„Ja, Ich bin ein König!“

Geliebte Gottes!

Worte wandeln ihren Sinn, wenn sie Zeiten und Kulturen überdauern. Wenn es heilige Worte sind, die göttliche Offenbarung in sich tragen, muß man immer wieder mit Sorgfalt zu dem Sinn zurückkehren, den sie damals hatten, als Jesus Christus sie gesprochen hat. Zu diesen Worten gehört auch der Begriff „König“. Im Zeitalter der demokratischen oder totalitären Staatssysteme, wo nur wenige Könige übriggeblieben sind, denen lediglich repräsentative Aufgaben belassen wurden, die also nur noch schön lächeln und winken, aber nicht mehr herrschen, da kann man sich nicht an diesen orientieren, wenn man vom Christkönig spricht. Das ist entscheidend, wenn man Folgerungen aus dem Königtum unseres Herrn abzuleiten hat.

Begriff des Königs

„König“, das war damals jemand, der die gesamte Macht in sich vereinigte und für seine Verwaltung nur Gott allein Rechenschaft schuldig war. Nicht aber den Untertanen! Die römischen Cäsaren, die Pharaonen Ägyptens, die Könige der Babylonier, Hethiter und Ptolemäer; alle Kulturen des Altertums kannten die Einrichtung des „Königs von Gottesgnaden“. Zwar entartete diese Idee im Heidentum soweit, daß sich die Könige selbst zu Göttern erklärten und sich anbeten ließen. Aber auch bei den auserwählten Völkern des Alten und Neuen Bundes, bei den Königen Israels und später bei den christlichen Herrschern, fand sich die Überzeugung vom Gottesgnadentum als Quelle der königlichen Würde. Sie führten ihren Königstitel auf den Willen Gottes, nicht auf die Anerkennung ihrer Untertanen zurück. Der Fürst war Stellvertreter Gottes, damit betraut, an Gottesstatt dieses Volk zu regieren, zu lenken und zu leiten – nicht willkürlich versteht sich, sondern zum allgemeinen Wohle ihrer Untertanen. Das darf von uns modernen Menschen, die wir vom liberalen Denken geprägt sind, daß die Regierungen den Willen des Volkes auszuführen habe, nicht vergessen werden! Nicht von Volksouveränität, sondern von Gottessouveränität ist hier die Rede!

Die Quellen der königlichen Würde Christi

Jesus Christus nahm nun auch für sich dieses Wort in Anspruch. „Ja, Ich bin ein König! Dazu bin Ich geboren und in die Welt gekommen, daß Ich für die Wahrheit Zeugnis gebe“ (Joh. 18, 37).

Worauf aber stützt sich der Königsanspruch unseres Herrn? – Es ging über den Horizont des Pilatus hinaus, was das heißen sollte: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“ Deshalb hakte der römische Statthalter nochmals nach: Du hast kein Reich, keine Krone, keine Soldaten. „Aber ein König bist du?“ – Es ist gerade Seine Hilflosigkeit, das wehrlose Ausgeliefertsein Christi in jener Stunde, welche uns den Kern und die wahre Größe Seines Königtums offenlegt. Kein Heer, kein Land, keine Krone! All das mußte wegfallen. All das würde nur verdecken, worauf Seine königliche Macht wirklich gründet und würde nur zu Verwechslungen führen. Nein, Sein Königtum beruht nicht auf menschlichen Machtmitteln. Sein Königtum übersteigt alles, weil es im Geheimnis der Gottheit wurzelt!

Diesen Einblick gewährt uns der hl. Paulus in der heutigen Epistel, wo er von Christus sagt: „Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes. … In Ihm ist alles erschaffen im Himmel und auf Erden, das Sichtbare und das Unsichtbare. … Alles ist durch Ihn und für Ihn erschaffen. Er ist vor allem, und alles hat in Ihm Bestand. … Er ist der Anfang, der Erstgeborene von den Toten. So sollte Er in allem den Vorrang haben. Denn es gefiel Gott, in Ihm die ganze Fülle [der Gottheit] wohnen zu lassen und durch Ihn alles mit Sich zu versöhnen“ (Kol. 1, 15-18).

Von zwei Quellen leitet sich der Vorrang Christi her. Erstens: Weil Jesus der wesensgleiche Gottessohn ist, weil alles durch Ihn, für Ihn und auf Ihn hin geschaffen ist, weil alles in Ihm Bestand hat, deshalb ist Er im eigentlichsten Sinne, „Pantokrator“, d.h. All-Herrscher. Christus allein herrscht über alles, kraft Seiner Gottheit. Er ist Gott und damit Urheber und Eigentümer der ganzen Schöpfung. Christus ist der menschgewordene Gott, der auf Erden erschienene Gott. Und da Gott stets die ganze Herrschaft eigen ist, steht auch dem Gottmenschen, Jesus von Nazareth, nicht weniger als die ganze Herrschaft zu, genauso wie dem Vater im Himmel. Als wahrer Gott besitzt Er die gleiche unumschränkte Macht wie der himmlische Vater. Das ist die erste Quelle seines Königtums, die hypostatische Union, wie wir sie mit einem Fachausdruck nennen. „Denn es gefiel Gott, in Ihm [Jesus von Nazareth] die ganze Fülle [der Gottheit] wohnen zu lassen.“ – Die zweite Quelle ergibt sich aus dem selbst-erworbenen Recht auf die Königswürde Christi durch das Werk der Erlösung. „Er ist der Anfang, der Erstgeborene von den Toten. Denn es gefiel Gott, … durch Ihn alles mit Sich zu versöhnen.“ Indem Christus Sein kostbares Blut am Kreuzesstamm für die Menschheit als Lösepreis vergoß, hat Er sich, über Sein ewiges Geburtsrecht hinaus, auch als Mensch die universale Königswürde über das gesamte Menschengeschlecht erworben. Er hat den Lösepreis für unsere Sünden entrichtet und uns somit für Sich zum Eigentum erworben. – Als Gott ist Christus von Geburt aus König. Als Mensch hat Er sich den Anspruch auf die Königswürde darüber hinaus durch Seinen Gehorsam am Kreuz verdient.

Der Herrschaftsanspruch des Christkönigs

Weil Christus Gott ist und weil Er zum Erlöser der Welt aufgestellt ist, deshalb ist Sein Königtum so gewaltig groß. Es umfaßt alle Länder und alle Zeiten. Mehr noch! Die Grenzen Seines Reiches gehen über die sichtbare Welt hinaus. Es umfaßt Himmel und Erde. Damit ist dieses Reich wahrhaft allumfassend – also im wahrsten Sinne des Wortes katholisch.

Das kann für uns nicht ohne praktische Konsequenzen bleiben! Wenn Gottes eingeborener Sohn in Menschengestalt auf der Erde lebt, dann bringt Er die Ansprüche und Rechte Seines Vaters mit. Dadurch hat Er eine Königswürde, der keine andere auf Erden auch nur annähernd gleichkommen kann: Nichts ist recht, was Er nicht will. Nichts kann richtig sein, was Er verwirft. Alles ist rechtens, was Er befiehlt, und nie kann jemand Ihm gegenüber behaupten: „Das geht dich nichts an.“ Kurz: Christus ist alles unterworfen. Ihn geht alles etwas an. Die großen Entscheidungen der Weltpolitik, genauso wie jeder verborgene Gedanke unseres Herzens.

Die Lehre und das Gebot Christi sind objektive, allgemeingültige Richtschnur für jegliches menschliche Tun, vor allem für jede Art von Autorität und Machtausübung in der Welt. Zivile und kirchliche Gewalt haben sich Seinem Königtum zu beugen und Ihm zu dienen! Freilich beläßt Er dem „Kaiser, was des Kaisers ist“ (Mt. 22, 21). Und doch gilt auch vom Kaiser, daß er „Gott geben muß, was Gottes ist“; daß er sich also Ihm, dem Gottes-Sohn, unterwerfen, und seine Macht nach der Richtschnur des Christkönigs ausüben muß. – Das gilt ganz allgemein, sowohl vom Staatspräsidenten, wie vom Klassensprecher; vom Papst, wie vom Familienvater. Jede Autorität muß unter Christus stehen. Denn alle Macht und jede Autorität geht allein von Ihm aus. Folglich ist jeder menschliche Träger irgendeiner Gewalt, sei es in Kirche, Staat oder Familie, nur Teilhaber und Verwalter der Gewalt des Christkönigs. Das ist der objektive Anspruch des Königtums Christi, den die Kirche zu verkündigen hat. Ob subjektiv alle Menschen das erkennen und anerkennen, ist freilich eine ganz andere Frage.

Ausübung der Königsherrschaft Christi durch die Kirche

Christus hat den königlichen Anspruch alle Völker der Welt zu lehren, zu heiligen und zu regieren Seiner Kirche anvertraut. Zu den Aposteln sprach Er: „Wie Mich der Vater gesandt hat, so sende Ich euch“ (Joh. 20, 21). „Mir ist alle Gewalt gegeben … Darum geht hin und lehret alle Völker … und taufet … und lehrt sie alles halten, was Ich euch geboten habe“ (Mt. 28, 18-20). Die katholische Kirche ist somit die vom Allherrscher beauftragte Stellvertreterin, die Seine Königsrechte und Sein Gesetz aller Welt bekannt und vor jedem Einzelnen geltend machen soll. Auf diese Weise nimmt die Kirche in Unterordnung an der universalen Königswürde Christi teil, was im Laufe der Geschichte insbesondere in der dreifachen Papstkrone seinen äußerlich sichtbaren Niederschlag fand. Drei Kronen trägt der Stellvertreter Christi auf Erden in der Tiara vereint; drei Kronen für die drei Königsämter Christi: die Krone des obersten Lehramtes; die Krone des obersten Priesteramtes und die Krone des obersten Regierungsamtes, um die gesamte Kirche weltweit zu lehren, zu heiligen und zu leiten.

Als Papst Pius XI. im Jahr 1925 das Christkönigsfest eingesetzt hatte, wollte er unter anderem auch auf die universalen Rechtsansprüche der Kirche hinweisen. In der Enzyklika „Quas primas“, mit welcher er besagte Festfeier anordnete, erinnerte der Papst an folgendes: „Dank der Verpflichtung, der Königsherrschaft unseres Herrn und Meisters die genannten Ehrenbezeugungen zu erweisen, werden die Menschen notwendig an folgende Rechte der Kirche erinnert: die Kirche, welche von Christus als vollkommene Gesellschaft gegründet wurde, muß aus höchst eigenem, unveräußerlichem Recht volle Freiheit und Unabhängigkeit von der bürgerlichen Gewalt für sich beanspruchen. Ferner kann die Kirche in der Ausübung ihres göttlichen Amtes, zu lehren, zu leiten und alle Glieder des Reiches Christi zur ewigen Seligkeit zu führen, nicht von fremder Willkür abhängen“ (Nr. 31). Weil die Kirche das Werk des Christkönigs auf Erden fortsetzt und so an Seiner königlichen Würde teilnimmt, kann die Kirche keiner irdischen Gewalt unterworfen sein. Der Heilige Vater fährt fort: „Überdies soll der Staat den religiösen Orden und Gemeinschaften beiderlei Geschlechtes die gleiche Freiheit einräumen. Es sind dies nämlich für die Oberhirten gewichtige Hilfskräfte, die in ganz hervorragender Weise an der Ausbreitung und Festigung des Reiches Christi arbeiten. Denn sie bekämpfen durch ihre dreifachen Gelübde [Armut, Keuschheit, Gehorsam] die dreifache Begierlichkeit der Welt, und durch die Betätigung eines vollkommeneren Lebens bewirken sie, daß jene Heiligkeit, die nach dem Willen des göttlichen Gründers ein Kennzeichen der Kirche sein soll, beständig und mit täglich wachsendem Glanze vor aller Augen aufstrahle“ (ebd.).

Beachten wir wohl, daß der Papst darauf besteht, daß die katholische Kirche, und sie allein, das Recht hat, in ungehinderter Freiheit die von Christus gestiftete Religion auszuüben und ihre Missionstätigkeit voranzutreiben. Andere, falsche Religionen, die ihren Anhängern den Weg in den Himmel durch ihre Irrlehren und abergläubischen Phantastereien verbauen und sie stattdessen in die ewige Verdammnis stürzen, haben hingegen nicht dieses Recht. Im Gegenteil! Wahrheit und Irrtum können nicht gleichberechtigt auf derselben Stufe nebeneinander stehen. Während die Wahrheit jedes Recht hat bekanntgemacht und verbreitet zu werden, muß der Irrglaube stets bekämpft und unterdrückt werden, weil er, in welcher Ausprägung auch immer, das ewige Wohl aller gefährdet. Folglich kann der Irrtum höchstens zur Wahrung des öffentlichen Friedens in einer Gesellschaft geduldet werden. Niemals kann er sich jedoch auf die gleichen Rechte wie die Wahrheit und die einzig wahre, von Gott gestiftete Religion berufen.

Der Kampf der Kirche um ihre Rechte

Ohne Zweifel hatte Papst Pius XI. bei der Abfassung seiner Christkönigsenzyklika die unzähligen Übergriffe gegen die Rechte und Privilegien der Kirche seitens der Staaten vor Augen. In der gesamten Kirchengeschichte sind diese immer wieder vorgekommen und haben sich bisweilen sogar bis zur blutigen Verfolgung der treuen Katholiken gesteigert. So etwa zur Zeit Pius XI. in Mexiko, als die freimaurerische Regierung unter dem Staatspräsidenten Plutarco Elías Calles (1877-1945) die „Cristeros“ verfolgte, was der Papst ein Jahr später, im November 1926, in einer eigenen Enzyklika scharf verurteilte.

Aber nicht nur gegen die liberalen, gottlosen und feindlichen Staaten und Systeme mußte sich die Kirche behaupten. Selbst im christlichen Mittelalter, während dem die Ordnung, die zwischen Sacerdotium und Imperium, zwischen Kirche und Reich bekannt und wenigstens in der Theorie allgemein anerkannt war, waren die Päpste immer wieder gezwungen, die Freiheitsrechte und Privilegien der Kirche gegenüber den Kaisern und Königen zu verteidigen. Am bekanntesten ist gewiß der sog. „Investiturstreit“ des 11. Jahrhunderts, der in der Auseinandersetzung zwischen dem hl. Papst Gregor VII. und dem deutschen König Heinrich IV. seinen Siedepunkt erreichte. Der König fuhr trotz der päpstlichen Intervention durch das im März 1075 erlassende Dokument „Dictatus Papae“, in welchem Gregor u.a. einschärfte, daß der Papst allein Bischöfe einsetzen und absetzen könne, unverhohlen damit fort, vakante Bischofsstühle mit seinen Günstlingen zu besetzen. Damit maßte sich Heinrich das Ernennungsrecht der Bischöfe an. Statt sich dem Papst zu fügen forderte der König auf dem Hoftag zu Worms von 1076 Gregors Absetzung, woraufhin ihn der Papst mit dem Kirchenbann belegte. Das hatte sehr weitreichende Konsequenzen für Heinrich IV., waren doch durch die Exkommunikation mit einem Mal alle seine Fürsten von ihrem Treueeid gegen ihn entbunden. Um also sein Königtum zu retten, zog Heinrich dem Papst entgegen, der sich bereits über die Alpen aufgemacht hatte, um die Wahl eines Nachfolgers für den exkommunizierten Heinrich in die Wege zu leiten. Im Januar 1077 trat Heinrich in härenem Bußgewand vor die verschlossenen Burgtore von Canossa, um dem Papst, der dort gastierte, als Büßer aufzuwarten. Der Papst mißtraute Heinrich und ließ ihn drei Tage in der Kälte warten, ehe er die Exkommunikation aufhob, den König absolvierte und wieder nach Rom umkehrte. Zwar sollte sich der Zweifel des Papstes an Heinrichs Bußgesinnung bewahrheiten, daß diese nur rein äußerlich und allein aus politischem Kalkül inszeniert war. Wenig später eskalierte der Streit in Schisma und Bürgerkrieg und konnte erst unter Gregors Nachfolger beigelegt werden. Trotzdem blieb der „Gang nach Canossa“ sprichwörtlich und das gebeugte Knie Heinrichs vor dem hl. Papst Gregor VII. das Symbol für die siegreiche Behauptung der Freiheitsrechte der Kirche gegenüber einer überbordenden staatlichen Gewalt.

Ausübung der Königsherrschaft Christi durch den Staat

Nichtsdestotrotz hat auch der Staat seinen von Gott gesetzten Rechtsbereich, der auch den weltlichen Herrschern Anteil am Königtum Christi gibt, wie der hl. Paulus im 13. Kapitel des Römerbriefes ausführt: „Jedermann unterwerfe sich den vorgesetzten Obrigkeiten. Denn es gibt keine Obrigkeit außer von Gott und die bestehenden sind von Gott angeordnet. Wer sich daher der Obrigkeit widersetzt, der widersetzt sich der Anordnung Gottes, und die sich widersetzen, werden sich selber das Gericht zuziehen. Die Regierenden sind ja nicht der guten Tat Anlaß zur Furcht, sondern der bösen. Willst du aber ohne Furcht sein vor der Obrigkeit, so tue das Gute und du wirst Anerkennung finden bei ihr. Denn Gottes Dienerin ist sie für dich zum Guten“ (Röm. 13, 1-4). Das sagte der Völkerapostel wohlgemerkt zu einer Zeit, da noch heidnische Kaiser in Rom regierten. Obwohl diese den wahren Gott nicht kannten, dienten sie Ihm doch unbewußt als Werkzeuge Seiner weisen Vorsehung und Weltregierung. Das ist eine wichtige Lehre für uns Katholiken in den laizistischen, antichristlichen Gesellschaften von heute. Auch für uns gilt: Indem wir uns den ungläubigen Herrschern unterordnen, leisten wir in Wirklichkeit Gott den Gehorsam; und umgekehrt, wenn wir uns gegen die Regierenden auflehnen, lehnen wir uns gegen Gott auf.

Wir könnten nun viel Zeit damit verbringen, um die Vorzüge und Nachteile der verschiedensten Staatssysteme und Regierungsformen zu erörtern, oder was dazu erforderlich ist, damit eine Regierung als legitim anzuerkennen ist. Wir wollen uns darauf beschränken zu sagen, daß sich die Kirche indifferent verhält hinsichtlich der verschiedenen Regierungsformen, unter der Voraussetzung, daß sie nicht ungerecht sind. Die Kirche überläßt es den Völkern, in welchem Staatssystem sie ihr Gemeinwohl geordnet sehen wollen. Obwohl sich die Kirche stets zur Monarchie als zu der geeignetsten Staatsform bekannt hat, eben weil sie das Abbild des Königtums Christi ist, so wurden von ihr doch die davon abweichenden Staatsformen, wie etwa die demokratischen und republikanischen Verfassungen, keineswegs verurteilt.

Dazu muß jedoch unbedingt angemerkt werden, daß der staatsphilosophische Grundsatz, auf dem die modernen Demokratien von heute gegründet sind, nämlich daß die Macht vom Volk ausgehe, eine falsche, schlechte und von der Kirche verurteilte Ideologie ist. Wie wir vom hl. Paulus soeben gehört haben, geht in Wirklichkeit alle Macht von Gott aus. Die Regierenden nehmen Anteil an der Regierung Gottes und sind daher für ihre Regierung nur vor Gott verantwortlich, nicht vor dem Volk! Folglich kann auch die demokratische Staatsform nur dazu dienen, durch Mehrheitsentscheid die für die Regierung des Landes geeignetsten Personen zu bestimmen, die dann aber nicht im Namen des Volkes, sondern im Namen Gottes ihre Obrigkeitsgewalt ausüben und zwar zu dem Zweck, mittels ihrer Gesetzgebung sowohl das zeitliche, als auch das ewige Wohl ihrer Untertanen zu realisieren. Die Regierenden sind also nicht verpflichtet das zu tun, was die Mehrheit will. Denn wie gerade die Vorkommnisse des Karfreitags beweisen, ist die Mehrheit nicht zwangsläufig der Träger der Wahrheit und des Rechtes. Man kann die Mehrheit täuschen. Man kann die Mehrheit kaufen. Man kann die Mehrheit manipulieren. Man kann die Mehrheit einschüchtern. Wir erleben das in zunehmendem Maße anschaulich auch in unseren Tagen. Nach katholischer Lehre sind die Regierenden nur Gott gegenüber verpflichtet, zum Wohle ihrer Völker zu regieren.

Es ist also wahr, daß jeder Herrscher in irgendeiner Weise direkt oder indirekt vom Volk oder durch menschliche Verfassungsgesetze, welche die Erbfolge regeln, in seine Herrscherrechte eingesetzt wird. Aber wir müssen immer daran festhalten, daß die Macht, die er dann ausübt unmittelbar von Gott kommt. Ansonsten würden wir die Worte des Völkerapostels – „Es gibt keine Macht die nicht von Gott kommt.“ – leugnen und in Häresie fallen.

Notwendigkeit der Verbindung von Kirche und Staat

Die staatliche Obrigkeit hat die Pflicht, gerecht und zum Wohle ihrer Bürger zu regieren. Das allgemeine Wohl erstreckt sich jedoch nicht nur auf die zeitlichen, sondern auch auf die ewigen Güter. Weil dem Staat die Möglichkeiten fehlen, aus eigenen Kräften das ewige Heil seiner Untertanen zu sichern, so muß sich die weltliche Macht mit der geistlichen, die in Form der Hierarchie der katholischen Kirche von Gott eingesetzt ist, verbünden und sich ihr in den entsprechenden Bereichen auch unterordnen.

Wie an den Beispielen der großen heiligen Kaiser und Könige des christlichen Mittelalters ersichtlich, sahen sich die Herrscher der damaligen Zeit sowohl als Wegbereiter der Kirche, also auch als deren Schutzmacht. Nahezu jeder Krönungseid beinhaltete den Schwur die Kirche zu fördern und zu schützen. Das schließt ein:

  1. Verhältnisse zu schaffen, in denen die Kirche im Frieden ihrer Aufgabe nachgehen kann, das Evangelium zu verkünden und die Seelen zu heiligen.
  2. Die Kirche mit Ländereien und materiellen Gütern soweit auszustatten, daß sie unabhängig bleiben und ihrer Missionsaufgabe nachgehen kann.
  3. Durch eine christliche Gesetzgebung dafür zu sorgen, daß die Sünde und die Ungerechtigkeit durch gerechte Strafen zurückgedrängt werden, hingegen Gerechtigkeit und Barmherzigkeit erblühen können.
  4. Alle jene Kräfte zu unterdrücken, welche das ewige Heil des Volkes gefährden – also Häretiker und Ungläubige.

Immer wieder gab es Herrscher, die klar verstanden haben, daß Häretiker in ihrer Rebellion sich nie damit zufrieden geben werden nur gegen die geistliche Autorität der katholischen Kirche aufzubegehren, sondern in der Folge immer darauf abzielen, auch die weltliche Macht umzustürzen. Diese Erkenntnis hatte einige Fürsten dazu angetrieben im Übereifer gegen die Irrlehren mit solch rücksichtsloser Härte vorzugehen und die Häretiker buchstäblich „mit Stumpf und Stiel“ auszurotten, so daß die Päpste eingreifen mußten, um sie zur Mäßigung anzuhalten.

Das Verhängnis der Trennung von Kirche und Staat

Die unzähligen Konflikte zwischen Kirche und Staat, von denen uns die Geschichte zu berichten weiß, und die von den Liberalen und Freimaurern stets als Beweise für die Notwendigkeit der „Trennung von Kirche und Staat“ angeführt werden, sind zumeist das Resultat menschlicher Unzulänglichkeiten. Ergebnisse des Stolzes, der Ambitionen und Begierden, auf einem Gebiet der zahlreichen Berührungspunkte dieser so notwendigen Verbindung von geistlicher und weltlicher Gewalt, die bisweilen heftige Zwistigkeiten heraufbeschworen haben. Ganze Reiche und Nationen sind deswegen bisweilen in Häresie oder Schisma gefallen – zumeist in beides. Doch das Stigma heftiger Streitigkeiten trägt seit dem Sündenfall bedauerlicherweise jede Zusammenarbeit von Menschen an sich, die sich noch nicht hinreichend geheiligt haben. Wie beispielsweise die gelegentlichen Mißverständnisse, Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen in einer Ehe keinen Grund für die Trennung der Ehegatten darstellen, so sind auch analoge Vorkommnisse im gesellschaftlichen Leben kein Grund für die Trennung von Kirche und Staat. Der Grund für diese unschönen Ereignisse rührt nicht von der Anlage des Systems her, sondern nur von der erbsündlichen Schwäche der beteiligten Amtsträger.

Wie aber nun alle Kinder unter der Scheidung ihrer Eltern großen Schaden leiden, so ist auch das Auseinanderreißen von Kirche und Staat für eine Gesellschaft verhängnisvoll. Die Kirche findet sich in ihrer heiligen Mission fortan behindert; die Staatsgewalt glaubt sich unabhängig von Gott und handelt selbstherrlich und willkürlich; das Volk erkennt in den Regierenden nicht mehr die Repräsentanten des Christkönigs, was wiederum revolutionäre Strömungen begünstigt.

Nur wenn Kirche und Staat zusammenwirken, kann das zeitliche Wohl und das ewige Glück der Völker verwirklicht werden. Auch diesbezüglich können wir von den Kulturen des Altertums lernen: Gottlosigkeit galt damals nicht nur als Sünde des Einzelnen, sondern zugleich als Staatsverbrechen. Es war den Menschen damals bewußt, daß Gottlosigkeit nicht nur Verderben über den Einzelnen bringt, sondern über das gesamte Gemeinwesen. Das Lebensgefühl des antiken Menschen, das in der Religion einen Anspruch Gottes auf alle Lebensbezirke sah, muß auch unsere Lebenseinstellung sein. Wollen wir also die Staaten wieder verchristlichen, so müssen wir zuallererst selbst anfangen, in ausnahmslos allen unseren Lebensbereichen, christlich und gottesfürchtig zu leben: keusch, nüchtern, bescheiden, demütig, hilfsbereit, tapfer, klug, gerecht, wahrhaftig, mäßig, voll übernatürlicher Liebe gegen Gott und den Nächsten. Wir Katholiken müssen, soweit es in unserem Einflußbereich möglich ist, für die Anerkennung der Königsrechte Christi eintreten. Christus soll nicht nur herrschen über den Einzelnen. Er muß auch herrschen über die Gesellschaft.

Der Katholik im Staat von heute

Wenn wir uns die heutigen Verhältnisse anschauen unter denen wir nach Gottes Vorsehung unser Kreuz tragen sollen, so müssen wir uns fragen, wie das in der rechten Art und Weise geschehen soll, wo wir doch weit und breit nichts mehr von dem vorfinden, was das Königtum Christi auch nur irgendwie manifest erscheinen lassen würde. Heute, wo das Gesetz Gottes, ja selbst das Naturrecht, mit Füßen getreten wird, bis zu dem Punkt, daß Todsünden und deren Laster zur Normalität erklärt und gesetzlich geschützt werden. Die Antwort lautet, daß sich trotz der geänderten Lebensumstände keine unserer persönlichen Pflichten wesentlich verändert hat. Wir müssen darin fortfahren jeder rechtmäßigen Obrigkeit Gehorsam zu leisten, solange diese Obrigkeit nicht von uns verlangt zu sündigen. Der Befehl Christi, „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist“, und dessen Begründung durch den hl. Paulus, „Denn es gibt keine Obrigkeit außer von Gott und die bestehenden sind von Gott angeordnet“, gelten bis zum Ende der Welt. Das sei ganz allgemein gesagt und will ausdrücklich nicht als unterschwelliger Kommentar zu irgendeiner aktuellen politischen Debatte verstanden werden. Denn trotz der zweifelhaften Motive derer, die uns aktuell regieren, bleibt das Prinzip bestehen: Sie sind, die mit Autorität ausgestatteten Repräsentanten Gottes, was auch immer ihre Tugenden oder Laster sein mögen. Ihre rechtmäßigen Anordnungen stellen nach wie vor eine Manifestation dessen dar, was Gott (zulassen) will. Am Tag des Gerichtes werden sie für die Verwaltung ihrer Amtsgewalt und für ihren Amtseid vor Gottes Richterstuhl geradestehen müssen. Solange gilt, daß jedes Volk jene Regierung erhält, die es verdient. Folglich müssen wir auch in den Entscheidungen und Anordnungen, die für uns ein schweres Kreuz darstellen, trotzdem den Willen Gottes erblicken, der uns mit dieser Herrscherklasse straft und uns ihre verfehlte Politik und ihre repressive Gesetzgebung als Buße für die Schuld auferlegt, die wir wegen unserer persönlichen Sünden verdienen, oder die ganz allgemein auf uns lastet, weil wir eben Glieder eines sündigen Volkes und Nachkommen eines gefallenen Geschlechtes sind.

Das soeben gesagte hat freilich nichts mit Fatalismus zu tun. Wir dürfen sehr wohl die erlaubten Mittel gebrauchen, um uns einer ungerechten Gesetzgebung zu entziehen und eine schlechte Regierung durch eine bessere zu ersetzen. Stets muß dabei jedoch der Grundsatz gewahrt bleiben: Besser Unrecht leiden, als Unrecht tun.

Bekenntnis zur Königsherrschaft Christi

Einige Jahre bevor Papst Pius XI. das Christkönigsfest eingesetzt hat, da fanden einige Beduinen im Wüstensand Ägyptens ein paar alte Papyrusblätter. Es war der sog. „Papyrus 52“. Sie verkauften ihren Fund nach England. Erst 1934 entzifferte man diese Blätter und man staunte. Es waren Verse aus dem Johannesevangelium. Da war zu lesen: „Bist du der König der Juden? … Ja, ich bin ein König! Dazu bin Ich geboren und in die Welt gekommen, daß Ich für die Wahrheit Zeugnis gebe.“ Hier fand sich also Vers 18, 37 des Johannesevangeliums im Wüstensand Ägyptens. Auf das Jahr 125-130 datiert, zählt das Fragment zu den ältesten erhalten gebliebenen Abschriften des Evangeliums.

Aus dem Wüstenstaub, in dem die zerfallenen Monarchien der Pharaonen, der Hethiter, der Babylonier, der Ptolemäer versunken sind, wurde uns durch diesen Fund die ewige Reichsurkunde dessen geschenkt, dessen Reich und dessen Herrschaft kein Ende kennt. Christus ist der König, den wir bekennen, zu dem wir gehören. Er hat uns erschaffen. Er hat uns in Seinem Blut erlöst. Ihm sind wir unterworfen. Ihn lieben wir. Ihm wollen wir die Treue halten. Denn bis in alle Ewigkeit wird der Satz gelten, der auf dem Obelisk im Zentrum des Petersplatzes in Rom, zu lesen ist: „Christus regiert, Christus siegt, Christus triumphiert.“

Und deshalb wollen wir mit um so größerem Nachdruck jene Worte in die heutige Welt hinausrufen, welche die neue „Kirche des 2. Vatikanums“ aus ihrem Gottesdienst verbannt hat, weil sie in ihren liberalen Ohren unerträglich klingen: „Die frevlerische Menge schreit: ‚Wir wollen nicht, daß Christus herrscht!‘ Wir aber jubeln hocherfreut, bekennen Dich als höchsten Herrn. Dir schuldet jede Staatsgewalt öffentliche Ehrerbietung. Dich ehren die Richter und Lehrer. Von Dir sollen sprechen Gesetz und Kunst. Es beuge jede Königskron‘ sich nieder vor dem höchsten Herrn; mach jedes Haus und jedes Land mit milder Hand Dir untertan!“ Amen.

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