Der Heilige Geist – Die Seele der Kirche

Geliebte Gottes!

Als Gott am Schöpfungsmorgen den ersten Adam im Paradies erschuf, „da bildete Gott, der Herr, den Menschen aus Lehm der Erde, und hauchte in sein Angesicht den Odem des Lebens und der Mensch ward ein lebendiges Wesen.“ (Gen. 2,7). Der Hauch Gottes ist niemand anders als der Heilige Geist. Er ist der Lebensspender, der über den aus Erde gebildeten Körper des ersten Adam kam und ihn zum Leben erweckte, indem Er ihm die unsterbliche Geistseele einhauchte.

Als Gott, der Herr, später den zweiten Adam, unseren Herrn Jesus Christus erschuf, verfuhr Er in ähnlicher Weise. Er nahm den von jeglicher Sünde unbefleckten Mutterboden, also das reinste Fleisch und Blut der allerseligsten Jungfrau Maria, um daraus den makellosen Leib des Gottmenschen zu formen. So geht es aus den Worten des Verkündigungsengels an Maria hervor: „Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Allerhöchsten wird dich überschatten.“ (Lk. 1,35). Dabei verband der Heilige Geist nicht bloß, wie im Paradies, die unsterbliche Seele Christi mit Seinem heiligsten Leib, sondern Er vereinigte auch die Menschheit unseres Herrn mit der Gottheit in der Einheit der zweiten göttlichen Person. Wie schon der erste Adam, so war also auch der zweite Adam, unser Herr Jesus Christus, ein Wunderwerk des Heiligen Geistes.

Der mystische Leib

Und noch ein drittes Mal hat es sich ereignet, daß der Heilige Geist, in ähnlicher Weise wie am Schöpfungsmorgen tätig wurde, nämlich an Pfingsten, bei der Belebung des mystischen Leibes Christi, der hl. katholischen Kirche. Dreieinhalb Jahre lang hatte unser göttlicher Erlöser die Glieder Seines mystischen Leibes aus dem zerbrechlichen Lehm der Erde, d.h. aus gebrechlichen Menschen, gebildet.

Christus hat diesen Leib nach und nach ausgeformt, indem Er die zwölf Apostel erwählte, die 72 Jünger aussandte und eine breite Volksmenge anzog, die Er durch die Macht Seines Wortes und durch Wunderzeichen zum Glauben an Ihn führte, sie dem Einfluß des Teufels entriß, sie von Sünden reinigte und ihre Krankheiten heilte. – Er berief den Petrus zum Oberhaupt der Apostel und die Apostel insgesamt zu Seinen Stellvertretern und formte in ihnen die kirchliche Hierarchie. Er setzte das heilige Meßopfer und die sieben Sakramente ein. Er gab klare Gesetze und Anweisungen, die sich alle in dem einen Gebot der Liebe zusammenfassen lassen. So wurde der Leib der hl. Kirche, als der geheimnisvolle Leib Christi, nach und nach aus dem Stoff der Gläubigen gebildet. – Aus welch zerbrechlichem Ton dieses Gebilde jedoch noch war, zeigte sich während der Passion Christi, des Hauptes des mystischen Leibes, als der Heiland, bis auf wenige Ausnahmen, von fast allen Jüngern verlassen worden war.

Ohne die Aussendung des Heiligen Geistes blieb die Kirche unvollendet, wie aus dem Evangelium selbst hervorgeht, wo es heißt: „Noch war der Heilige Geist nicht gegeben, weil Jesus noch nicht verherrlicht war.“ (Joh. 7,39). Noch war der göttliche Lebensodem nicht über das Tongebilde der Kirche gekommen. Das sollte erst am Pfingsttag geschehen, wie Christus unmittelbar vor Seiner Himmelfahrt den Aposteln verhieß: „Ihr aber bleibet in der Stadt, bis ihr ausgerüstet werdet mit der Kraft aus der Höhe.“ (Lk. 24,29). „Ihr werdet mit dem Heiligen Geist getauft werden, nach wenigen Tagen.“ (Apg.1,5).

Und der Lebensodem des Heiligen Geistes kam tatsächlich im Brausen des Sturmwindes und in den sichtbaren Feuerzungen über die Glieder der Kirche und belebte den mystischen Leib, weshalb der Pfingsttag als der Geburtstag der katholischen Kirche gilt.

Dabei wurde das verwirklicht, was der hl. Paulus in seinen Briefen beschreibt: Christus aber „ist das Haupt des Leibes der Kirche, Er, der da ist der Anfang, der Erstgeborene von den Toten, damit Er in allem den Vorrang habe.“ (Kol. 1,18). „Wie nämlich der Leib einer ist und viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obschon ihrer viele sind, dennoch ein Leib sind, so auch Christus. Denn in einem Geiste sind wir alle zu einem Leibe getauft worden, gleichviel ob Juden oder Heiden, Knechte oder Freie.“ (1. Kor. 12,12-13). „Alle sind wir in einem Geiste getränkt worden. Ihr aber seid Christi Leib, und Glied um Glied.“ (1. Kor. 12,27).

Sehen wir nun in welch innigem und wesentlichem Verhältnis der Heilige Geist zu der von Christus gestifteten Kirche steht. Diese Beziehung ist eine dreifache:

  1. Der Heilige Geist ist in der Kirche. Er durchdringt die Kirche wie die Seele den Leib.
  2. Als Seele der Kirche verleiht der Heilige Geist der Kirche das Gepräge ihrer vier wesentlichen Eigenschaften. Er ist der Wesensgrund der Kirche.
  3. Der Heilige Geist ist der Antrieb für die übernatürliche Tätigkeit der Kirche. Er ist das Tätigkeitsprinzip der Kirche.

Die Seele der Kirche

Der Hl. Geist gehört wesentlich zur katholischen Kirche, wie die Geistseele zum Menschsein gehört. Der Heilige Geist ist der Kirche immanent. D.h. Er treibt die Kirche nicht von außen an, wie etwa der Wind ein Windrad anschiebt, sondern Er durchdringt die Kirche und belebt sie von innen heraus, wie die Seele den Leib. Als Seele der Kirche wohnt der Heilige Geist wirklich in ihren Gliedern. So hat es Christus gesagt: „Einen anderen Tröster wird der Vater euch geben … Er wird bei euch bleiben und in euch sein.“ (Joh. 14,16 f.). Der Hl. Geist wohnt der Kirche inne, wie die Seele dem Leibe.

Dasselbe lehren die hl. Väter. So knüpft etwa der hl. Augustinus an die Lehre des hl. Paulus vom mystischen Leib Christi im Epheserbrief an und sagt, wie unserem Leib die Seele notwendig sei zum Leben, so dem Leibe Christi, der Kirche, der Heilige Geist: „Ihr seht, was die Seele im Leibe tut. Alle Glieder belebt sie: durch die Augen sieht sie, durch die Ohren hört sie, durch die Nase riecht sie, durch die Zunge spricht sie, durch die Hände arbeitet sie, durch die Füße wandelt sie. Allen Gliedern ist sie [die Seele] zugleich gegenwärtig, so daß sie leben. Leben gibt sie allen, jedem einzelnen [Glied] seine Aufgabe. Nicht hört das Auge, nicht sieht das Ohr, nicht sieht die Zunge, noch sprich das Ohr und das Auge; aber doch leben sie. Es lebt das Ohr es lebt die Zunge; die Aufgaben sind verschieden, aber das Leben ist gemeinsam. – So ist die Kirche Gottes: In den einen Heiligen wirkt sie Wunder, in anderen Heiligen redet sie Wahrheit, in anderen Heiligen hütet sie die Jungfräulichkeit, in anderen Heiligen die eheliche Züchtigkeit; in den einen dies, in den andern jenes. Die einzelnen wirken ihr Eigenes, aber in gleicher Weise leben sie. Was aber die Seele dem Leib des Menschen ist, das ist der Heilige Geist in der ganzen Kirche: Der Heilige Geist tut in der ganzen Kirche, was die Seele in allen Gliedern des einen Leibes tut.“ (Serm. 267,4).

Wie Mann und Frau durch das Band der Ehe eins sind in einem Fleische, so Christus und die Kirche durch das Band des Heiligen Geistes. Wenn die Kirche die Braut Christi und der mystische Leib Christi ist, dann muß sie auch den Geist Christi, also den Heiligen Geist haben. Ohne den Heiligen Geist wäre sie nicht die Kirche Christi. – So bekennt der hl. Irenäus von Lyon: „Wo die Kirche ist, da ist auch der Geist Gottes, und wo der Geist Gottes ist, da ist die Kirche und alle Gnade.“ Er nennt deshalb den Heiligen Geist die Mitgift, die Gabe, den Lebenshauch, also die Seele der Kirche (vgl. Adv. haeres. 3,24).

Der Wesensgrund der Kirche

Die Philosophen sagen: Die Form bestimmt das Sein einer Sache. Die Seele aber ist die Form des Leibes. Wenn der Heilige Geist die katholische Kirche nun also durchdringt wie die Seele den Leib, dann ist Er für die Kirche nicht etwas Nebensächliches, keine bloße Zierde. Nein, der Heilige Geist bestimmt das Sein der Kirche. Er ist ihr so notwendig, daß die Kirche ohne Ihn weder wirken noch überhaupt das sein kann, was sie sein soll. Der Heilige Geist ist der Wesensgrund der Kirche Christi. Vom Ihm kommt alles in der Kirche. Vor allem ihre vier Merkmale. Durch Ihn kommen der Kirche zu: ihre Einheit, ihre Heiligkeit, ihre Katholizität und ihre Apostolizität.

a) Die Einheit

Durch den Heiligen Geist ist die katholische Kirche die einzig wahre Kirche. Ihr allein ist der Heilige Geist gegeben. Eine Seele belebt ja nur einen einzigen Leib und nur jene Glieder, die mit diesem Leib verbunden sind, nicht andere. Deshalb gibt es nicht viele, sondern nur eine einzige wahre Kirche. „Ein Leib und ein Geist“ (Eph. 4,4), sagt der Völkerapostel. Wie der Vater und der Sohn eins sind im Heiligen Geist, so ist auch die Kirche eins im selben Heiligen Geist. Diese Einheit wird durch das Walten des Heiligen Geistes sichtbar in dem Lehr-, Hirten- und Priesteramt der katholischen Kirche.

Er ist „der Geist der Wahrheit“. Die Wahrheit ist nur eine. Sie bleibt andauernd dieselbe und kann sich nicht ändern. Die Wahrheit ist unveränderlich. Sie duldet keine Widersprüche und kann sich selbst nicht widersprechen. Die Wahrheit ist logisch, konsequent und konsistent. Der hl. Irenäus sagt: „Die Predigt der Kirche ist in jeder Hinsicht unveränderlich und gleichmäßig. Sie hat für sich das Zeugnis der Propheten und Apostel und aller Jünger, vom Anfang, in der Mitte und am Ende der Zeiten, die ganze Heilsordnung Gottes hindurch.“ (ebd.) Weil der Heilige Geist der unveränderliche Gott und gleichzeitig die Seele der Kirche ist, so können die sichtbaren Organe der katholischen Kirche – das Lehramt, das Hirtenamt und das Priesteramt – unmöglich von Irrtum, Spaltung und Defekt betroffen sein. Im Gegenteil! Aufgrund des Wirkens des Heiligen Geistes ist die katholische Kirche unfehlbar und indefektibel. Sie kann keinen Defekt haben, weil sie vom Heiligen Geist in kontinuierlicher Einheit erhalten wird. Wie diese eine Kirche am ersten Pfingsttag vom Heiligen Geist belebt worden ist, so wird sie bis zum Ende der Welt unverändert in eben der einen und einzigen Wahrheit, Liebe und Heiligkeit des Heiligen Geistes fortbestehen.

Dabei wird die Wahrheit des Heiligen Geistes sichtbar in den Äußerungen des kirchlichen Lehramtes; die Liebe des Heiligen Geistes in der kirchlichen Sittenlehre, durch deren Einhaltung die Freundschaft mit Gott sichergestellt wird; und die Heiligkeit des Heiligen Geistes durch die unversieglichen Quellen der übernatürlichen Gnaden und Gaben, welche den Seelen vor allem aus dem hl. Opfer und den sieben Sakramenten zufließen.

Sichtbar und handgreiflich wird die Einheit der katholischen Kirche schließlich in dem sichtbaren Oberhaupt, dem Papst. Der Papst vereinigt in sich alle drei Ämter – Lehramt, Priesteramt und Hirtenamt – in ihrer gesamten Fülle und erfreut sich deshalb des besonderen und einzigartigen Beistandes des Heiligen Geistes. Auf diese Weise geht vom Papst alle geistige Einheit unter den Gliedern des mystischen Leibes aus.

Wer dem Papst nicht anhängt, der steht weder in Einheit mit Christus, noch in Einheit mit der Kirche Gottes, denn er widersteht dem Heiligen Geist, in dem diese drei – nämlich Papst, Christus, Kirche – eins sind. Der hl. Irenäus sagt: „Um nicht widerlegt zu werden, fliehen sie [die Häretiker] vor dem Glauben der Kirche; um nicht belehrt zu werden, verwerfen sie den Heiligen Geist. Fern vom Hause der Wahrheit aber müssen sie sich in jeglichem Irrtum winden und wälzen, indem sie im Lauf der Zeiten über dieselben dinge verschiedene Lehren aufstellen, doch niemals zu einer gefestigten Meinung gelangen. Gelehrte von Worten wollen sie lieber sein als Schüler der Wahrheit. Sie sind nicht auf dem einen Felsen [Petrus] gegründet, sondern auf Sand gebaut.“ (ebd.).

Der höchste Urheber dieser Einheit ist aber der Heilige Geist, welcher das unsichtbare Haupt, Jesus Christus, mit dem sichtbaren Haupt, dem Papst, und dieses wiederum mit den Gliedern und die Glieder untereinander und mit Sich selbst zu einem geistigen Ganzen verbindet. So ist die Einheit des Heiligen Geistes der innere Grund der Einheit der Kirche.

b) Die Katholizität

Die Katholizität aber ist nichts anderes, als die Einheit in der Vielheit und Ausdehnung. Und so wie der Heilige Geist der Urheber der Einheit ist, so ist Er auch der Urheber der Verbreitung der Kirche in Raum und Zeit. Er ist es ja, der den ganzen mystischen Leib der Kirche belebt, vervollkommnet und entwickelt. Jenen Leib, dessen Ausdehnung der hl. Augustinus nicht nur in der Ortskirche verortet, „welche hier an diesem Orte ist, sondern die an diesem Ort und über den ganzen Erdkreis verbreitete. Nicht nur jene, die zu dieser Zeit leben, sondern alle, von Abel an bis zu denen, die bis zum Ende geboren und an Christus glauben werden. Das gesamte Volk der Heiligen, welches zu dem einen Staat gehört, der Christi Leib und dessen Haupt Christus ist.“ (in Ps. 90; 2,1).

c) Die Heiligkeit

Das untrügliche Merkmal der Heiligkeit äußert sich nicht nur in den zahllosen Wundern, welche das Leben der Kirche von jeher begleiten. Vor allem die hl. Lehre, die hl. Sakramente und die hl. Disziplin der Kirche sind es, durch deren Beobachtung und Gebrauch die katholische Kirche immerfort ihre Glieder heiligt und solch vollkommene Glieder hervorbringt, deren Heiligkeit wiederum Gott durch Wunder bestätigt.

Die Quelle der wunderbaren Heiligkeit der Glieder der Kirche ist die Seele der Kirche, die unerschaffene Heiligkeit Gottes selbst. Die unerschaffene Heiligkeit der Kirche ist aber niemand anders als der Heilige Geist.

d) Die Apostolizität

Die Apostolizität besteht in der wesentlichen Gleichheit der jetzigen Kirche mit der Kirche der Apostel. Sie zeigt sich sichtbar an dem goldenen Faden der göttlichen Sendung und Autorität, welcher sich durch die ununterbrochene Kette rechtmäßiger Handauflegungen von Bischof zu Bischof bis hinauf zum hl. Petrus verfolgen läßt. Diejenige Kirche, die dieses Zeichen der Abstammung von den Aposteln und den Zusammenhang mit ihnen vorweisen kann, muß die wahre und apostolische sein, weil sie wie die Kirche der apostolischen Zeiten auf das Fundament der Apostel und insbesondere auf Petrus gebaut und gegründet ist, mithin ganz dieselbe Verfassung hat und deshalb vollkommene Kontinuität und Identität aufweist.

Das wesentliche Merkmal der Rechtmäßigkeit (!) in der Amtsnachfolge der Apostel besteht vor allem darin, daß der rechtmäßige Bischof tatsächlich die Lehre der Apostel verkündet! Nur derjenige steht tatsächlich in der apostolischen Amtsnachfolge, der den Glauben und das Bekenntnis der Apostel vollständig vertritt. Umgekehrt beweist jeder, der offensichtlich von der apostolischen Lehre abweicht, daß er nur scheinbar, aber nicht wirklich in der apostolischen Amtsnachfolge stehen kann.

Eben weil die Novus-Ordo-Kirche – obwohl sie in Rom auf dem Vatikan ansässig ist und obwohl sie die Gebäude und Institutionen der katholischen Kirche für sich beansprucht – schon seit ihrer Gründung auf dem 2. Vatikanum offensichtlich von der Lehre der Apostel abgewichen ist und abweicht, ist es absolut gewiß, daß es sich bei der „konziliaren Kirche“ und ihren Stellvertretern, weder um die katholische und apostolische Kirche, noch um deren rechtmäßige Hirten handeln kann, sondern um eine falsche Kirche, die auf der selben Stufe steht, wie jede häretische oder schismatische Sekte. Denn die apostolische Kirche ist die Kirche des Heiligen Geistes, der durch den Mund der Apostel die unabänderliche, göttliche Wahrheit gelehrt hat. Jene göttliche Wahrheit, die der humanitären Ideologie des 2. Vatikanums und der „konziliaren Kirche“ widerspricht.

So wurzeln alle Wesenseigenschaften, die wir im Credo bekennen – „Ich glaube an die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche“ – alle diese vier Eigenschaften wurzeln im Heiligen Geist, der am Pfingsttag auf den Leib der Kirche herabgekommen ist und sie bis zum Ende der Zeiten, einer Seele gleich, belebt.

Das Tätigkeitsprinzip der Kirche

Der Heilige Geist beseelt nicht nur die Kirche und gibt ihr ihr wesentliches Gepräge. Der Heilige Geist ist auch der übernatürliche Lebenshauch, welcher die Kirche belebt, zusammenhält, erleuchtet und leitet. Am Pfingsttag hob dieses wunderbare Leben an. Der Heilige Geist hat es erweckt und Er erhält es. Er ist ihr Tätigkeitsprinzip, der innerliche Antrieb der Kirche.

Wenn sich auch in weniger glücklichen Tagen, wie etwa den unsrigen, dieses übernatürliche Leben der Kirche nach außen hin weniger großartig und weniger sichtbar regt, dann dürfen wir nicht fürchten, als hätte der Heilige Geist die Kirche verlassen. Immer wenn in der langen Geschichte der Kirche die Lampe des Heiligtums auszugehen schien und die Wächter im Chor schliefen, dann erweckte der Heilige Geist zu dem von der Vorsehung festgesetzten Stunde immer wieder große Männer und erwählte Werkzeuge, welche die Schläfer aufrüttelten und das Heiligtum von der eingedrungenen Welt säuberten. Oder es brachen von außen Stürme der Anfeindung und Verfolgung los, welche ihre Mauern umtosten, so daß sich die säumigen Bauleute zum Stützen und Wiederherstellen aufrafften.

Während alle anderen Menschenwerke, so großartig und fest gebaut sie auch sein mögen, von der Zeit und von der Macht feindseliger Gewalten nach wenigen Jahrzehnten oder Jahrhunderten zerstört und zum Verschwinden gebracht werden, die Kirche Gottes überdauert. Sie bleibt stets die alte und wird durch Angriffe doch stets verjüngt und durch jede Verfolgung in ihrer Vitalität neu angeregt.

Wie einst das Volk Israel vierzig Jahre lang durch die Schrecken der Wüste pilgerte; durch die Schwerter feindseliger Könige, durch die Zauberflüche und Nachstellungen finsterer Gewalten unaufhaltsam, geordnet, schön und friedlich bis zu den Grenzen des Gelobten Landes vordrang, so schreitet die Kirche durch alle Wechselfälle, alle Ungunst, alle Verführungen und Anfeindungen der Welt und der Hölle voran, ihrem ewigen Ziel entgegen; getragen auf den Flügeln des Heiligen Geistes, der für sie durch überirdische Zeichen von Macht und Wahrheit streitet. Auf ihrem Zug durch die Jahrhunderte nimmt die katholische Kirche nicht ab, sondern wächst und nimmt zu. Zum Ersatz der durch Häresie, Apostasie und Schisma erlittenen Verluste, welche die Unbeständigkeit und der Unverstand der Menschen ihr beigebracht haben, konnte sie sich stets andere Völker zu deren Heil und Segen einverleiben.

Die beständige Tätigkeit des Heiligen Geistes durch die katholische Kirche besteht jedoch vor allem in der innerlichen Heiligung der Glieder. Durch unzählige helfende Gnaden regt der Heilige Geist die Seelen zum Guten an und steht ihnen bei der Verwirklichung desselben bei. Er wohnt in der gerechtfertigten Seele durch die heiligmachende Gnade wie in einem heiligen Tempel und setzt dort Seine wundersame Tätigkeit durch die sieben Gaben fort, um jene zwölf Früchte in den Seelen hervorzubringen, die der hl. Paulus im Galaterbrief benennt: „Liebe, Freude, Friede, Geduld, Milde, Güte, Langmut, Sanftmut, Treue, Bescheidenheit, Enthaltsamkeit, Keuschheit.“ (Gal. 5,22).

Der hl. Augustinus sagt sehr schön: „Es floß in die Gefäße [der Seelen] nicht bloß der Duft des Balsams, sondern der Stoff und das Salböl selbst [der Heilige Geist], durch dessen Duft die ganze Welt geheiligt, und alle, welche ihre Lehre annähmen, Teilhaber Gottes werden sollen.“ (Serm. in Pent. 1,2).

Komm, o Geist der Heiligkeit!

Die Verbindung des Heiligen Geistes mit der Kirche ist nicht abhängig von dem Willen und Wirken der einzelnen Menschen. Solange die katholische Kirche der mystische Leib Christi ist, solange die Vereinigung Christi mit dem Heiligen Geist fortdauert – und wer könnte sie lösen? – wird auch die Verbindung des Heiligen Geistes mit der Kirche nicht aufhören. Die einzelnen Glieder können Ihn verlieren, wenn sie sich entweder durch die Todsünde von der übernatürlichen Lebensader abschneiden, oder sich durch die Sünde der Häresie oder des Schismas vom Leib der Kirche losreißen. Die einzelnen Glieder können den Heiligen Geist verlieren. Von der Kirche als solcher kann Er jedoch nie weichen! Wie die göttliche und menschliche Natur in Christus durch die Vereinigung in der zweiten göttlichen Person eine unauflösliche Lebenseinheit bilden, die nie zerstört werden kann, ja, die nicht einmal der Tod Christi am Kreuz lösen konnte; so ist auch Christus mit Seinem mystischen Leibe für immer vereint im Heiligen Geist. Was an Pfingsten begonnen hat, das wird bestehen in alle Ewigkeit.

Sehr schön nennt deshalb der hl. Bernhard von Clairvaux den Heiligen Geist „den Kuß, mit welchem der Heiland in den Aposteln [Seine Braut] die Kirche nach Seiner Auferstehung geküßt hat, indem Er zu ihnen sprach: ‚Empfanget den Heiligen Geist.‘“ (Serm. 8 in Cant. 2).

Wir alle wurden von Christus bei der hl. Taufe und der hl. Firmung umfangen und geküßt. Er hat uns als Glieder in Seinen ehelichen Bund mit der Kirche einbezogen und wir haben den Heiligen Geist empfangen. Bei der hl. Kommunion werden wir in keuscher Vereinigung, wie die Braut, ein Fleisch mit Ihm. So dürfen wir Seine Glieder sein und dafür wollen wir Ihm heute danken. Wir wollen Ihm danken, daß wir Glieder der katholischen Kirche, Seiner Braut, sein dürfen. – Was wären wir ohne die Kirche? Sie ist unsere Heimat, sie ist unsere Wohltäterin, unsere Erzieherin, unsere Mutter, kurz: nach Gott ist sie unser Alles. Das aber verdanken wir dem Heiligen Geist, weil Er die Seele der Kirche ist. Was uns die Kirche ist und tut, das tut uns der Heilige Geist.

Schließlich wollen wir unsere Dankbarkeit besonders dadurch zeigen, daß wir nicht tote, sondern stets lebendige Glieder dieses mystischen Leibes sein wollen, indem wir nicht nur die Todsünde, sondern auch jede freiwillige läßliche Sünde meiden, unsere Laster bekämpfen indem wir die entgegengesetzten Tugenden üben, das Kreuz annehmen und tapfer tragen und den Heiligen Geist um Seine Erleuchtung und Stärkung anflehen, daß wir in dieser wirren Zeit nicht in die Irre gehen.

Lassen Sie uns deshalb um die Erneuerung unserer Tauf- und Firmgnade mit der hl. Kirche beten: „Komm, o Geist der Heiligkeit! / Aus des Himmels Herrlichkeit, / sende Deines Lichtes Strahl! / Vater aller Armen Du, / aller Herzen Licht und Ruh’, / komm mit Deiner Gaben Zahl! / Tröster in Verlassenheit, / Labsal voll der Lieblichkeit, / komm, Du süßer Seelenfreund! / In Ermüdung schenke Ruh’, / in der Glut hauch Kühlung zu, / tröste den, der trostlos weint. / O Du Licht der Seligkeit, / mach Dir unser Herz bereit, / dring in unsre Seelen ein! / Ohne Dein lebendig Wehn, / nichts im Menschen kann bestehn, / nichts ohn’ Fehl und Makel sein. / Wasche, was beflecket ist, / heile, was verwundet ist, / tränke, was da dürre steht. / Beuge, was verhärtet ist, / wärme, was erkaltet ist, / lenke, was da irregeht. / Heiliger Geist, wir bitten Dich, / gib uns allen gnädiglich, / Deiner Gaben Siebenzahl. / Spende uns der Tugend Lohn, / laß uns stehn an Deinem Thron, / uns erfreun im Himmelssaal.“ Amen.

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