Fest der Allerheiligsten Dreifaltigkeit
Der eine Gott in drei Personen
Geliebte Gottes!
In Seinen Abschiedsreden hat unser göttlicher Erlöser den Aposteln den Heiligen Geist mit den Worten verheißen: „Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, so wird Er euch in alle Wahrheit einführen.“ (Joh. 16,13). An Pfingsten kam der „Geist der Wahrheit“ im Sturm und im Feuer auf die Apostel herab. Und heute, am ersten Tag nach der Feier des Pfingstfestes, werden die Gläubigen vom Heiligen Geist, gleichsam als erste Frucht Seines Wirkens, in die „volle Wahrheit“ über Gott eingeführt. Nämlich in das größte aller Geheimnisse Gottes, das da lautet: Es gibt nur einen Gott. Aber in dem einen Gott sind drei Personen. – Genauso haben wir es gerade im Evangelium der Festmesse gehört, als der Heiland den Jüngern den Taufbefehl erteilt hatte. Sie sollten taufen im Namen des dreieinigen Gottes; nämlich „im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Der Taufbefehl weist uns darauf hin, daß in dem einen Gott mehrere Personen sind, von denen die erste „Vater“, die zweite „Sohn“, die dritte „Heiliger Geist“ genannt wird.
Die Zahl der göttlichen Personen
Was versteht man aber nun unter Person? Zunächst können nur vernünftige Wesen als Person bezeichnet werden. Niemals werden wir ein Tier, einen Baum, einen Stein als Person bezeichnen. Jeder Mensch ist ein vernünftiges Wesen und zugleich eine Person. Auch die heiligen Engel sind Personen. Personen können nur dort sein, wo vernünftige geistige Naturen sind. Das ist das erste, was wir festhalten müssen.
Ist es aber dasselbe von einer vernünftigen Natur und von einer Person zu sprechen? Sind die Begriffe „Person“ und „Natur“ identisch? Wenn es so wäre, dann müßten immer und überall so viele Personen sein als Naturen, und so viele Naturen als Personen. Das ist aber nicht der Fall! Bei Gott finden wir nur eine einzige göttliche Natur, nur ein einziges göttliches Wesen – die eine Gottheit – aber drei Personen.
Es muß also irgendeinen Unterschied zwischen „Natur“ und „Person“ geben. Was ist das für ein Unterschied? Unter Person verstehen wir denjenigen, der eine vernünftige Natur hat, den Inhaber, den Besitzer, den Eigentümer einer vernünftigen Natur. Dieser Besitzer ist ein Jemand, der sich selbst mit „Ich“ bezeichnet.
Bei den Menschen und auch bei den Engeln sind genau so viele Personen als Naturen und so viele Naturen als Personen. Bei den Menschen hat jede Person ihre eigene menschliche Natur. Die menschliche Natur besteht aus einem menschlichen Leib und einer Geistseele. Jede menschliche Person hat ihren eigenen Leib und ihre eigene Seele. Wenn also 30 Menschen in der Kapelle zur Sonntagsmesse versammelt sind, dann gibt es dort 30 verschiedene Personen von denen jede ihre eigene menschliche Natur besitzt. Folglich sind nicht nur 30 menschliche Personen in diesem Raum zugegen, sondern auch 30 Menschennaturen.
In Gott ist das anders: Es gibt nur eine einzige göttliche Natur – nur einen Gott – aber drei göttliche Personen. Die eine göttliche Natur, die eine Gottheit, gehört drei Personen – dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist.
Die Dreifaltigkeit in der göttlichen Offenbarung
Woher wissen wir, daß in Gott drei Personen sind? Nicht aus der sichtbaren Welt! In der sichtbaren Welt gibt es kein Geschöpf, das uns zu der Annahme zwingt, daß in Gott drei Personen sind. Die Schöpfung sagt uns zwar, daß es einen Gott gibt und geben muß, aber über die Zahl der göttlichen Personen weiß sie uns nichts Bestimmtes zu sagen. – Die Zahl und die Namen der drei Personen in dem einen Gott sind uns einzig und allein durch die göttliche Offenbarung bekannt gemacht worden.
Im Alten Testament finden wir nur zarte Andeutungen dieses Geheimnisses. So sprach Gott etwa vor der Erschaffung des ersten Menschen: „Laßt Uns den Menschen machen nach Unserem Bild und Gleichnis.“ (Gen. 1,26). – Wer sprach? Gott! – Zu wem? Zu Sich selbst. – In welcher Zahl? Nicht in der Einzahl, sondern in der Mehrzahl! Und zwar so, als ob eine göttliche Person zu den anderen sprach: „Laßt Uns machen, nach Unserem Bilde.“
Was im Alten Bund nur dunkel angedeutet wurde, das findet sich im Neuen Testament klar und deutlich und wiederholt ausgesprochen. Der hl. Erzengel Gabriel sprach in der Stunde der Menschwerdung zu Maria: „Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Allerhöchsten wird dich überschatten, darum wird das Heilige, das von dir geboren wird, Sohn Gottes genannt werden.“ (Lk. 1,35). Der Allerhöchste, das ist die Person des Vaters. Von Ihm verschieden wird der Heilige Geist genannt. Und auch das Heilige, das aus Maria geboren werden wird, erhält vom Verkündigungsengel ausdrücklich die Bezeichnung „Sohn Gottes“. Hier werden also erstmals die drei göttlichen Personen in einem Satz genannt. Maria, die Unbefleckte, war die erste, welche würdig war, dieses größte Geheimnis Gottes offenbart zu bekommen.
Eine zweite Begebenheit war jene, als Jesus Seine öffentliche Lehrtätigkeit aufnahm. Bei der Taufe am Jordan führt uns die Schrift die Stimme des Vaters, den Sohn als Mensch und den Heiligen Geist in Gestalt einer Taube vor Augen.
Und schließlich sei als dritte ausdrückliche Offenbarung der Dreipersönlichkeit des einen Gottes nochmals der Taufbefehl angeführt: „Lehret alle Völker und tauft sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ (Mt. 28,19). Drei Namen, die Namen dreier Personen, die Namen dreier göttlicher Personen, denn bloß im Namen Gottes kann die Taufe gespendet werden. Was Christus lehrte, das lehrten in Seinem Namen die Apostel. Was die Apostel lehrten, das lehrt die katholische Kirche. Was die Kirche lehrt, das glaubten und glauben alle Glieder der katholischen Kirche. Wer nicht an dieses Geheimnis der drei Personen in der einen Gottheit glaubt, gehört nicht zur katholischen Kirche.
Die Einheit der drei göttlichen Personen
Alle drei Personen sind wahrer Gott. Denn alle drei Personen besitzen die eine göttliche Natur nicht nur zu einem Drittel, sondern ganz. Deshalb ist jede der drei Personen für sich wahrer Gott, und zusammen der eine wahre Gott. Darüber hinaus besitzt jede von Ihnen alle göttlichen Vollkommenheiten in ein und demselben „Maß“. Und zwar alle göttlichen Vollkommenheiten ohne Maß, also ohne Beschränkung, sondern unendlich. Sie sind alle drei in gleicher Weise ewig, gleich heilig, gleich allwissend, gleich allmächtig, gleich unermeßlich; mit einem Wort: Sie sind gleich unendlich vollkommen.
Was ist der Grund für diese Gleichheit? Die Gleichheit der drei göttlichen Personen liegt darin begründet, weil alle drei ein und dieselbe göttliche Natur besitzen. – Wir kommen hier wieder auf den Punkt zurück, von dem wir ausgegangen sind, nämlich auf den Unterschied, der zwischen „Person“ und „Natur“ besteht.
Die „Person“ ist der Inhaber, der Eigentümer einer vernünftigen „Natur“. Kann nun ein und dieselbe vernünftige Natur mehr als einer Person gehören? – Bei Geschöpfen ist das unmöglich.
Es gibt jedoch eine Erscheinung bei Menschen, anhand der wir uns veranschaulichen können, was es bedeuten würde, wenn mehrere Personen ein und dieselbe Natur besäßen. Der Sonderfall der sogenannten „Siamesischen Zwillinge“ zeigt uns, was gemeint ist. – Siamesische Zwillinge sind Zwillinge, die so miteinander verwachsen sind, daß sie mehrere Glieder gemeinsam haben. Nehmen wir an, sie haben nur zwei Arme, so könnte der eine sowohl wie der andere sagen: „Das sind meine Arme.“ Wenn der eine etwas niederschreibt, so schriebe auch der andere und jeder könnte sagen: „Das ist meine Schrift.“ Nehmen wir an, ein solches Zwillingspaar hätte nur ein Herz, so wäre der Herzschlag des einen auch der Herzschlag des anderen. – Doch gehen wir in unserer Vorstellung über den Sonderfall der Siamesischen Zwillinge hinaus. Wenn wir uns ausgehend von diesem Beispiel einen Leib und eine Seele mit zwei Personen denken, von denen jede sagen könnte: „Das ist mein Leib!“, „Das ist meine Seele!“, so hätten wir uns das Geheimnis der Allerheiligsten Dreifaltigkeit veranschaulicht. Denn beide Personen mit dem einen Leib und der einen Seele würden stets dieselbe Arbeit tun. Sie hätten ja ein und denselben Leib. Sie würden stets dasselbe denken, dasselbe wünschen und dasselbe wollen. Sie würden vollständig gleich sein in ihren Erkenntnissen, in ihren Absichten und in ihrem Tun. Sie hätten ja ein und dieselbe Seele. Dieses gedankliche Beispiel veranschaulicht uns, was die Kirche von dem dreieinen Gott lehrt. Es gibt ja nur eine einzige göttliche Natur, und diese eine göttliche Natur gehört ganz dem Vater, ganz dem Sohn und ganz dem Heiligen Geist. Darum ist jede dieser drei Personen wahrer Gott, und darum sind diese drei heiligen Personen in ihrem Gottsein völlig identisch. Sie sind wesensgleich.
Die Frage war: Was ist der Grund für die Gleichheit der drei göttlichen Personen? Und die Antwort lautet: Der Grund für ihre vollkommene Gleichheit ist die eine und einzige göttliche Natur, welche alle drei göttlichen Personen vollkommen besitzen. Alle drei Personen sind nur ein Gott!
Die Unterschiede der drei göttlichen Personen
Wodurch aber sind die drei göttlichen Personen dann überhaupt voneinander unterscheidbar? Wenn sie absolut gleich ewig, gleich vollkommen sind und alle drei die eine göttliche Natur in ihrer ganzen Fülle besitzen, so scheinen sie sich doch untereinander durch nichts zu unterscheiden. Man könnte meinen, wie es einige Häretiker getan haben und auch heute tun, daß die drei Personen in Gott in Wirklichkeit in eine einzige Person zusammenfallen. Denn ein Unterschied könne ja nur bestehen, wenn die eine Person etwas hat, was die andere Person nicht hat. Die Kirche lehrt jedoch, daß es gerade keinen wesentlichen Unterschied zwischen den drei göttlichen Personen gibt.
Wovon unterscheidet sich also der Vater vom Sohn und der Sohn vom Vater? Wodurch unterscheidet sich der Heilige Geist vom Vater und vom Sohn? Was hat die eine Person, was die anderen nicht haben? Wo liegen die Unterschiede? – Antwort: Die drei Personen sind dadurch unterschieden, daß sie dieselbe Wesenheit auf verschiedene Weise besitzen!
Der Vater hat die göttliche Natur aus Sich selbst. Er empfängt sie von keiner anderen göttlichen Person. – Der Sohn hingegen hat die göttliche Natur nicht aus Sich selbst, sondern vom Vater. Und zwar allein vom Vater. Der Heilige Geist besitzt die göttliche Natur vom Vater und vom Sohn.
Anhand äußerer, materieller Dinge können wir uns klar machen, daß sie von mehreren Personen auf verschiedene Weise besessen werden können. Denken wir beispielsweise an ein wertvolles Gemälde. Es ist ganz und gar einzigartig. Der Maler, der es gemalt hat, besitzt es, weil er es durch sein Können, durch seine kunstfertige Hand hervorgebracht hat. – Der Künstler verkauft es. Jetzt besitzt es der Käufer. Aber er besitzt es auf eine andere Weise; nämlich nicht, weil er es selbst hervorgebracht hätte, nein, er besitzt es, weil er es bezahlt hat. – Wenn nun der Käufer hergeht und das Gemälde verschenkt, dann besitzt der Beschenkte das Gemälde wiederum auf eine andere Weise. Weder hat er es gemalt, noch hat er dafür bezahlt. Er besitzt es auf die Weise eines Geschenkes, auf die Weise einer Gabe. Ob es aber nun durch die persönliche Kunstfertigkeit, durch Kauf oder durch Geschenk besessen wird, dadurch ändert sich nur die Art des Besitzes. Das Gemälde bleibt dabei stets ein und dasselbe Bild.
Dieses zweifelsohne sehr unvollkommene Beispiel zeigt uns doch wenigstens andeutungsweise den Unterschied der göttlichen Personen. Vater, Sohn und Heiliger Geist besitzen alle drei von Ewigkeit ein und dieselbe göttliche Natur, nur mit dem Unterschied, daß der Vater diese göttliche Natur von keiner anderen Person bekommen, sondern die Gottheit ursprungslos aus Sich selbst besitzt. Der Sohn besitzt die Gottheit nur vom Vater. Und der Heilige Geist besitzt die göttliche Natur vom Vater und vom Sohn zusammen.
a) Der Ausgang des Sohnes vom Vater
Um den Unterschied zwischen den beiden Hervorgängen des Sohnes aus dem Vater; und des Heiligen Geistes aus dem Vater und dem Sohn, wenigstens ein wenig nachvollziehen zu können, müssen wir noch tiefer gehen und uns fragen: Auf welche Weise hat denn der Sohn den Vater zum Ursprung? Und auf welche Weise hat – davon unterschieden – der Heilige Geist Seinen Ursprung aus dem Vater und dem Sohn?
Die Antwort auf die Frage: „Auf welche Weise hat der Sohn seinen Ursprung vom Vater?“ lautet: „Er wird vom Vater gezeugt.“ Die ewige Zeugung Von Gott Sohn findet sich schon im 2. Psalm ausgesprochen: „Mein Sohn bist Du, heute habe Ich Dich gezeugt.“ (Ps. 2,7).
Aber wie wird der Sohn vom Vater gezeugt? Es ist natürlich keine fleischliche, sondern eine geistige Zeugung. D.h. der Sohn wird durch das Erkennen des Vaters gezeugt.
An mehr als einer Stelle der Heiligen Schrift wird der Sohn Gottes auch „das Wort“ genannt. Die bekannteste Stelle lautet: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott.“ (Joh. 1,1). Dieses Wort ist eine Person. Und dieses Wort ist Derselbe, von dem es wenig später heißt, Er sei der „Eingeborene des Vaters“. Gott der Sohn ist also derselbe wie „das Wort“.
Aber warum heißt der Sohn auch das Wort? Durch diesen Namen wird die Art Seines Ursprungs angedeutet. Worte gibt es nur, wo Gedanken sind. Worte sind nämlich nichts anderes als der Ausdruck von Gedanken. Nun gibt es im Vater nicht viele Gedanken, die in ewig buntem Wechsel dahintreiben, wie das bei uns der Fall ist, sondern im Vater gibt es nur einen einzigen Gedanken. Einen Gedanken von ewiger Dauer. Einen Gedanken, der alles umfaßt, nämlich das unendliche Wesen der Gottheit. Einen Gedanken, der von der Wesenheit Gottes nicht verschieden ist. Einen Gedanken, der nichts anderes als die Wesenheit Gottes selbst ist! – Spricht der Vater diesen Gedanken auch aus? Ja, das tut Er! – Wodurch? In Seinem Wort! In einem einzigen Wort, weil es ja nur ein Gedanke ist. – Ein einziges Wort spricht der Vater aus. Ein Wort von ewiger Dauer, das nicht kommt und verhallt wie das menschliche Wort. Es ist ein geistiges Wort. Ein Wort, in dem die ganze Wesenheit des Vaters enthalten und ausgesagt ist. Dieses Wort ist so vollkommen, daß es – wie auch der Vater, dessen Ebenbild es ist – sowohl Gott, als auch selber Person ist. Es ist die zweite göttliche Person – Gott der Sohn. Er ist gezeugt aus der Selbsterkenntnis des Vaters, die ausgesprochen ist in dem einen göttlichen Wort von dem es heißt: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.“
b) Der Ausgang des Heiligen Geistes vom Vater und vom Sohn
Wenn nun die Erkenntniskraft Gottes so fruchtbar ist, dann liegt der Gedanke nahe, daß auch der Wille bzw. die Liebe Gottes fruchtbar sein wird. – Vater und Sohn sind sich vollkommen gleich, außer darin, daß der Vater nicht der Sohn und der Sohn nicht der Vater ist. Es gibt nun aber keinen stärkeren Beweggrund und kein festeres Band der Liebe als die Ähnlichkeit und die Gleichheit. „Gleich und Gleich gesellt sich gern.“, sagt der Volksmund. Gleichheit verbindet. Unter uns Menschen findet man die stärkste Liebe unter denen, die verbunden sind durch gleiche Abstammung, nämlich in der Familie; durch gleiche Religion, gleichen Stand, gleiche Bildung, gleiche Interessen, gleiche Schicksale, gleiche Heimat, gleiche Grundsätze und Sitten. Die Ähnlichkeit zu sich selbst, die der Liebende im Geliebten entdeckt, das ist das Fundament seiner Liebe. Der Grad der Ähnlichkeit verhält sich proportional zum Grad der Liebe. Je höher die Übereinstimmung, um so größer die Liebe.
Wie wir gesehen haben, sind sich Gott Vater und Gott Sohn in vollkommenster Weise ähnlich. Beide besitzen ein und dieselbe unendliche Vollkommenheit der Gottheit ganz und gar. Folglich liebt der Vater den Sohn, den Er als den „Abglanz Seiner Herrlichkeit und die Gestalt Seiner Wesenheit“ (Heb. 1,3) erkennt. Der Sohn erwidert die Liebe des Vaters, den Er wiederum als den Ursprung all Seiner unendlichen Vollkommenheit erkennt. Aufgrund Ihrer vollkommenen Übereinstimmung lieben sich Vater und Sohn mit einer Liebe, die in beiden gleich groß, gleich ewig und von der göttlichen Wesenheit nicht verschieden ist. Die Liebe zwischen Vater und Sohn ist selber Gott.
Wie nun der Gedanke ausgedrückt wird im Wort, so drückt die Liebe sich aus im Geschenk, in der Gabe, in der Hingabe Ihrer selbst. Der Vater schenkt Sich selbst dem Sohn und zugleich schenkt Sich der Sohn dem Vater. Und dieser Ausdruck ihrer gegenseitigen Hingabe aus Liebe ist die Hauchung des Heiligen Geistes, jener dritten göttlichen Person, die in der lateinischen Fachsprache auch „donum“, d.h. „Gabe“ genannt wird. Der Heilige Geist ist die Gabe, welche der Vater dem Sohn und welche der Sohn dem Vater schenkt. Eine Gabe, die alle Liebe enthält, die in der göttlichen Wesenheit enthalten ist. Eine Gabe, die von Ewigkeit gegeben und die von Ewigkeit angenommen wird. Eine Gabe, die nichts Geringeres als Gott selbst ist!
Und eben weil die erste Person die göttliche Natur dem „Sohn“ auf dem Wege der Zeugung mitteilt, heißt die erste Person: „Vater“. Weil die zweite Person die göttliche Natur vom „Vater“ durch Zeugung erhält, heißt sie: „Sohn“; Und weil die dritte Person dieselbe Natur vom Vater und vom Sohn auf die Weise der Hauchung empfängt, heißt sie: der „Heilige Geist“. – Der Vater selbst ist ursprungslos. Der Sohn hat Seinen Ausgang vom Vater durch das Erkennen. Der Heilige Geist hat Seinen Ausgang vom Vater und vom Sohn durch die Liebe.
Einzig und allein in den verschiedenen Ausgängen der einen aus der anderen unterscheiden sich die drei göttlichen Personen voneinander, die ansonsten absolut identisch, ja, ein und derselbe Gott sind.
Die Tätigkeiten des einen Gottes und deren Zuschreibung
Wie wirken nun die drei göttlichen Personen in der Einheit der göttlichen Natur? – Um uns das zu veranschaulichen, kann uns das Feuer dienlich sein. – Aus einer Flamme geht das Licht hervor. Aus der Flamme und dem Licht entsteht wiederum ein bestimmtes Maß an Wärme. Nun ist es selbstverständlich wahr, daß, sobald die Flamme da ist, zugleich auch das Licht und die Wärme da sind. Trotzdem muß man, wenn man auf den Ursprung sieht, sagen, daß die Flamme das erste, das Licht das zweite und die Wärme das dritte ist. Denn das Licht stammt aus der Flamme und nicht die Flamme aus dem Licht, etc.
Alle drei Personen in der Gottheit sind gleich ewig. Es gibt in Gott kein nacheinander. Alle sind von Ewigkeit da. Ohne früher oder später. Das ist wahr! Sieht man aber auf den Ursprung, so muß man sagen, der Vater ist die erste, der Sohn die zweite und der Heilige Geist die dritte Person.
Auch im Wirken Gottes besteht eine Reihenfolge. Das erste Werk Gottes ist die Erschaffung, das zweite große Werk Gottes ist die Erlösung, das dritte die Heiligung und Beseligung der Geschöpfe. Was lag nun näher, als der ersten Person, dem Vater, auch das erste Werk, nämlich die Erschaffung; der zweiten Person, dem Sohn, auch das zweite Werk, die Erlösung; und der dritten Person, dem Heiligen Geist, die Heiligung ganz besonders zuzuschreiben? – Trotzdem wirken alle drei Personen gemeinsam diese drei Werke! Von jeder der drei göttlichen Personen im Einzelnen und von allen zusammen kann und muß man also sagen, Sie hätten die Welt erschaffen; Sie hätten die Welt erlöst; Sie heiligten die Welt. Hingegen kann man nur von einer einzigen Person sagen, sie sei Mensch geworden! Und das ist einzig und allein die zweite göttliche Person. Denn nur vom Sohn heißt es: „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“
Diese Zuschreibung der göttlichen Wirksamkeit nach außen hat aber auch noch einen Grund, der tiefer liegt. Wenn wir ein Werk verrichten, so schreiben wir gewöhnlich das ganze Werk dem ganzen Menschen zu. Wir sagen beispielsweise: „Dieser Mensch schreibt“ oder „liest“ oder „arbeitet“. Bisweilen aber schreiben wir das Werk einem bestimmten Glied eines Menschen, oder einer bestimmten Fähigkeit dieses Menschen zu. Wir sagen: „Seine Hand schreibt.“ „Sein Auge liest.“ „Seine Arme arbeiten.“ „Sein Geist denkt.“ und ähnliches. – So leuchtet auch in jedem Werk Gottes die eine oder andere Vollkommenheit Gottes besonders hervor, und das Werk wird dann derjenigen Person besonders zugeschrieben, welcher diese Vollkommenheit nach menschlicher Vorstellung besonders eigentümlich erscheint. – So leuchtet in der Erschaffung besonders die Allmacht Gottes hervor, die dem ursprungslosen Vater besonders angemessen ist, weil Er alles aus sich hat und alles aus Ihm kommt. Das heißt aber nicht, daß nicht auch der Sohn und der Heilige Geist in gleicher Weise wie der Vater allmächtiger Schöpfergott wären. – Im Erlösungswerk sehen wir vor allem die göttliche Weisheit aufleuchten. Sie wird Gott Sohn zugeschrieben, weil Er durch die Erkenntnis Gottes gezeugt ist. – In der Heiligung tritt die Liebe Gottes am deutlichsten hervor, die besonders dem Heiligen Geist zukommt, weil Er durch die Liebe der ersten beiden Personen Seinen Ausgang nimmt.
Wir können den Vater nicht besser ehren, als indem wir Ihn als den Urheber aller Dinge preisen und Ihm aus Herzensgrund dafür danken, daß Er auch uns als vernünftige Geschöpfe aus dem Abgrund des Nichts hervorgebracht hat. Den Sohn Gottes ehren wir, indem wir Ihn preisen als den Erlöser der Welt, der in Seinem Blut Himmel und Erde miteinander versöhnt hat. Den Heiligen Geist ehren und preisen wir als den Gnadenspender, der mit Seinen Gnaden und Gaben die Herzen erleuchtet, heiligt und selig macht. Von Ihm erbitten wir alle Gnaden des Heiles.
Die Dreieinigkeit – Vorbild für uns
Die Freundschaft zwischen Menschen besteht darin, daß sie in ihren Ansichten, Grundsätzen, Plänen, Neigungen und Sitten übereinstimmen. – Die drei Personen der Allerheiligsten Dreifaltigkeit stimmen nicht bloß überein in vielem, sondern in allem! Sie denken dasselbe, wollen dasselbe, tun dasselbe. Sie haben ein und dieselbe göttliche Wesenheit. – Durch die Ausgießung des Heiligen Geistes, sind die Katholiken am Pfingsttag in die Liebesgemeinschaft der drei göttlichen Personen einbezogen worden. Sie bilden zusammen gleichsam einen einheitlichen mystischen Leib. Deshalb gilt es auch für uns der freundschaftlichen Eintracht der drei göttlichen Personen untereinander nachzustreben.
Diese innige Eintracht und Gemeinschaft der Personen der Dreifaltigkeit ist das höchste, schönste und nachahmungswürdigste Vorbild für alle anderen Gemeinschaften von Personen. – Für die Gemeinschaft der Heiligen des Himmels beispielsweise: Alle Seligen – Engel und Heilige – suchen in seliger Gemeinschaft nach dem Vorbild der Dreifaltigkeit miteinander zu verkehren: das gleiche zu denken, das gleiche zu wollen, das gleiche zu lieben, das gleiche zu hassen, wie der dreifaltige Gott. Die Gemeinschaft der Gläubigen in der einen Kirche Gottes ahmt die Eintracht der drei göttlichen Personen nach, indem alle Glieder im Glauben denselben göttlichen Wahrheiten anhängen und durch den Gehorsam gegenüber den göttlichen Geboten im göttlichen Willen miteinander vereint sind. Auf diese Eintracht arbeitet eine echte christliche Askese hin. Christliches Leben bedeutet nichts anderes als die Freundschaft mit Gott: Das gleiche lieben wie Er. Das gleiche wollen wie Er. Das gleiche nicht wollen wie Er. Christus selbst hat für uns zum Vater gebetet: „Gib, daß sie eins seien, wie Wir eins sind.“ (Joh. 17,21). Wenn dies unter uns verwirklicht sein würde, dann würde man auch von uns berechtigterweise sagen, was von den ersten Christen in der Apostelgeschichte zu lesen ist: „Die Menge der Gläubigen aber war ein Herz und eine Seele; und keiner sagte, daß etwa von dem, was er besaß, sein eigen sei, sondern sie hatten alles miteinander gemein.“ (Apg. 4,32).
Die Allerheiligste Dreifaltigkeit ist also das Urbild aller Gemeinschaften; des Staates, der Kirche, der Familie, der Ehe. Und auch als Einzelne können und müssen wir nach dem Ideal der Gemeinschaft und Eintracht der drei göttlichen Personen streben. In die Gemeinschaft Ihrer Gedanken treten wir ein, indem wir glauben, was Gott geoffenbart hat. Im Glauben gibt uns Gott Anteil an Seinem Erkennen. In die Gemeinschaft des Besitzes treten wir ein, indem wir auf die Seligkeit hoffen, die Gott bereit ist uns zu geben und sie deshalb verheißen hat. In die Gemeinschaft Ihres Willens treten wir ein, indem wir entschlossen sind, die Gebote Gottes treu zu halten. In die Gemeinschaft Ihres Lebens treten wir ein, indem wir durch die übernatürliche Liebe und die heiligmachende Gnade Kinder Gottes sind und bleiben.
Die Freundschaft mit den drei göttlichen Personen will gepflegt sein. Pflegen wir also mit Ihnen innigen Verkehr im Glauben, im Gebet, durch unsere Hoffnung, unsere Liebe und unsere gute Meinung. So üben wir schon auf Erden ein, wozu wir in der Ewigkeit berufen sind – ja, woraus unsere Ewigkeit bestehen wird, nämlich ewig zu erkennen und lieben den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist. Amen.