„Herr, gib eine Wache meinem Munde!“

Geliebte Gottes!

Im täglichen Leben spielt das gesprochene Wort eine große Rolle. Aber bilden wir es immer in dem Sinne, wie wir es eben im Evangelium gehört haben: „Und er redete recht“? Das ist gesagt von einem Taubstummen, der die Stimme verloren hatte und durch die Berührung mit dem Speichel Christi geheilt wurde.

Der hl. Papst Gregor antwortet auf die Frage, warum der Herr die Zunge des Stummen mit Speichel berührte: „Der Speichel aus dem Munde des Heilandes versinnbildet die mit der göttlichen Lehre empfangene Weisheit. … Wenn also die Weisheit, die Er selbst ist, unsere Zunge berührt, dann wird diese alsbald bereit, das Wort Gottes zu verkünden.“ – Das Wunder erschöpfte sich also nicht allein in der Tatsache, daß der stumme Mann wieder reden konnte, sondern, daß er „recht redete“, daß er also das Wort aus seinem Munde auch zum Wohlgefallen und zur Verherrlichung Gottes gebrauchte. „Und er redete recht!“ – Reden auch wir richtiges und (ge-)rechtes? Oder wie verhalten wir uns in unserem Wort und wie benutzen wir das Wort?

Jesus hat einmal mit tiefem Ernst zu Seinen Jüngern gesprochen: „Wahrlich, ich sage euch, am Tage des Gerichts werden die Menschen Rechenschaft ablegen müssen von einem jeden unnützen Wort, das sie geredet haben.“ (Mt. 12,36). Wie viele unnütze Worte haben wir in unserem Leben nicht schon gesprochen? Es gibt Worte in der Heiligen Schrift, in denen ein ganz tiefes inneres Leben ruht, und zu diesen Worten gehört auch das eben genannte: „Wahrlich, ich sage euch, am Tage des Gerichts werden die Menschen Rechenschaft ablegen müssen von einem jeden unnützen Wort, das sie geredet haben.“

Die Gefahren des Wortes werden uns lebhaft vor Augen gestellt in dem Orden der Kartäuser. Die Kartäuser verpflichteten sich nämlich zu ständigem Stillschweigen. Nur am Sonntag und beim wöchentlichen Ausgang war es ihnen von der Ordensregel gestattet, miteinander zu sprechen. Sie bewahrten ansonsten ein andauerndes Stillschweigen, weil sie um die Macht und Gefahren des Wortes wußten. – Wir Christen wissen, daß auch wir einmal Rechenschaft ablegen müssen von unserem Reden. Fragen wir uns: Wie stehen wir zu unserem täglichen Sprechen?

Die Macht der Worte

Gott hat in das an sich Schwächste, das ja das Wort ist, eine große Macht hineingelegt. Das Wort kann sich mit dem Geist verbinden und wird dann zu einer Macht. Das Wort, das lebendige Wort fesselt, ergreift die Menschen; es kann die Menschen zum Guten antreiben und zum Bösen fortreißen. Das Wort ist eine Macht!

Die Redefähigkeit ist eine allgemeine menschliche Naturanlage. Sie kann durch Kunst und Wissen, durch Erfahrung und Übung vervollkommnet werden. Es gibt eine eigene Wissenschaft vom Reden: die Rhetorik. Sie wurde schon ausgebildet in der Zeit des Altertums. Der römische Rhetor Cicero verlangte für die Ausübung der Redekunst zwei Dinge: eine umfassende Allgemeinbildung und ein moralisches Verantwortungsbewußtsein. Der vollkommene Redner muß nach ihm also nicht nur ein Gebildeter, sondern vor allem auch ein sittlich guter Mensch sein! Als die drei klassischen Gattungen der Rede gelten die Gerichtsrede, die politische Rede und die Festrede.

Wir erleben Reden vornehmlich in der Politik. Das Parlament ist eine Ansammlung von Rednern. Seine Existenz beruht auf der Annahme (!), daß durch kontroverses Reden sich ein richtiges oder wenigstens vernünftiges Ergebnis einstellen würde. Die Abgeordneten sollen mit ihren Redebeiträgen um Mehrheiten für gerechte Gesetze und angemessene Maßnahmen ringen. – Worte bereiten Wahlen und Abstimmungen vor, durch Worte werden aber auch Bürger manipuliert, Regierungen gestürzt und Revolutionen entfacht. Die Französische Revolution von 1789 etwa ist durch Redner erzeugt worden. – Und was die hysterischen Reden über ein durchschnittliches Grippevirus verursachen kann, davon konnten wir uns in den letzten Jahren bestens überzeugen. Das Wort vermag Krisen aller Art sowie Kriegserfolge herbeizureden. Genauso wie es echte Mißstände und Gefahren wegzureden vermag.

Auch in der Religion hat das Wort eine große Bedeutung. Christus hat seine ganze Lehre auf das Wort aufgebaut; Er selbst hat ja keine Zeile geschrieben (außer ein paar Worte in den Sand, als man Ihm die Ehebrecherin vorführte). Er hat nur gesprochen, gepredigt. Aber wie Er gepredigt hat! Als Er Seine Lehre vollendet hatte, da staunten die Volksscharen über Seine Rede, denn Er lehrte wie einer, der Macht hat und nicht wie ihre Pharisäer und Schriftgelehrten. Jesus vollbringt durch Sein Wort Heilungen. Er erklärt dem Hauptmann von Kapharnaum: „Ich will kommen, um deinen Knecht zu heilen.“ Doch der gläubige Hauptmann wehrt ab, er sei es gar nicht wert, daß Christus in sein Haus eintrete: „Sprich nur ein Wort, dann wird mein Knecht gesund“. Er war überzeugt von der Macht des Wortes Jesu. – Und diese hat sich auch gezeigt, wenn Er die Dämonen austrieb, wenn Er die Besessenen heilte. Als die Menschen Seine bezwingende Macht über die von den Dämonen Besessenen erfuhren, da erschraken sie, denn von Seinem Wort ging Macht aus: „Was ist das doch? Mit Kraft und Macht gebietet er den unreinen Geistern, und sie fahren aus.“ – Auch die Natur gehorcht Seinem Wort. Der Seesturm, der die Jünger in äußerste Angst versetzte, wurde von Ihm durch ein Wort gestillt: „Schweige! Verstumme!“ Und zugleich trat eine große Stille ein.

Die Heilsbotschaft Jesu vom Reiche Gottes wird weitergetragen durch das Wort, durch die Verkündigung der Christen. Ehe eine einzige Zeile des Evangeliums geschrieben war, hat das Wort bestanden. „Im Anfang war das Wort“, das gilt auch für das Christentum. Jesus hat Seine Jünger ausgesandt, das Wort zu predigen, das Reich Gottes zu verkündigen. – Diese Verkündigung war dringend. Er forderte einen Mann auf: „Folge mir!“ Der sagte: „Herr, erlaube mir, daß ich zuvor hingehe und meinen Vater begrabe.“ Jesus entgegnete: „Laß die Toten ihre Toten begraben. Du aber komm und verkünde das Reich Gottes.“ – Das Wort des Heils gilt der gesamten Schöpfung, es ist universal. Der Auferstandene befiehlt seinen Jüngern: „Gehet hin in alle Welt und verkündigt die Heilsbotschaft allen Geschöpfen.“

Die Anhänger Jesu haben sein Gebot erfüllt. Sie haben die Botschaft des Heils in alle Welt getragen. Dabei wurden die Verkündiger des Evangeliums vom hl. Lukas „Diener des Wortes“ genannt; sie dienten dem Wort. Sie herrschten nicht über das Wort, sondern sie selbst sind ihm unterworfen. Auch heute noch ist ein jeder Priester „Diener des Wortes“, und zwar des unverfälschten Wortes, des geheiligten Wortes, des göttlichen Wortes, das die Kirche durch den Beistand des Heiligen Geistes in ihrer unfehlbaren Verkündigung festhält.

Das Wort Gottes, sagen die Propheten, ist wie ein Feuer, wie ein Hammer, der die Felsen zerschlägt. Der hl. Paulus nennt es das Schwert des Geistes, und dieses Wort erleben wir hoffentlich jeden Sonntag in unserem Gottesdienst. Aber, lassen wir es auch auf unsere Seelen einwirken, kann es seine heilige Gewalt in uns entfalten? Das Wort Gottes ist ein Angebot, aber ein verbindliches Angebot. An der Stellung zu ihm entscheidet sich unser ewiges Schicksal.

Am Worte Gottes scheiden sich auch die Menschen. Wer es annimmt, wird gerettet; wer es ablehnt, ist schon gerichtet und wird verdammt. „Wer Mich verachtet und Meine Worte nicht annimmt, der hat seinen Richter“ (Joh. 12,48), sagt Jesus, „Das Wort, das Ich verkündigt habe, wird ihn am Jüngsten Tage richten.“ Wir sehen, welche hohe Verantwortung wir gegenüber dem gesprochenen Wort haben.

Die kaum zu beherrschende Gewalt des Wortes

Worte sind eine lebendige Wirklichkeit. Von unseren Worten werden fortwährend gute und böse Botschaften in die Welt hinausgesandt: In unsere Familie, in unsere Umgebung, in unser Berufsleben.

Die Worte, die wir ausgesprochen haben, können wir nicht mehr zurückrufen. Sie wirken entweder zum Segen oder zum Schaden, entweder zum Heil oder zum Unheil; darin liegt die hohe Verantwortung für unsere Worte. Der Heiland fordert uns auf, unnütze Worte zu meiden, damit wir am Tage des Gerichtes bestehen können.

Kein Apostel hat so eindeutig und klar über das Wort gesprochen wie der hl. Apostel Jakobus im dritten Kapitel seines Briefes: „Wer in keinem Worte fehlt, der ist ein vollkommener Mann.“ (Jak. 3,2). Er ist überzeugt, wenn man sich im Reden beherrschen kann, dann kann man es auch auf allen anderen Gebieten! Deswegen: Wer in keinem Wort fehlt, ist ein vollkommener Mann! – Dann sagt er: „Die Zunge ist ein kleines Glied, richtet aber Großes an.“ (Jak.3,5). Und er vergleicht sie mit dem Funken, mit einem kleinen Feuer, das einen großen Wald vernichten kann. In der Tat! Ein einziges Wort der Lieblosigkeit, der Ehrabschneidung, der Verleumdung, der Unreinheit, des Hasses, der Ungerechtigkeit, der Verführung; ein einziges Wort, das aus unserem Mund kommt, kann wie ein Funke sein, der einen ganzen Brand verursacht, oder wie ein Pfeil, der heimtückisch auf einen anderen abgeschossen wird und dessen Herz tödlich verwundet.

Wenn wir daran denken, welche Macht das Wort, die Zunge im Alltag unseres Christenlebens ausübt, dann tritt der Gedanke an die große Verantwortung vor uns hin, die wir dem Worte gegenüber haben. Noch einmal: Man kann Worte wohl aussenden, aber man kann sie nicht zurückrufen! Was gesagt ist, ist gesagt. Wenn wir dies überdenken, fühlen wir den ganzen Ernst der christlichen Lebensverantwortung, den ungeheuren Ernst der Rechenschaft über die kleinen und großen Dinge unseres täglichen Lebens, die uns oft so belanglos vorkommen. Der Christ muß diesen Lebensernst bewahren. Er muß, was er spricht, was er tut, was er erkämpft, was er leidet in großem Ernst tun. Das Leben ist kein Spiel. Und dadurch bekommen auch die kleinen Dinge des Alltagslebens eine Seele, eben aus dem Bewußtsein und der Verpflichtung solcher Verantwortung heraus.

Reden ist Silber – Schweigen ist Gold

„Wovon das Herz voll ist, davon fließt der Mund über“ (Lk.6,45), sagt unser göttlicher Erlöser. Tatsächlich, aus dem Überfließen unseres Herzens spricht der Mund. Und das sollte eigentlich die Quelle unserer Worte sein: Ein Überfließen des Herzens, das von Gott voll ist; von Gottes Güte, von Gottes Liebe, von alle dem, was Gott will. Dann würden wir, nach dem Apostelwort, mit der Zunge nicht sündigen und vollkommen sein. Dann würden wir uns nicht vor der Rechenschaft fürchten müssen, die wir einmal ablegen müssen. Dann würden wir auch sparsamer mit Worten umgehen.

Durch viel Reden kommen wir unvermeidlich in Sünden hinein, denn der Wortschwall hindert die Überlegung, die notwendig ist, bevor wir den Mund aufmachen sollen. – Mit der Vielrederei ist es wie mit der Inflation, der Geldentwertung. Je höher die Geldscheine werden, umso weniger sind sie wert. Daher kommt das bekannte Sprichwort: „Reden ist Silber – Schweigen ist Gold.“ Wo Worte selten sind, haben sie Gewicht. Wer wenig redet, vermag mit seinem Worte Zeugnis abzulegen; man hört auf ihn, man weiß, was er sagt, das hat Gewicht. Es empfiehlt sich deswegen, sparsam zu sein mit dem Wort. Man soll immer weniger sagen, als man könnte. – Der Dichter Matthias Claudius riet seinem Sohn: „Sage nicht alles, was du weißt, aber wisse immer, was du sagst!“ Man bereut selten, daß man zu wenig gesprochen hat, hingegen bereut man oft, daß man zu viel gesprochen hat. – Wie viele Ehen verlieren ihr Glück dadurch, daß die Ehegatten sich nicht beim Reden im Zaum halten können, daß sie einander häßliche Worte an den Kopf werfen, einander Widerworte geben? – Man sagt, daß einmal eine Dame beim preußischen König Friedrich II. vorsprach, und sich dabei über ihren Mann beklagte, wie häßlich er zu ihr sei. „Madame“, sagte der König, „das geht mich nichts an.“„Ja, aber er spricht auch nicht gut über Ihre Majestät.“ – „Madame, das geht Sie nichts an.“ Und dann wies er sie zur Tür. – Und der hl. Pfarrer von Ars sagte einmal zu einem Fräulein, das viele Worte gebrauchte: „Fräulein, in welchem Monat des Jahres reden Sie am wenigsten?“ Über die Frage des Pfarrers verwundert, sagte das Fräulein, die ihn mit ihrem Geschwätz belästigte, sie wisse es nicht. Da entgegnete der Heilige: „Das muß im Februar sein, denn der Februar hat zwei Tage weniger.“

An sieben Dingen erkennt man nach der alttestamentlichen Weisheitsliteratur den Toren und an sieben Dingen erkennt man den Weisen. 1. Der Weise redet nicht vor dem, der ihn an Alter, Wissenschaft oder Weisheit übertrifft. 2. Er fällt dem Nächsten nicht ins Wort, sondern läßt ihn ausreden. 3. Er antwortet nicht vorschnell, sondern nach Überlegung. 4. Er fragt zur Sache, nicht über alles Mögliche, und antwortet passend. 5. An den Anfang seiner Rede stellt er das Erste und Wichtigste und ans Ende das weniger Wichtige. 6. Er spricht: „Ich weiß es nicht“, wenn er es nicht weiß. 7. Er bekennt die Wahrheit. – Das Entgegengesetzte findet man beim Toren.

Der rechte Gebrauch der Worte

Die Verantwortung gegenüber dem Wort zeigt sich im Verzicht auf das viele Reden, auf das allzu viele Reden. „Vor allem sollten wir eines lernen: Schweigen, um reden zu können“, schreibt der hl. Ambrosius. – Die Menschen auf den Philippinen haben ein gutes Sprichwort: „Die Fliegen wagen es nicht, in den Mund zu fliegen, wenn er geschlossen ist“ Wie wahr! – Wenn wir die Pflicht der überlegten, der gerechten Rede uns vor Augen führen, dann wollen wir drei Grundsätze in unserem Reden beobachten.

Erstens: Nichts Unwahres sprechen! Denn Unwahrheit verbindet den Redner mit dem Vater der Lüge, mit dem Teufel, mit der höllischen Schlange, die mit gespaltener Zunge spricht. Der Herr sagt: „Euer Ja sei ein Ja, euer Nein sei ein Nein. Was darüber ist, ist vom Teufel.“ – Wahrhaftigkeit ist eine sittliche Tugend, die das Äußere des Menschen – vor allem sein Reden – mit seiner inneren Gesinnung in Übereinstimmung hält. Sie ist die Tugend der Aufrechten, der Reinen. Sie drückt dem ganzen Charakter den Stempel auf. Ein wahrhaftiger Mensch ist ein zuverlässiger Mensch.

Zweitens: Nichts Ungerechtes, Kränkendes, Beleidigendes gegen unsere Mitmenschen sprechen. Das Leben ist ohnehin schwer genug, und die Menschen untereinander sollten es sich leichter machen, nicht schwerer. Wie oft beschwert ein rasch dahingeworfenes Wort der Kränkung oder des Zornes die Seele des anderen, anstatt daß wir Worte der Güte sprechen, die wie Sonnenstrahlen in der Natur sind. Die Menschen leben von der Güte, von der Liebe, von der treuen Hilfe, aber nicht von der Härte und von der Schärfe und von der Lieblosigkeit. Nicht verletzen sollen unserer Worte, sondern heilen; nicht traurig machen, sondern trösten; nicht betrüben, sondern aufrichten. Diese Regeln gelten auch vom Reden über andere. Ein weises Wort lautet: „Sprich nie Böses von einem Menschen, wenn du es nicht gewiß weißt; und wenn du es gewiß weißt, so frage dich: Warum erzähle ich es? Vielleicht etwa, weil ich selber böse bin?“

Drittens: Nichts Unreines sprechen, um die Seelen anderer, vor allem der Kinder und Jugendlichen nicht zu vergiften. Wie manches zweifelhafte oder zweideutige Wort glimmt im Herzen der Jugend weiter wie Feuer unter der Asche, und plötzlich bei einem Windzug des Lebens geht dieses Feuer hoch. Wer kann die Verantwortung dafür tragen? – Gewagte, frivole, schlüpfrige Äußerungen sollten also unserem Munde fernbleiben. Manche Erwachsene denken: „Ach, die Kinder verstehen das doch noch gar nicht.“ Das mag sein, aber auch wenn sie es nicht verstehen, behalten sie es womöglich, und daraus kann dann später einmal ein Funke werden, der – wenn sie es verstehen – einen Brand entzündet und ein unschuldiges Leben verdirbt. Wer sich diese Lebensregeln über das Wort einprägt und an sich durchführt, der wird keine unnützen Worte sprechen.

Gib eine Wache, Herr, meinem Munde

Unserem Christenleben ziemt eine tiefe Ehrfurcht vor dem Wort. Es ist von geradezu erschütternder Eindringlichkeit, daß die zweite Person Gottes, als sie auf Erden erschien, als Logos, als göttliches Wort auftrat. „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. … Und das Wort ist Fleisch geworden.“ (Joh. 1,1 ff.) Wenn der ewige Sohn das Wort Gottes ist, und unter uns Mensch geworden ist, dann muß eine heilige Ehrfurcht vor allen Worten, die von uns ausgehen, in uns sein. Und diese heilige Ehrfurcht muß unbedingt einhergehen mit einem großen Mißtrauen gegen sich selbst. Denn aus uns selbst, ohne die Gnade Gottes, können wir das Wort nicht recht gebrauchen; können wir nicht recht reden! – Der hl. Augustinus sagt: „Der Mensch zähmt die wilden Bestien: Löwen, Elefanten, Schlangen, aber nicht die Zunge.“ Er gibt daher den guten Rat, daß wir uns gänzlich Gott überlassen und Ihn unbedingt bitten sollen, Er möge uns durch Seine Gnade beherrschen, damit wir unsere Zunge beherrschen können. – Ohne Gottes Gnade ist es uns nicht möglich „recht zu reden“ und uns der Ehrabschneidung und des Lästerns zu enthalten. Deshalb flehen wir den Herrn an und sprechen wir mit dem weisen Jesus Sirach: „Gib eine Wache, Herr, meinem Munde, und auf meine Lippen ein unverbrüchliches Siegel, daß ich durch dieselben nicht zu Falle komme, und meine Zunge mich nicht ins Verderben stürze.“ (Sir. 22,33).

Und wenn der Heiland bei der hl. Kommunion unsere Zunge berührt, wie damals die des Taubstummen, dann lassen Sie Ihn uns anflehen, Er möge auch uns Seine Weisheit eingießen, damit wir nicht nur reden können, sondern daß wir auch in der rechten Weise miteinander und übereinander reden; auf daß in allem und durch alles und mit allem, was wir sagen, Gott Lob und Ehre erwiesen werde. Dann wäre das heutige Evangelium auch an uns wahr geworden, denn es könnte auch von uns gesagt werden: „Und er redete recht“. Amen.

Kategorie:

Veröffentlicht: