Seid, was ihr seht, und empfanget, was ihr seid

Geliebte Gottes!

Wir haben am vergangenen Sonntag, dem Fest der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, gesehen, daß der eine Gott in drei Personen durch die heiligmachende Gnade in unserer Seele wohnt, daß wir Gotteskinder und der Tempel des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes sind. Gott wohnt in uns, wie die Seele im Leib. Wie nämlich unsere Seele den Leib lebendig macht, so macht Gott unsere Seele lebendig, indem Er in ihr wohnt und ihr Sein göttliches Leben mitteilt, damit wir in alle Ewigkeit nicht von Ihm getrennt werden und so dem ewigen Tod der Verdammnis entgehen.

Die Erhaltung des ewigen Lebens

Schon der griechische Philosoph Sokrates soll das bekannte Sprichwort gebraucht haben: „Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen.“ Das ist wahr im natürlichen Bereich des Lebens. Die Speise ist lebensnotwendig. Sie verhindert den Tod; d.h. sie verhindert, daß sich Seele und Leib voneinander trennen. Was für das körperliche Leben gilt, daß gilt in ähnlicher Weise auch von dem übernatürlichen, göttlichen Leben der Seele. Auch dafür gibt es eine Speise, die dafür sorgt, daß sich das göttliche Gnadenleben nicht von unserer Seele trennt, sondern in ihr erhalten bleibt. Diese Speise ist das Fleisch und das Blut unseres Herrn Jesus Christus, von dem Er sagt: „Mein Fleisch ist wahrhaft eine Speise, und Mein Blut ist wahrhaft ein Trank. Wer mein Fleisch ißt und Mein Blut trinkt, der bleibt in Mir, und Ich in ihm“ (Joh. 6, 56). Das Allerheiligste Sakrament des Altares ist die Speise, welche das Leben der Gnade erhält, erneuert, vermehrt und entfaltet, weil es in sich den Urheber der Gnade, den Gottessohn Jesus Christus selbst enthält; mit Fleisch und Blut, mit Leib und Seele, mit Gottheit und Menschheit. – Welch unvorstellbare Güte und Herablassung wird uns damit zuteil! Christus wollte uns nicht nur vom ewigen Tod erlösen, uns nicht nur das göttliche Leben vermitteln, uns nicht nur am Leben der heiligsten Dreifaltigkeit teilnehmen lassen, sondern Er will es fortwährend in uns erhalten, indem Er uns Sich selbst, Sein Fleisch und Sein Blut, zur Speise gibt. Kurz: Er will alles für uns sein, selbst unsere Nahrung. Oder hat Er nicht gesagt: „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgestiegen ist. Wenn jemand von diesem Brote ißt, wird er leben in Ewigkeit. Das Brot aber, das Ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt“ (Joh. 6, 51)? Und hat Er andererseits nicht davor gewarnt: „Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esset und Sein Blut nicht trinket, so habt ihr das Leben nicht in euch“ (Joh. 6, 53)? Und nochmals sagt Er deutlich: „Wer Mein Fleisch ißt und Mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben, und Ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tage“ (Joh. 6, 53). Es ist also ganz klar: Zur Aufrechterhaltung des ewigen Lebens in der Seele ist der Empfang des Leibes Christi in der hl. Kommunion unentbehrlich.

„Mein Fleisch ist eine wahrhaftige Speise“ (Joh. 6, 55)

Wenn aber der Leib und das Blut des Herrn wahrhaftig eine Speise und ein Trank zum ewigen Leben sind, dann müssen sich sowohl die Wirkungen, als auch die Bedingungen zu ihrem Empfang, ähnlich verhalten, wie zum Genuß der körperlichen Speise. Wie die Aufnahme der leiblichen Speise nur in der geeigneten körperlichen Verfassung möglich bzw. förderlich ist, so ist dementsprechend auch die Fruchtbarkeit des Kommunionempfangs von der jeweiligen Seelenverfassung abhängig. Durcheilen wir kurz einige Parallelen der Seelenspeise zur Nahrung des Körpers. 1. Eine Speise nützt nur einem lebenden Menschen. Einem Toten hilft die Speise nicht mehr. Das Allerheiligste Altarsakrament ist nicht dazu eingesetzt, um die Seele vom Tod der Sünde zum übernatürlichen Leben zu erwecken, sondern dazu, das bereits vorhandene Gnadenleben zu erhalten und zu kräftigen. Folglich nützt der Genuß des Leibes Christi nur denen, die durch den Empfang der hl. Taufe, oder, im Falle eines Rückfalls in die Sünde, durch die Lossprechung im Bußsakrament, aktuell im ewigen Leben stehen, die also im Stand der heiligmachenden Gnade sind. Wie eine Speise im Mund eines Leichnams lediglich verfaulen und die Verwesung befördern würde, so zieht auch der Todsünder aus dem Genuß der himmlischen Speise nicht Segen, sondern nur Fluch. – 2. Kranke Verdauungsorgane führen meist dazu, daß keine Speise recht anschlägt. So kann auch die hl. Kommunion ihre Wirkung auf die Seele nicht entfalten, wenn sich der Mensch gleichgültig und lau gegenüber Gott verhält, wenn er also seine freiwilligen Nachlässigkeiten und Fehler nicht ernsthaft bekämpft, und seine Seele nicht durch beharrlichen Kampf gegen die täglichen Sünden reinigt und empfänglich macht für das „Brot des Lebens“. – 3. kann eine Speise wirkungslos bleiben, wenn sie zu hastig genossen, nicht gehörig zerteilt und gekaut wird. Das geschieht übertragen auf die hl. Eucharistie beim unvorbereiteten, unandächtigen, routinierten Empfang der hl. Kommunion. – Und schließlich 4. kann eine Speise, die absichtlich wieder erbrochen wird, ebensowenig nützen. Der Rückfall in die Todsünde, ist dem freiwilligen Erbrechen der Speise vergleichbar.

Wenn das Himmelsbrot hingegen in der rechten Weise empfangen wird, dann ist es eine sehr, sehr kraftvolle Speise. Vermag es doch Dinge zusammenzuhalten, die von Natur aus unendlich weit auseinanderliegen – Gott und Mensch. Abgründe tun sich hier auf. Und doch versichert uns Christus: „Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der bleibt in Mir und Ich in ihm.“ (Joh. 6,56). Durch diese Speise bleiben wir in Christus. Wir leben durch Ihn: „Gleichwie … Ich durch den Vater lebe, so wird auch der, welcher Mich ißt, leben durch Mich.“ (Joh. 6,57). Wir leben durch Christus, so wie Christus durch den Vater lebt! Der Genuß der hl. Kommunion erhält uns also kraft der ihr innewohnenden Stärke auf einer derart hohen Stufe des göttlichen Lebens, auf der wir uns mit unseren natürlichen Kräften unmöglich halten könnten, sondern zwangsläufig absinken müßten. Wie geschieht das? Der hl. Augustinus erklärt es, wenn er den Heiland sagen läßt: „Ich bin das Brot der Starken; wachse, genieße Mich! Doch nicht du wirst Mich umwandeln in dich, gleich leiblicher Speise; nein, du wirst umgewandelt werden in Mich!“ (Conf. 7, 10). Das ist die geheimnisvolle Wandlungskraft des Himmelsbrotes! Es wird nicht, wie die gewöhnliche Nahrung umgewandelt in unsere Substanz, sondern wir werden durch seinen würdigen Genuß umgewandelt in Christus. Wenn wir aber durch die hl. Eucharistie umgewandelt werden in Ihn, dann bleiben wir in Gott, wie es unser göttlicher Erlöser verheißen hat: „Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der bleibt in Mir und Ich in ihm.“ – Der hl. Franz von Sales zieht daraus den Schluß, daß alle Gläubigen das heiligste Sakrament sehr oft genießen sollen: die Schwachen, um stark; die Starken, um nicht schwach zu werden.

„Seid, was ihr seht!“

Nachdem wir zum einen die Parallelen zum Empfang des Himmelsbrotes und der Aufnahme irdischer Speise durcheilt haben, und von der geheimnisvollen Wandlungskraft des heiligsten Sakraments auf die Seele erfahren haben, stellt sich natürlich noch die Frage, in welcher Seelenverfassung wir uns befinden müssen, damit der Empfang des anbetungswürdigen Leibes unseres göttlichen Erlösers, möglichst förderlich auf die Entwicklung des Gnadenlebens in unserer Seele einwirken kann. – Der heilige Augustinus beantwortet diese Frage mit dem kernigen Satz: „Seid, was ihr seht!“ Seid das, was ihr bei der hl. Kommunion seht! Seid das, was euch vom Priester bei der hl. Kommunion gezeigt wird. – Was wird uns bei der hl. Kommunion vom Priester gezeigt? Die Gestalt der heiligen Hostie. Wenn wir also so wären, wie die kleine, runde Brotscheibe, welche uns vom Priester gezeigt wird, dann würden wir gut kommunizieren, denn dann wären wir demjenigen ähnlich geworden, den wir verborgen unter der Gestalt des Brotes empfangen. Was aber soll das bedeuten? Wie können wir der hl. Hostie ähnlich werden? Werfen wir einen Blick auf die Gestalt der heiligen Hostie und wir werden sehen, daß alles an ihr eine tiefe Bedeutung hat.

Der Weizen

Da ist zuallererst ihr Hauptbestandteil zu nennen – der Weizen. Viele Körner vereinigen sich in dem Brot, aus dem die heilige Hostie bereitet wird. Die hl. Kirchenväter erinnern gerne daran, daß Christus in der hl. Kommunion mit allen Gliedern Seines mystischen Leibes eine geheimnisvolle Einheit bildet. Alle Christen sind durch das Bekenntnis des katholischen Glaubens und den Besitz der heiligmachenden Gnade Glieder am geheimnisvollen Leibe Jesu Christi, der Kirche. – In der hl. Hostie ist Christus ganz und ungeteilt enthalten. Wenn wir also kommunizieren, dann müssen wir Christus auch so empfangen, wie Er ist – ganz und ungeteilt. Wir vereinigen uns in Liebe nicht nur mit Ihm, dem Haupt, sondern auch mit allen Seinen Gliedern. Man kann nämlich nicht das Haupt von den Gliedern des mystischen Leibes Christi trennen. Kommunion mit Christus ist also immer auch eine Kommunion mit allen Gläubigen. Der hl. Paulus sagt: „Ein Brot, ein Leib sind viele, alle die wir an dem einen Brote teilnehmen.“ (1. Kor. 10, 17). Aus dieser Perspektive ergibt es sich wie von selbst, daß zum fruchtbaren Empfang dieses heiligsten Sakramentes nicht nur die übernatürliche Liebe zu Gott notwendig ist. Wir müssen auch dafür sorgen, mit allen anderen Gliedern des mystischen Leibes in übernatürlicher Liebe geeint zu sein. Denn wenn sich schon die Glieder eines gesunden Körpers nicht gegenseitig bekämpfen, sondern ein harmonisches Ganzes bilden, so dürfen noch viel weniger die Glieder des makellosen Leibes Christi nicht in Feindschaft, Haß und Zwietracht untereinander leben. Deshalb müssen wir, soweit es in unserer Macht steht, mit allen im Frieden sein. Deshalb sagt der hl. Paulus: „Wenn es möglich ist, so habet, soviel an euch liegt, mit allen Menschen Frieden“ (Röm. 12, 18). Soweit es an uns liegt! Bisweilen geschieht es freilich, daß es nicht in unserer Macht liegt; daß andere sich feindselig, abweisend, kalt und unzugänglich gegen uns verhalten. Deshalb heißt es: „Soviel an euch liegt!“ Aber soweit es eben wirklich an uns liegt, müssen wir stetes bereits sein, falls nötig, um Verzeihung zu bitten und selbst zu verzeihen, sich um Gottes Willen auszusöhnen und den alten Groll im eigenen Herzen auszumerzen. Denn jede geflissentliche Kälte und selbst die geringste, freiwillig unterhaltene Abneigung gegen den Nächsten bildet ein Hindernis der vollkommenen Vereinigung mit Christus in der hl. Kommunion, weil wir Christus so nämlich nicht ganz und ungeteilt empfangen wollen.

Das Mehl

Bevor die Weizenkörner verarbeitet werden können, müssen sie gemahlen werden. Dabei sondert sich die Kleie ab und das reine, weiße Mehl sammelt sich in dem dazu bereiteten Behälter. – Wer die hl. Eucharistie empfangen will, der muß sich reinigen. Die Eigenliebe und die Selbstsucht muß zermahlen werden. Vor allem muß zuvor die Todsünde in der Seele zerstört und durch den Empfang der Lossprechung ausgeschieden werden, damit die Seele ganz rein ist. Noch vor hundert Jahren war es weitestgehend Brauch, nur dann zur Kommunion zu gehen, wenn man unmittelbar vorher gebeichtet hatte. Das war zwar gewiß eine Maßnahme, die zahlreiche unwürdige Kommunionen verhindert hat, führte jedoch dazu, daß die Gläubigen nur auf die hohen Feiertage, also vergleichsweise selten kommuniziert haben, und so viele Gnaden entbehren mußten. Dem wirkte der hl. Papst Pius X. entgegen, indem er die tägliche hl. Kommunion empfahl und förderte; wenn, ja, wenn sich der Empfänger nur im Gnadenstand befände! In unserer Zeit, wo das Kommunizieren so selbstverständlich – und vielleicht auch so gedankenlos – geworden ist, wie das sich Bekreuzigen mit dem Weihwasser, da wäre es heilsam, sich wenigstens an die alte Strenge zu erinnern und insbesondere an die Wort des hl. Paulus: „Daher prüfe sich der Mensch; und so esse er von diesem Brote und trinke aus diesem Kelche. Denn wer unwürdig ißt und trinkt, der ißt und trinkt sich das Gericht“ (1. Kor. 11, 28). Prüfen wir uns deshalb vor dem Gang zur Kommunionbank, ob wir wirklich Mehl sind und nicht etwa Kleie; ob wir nicht zuvor durch die Mühle der Zerknirschung im Beichtstuhl gemahlen und durch die sakramentale Lossprechung gereinigt werden müssen, bevor wir so sind, wie wir sein sollen – rein und weiß, wie das Himmelsbrot, das wir empfangen; abgesondert von der Sünde; im Stande der Unschuld.

Das Wasser

Das Mehl wird sodann zur Bereitung des Hostienteiges mit Wasser vermischt. Das Wasser ist das Bild des übernatürlichen Lebens der heiligmachenden Gnade. Wie sich das Wasser in Form des Morgentaus über eine Landschaft legt und sich sodann das Licht der aufgehenden Sonne in den unzähligen Tropfen bricht, so daß Felder, Wiesen und Wälder glänzen, leuchten und strahlen, so muß auch eine Seele, die sich mit Christus, dem „Licht der Welt“ vereinigen will, selbst von der heiligmachenden Gnade befeuchtet und durch das göttliche Licht des Heiligen Geistes, das sich in ihr bricht, verklärt sein. – Wie wird unserer Seele das verklärende Wasser der heiligmachenden Gnade eingegossen? Erstmals ist es geschehen, am Tag unserer Taufe, in Form des Taufwassers. Fürderhin geschieht es durch die Wasserbäche der Reuetränen, welche der Seele ihre ursprüngliche Schönheit & Klarheit wiederzugeben vermögen. Wir sollen also eine mit Reuetränen übergossene Hostie sein.

Ungesäuert

Der hl. Paulus sagt ferner: „Brüder! Schafft den alten Sauerteig hinaus, damit ihr ein neuer Teig seid. Ihr seid ja Ungesäuerte“ (1. Kor. 5, 7). Schon die Israeliten mußten ihr Osterlamm mit ungesäuertem Brot essen. Der Sauerteig ist das Bild der Bosheit und aller Verderbnis, das ungesäuerte Brot aber das der Unschuld. Die Israeliten durften während des Paschafestes nicht einmal einen Sauerteig im Haus haben. Der hl. Paulus macht die geistige Anwendung dieser alttestamentlichen Gesetzesvorschrift: „Darum laßt uns Festmahl halten, nicht mit dem alten Sauerteig, dem Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit, sondern mit dem ungesäuerten Brote der Lauterkeit und Wahrheit“ (ebd. f.). Und so sind auch wir in unserer Kommunionvorbereitung gehalten mit beständigem, unermüdlichen Eifer all das aus unserer Seele hinauszuschaffen, was in Form unserer Fehler, Laster und freiwilligen läßlichen Sünden an Rückständen der Bosheit, sei es von der Erbsünde herrührend, oder von unseren früheren persönlichen Sünden, noch zurückgeblieben ist. – Um reinen Wein zu lagern, genügt es nicht einfach nur den verdorbenen, sauren Wein, der sich zuvor in dem Gefäß befand, wegzuschütten. Wollte man den neuen Wein sofort in ein solches Gefäß eingießen, so würde die auf dem Boden des Gefäßes zurückgebliebene Hefe den frischen Wein schnell verderben. So ist es auch mit unserer Seele. Durch die gültige Lossprechung werden wir zwar vollständig von der Sünde befreit. Trotzdem bleiben die Rückstände der alten Sünden in der Seele zurück, weil wir sie wieder und wieder getan und auf diese Weise gut eingeübt haben. Die Laster und schlechten Gewohnheiten wirken in unserer Seele, wie die Heferückstände in einer Weinflasche. Wenn wir diese Rückstände nicht durch ernsthaften und ausdauernden Kampf entfernen, dann wird es nicht lange dauern, bis wir wieder rückfällig werden und der übernatürliche Wein wieder verdirbt, den uns Gott in Form des Gnadenlebens, der eingegossenen Tugenden und der Sieben Gaben des Heiligen Geistes so großzügig geschenkt hat. Deshalb muß dem fruchtbaren Kommunionempfang auch der Eifer im Streben nach Heiligkeit vorausgehen, indem wir rücksichtslos alles bekämpfen, was Gott an uns mißfällt.

Im Feuer gebacken

Damit aus dem Teig die höhere Daseinsform des Brotes werden kann, ist die verwandelnde Hitze des Backofens notwendig. Ein Feuer muß in der Seele brennen. Natürlich das Feuer- der Gottes und der Nächstenliebe. Aber insbesondere das göttliche Feuer des Heiligen Geistes soll die Seele bei der hl. Kommunion erfassen und umwandeln. – Das Feuer des Heiligen Geistes ist im Alten Bund auf wunderbare Weise vom Himmel auf das Opfer des Propheten Elias herabgekommen, um es vollständig aufzuzehren (vgl. 3. Kön. 18, 30-40). – Am Pfingsttag ist der Heilige Geist in Feuerzungen auf die Apostel herabgekommen, um sie gleichsam in andere Menschen umzuwandeln (vgl. Apg. 2). Sie waren dieselben und doch wurden sie andere. Vorher waren sie Zweifler, jetzt waren sie unerschütterlich im Glauben. Vorher waren sie zaghaft, jetzt waren sie todesmutig. Vorher versteckten sie sich vor den Juden, jetzt gingen sie hinaus in alle Welt, um das Evangelium zu verkündigen. Diese Umformung geschah durch die Feuersglut des Heiligen Geistes. – Was ist dazu erforderlich? Die gänzliche Hingabe an Christus! Der Heilige Geist ist nur bereit ein Ganzopfer, ein vollkommenes Opfer, ein vorbehaltloses Opfer anzunehmen, zu verzehren und umzugestalten. Unsere Ganzhingabe hat zwar bereits in der Taufe begonnen. Doch ist sie zumeist immer noch sehr unvollkommen. Es fehlt der vollkommene Opfergeist. Wir wollen Gott zwar etwas geben. Wir wollen Ihm vielleicht sogar viel geben; aber doch leider bei weitem nicht alles. Wie oft sind wir nicht schon unseren Vorsätzen wieder untreu geworden? Wie oft haben wir uns nicht schon Gott aufgeopfert? Im Idealfall, bei jeder hl. Messe, der wir beigewohnt haben. Aber immer wieder müssen wir feststellen, daß wir nach und nach das, was wir Gott geopfert hatten, dann doch wieder zurückgenommen haben. Die Anhänglichkeit an bestimmte läßliche Sünden, insbesondere die Selbstsucht und Eigenliebe, aber auch freiwillige Unvollkommenheiten und Nachlässigkeiten, mißfallen dem Herrn und „verletzen“ Ihn gewissermaßen. Sie verletzen Ihn, weil sich der Sohn Gottes so vorbehaltlos für uns zum Opfer darbrachte, als Er Sich im Ölgarten, an der Geißelsäule unter der Dornenkrone und am Kreuz vollkommen für uns aufgezehrt hat. In Seinem heiligsten Herzen brannte ein viel heißeres Feuer der Liebe, Hingabe und Opferfreude, als die Glut der Qualen in Seinem gemarterten Fleisch wütete. In der Glut des Kreuzesopfers wurde Christus im Feuer des Heiligen Geistes gleichsam zum „Brot des Lebens“ gebacken. Wenn wir uns mit Ihm in der hl. Kommunion vereinigen, müssen wir wenigstens den Willen haben, uns in gleicher Weise auszuliefern und uns zum Ganzopfer zu machen. Christus ist die geopferte Liebe. So müssen auch wir opferbereite Liebe sein. Schonung und Opferscheu hingegen bilden meist jenen Makel, welcher den Heiligen Geist zurückhält, uns mehr und mehr nach Christus umzugestalten.

Das Christusemblem auf der runden Hostie

Nach dem Backen trägt die Hostie zumeist auf der Vorderseite sichtbar ein Bild eingeprägt, ein Kreuz oder ein anderes Christusemblem. Es weist darauf hin, daß einerseits, das, was wir in diesem heiligsten Sakrament empfangen, nicht einfach in unserm Innern verborgen bleiben darf, sondern daß man durch unsere Werke erkennen können muß, daß wir Gotteskinder und Brüder Jesu Christi sind. Man muß aus unserem Tun und Lassen Christus herauslesen können, so daß wir anderen gegenüber eigentlich nicht viele Worte über unseren Glauben machen müssen.

Sind die Hostien gebacken, so werden sie schließlich ausgestochen und erhalten dabei ihre runde Form. Die runde Form des Kreises ist das Bild der Vollkommenheit und der Unendlichkeit, denn der Kreis hat weder Ecken noch Kanten, weder Anfang noch Ende. Das, was wir in der hl. Eucharistie empfangen, stellt uns die kreisförmige Hostie vor Augen: vollkommene Heiligkeit und unendliches, unsterbliches, ewiges Leben. „Wer dieses Brot ißt, wird leben in Ewigkeit“ (Joh. 6, 58), sagt der Herr.

„Empfanget, was ihr seid“

Halten wir also fest: Wenn wir der kleinen hl. Hostie, die uns der Priester zeigt, wirklich ähnlich geworden sind, dann sind wir auch demjenigen ähnlich geworden, der sich Kraft der Worte des Priesters unter der Gestalt der hl. Hostie mit Fleisch und Blut, mit Seele und Leib, Mit Gottheit und Menschheit verbirgt – Jesus Christus, dem Sohn des lebendigen Gottes. Das lehrte der hl. Augustinus den Neugetauften seiner Diözese Hippo-Regius in jener Predigt, der wir den kurzen Satz entnommen hatten: „Seid, was ihr seht.“ Der gesamte Ausspruch des hl. Kirchenlehrers lautet folgendermaßen: „Willst du den Leib Christi verstehen, so höre den Apostel zu den Gläubigen sagen: ‚Ihr seid der Leib Christi und Seine Glieder‘ (1. Kor. 12, 27). Wenn ihr also Christi Leib und Seine Glieder seid, so ist euer Mysterium auf den Tisch des Herrn gelegt: Ihr empfangt euer Mysterium. Zu dem, was ihr seid, antwortet ihr ‚Amen‘, und antwortend unterschreibt ihr es. Du hörst ja: ‚Der Leib Christi‘ und antwortest: ‚Amen‘. Sei also [wirklich] Glied Christi, daß das ‚Amen‘ wahr sei! Warum also im Brot? Den Apostel selber wollen wir mehrfach hören: ‚Ein Brot, ein Leib seid ihr, die Vielen!‘ (1. Kor. 10, 17). Sehet es ein und freuet euch: Einheit, Wahrheit, Treue, Liebe. ‚Ein Brot‘: Wer ist dieses eine Brot? ‚Ein Leib die Vielen.‘ Bedenket: Das Brot wird nicht aus einem Korn, sondern aus vielen bereitet. Als man über euch die Taufexorzismen sprach, wurdet ihr gleichsam gemahlen. Als ihr getauft wurdet, hat man euch gleichsam durchfeuchtet (zu einem Teig). Als ihr das Feuer des Heiligen Geistes empfinget, wurdet ihr gleichsam (zu einem Brot) gebacken. Seid, was ihr seht, und empfanget, was ihr seid! Das sagt der Apostel vom Brot“ (serm. 272). Ja, liebe Gläubige: Seid, was Ihr seht, und empfanget, was Ihr seid! Amen.

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