Liebevoller Einfluß

Geliebte Gottes!

Papst Clemens X. hat im Jahr 1670 das Fest der heiligen Schutzengel eingeführt und seine Feier auf den ersten Sonntag im September festgesetzt. Später wurde das Schutzengelfest auf den 2. Oktober verlegt. Weil aber der September der Schutzengelmonat geblieben ist, so blieb auch weiterhin die Möglichkeit bestehen, die äußere Festfeier der hl. Schutzengel wie bisher am ersten Septembersonntag zu begehen. Wegen der Wichtigkeit des Gegenstandes kann und soll man im ganzen Monat September der heiligen Engel gedenken.

Die Natur der Engel

Zunächst einmal gilt, und das ist nicht überflüssig zu sagen: Es gibt Engel! Es gibt geschaffene, reine Geister. Viele Rationalisten und Modernisten bestreiten die Existenz der Engel. Sie sagen, das seien „Emanationen der göttlichen Kraft“, es seien „Erscheinungsweisen Gottes“ oder „Personifikationen göttlicher Eigenschaften“, niemals aber persönliche, unkörperliche Geister, als die wir sie ja verehren. Doch das sind haltlose Behauptungen. Nein, Engel sind persönliche Wesen, von Gott aus Nichts geschaffen und zu Seinem Dienst bestellt. Es ist geradezu lächerlich, die Existenz von Engeln leugnen zu wollen, wo uns doch fast jede Seite der Heiligen Schrift von ihrer Existenz und von ihrem Wirken berichtet.

Engel sind reine Geister, also unkörperliche Wesen und deswegen auch unsichtbar. Weil sie nicht aus Materie bestehen, nicht aus Teilen zusammengesetzt sind, so sind sie ganz einfach und un(zer)teilbar. Folglich sind sie unvergänglich und unzerstörbar. Die Engel sind unsterblich; so wie unser Seele. Sie besitzen ein gewaltiges Wissen, einen mächtigen Willen. Sie sind von Gott geschaffen zu Seiner Verherrlichung und zum Dienste an der Schöpfung. Diese geschaffenen Wesen, welche Gott von ihrer Geistnatur her am nächsten stehen, sind von einer unglaublichen Mannigfaltigkeit. Keiner ist dem anderen gleich. Jeder bildet seine eigene Art, hat gleichsam sein eigenes „Antlitz“. Ein jeder ist anders als der andere. Gott wiederholt sich nicht. Es fehlt Ihm nicht an Einfallsreichtum. Die Zahl der Engel ist unermeßlich. Die heilige Schrift spricht von „tausendmal tausend“, ja von „zehntausendmal hunderttausend“ (vgl. Dan. 7,1 0). Mit diesen großen Zahlen soll angegeben werden: Die Zahl der Engel ist unfaßbar groß, ja schier unermeßlich.

Was wir aus dem Studium der Naturwissenschaften in Erfahrung bringen können, das findet sich auch in der Welt der Engel wieder: Gott ist ein exakter Denker. Er ist ein mathematischer Kopf. Das Prinzip seines Schaffens ist nicht Willkür und Chaos, sondern Vielfalt und Ordnung. Nicht nur die sichtbare Welt ist in einer Ordnung durchkonstruiert, auch die unsichtbare Welt der reinen Geister ist es. Es gibt unter den Engeln eine Ordnung, eine Struktur, einen hierarchischen Aufbau. Es gibt Abstufungen unter den Engeln; führende und dienende Engel. Die Offenbarung spricht von neun Chören der Engel, die vor allem im Epheserbrief und im Kolosserbrief aufgezählt werden. Diese verschiedenen Chöre der Engel werden vom niederen zum höheren aufsteigend genannt: Engel, Erzengel, Throne, Herrschaften, Mächte, Fürstentümer, Gewalten, Cherubim und Seraphim. Aus ihrer unüberschaubaren Vielfalt sind uns durch die Offenbarung jedoch nur drei Engel namentlich bekannt gemacht worden; nämlich die hl. Erzengel Gabriel, Raphael und Michael.

Der Dienst der Engel

Die Engel sind zum Dienste Gottes bestellt. Sie dienen Gott mit ihrem ganzen Wesen. Die Heilige Schrift beschreibt ihren Dienst am Throne Gottes in der Verrichtung des Gotteslobes. So sagt uns der Prophet Isaias, sie rufen ohne Unterlaß: „Heilig, heilig, heilig ist der Herr, der Herr der Heerscharen! Die ganze Erde ist erfüllt von Seiner Herrlichkeit“ (Is. 6, 3). Denselben himmlischen Gesang der hl. Engel vernahm auch der hl. Evangelist Johannes auf Patmos: „Heilig, heilig, heilig ist Gott der Herr, der Allmächtige, der da war und der da ist und der da kommen wird“ (Offb. 4, 8). Dabei müssen wir uns das so vorstellen, daß das ganze Wesen eines Engels, sein ganzes Dasein, ein Lobgesang auf die göttliche Majestät ist. Der Engel braucht nicht erst den Mund zu öffnen, sondern mit seinem ganzen Wesen und mit all seinem Wirken verherrlicht er Gott.

Die Engel sind mächtige Wesen. Sie besitzen Kraft und Gewalt. Im Unterschied zu den Heiligen des Himmels, die uns nur durch ihre Fürbitte beistehen können, besitzen die Engel wahre Macht über die Schöpfung, die sie aber nur in Abhängigkeit von Gott einsetzen. Gott bedient sich ihrer bei der Regierung der Welt. „Zu Seinen Engeln macht Er Winde und zu Seinen Dienern die Feuerflammen“ (Heb. 1, 7), heißt es im Hebräerbrief. Den Engeln obliegt die Sorge um die sichtbare Schöpfung und die Naturgewalten. Sie sind gleichsam die Gärtner Gottes, mit der Pflege des Schöpfungsgefüges betraut. Nicht nur die Engel selbst, auch ihr Dienst ist hierarchisch geordnet. Nicht nur die einzelnen Menschen, auch die Völker haben Engel. Wir wissen aus der Offenbarung des Propheten Daniel (10, 20), daß die Völker ihre Engel haben. Da ist die Rede vom Engelfürst des Volkes der Perser und vom Engelfürst des Volkes der Griechen. Ein Volk ist ja ein einheitliches Ganzes mit einem bestimmten Grundcharakter und einer eindeutigen Gestalt. Der Engel eines Volkes ist gleichsam der Repräsentant dieses Volkes bei Gott. Sinnbildlich steht er für dieses Volk vor Gott. Er tritt für es ein, vermittelt ihm Botschaften Gottes, schützt das Volk in seinem notwendigen Ringen und Kämpfen, und will es zu seiner gottgesetzten Bestimmung, zum Heil führen. – Unsere Väter haben im Mittelalter den hl. Erzengel Michael ausdrücklich zum Patron des deutschen Volkes erwählt, und wir dürfen darauf vertrauen, daß St. Michael dieser Berufung bis heute treu geblieben ist. Wir sollten also, gerade wenn wir in diesen Tagen um unser Volk und um den gefährdeten öffentlichen Frieden bangen müssen; wenn wir an die korrupten Funktionäre in der Medienlandschaft, in der Wirtschaft und der Politik denken, dann sollten wir die Engel anrufen, die Engel unseres Volkes, damit sie unter der Führung des hl. Erzengels Michael sein Schicksal in ihre Hände nehmen und zum Heil wenden.

Es mag uns unbegreiflich erscheinen, wie Geister, reine Geister, Macht haben und Kraft ausüben können. Uns erscheint nichts ohnmächtiger als der Geist. Aber Gott überrascht uns. Er stattet die Geister mit unvorstellbarer Stärke und Gewalt aus. Einige Beispiele aus der Heiligen Schrift: Ein Engel erschlug in einer Nacht die Heeresmacht von 185.000 Soldaten des assyrischen Königs Sanherib (vgl. 4. Kön. 19, 35). Ein Engel hatte den Stein vom Grabe weggewälzt, aus dem Jesus auferstanden war. Sein Antlitz leuchtete wie der Blitz und sein Gewand war weiß wie Schnee. Die Wächter erbebten vor Furcht als sie ihn sahen und waren wie tot (vgl. Mt. 28, 2-4). Die Engel vermögen menschliche Gestalt anzunehmen. Als die Frauen zum Grabe kamen, da erblickten sie zwei Männer im strahlenden Kleid, die ihnen Auskunft gaben, was mit dem Gekreuzigten geschehen war (vgl. Lk. 24, 4). Und als Jesus endgültig in die Herrlichkeit des Vaters zurückkehrte, da standen vor den Jüngern zwei Männer im weißen Gewand, die ihnen seine Wiederkunft ankündigten (vgl. Apg. 1, 10 f.).

Der Dienst der Engel reicht in der Schöpfungsordnung so weit hinab, daß viele dieser mächtigen und erhabenen Geister dazu abgestellt sind, den Menschen vor Gefahren zu schützen. – Vom hl. Papst Pius X. wird berichtet, daß er als Knabe täglich die heilige Messe ministriert hatte. Eines Tages, als er auf der einen Seite des Altares kniete, da war ihm, als ob eine Gestalt auf der anderen Seite ihn rief. Er folgte dem Ruf und ging auf die andere Seite des Altares. In diesem Augenblick – und das ist bezeugt und beglaubigt – in diesem Augenblick stürzte eine große Statue vom Altar herab und hätte den Jungen unter sich begraben.

Ja, für Kinder läßt man heute gerne noch den Schutzengel gelten, aber die Erwachsenen wähnen sich häufig darüber erhaben. Wenn sie aus Gefahren errettet werden, wenn sie aus gefährlichen Situationen befreit wurden, dann sagen sie: „Glück gehabt“, „Schwein gehabt“ oder „Dusel gehabt“. In Wahrheit ist die Lehre der hl. Schutzengel außerordentlich bedeutsam und ebenso tröstlich.

Hat jeder Mensch einen Schutzengel?

Freilich stellt sich da zunächst die Frage: Haben denn wirklich alle Menschen einen Schutzengel? Oder ist dieser begleitende Beistand nur denen vergönnt, die durch die hl. Taufe im Wasser und im Heiligen Geist wiedergeboren wurden? In der Tat haben sich die Theologen zeitweise über diese Frage gestritten, wobei es hie und da die Auffassung gab, daß nur die Getauften einen Schutzengel hätten. Insgesamt aber kann man sagen, daß sich in der theologischen Wissenschaft die auf der Offenbarung gründende, sichere Glaubensüberzeugung durchgesetzt hat, daß jeder Mensch – ausnahmslos jeder Mensch – einen Schutzengel an seiner Seite hat, und das vom Anfang seines Lebens, ja schon im Mutterschoß, bis zum Lebensende auf dem Totenbett.

Diese theologisch sichere Lehre wird gerade dann besonders deutlich, wenn wir die Stelle des heutigen Festevangeliums beim hl. Matthäus aufschlagen, wo Jesus die Jünger darüber belehrt, daß jeder, der in das Himmelreich eingehen will, eine kindliche Seele werden muß. Da ist die Rede vom Rangstreit unter den Aposteln: Wer ist der Größte im Gottesreich? Und ein jeder wollte es natürlich sein. Da stellte Christus ein Kind in die Mitte und sagte: „Wahrlich, Ich sage euch, wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr in das Himmelreich nicht eingehen“ (Mt. 18, 3). Mit anderen Worten: Ihr habt da noch gar keinen Rang im Gottesreich, um den ihr wetteifern könntet. Ihr seid noch gar nicht darin. Ihr müßt euch erst bekehren und werden wie Kinder! Freilich nicht kindisch, sondern kindlich. Ihr müßt kindliche Seelen werden. Kindliche Seelen sind „wie die Kinder“. Ja, wie sind denn Kinder? Kinder sind harmlos, vertrauensselig, ohne Arglist; sie kennen noch nicht die Tücke und die Hinterlist, nicht die Falschheit und Verstellung, nicht die Schlingen und Fallen, welche die Menschen im Leben einander bereiten können. Weil sie aber offen und ehrlich und vertrauensselig sind, deswegen sind sie auch wehrlos. Sie sind wehrlos der Bosheit preisgegeben. Und weil sie wehrlos sind, dürfen sie nicht schutzlos sein. So hat Gott zu ihrem Schutz die Engel bestellt; Engel, welche beständig das Antlitz des Vaters im Himmel schauen; gute Engel also, welche über das natürliche Leben und insbesondere über das übernatürliche Leben der kindlichen Seelen wachen.

Wörtlich sagt Christus: „Habt acht, daß ihr keines von diesen Kleinen geringschätzet; denn ich sage euch, ihre Engel im Himmel schauen immerfort das Angesicht meines Vaters, der im Himmel ist“ (Mt. 18, 10). Der Herr macht hier keine Einschränkung! Hier ist nicht die Rede von bestimmten „Kleinen“, wie etwa von „getauften Kindern“. Die gab es im Übrigen damals noch gar nicht! Deshalb beziehen sich diese Worte auf alle Menschen. Jedes Kind, ob nun getauft oder ungetauft, hat einen Schutzengel! So geht es aus den Worten Jesu hervor. Und wenn alle diese „Kleinen“ einen Schutzengel haben, dann ist auch nicht anzunehmen, daß derselbe eines Tages wieder von ihrer Seite weichen würde, und sie allein lassen sollte.

Der geheimnisvolle Einfluß des Schutzengels

Wie genau nun der heilige Schutzengel eingreift, um jedem gutgesinnten und offenen Menschen an Leib und Seele beizustehen; wie genau es ihm möglich ist, unser Denken und Tun zu beeinflussen, ist sehr geheimnisvoll. Wir können es nicht erforschen, geschweige denn verstehen oder erklären. Denn auch der Schutzengel kann seinen Schützling nicht zwingen. Der Mensch bleibt frei. Er kann entweder das Gute, welches ihm der Schutzgeist eingibt und welches seinem Heile förderlich ist, tun, oder er kann seine Seele, die Einsprechungen seines Engels mißachtend, auch zugrunderichten. Und doch kennt der Schutzengel geheimnisvolle Mittel und Wege unsere Seelen zu beeinflussen. Eine Überlegung kann uns vielleicht hierbei in diesem Glauben besonders bestärken: Gott sprach zu Moses: „Siehe, ich sende einen Engel vor dir her, um dich auf dem Wege zu behüten und dich an den Ort zu bringen, den ich für dich bestimmt habe“ (Ex. 23, 30). Gott hat also einen Engel beauftragt, uns zu behüten und uns an den Ort unserer himmlischen Heimat – denn das ist ja der Ort, den Gott für jeden Menschen eigentlich bestimmt hat – zu geleiten. Gott verlangt aber nichts Unmögliches; auch nicht von seinen hl. Engeln. Wenn also die Schutzengel von Gott einen Auftrag erhalten haben, dann gibt Er ihnen auch die Mittel diesen Auftrag auszuführen. Er gibt ihnen eine geheimnisvolle Wirkkraft, uns zu lenken und zu leiten, unbeschadet der dem Menschen gegebenen freien Selbstbestimmung und Eigenverantwortung.

Wie aber sollte der Schutzengel diese Aufgabe, welche ihm Gott gegeben hat, nicht mit liebevoller Hingabe und mit größtem Wohlwollen gegen seinen Schützling erfüllen? Gerade da der Engel ja auch die Gefahren, die jeder Seele blühen viel deutlicher sieht, als wir es tun. Der Engel sieht klar und deutlich vor sich, woran uns der hl. Petrus in seinem ersten Brief erst einmal wieder erinnern muß: „Der Teufel geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge“ (1. Petr. 5, 8). Es ist also ein großer Trost für uns, wenn wir durch das heutige Fest daran erinnert werden, daß über uns noch ein anderer Geist wacht; einer, der nicht ins Böse entartet ist; einer, der stärker ist als der gefallene Engel und der uns treu bleibt bis zum Tod. Dafür sollen wir dem himmlischen Vater auch danken, daß Er einen so mächtigen Schutzgeist in unseren Dienst gestellt hat.

Dabei dürfen wir aber keiner falschen, mechanischen, grobsinnlichen Vorstellung vom Schutzengel verfallen. Es wäre billig, dem Schutzengel im Unglücksfalle vorzuhalten: „Ja, als ich mir das Bein brach, da hast du mich nicht bewahrt. Da hast du nicht aufgepaßt, daß ich nicht unter die Räder kam.“ Der Schutzengel führt die ihm Anvertrauten zu Gott. Der Weg zu Gott ist manchmal hart und schmerzlich. Er kann durch Krankheit und durch Qualen hindurch führen, wie uns das Leben zahlreicher Heiliger zeigt. Aber deswegen bleibt es doch der Weg zu Gott! – Wenn es Gottes Wille ist, kann der Schutzengel uns selbstverständlich auch aus Gefahren des Leibes, der Gesundheit, des Lebens retten. Das kann er. Wenn Gott es so will, dann kann er es. Aber der Beistand der Engel ist, wie der Glaube überhaupt, kein Rechenexempel. Wenn man mit einem Engelgebet alle Gefahren von sich abhalten könnte, dann würde die Frömmigkeit zum Geschäft, dann würde der Glaube zum Handel, und das darf nicht sein.

Ferner müssen wir, die wir durch unseren Glauben belehrt sind und um die Existenz und die Hilfe unseres Schutzengels wissen, uns dieser Gabe Gottes selbstverständlich auch würdig erweisen. Wir erweisen uns des schützenden Beistandes unseres hl. Engels würdig, wenn wir die Bereitschaft haben, ihm folgsam zu sein; wenn wir ihn um seine Hilfe und seinen Rat anflehen und vor allem, wenn wir seinen Mahnungen und Warnungen gehorchen. So wird der heilige Schutzengel in unserem Leben wahre Wunder der Gnade wirken können und uns den Weg zum Himmel bahnen.

Die Einflußnahme auf unzugängliche Menschen

Wenn wir nun davon ausgehen, daß jeder Mensch einen Schutzengel hat, dann ändert sich in unserer Sicht auf die Welt und auf unsere Mitmenschen sehr vieles. Wir alle erleben es ja manchmal, daß wir zu irgendeiner anderen Person einfach keinen Zugang finden. Wir begegnen Menschen, die uns gegenüber offensichtlich feindselig eingestellt sind und es auch bleiben. Oft stellt sich bei uns dadurch eine gewisse Ratlosigkeit ein und wir fragen uns, was wir da wohl besonderes tun könnten; ja, ob wir da überhaupt noch irgend etwas tun können, um das Verhältnis zu bessern.

Wie wäre es, wir würden uns in solch einer Situation daran erinnern: Auch dieser Mensch hat an seiner Seite einen hl. Engel! Er hat einen himmlischen Geist bei sich, der ihn mit einer ganz edlen, reinen und übernatürlichen Liebe umfaßt und zu seinem Besten auf ihn einwirkt. Und wie wäre es nun, wir würden beispielsweise vor einem schweren, problematischen Gespräch, vor einem Zusammentreffen, das vermutlich nicht ganz einfach wird; oder angesichts einer auf Abneigung beruhenden eisigen Blockade, vor einer in aussichtstehenden Konfrontation mit einem Menschen, – wir würden in diesem Moment den Schutzengel des anderen anrufen.

Oder, noch übernatürlicher gedacht: Wir würden sozusagen unseren eigenen Schutzengel damit beauftragen, mit dem Engel des anderen Kontakt aufzunehmen und auf diesem Weg, sozusagen auf der höheren Ebene, über die Gräben und Barrieren hinweg, das Gespräch vorbereiten. – Wer so verfährt, der setzt dadurch nicht einfach nur ein Zeichen, daß er wirklich gläubig ist, sondern er kann auch wahre Wunder erleben! Denn dieser Engel, der an der Seite dieses mir ganz fremden, abgeneigten oder gar feindselig eingestellten Menschen steht, der kann uns am ehesten den Zugang zu dessen verschlossenen Herz bahnen.

Gerade Eltern sollten deshalb nicht nur für ihre Kinder beten, sie sollten besonders auch die Schutzengel ihrer Kinder anrufen. – Oder wissen wir beispielsweise von jemandem, der sich auf abschüssigen Wegen bewegt; warum denken wir nicht daran, besonders seinen hl. Schutzengel anzurufen; jenen Engel, der gleichzeitig das Angesicht des himmlischen Vaters schaut und auch den Seelenzustand seines Schützlings ganz besonders gut kennt. Ja, man könnte sogar soweit gehen, und sagen, daß uns mit dem Glauben an die hll. Schutzengel ein besonderes Instrument der „Machtausübung“ verliehen ist. Nicht einer magischen Machtausübung, selbstverständlich. Nicht einer Machtausübung mit der wir Herrschaft erstreben, sondern einer „Machtausübung“ der Liebe. Darum sollten wir also immer wieder, z.B. wenn unser Tag beginnt, die Schutzengel all der Menschen anrufen, die an diesem Tag in unserem Leben eine Rolle spielen werden. Und mögen wir auch die Schutzengel all derjenigen anrufen, mit denen die Menschen zu tun haben, die uns lieb und teuer sind, die uns anvertraut sind, für die wir in irgendeiner Art und Weise Verantwortung tragen. Dabei werden wir feststellen, daß sich vieles in unserem Leben ändern wird.

Denn der Schutzengel ist nicht nur eine Gabe für diejenigen, die getauft wurden. Nein, alle Menschen haben einen solchen fürsorglichen Begleiter. Auf alle können wir daher in gewisser Weise, einen heiligen und liebevollen Einfluß ausüben. Deshalb wollen wir täglich voll Vertrauen zu den hll. Schutzengeln rufen: „Ihr heiligen Engel Gottes! Ihr unsere Beschützer! Jeder Mensch ist durch die Güte Gottes einem von euch anvertraut. Erleuchtet, bewahret, geleitet und führet uns.“ Amen.

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