hat unser göttlicher Erlöser versprochen, ein Sakrament einzusetzen, welches Sein Fleisch und Blut enthalten sollte. Sein wirkliches Fleisch zur Speise und sein wirkliches Blut zum Trank!

Das letzte Abendmahl

Was Christus versprochen hatte, daß hat Er binnen Jahresfrist auch wahr gemacht. Am Abend vor Seinem Leiden war Er mit Seinen Aposteln im Abendmahlssaal versammelt. Nachdem Er zusammen mit ihnen, der jüdischen Sitte gemäß, das Osterlamm gegessen hatte, nahm Jesus Brot, segnete es, brach es und gab es Seinen Jüngern mit den Worten: „Nehmet hin und esset, das ist Mein Leib.“ (Mt. 26,27). Dann nahm Er den Kelch mit Wein, segnete und reichte ihn Seinen Jüngern, indem Er sprach: „Trinket alle daraus, denn das ist Mein Blut des Bundes.“ (Mt. 26,27) „Tut dies zu Meinem Andenken.“ (Lk. 22,19).

Wie bei der Verheißungsrede, so kommt auch hier alles darauf an, wie die Worte des Heilandes zu verstehen sind: „Das ist Mein Leib. Das ist Mein Blut.“ Und auch hier steht der wörtliche Sinn fest. Denn die Worte des Heilandes enthalten das Testament Christi.

Wie aber wird ein Testament abgefaßt? In bildlichen Ausdrücken und Metaphern oder in klaren und eindeutigen Worten? Das Testament ist eine juristische Urkunde. Es regelt den Nachlaß und damit die Besitzverhältnisse. Deshalb müssen alle Dinge darin einfach und nüchtern genau so benannt werden, was sie sind. – Ferner sind die Worte des Herrn die Grundlage des Neuen und ewigen Bundes. Ein Bund ist ein Vertrag. Wie werden Verträge abgefaßt? Etwa in blumiger Bildersprache? Oder in vieldeutigen Ausdrücken? Gewiß nicht. Ein Vertrag ist so einfach gehalten, daß aus dem unmittelbaren Wortsinn klar hervorgeht, worauf sich beide Vertragspartner festgelegt haben. Ein Vertrag gilt stets in der Weise wie er schwarz auf weiß geschrieben steht, also Wort für Wort. – Außerdem enthalten die Worte des Heilandes eine gesetzliche Anordnung: „Tut dies zu meinem Andenken“, befiehlt Er den Aposteln. Wie sollen aber Gesetze formuliert sein? Natürlich in klaren eindeutigen Worten, die genau das bedeuten, was sie besagen, sonst taugt ein Gesetz nichts.

Es kommt noch hinzu: Die Einsetzungsworte der hl. Eucharistie enthalten eine dogmatische Lehre, einen Glaubenssatz, den alle kommenden Geschlechter, unter Androhung der Strafe ewiger Verdammnis, im Glauben für wahr halten müssen. Wie müssen Glaubenssätze, also Dogmen, formuliert sein? Eindeutig und klar! Damit ihr Inhalt nicht von dem einen in der richtigen Bedeutung, von einem anderen aber in einer falschen Bedeutung geglaubt werden kann! Die Mehrdeutigkeit war ja stets das Einfallstor der Irrlehrer gewesen. Deswegen bemühte sich Christus und in der Folge die katholische Kirche in ihren Definitionen stets um eine noch schärfere, noch eindeutigere Ausdrucksweise. – Denken wir beispielsweise an das Apostolische Glaubensbekenntnis. Es findet sich darin kein einziges Wort, das nicht wörtlich zu verstehen wäre! Genauso ist es bei den Worten Christi. Sie meinen das, was sie besagen. Und darüber hinaus: Sie bewirken auch das, was sie besagen; Wort für Wort!

Bedenken wir, wer es ist der diese Worte sagt. Es ist Jesus Christus, der menschgewordene Sohn Gottes. Derjenige, der mit einem einzigen, allmächtigen Wort die ganze Schöpfung aus Nichts hervorrief. Derjenige, dem alle Geschöpfe auf ein einziges Wort hin gehorchen: Dämonen, Krankheiten, Naturgewalten. Ja, selbst der Tod gehorchte Seinem Wort. Die Worte Jesu Christi sind göttliche Worte, schöpferische Worte; Worte denen die Allmacht Gottes innewohnt und deshalb genau das bewirken was sie besagen. – Auf der Hochzeit zu Kana konnten sich die Apostel bereits davon überzeugen, daß Christus die Macht hatte eine Wesensverwandlung, eine „Transsubstantiation“, zu bewirken. Dort hatte er ohne ein Wort fades Wasser umgewandelt, ja umgeschaffen, in den köstlichsten Wein. Wie sollte man noch daran zweifeln, daß im Abendmahlssaal durch Sein allmächtiges Wort „Das ist Mein Leib“ tatsächlich das Brot in Seinen makellosen Leib umgewandelt, umgeformt wurde; und der Wein im Kelch durch die Macht Seines Wortes „Das ist Mein Blut“ wirklich in Sein kostbares Blut verwandelt und umgeschaffen wurde? Wenn Jesus Christus der Sohn Gottes ist, dann hat Er die Macht Sein Wort Silbe für Silbe Wirklichkeit werden zu lassen.

Bedenken wir schließlich, zu wem der Heiland diese Worte gesprochen hat. Er sprach sie zu Seinen Aposteln, die ein Jahr zuvor auch die Verheißungsrede in Karpharnaum gehört hatten. – Wann hat Christus diese Worte gesprochen? Am Vorabend Seines blutigen Todes; bei Seinem Abschied; in einer so ernsten Stunde; bei einem so feierlichen Anlaß; nach gründlicher Vorbereitung, so daß man tausend Gründe hatte, auf den Sinn Seiner Worte genau zu achten!

Und nun wollte da tatsächlich noch jemand ernsthaft behaupten, Er habe nichts anderes sagen wollen als: „Das Brot ist lediglich ein Sinnbild, ein Symbol für Meinen Leib. In Wirklichkeit bleibt es ein Stück Brot, das euch an Mich erinnern soll?“ – Dann hätte Christus jedenfalls Sein Versprechen nicht gehalten! Wozu dann überhaupt die ganze Vorbereitung? Wozu das blumige Gerede? Christus hätte dann lediglich in Bildern gesprochen, und zwar ausgerechnet in Seinem Testament, in Seiner vertraglichen Bundesurkunde, in Seinem Gesetz, in Seiner Lehre. Dann hätten Ihn die Apostel und die katholische Kirche, trotz des unfehlbaren Beistandes des Heiligen Geistes, nahezu 1500 Jahre mißverstanden, bis der gesamten Christenheit dann ausgerechnet durch die Protestanten – von jenen also, die von der Einheit der Kirche abfielen – endlich die Erleuchtung gebracht worden wäre. Das alles ist absurd!

Die Lehre der Apostel und der katholischen Kirche

Daß unser Herr und Heiland im Allerheiligsten Sakrament wirklich gegenwärtig ist, geht noch aus einer dritten Quelle hervor, nämlich aus der Lehre der Apostel und der römisch-katholischen Kirche.

Von den Aposteln soll heute der hl. Paulus das Wort erhalten. Er, der zwar bei der Einsetzung im Abendmahlssaal noch nicht dabei war, aber dann später von Christus auf übernatürliche Weise unterrichtet worden war, spricht an zwei Stellen des 1. Korintherbriefes vom Allerheiligsten Altarsakrament.

Im 10. Kapitel schreibt er: „Der Kelch der Segnung, den wir segnen, ist er nicht die Mitteilung des Blutes Christi?“ (1. Kor. 10,16). Was ist also nach Überzeugung des hl. Paulus in dem Kelch enthalten? Das Blut des Herrn. Und der Völkerapostel fährt fort: „Und das Brot, das wir brechen, ist es nicht die Teilnahme an dem Leib des Herrn?“ Was wird also im Allerheiligsten Sakrament empfangen? Der heiligste Leib des Herrn und Sein kostbares Blut. Das lehrt der hl. Paulus.

Und im folgenden Kapitel, dessen zweiten Teil wir soeben als Epistel gehört haben, sagt der Völkerapostel, nachdem er die Einsetzungsworte aus dem Mund Christi wiederholt hat: „Wer unwürdig ißt und trinkt, der ißt und trinkt sich das Gericht, indem er den Leib des Herrn nicht unterscheidet!“ (1. Kor. 11,29). Wie kann man nach solchen Worten noch behaupten, dieses Sakrament sei nur ein Bild, nur ein Symbol, das aber gar nicht in Wirklichkeit der Leib und das Blut Christi ist? Nur ein Zeichen, das uns an Ihn erinnern soll? Wenn es nach Auffassung der Protestanten und Modernisten so wäre, dann wäre dieses Zeichen nichts weiter als Brot und Wein. Und wie bitte soll man sich dann schuldig machen am Leib und Blut des Herrn, wenn man im Stand der Todsünde nichts weiter tut, als ein Stück Brot zu essen, das an Jesus erinnert? Gott soll also das Essen von Brot – vollkommen unverhältnismäßig – mit der ewigen Verdammnis bestrafen? Das ist absurd!

Nein, wenn die Worte des hl. Apostels Paulus Sinn machen sollen, dann besagen sie das, was in dem Sinn der Worte ausgedrückt ist. Und das ist genau dasselbe, was mit den Worten der Verheißungsrede und mit den Worten der Einsetzung beim letzten Abendmahl übereinstimmt; nämlich daß im Allerheiligsten Sakrament der wirkliche Leib und das wirkliche Blut Christi enthalten sind. Nur unter dieser Voraussetzung macht es Sinn, daß Gott den Mißbrauch dieser göttlichen Speise, die ja heiliger und wertvoller ist als die ganze Schöpfung zusammengenommen; nur dann gibt es Sinn, daß Gott eine solch räuberische Kommunion mit der Strafe der ewigen Verdammnis bedroht.

Nachdem wir die Worte des Heilandes und der hl. Apostel erwogen haben, sei schließlich noch auf die hl. Väter, die hl. Kirchenlehrer, die Erklärer der Heiligen Schrift, auf die gläubigen Katholiken aller Jahrhunderte, sowie auf die Definitionen der allgemeinen Konzilien der katholischen Kirche, insbesondere auf das hl. Konzil von Trient verwiesen. – Was sagen sie? Es ist, als ob sie uns wie aus einem einzigen Mund zurufen: „In dem allerheiligsten Sakrament des Altares ist der wahre Leib und das wahre Blut unseres Herrn Jesus Christus wahrhaft, wesenhaft und ganz gegenwärtig.“ Das ist der katholische Glaube! Das ist unser Glaube. Er ruht auf den gewichtigsten Glaubwürdigkeitsgründen, gegen welche die Einwände der Protestanten, der Rationalisten und der Modernisten, sowie aller Ungläubigen, die unseren Glauben verspotten, keinen Bestand haben können.

In der Kommunion empfangen wir den ganzen Christus

Dieser Glaube muß in uns lebendig und fruchtbar werden. Auf welche Weise wird unser Glaube an die Realpräsenz des Gottmenschen im allerheiligsten Altarssakrament lebendig und fruchtbar? – Natürlich vor allem durch das Kommunizieren! Durch das richtige Kommunizieren. Das ist die letzte Frage, der wir heute nachgehen wollen.

Was geschieht bei der hl. Kommunion? Während der hl. Kommunion vereinigen wir uns auf innigste Weise mit Christus, wodurch wir umgestaltet werden sollen in Ihn. Das läßt der hl. Augustinus den Heiland mit den berühmten Worten erklären: „Ich bin das Brot der Starken; wachse, genieße Mich! Doch nicht du wirst Mich umwandeln in dich, gleich leiblicher Speise; nein, du wirst umgewandelt werden in Mich!“ (Conf. 7,10). Nicht nur die Konsekration der hl. Messe beinhaltet also ein Wandlungswunder. Auch die hl. Kommunion bewirkt eine Verwandlung, eine Umformung; eine Umgestaltung in Christus.

Aber, ist das nicht eine steile Behauptung? Scheinen nicht unsere eigenen Erfahrungen mit der hl. Kommunion dagegen zusprechen? Wie oft haben wir nicht schon kommuniziert und sind nicht christusähnlicher, nicht besser, reiner, opferbereiter, geduldiger oder demütiger geworden? Woran liegt das? Um die Ursache hierfür zu finden, müssen wir uns klar machen, was uns eigentlich selbstverständlich sein sollte; nämlich was Kommunion überhaupt ist. Was sollte sie sein? – Das Wort „Kommunion“ bedeutet Vereinigung. Und was ist Vereinigung? Vereinigung setzt zwei voraus, die eins werden wollen. Kommunion ist zwei gleich eins. – Wer sind die zwei? Natürlich Jesus Christus und die Seele, unsere Seele. Die Kommunion, das ist: „Jesus und ich.“ Und das ist das entscheidende: Jesus und ich! Nicht, ich und Jesus. Bei der heiligen Kommunion hängt alles davon ab wer der erste und wer der zweite ist; wer im Vordergrund und wer im Hintergrund steht, wer die Hauptperson ist und wer die Nebenrolle spielt. Jesus oder unser Ich? Es kommt bei der heiligen Kommunion an, auf die Vorbereitung, auf die Geistesverfassung, auf die sogenannte Disposition. – Das Sakrament wirkt zwar aus sich, aber doch nur insoweit, als ihm keine Hindernisse in den Weg gelegt werden.

Warum kann Jesus in der Seele sich nicht entfalten? Weil kein Platz ist! Die Platzfrage spielt bei der Kommunion die gleiche verhängnisvolle Rolle wie einst bei der Geburt Jesu in Bethlehem. Die Geister und Herzen sind oft voll von Fremdem, Überflüssigem, von Eitlem, Weltlichem und von direkt Bösem, Sündhaftem, Schlechtem. Sie sind geteilt durch freiwillige Anhänglichkeiten, die sie an die Geschöpfe, an ihre Eitelkeit und Eigenliebe, an ihre Empfindlichkeit und Selbstsucht, an ihre Eifersucht und Sinnlichkeit, an ihre Rechthaberei und Kleinlichkeit fesseln. All das sind Hindernisse.

Das gilt ganz besonders von den freiwilligen oder gewohnheitsmäßigen Fehlern gegen die Nächstenliebe! Wenn wir den Heiland in der hl. Kommunion empfangen, dann empfangen wir den ganzen Christus. Der ganze Christus besteht aus Haupt und Gliedern. Er bildet mit Seinem mystischen Leib eine geheimnisvolle Einheit. Alle Katholiken – ohne jede Ausnahme – sind durch die Gnade die Glieder Seines mystischen Leibes. Wenn wir kommunizieren, müssen wir also Christus empfangen – ganz und ungeteilt! Wir müssen uns durch die Liebe vereinigen mit Ihm. Und zwar so wie Er ist; d.h. mit Ihm und allen Seinen mystischen Gliedern, die wir von Ihm nicht trennen können. Der hl. Paulus sagt: „Denn ein Brot, ein Leib sind wir viele; wir alle, die wir an dem einen Brote teilnehmen.“ (1. Kor. 10,17). Wollten wir auch nur ein einziges Glied ausnehmen, so wäre eine vollkommene Kommunion mit Christus unmöglich. Deshalb sagt der Herr: „Wenn du deine Gabe zum Altar bringst und dich erinnerst, daß dein Bruder etwas gegen dich hat, so gehe hin und versöhne dich zuerst mit ihm und dann komme und opfere deine Gabe.“ (Mt. 5,23 f.). Daraus ergibt sich, daß die kleinste, geflissentliche Kälte, die geringste, freiwillig unterhaltene Abneigung gegen den Nächsten ein Hindernis zur vollen Vereinigung mit Christus in der hl. Kommunion bilden. Man kommuniziert und kommuniziert doch nicht. Darum kommen wir nicht als Heilige von der Kommunionbank zurück, sondern als die Alten.

Was sollte also „Kommunion“ sein? Das Gegenteil von dem, was wir soeben kennengelernt haben. Jesus im Mittelpunkt der Seele und das Ich zu seinen Füßen. Jesus ist da – ganz! Mit allen Seinen Gliedern, denen wir ein grenzenloses Wohlwollen entgegenbringen. Freilich sehen können wir Ihn nicht. Aber die Hauptsache ist nicht, daß wir Ihn sehen, sondern daß Er da ist. Dann können wir beten, staunen, Ihm danken und für das eine oder andere Glied Seines mystischen Leibes beten. Dann können wir Ihn ganz lieben. Auch ohne Gebetbuch! Und die 15 Minuten der „offiziellen Besuchszeit“ des Heilandes in unserem Herzen werden uns zu kurz werden. Sie werden die schönsten Minuten unseres Tages, bzw. unserer Woche sein. Und wenn wir dann nach der hl. Kommunion in den Alltag hinausgehen, so werden wir mehr und mehr feststellen: du bist reiner, ruhiger, menschenfreundlicher, sanftmütiger, demütiger, christusförmiger geworden.

Machen wir uns die kostbare Zeit nach der hl. Kommunion nicht so kompliziert, so umständlich, so unnatürlich. Denken wir nur eins: „Jesus ist da.“ Alles andere macht sich von selbst. Und wenn wir nachher gefragt werden: „Was hast du gemacht?“, dann antworten wir: „Vieles, in Wirklichkeit nur Eines! Ich habe 15 Minuten geglaubt, gehofft, geliebt.“ Das ist Kommunion!

Das Zeremoniell von Fronleichnam will uns nun diese Kunst des Kommunizierens lehren. Die Liturgie, insbesondere die Prozession, erzieht uns durch die äußeren Handlungen dazu, auch die inneren Haltungen gegenüber Jesus einzunehmen, welche es Ihm gestatten, uns in Sich zu verwandeln: An jedem Stationsaltar erhöhen wir Ihn, räumen Ihm den vornehmsten, den ersten Platz ein. Wir hingegen demütigen uns vor Ihm. Wir werfen uns vor Ihm auf die Knie nieder und beten Ihn gläubig an. In den Gebeten und Liedern bekennen wir Ihm unseren Glauben, unsere Hoffnung und unsere Liebe. Und als Antwort darauf spendet Er uns Seinen Segen, durch den wir umgestaltet werden in Ihn. An jedem Altar – insgesamt also viermal – machen wir diese äußeren Übungen, damit sich die innere Haltung unserer Seele gegenüber unserem göttlichen Heiland besser einprägen. Die Disposition zu einer fruchtbaren Kommunion: „Jesus ist da – wahrhaft, wesenhaft und ganz! Und ich zu Seinen Füßen!“ Amen.

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