Die Pflicht der ehelichen Liebe

Geliebte Gottes!

Nachdem wir den Ursprung, die Einheit und Unauflöslichkeit der Ehe, ihre Zwecke und die Vorbereitung auf die Ehe beleuchtet haben, wollen wir uns nochmals insbesondere der Liebe zuwenden, welche die Eheleute zueinander haben müssen. Die Liebe des Mannes zu seiner Frau und die der Frau zu ihrem Mann ist eine Pflicht! Sie ist die erste Pflicht, die das Eheband fordert.

Wie der Priester mit dem Empfang des Weihesakramentes heilige Pflichten auferlegt bekommt und diesen Pflichten entsprechend ein standesgemäßes Leben führen muß, um die im Weihesakrament empfangenen Standesgnaden lebendig und wirksam zu halten, so ist es auch bei den Eheleuten. Am Hochzeitstag werden Braut und Bräutigam durch das Eheband, das sie untereinander knüpfen, zu einer unauflöslichen Einheit verbunden, die den Liebesbund unseres Herrn Jesus Christus mit Seiner Kirche repräsentiert. Um die zum Gelingen der Ehe notwendigen helfenden Gnaden des Ehesakramentes lebendig und wirksam zu halten, müssen beide fortan standesgemäß leben. D.h. der Mann muß danach streben die Frau so zu lieben, wie Christus die Kirche geliebt hat. Und umgekehrt muß die Frau danach trachten ihren Mann so zu lieben, wie die Kirche ihren göttlichen Bräutigam liebt.

Die Liebe des göttlichen Bräutigams

Wie hat nun Christus die Kirche geliebt? Der hl. Paulus sagt den Männern, sie sollten ihre Frauen lieben „wie auch Christus die Kirche liebt und sich für sie hingegeben hat“ (Eph. 5, 23). Christus hat die Kirche also geliebt, indem Er sich „für sie hingegeben hat“. D.h. indem Er alles in „dienender Liebe“ nur für sie getan hat. – Lassen Sie uns das, was der hl. Paulus mit den Worten „für sie hingegeben hat“ meint, ein klein wenig ausfalten. – Die Hingabe Christi an Seine Braut beginnt bereits im Augenblick Seiner Menschwerdung. Warum ist Christus überhaupt Mensch geworden? Das Credo der hl. Messe gibt zur Antwort „propter nos homines, et propter nostram salutem“ – „für uns Menschen und um unseres Heiles willen“. Mit anderen Worten: Christus ist Mensch geworden für die Kirche. – Während Seines verborgenen Lebens hat Er im Kreis der Heiligen Familie gebetet, geopfert, gearbeitet. Anders als mancher Ehemann dachte Er nicht zuerst an Seinen Beruf, sondern alles war schon hingeordnet auf Seine Braut. Es waren dreißig Jahre des Voraus-Denkens und des Voraus-Liebens. Für wen? Für die Kirche! – Zu Beginn Seines öffentlichen Lebens begab sich der Heiland in die Wüste, um dort 40 Tage und 40 Nächte zu fasten. Welcher Bräutigam geht vor der Hochzeit für 40 Tage in die Wüste? In der Wüste hat Christus den Versucher überwunden. Und wiederum die Frage: Für wen hat Er das getan? Sicher nicht für sich Selbst. Er hat den Teufel überwunden für seine Kirche; um Seine Braut dem Satan zu entreißen, um sie aus dessen Fängen zu befreien. – Sodann predigte Er das Evangelium, um Seine Braut, zu belehren; um sie an der Kenntnis der ewigen Wahrheiten teilhaben zu lassen; um mit Seiner Braut die tiefsten Geheimnisse Seines göttlichen Herzens zu teilen. Er trieb die Teufel aus und heilte die Kranken. Warum? Aus Erbarmen mit dem Elend Seiner Braut. Also wiederum für sie. Das sind Taten der dienenden Liebe Christi. Interessant ist im Zusammenhang mit den Krankenheilungen die Bemerkung des hl. Matthäus (Mt. 8, 16-17), der uns nämlich dabei auf die Erfüllung einer bestimmten Prophetie des Isaias hinweist, die da lautet: „Er hat unsere Krankheiten getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen“ (Is. 53, 4). – Man sagt von der hl. Johanna Franziska von Chantal, daß sie durch Gottes Gnade die Gabe der Krankenheilung empfangen hatte und mit einem Kuß alle Krankheiten heilen konnte. Aber dafür mußte die Heilige nach jeder Heilung für einige Tage selbst die Schmerzen der geheilten Krankheit auf sich nehmen. Das war der Preis, den die Heilige für ihren wunderbaren Liebesdienst zu zahlen hatte. Und sie hat es aus Liebe getan. – Ist es da zu weit hergeholt, dasselbe auch von Christus anzunehmen, wenn der Evangelist bei den Krankenheilungen schon ausdrücklich anmerkt „Er hat unsere Krankheiten getragen und unsere Schmerzen auf Sich geladen“? Warum hat Er sie Sich aufgeladen? Um sie von Seiner Braut wegzunehmen. Um ihr die Last, an der sie zu tragen hatte, abzunehmen. Also aus Liebe! – Sodann die gesamte Passion. Wir wissen, daß ein einziges Gebet und das Blut, welches Jesus schon acht Tage nach Seiner Geburt bei der Beschneidung vergossen hatte, ausgereicht hätte, um die gesamte Welt von ihren Sünden zu erlösen. Warum hat der Herr dann so viel gelitten, wenn doch ein Gebet und ein paar Blutstropfen genügt hätten? Weil ein kurzes Gebet und ein wenig Blut zwar hinreichend gewesen wären, um die Welt zu erlösen, aber nicht, um die ganze Liebe des göttlichen Bräutigams zu Seiner Braut auszudrücken. Die Anfeindungen, Beleidigungen und Verleumdungen durch die Pharisäer, Schriftgelehrten und Hohenpriester; die Nachstellungen Seiner Feinde; all das hat Er um der Kirche willen auf sich genommen. Für sie hat Er solche Todesangst gelitten, daß Er Blut geschwitzt hat. Der Verrat des Judas, die Verleugnung des Petrus, das Todesurteil des Pilatus, die Geißelung und Dornenkrönung, die Kreuztragung und Kreuzigung. All das Unrecht und die Schmerzen hat Er gelitten für Seine Braut. Um sie vor den ewigen Strafen zu schützen, hat Er all das auf Sich genommen. Als man Ihm die Nägel durch die Hände trieb, hat Er durch den Propheten Isaias zu Seiner Braut gesagt: „Siehe, in Meine Hände habe Ich dich geschrieben“ (Is. 49, 16). Das soll jeder Ehemann seiner Frau bei seiner Hände Arbeit im Herzen sagen. „Siehe, in Meine Hände habe Ich dich geschrieben.“ Aus Liebe zur Kirche sind diese Worte buchstäblich am Fleisch des Heilandes in Erfüllung gegangen. Doch damit noch nicht genug. Für Seine Braut wollte Christus alles weggeben. Seine Ehre, Seinen Besitz, ja, selbst das Kostbarste, was Er hatte, Seine heiligste Mutter. All dessen hat Er sich entäußert. Um Seiner Braut willen! – In Seinem dreistündigen Todeskampf litt er Schmerzen, Kälte, Durst und vor allem etwas für den Gottessohn ganz unerhörtes – die Gottverlassenheit! „Mein Gott, mein Gott warum hast du mich verlassen?“ (Mt. 27, 46), so hören wir Ihn am Kreuz beten. – Die entsetzlichsten Qualen, die Ihn äußerlich wie innerlich zerrissen haben, wollte Er leiden! Vergessen wir das nie. Christus hätte sich jederzeit der Passion entziehen können. Aber nein, Er wollte leiden! Nicht für Sich. Der Sündenlose braucht nicht zu leiden. Er hat es getan für Seine geliebte Braut. – Ja, für Seine Braut litt Er sogar das größte irdische Übel, das es überhaupt gibt – den Tod. Er wollte das bitterste Elend Seiner Braut mit ihr teilen – das Grab. Auch das geschah aus keinem geringeren Motiv als der Liebe. Denn, wie Er sagte: „Eine größere Liebe hat niemand, als der sein Leben hingibt für seine Freunde“ (Joh. 15, 13). – Aber die Liebe des göttlichen Bräutigams zu Seiner Braut geht sogar über den eigenen Tod hinaus. In Seiner Auferstehung hat Er den Tod besiegt, damit fortan Seine Braut durch den Glauben an Ihn ewiges Leben habe (vgl. 1. Joh. 5, 13). „In Christus hat Er uns auferweckt und uns den Platz im Himmel angewiesen“ (Eph. 2, 5 f.). Seiner Braut sollte der ganze Verdienst Seiner Erlösertätigkeit zugute kommen. – Für Seine Kirche ist Er schließlich in den Himmel aufgefahren, nicht um sich dort auszuruhen, sondern um dort für ihre Kinder Wohnungen zu bereiten; wie Er gesagt hat: „Ich gehe hin, euch einen Ort zu bereiten“ (Joh. 14, 2); um dort am Thron des himmlischen Vaters immerdar durch die Fürbitte Seiner verklärten Wunden für uns einzutreten (vgl. Heb. 7, 25); um Seiner Braut den Beistand des Heiligen Geistes zu senden und durch denselben bei ihr zu bleiben „alle Tage bis ans Ende der Welt“ (Mt. 28, 20). – All das hat Christus aus Liebe zur Kirche getan. So sehr liebt Christus seine Braut, daß Er ihr alles was Sein ist, übertragen hat. Alles hat Er ihr anvertraut: Seine Sendung hat Er ihr anvertraut. – „Wie Mich der Vater gesandt hat, so sende Ich euch“ (Joh. 20, 21). Die Seelen der Menschen. – „Weide Meine Schafe. Weide Meine Lämmer“ (Joh. 21, 16 f.). Seine Vollmachten übertrug Er ihr. „Wer euch hört, der hört Mich“ (Lk. 10, 16). Vor allem Sein Lebenswerk, das die Kirche in Form des hl. Meßopfers in Händen hält, hat Er ihr übertragen und gesagt: „Tut dies zu Meinem Gedächtnis“ (1. Kor. 11, 24 f.). – Alles hat Christus gegeben für Seine Braut. Alles was Sein ist, all Seine übernatürlichen Schätze hat Er mit ihr geteilt. – Das alles ist ausgesagt, wenn der hl. Paulus schreibt: „Ihr Männer, liebet eure Frauen, wie auch Christus die Kirche liebt und sich für sie hingegeben hat“ (Eph. 5, 23). Ein hohes Ideal also nach dem jeder Ehemann zu streben hat. Jeder Ehemann soll eine kleine Ausgabe des himmlischen Bräutigams werden.

Die Liebe der himmlischen Braut

Aber blicken wir auch darauf, wie die Kirche, die makellose Braut Christi, auf die Liebe ihres göttlichen Bräutigams geantwortet hat. – Sie ist Ihm stets treu geblieben. Sie hat die von Ihm geoffenbarte Lehre, die von Ihm eingesetzten sieben heiligen Sakramente und die von Ihm stammenden Gesetze bewahrt, verkündet, verteidigt ohne dabei selbst auch nur einen Millimeter davon abzuweichen. Sie hat für Ihren Bräutigam gelebt, für Ihn gedacht, für Ihn gearbeitet. Sie hat für Ihn unter Entbehrungen die Völker missioniert; hat die Völker in der hl. Taufe als ihre gemeinsamen Kinder zum übernatürlichen Leben der Gnade geboren, sie erzogen, sie zivilisiert. Die Kirche hat für Christus in ihren Märtyrern heldenhaft gelitten, ihr Blut vergossen, ihr Leben hingeopfert. Die Kirche hat für ihren Bräutigam in ihren Gliedern, insbesondere in den Heiligen, gläubig, rein, anspruchslos und gehorsam gelebt. Sie harrte aus in der Glaubenstreue. Sie hat sich stets Christus dem Haupt gehorsam unterworfen; sich nicht selbst verwirklicht oder ihr eigenes Lebenswerk geplant. – Jede Tat der Nächstenliebe eines Katholiken ist eine Tat der Kirche. Viele Taten der Liebe sind viele Taten der Kirche ihrem göttlichen Bräutigam zuliebe. – So sehen wir die Kirche an der Seite ihres göttlichen Bräutigams durch die Jahrhunderte gehen. Sie tut nichts ohne Ihn und alles für Ihn. Die Kirche wirkt Tag und Nacht, um das Reich Christi auszubreiten. Sie nimmt täglich an Seinem Leben Anteil in der Feier der hl. Sakramente; sie denkt an Ihn im Betreiben der Glaubenswissenschaft und im Gebet; sie schmückt die Altäre und Gotteshäuser für Ihn. – Das meint der hl. Paulus, wenn er die Liebe der Frau zu ihrem Ehemann mit den Worten beschreibt: „Wie aber die Kirche Christus untertan ist, so seien es auch die Frauen ihren Männern in allem“ (Eph. 5, 24).

Die Eigenschaften der ehelichen Liebe

Das ist also die Liebe des himmlischen Brautpaares. Sie ist das Urbild der ehelichen Liebe und damit Vorbild, Orientierung und Maßstab für alle Eheleute. Er lebt ganz für sie. Sie lebt ganz für Ihn. Das ist das hohe Ideal. Danach zu streben, haben sich die Eheleute am Tag ihrer Hochzeit verpflichtet. Wie muß diese Liebe aber nun konkret beschaffen sein? Im Wesentlichen muß die „dienende Liebe“ zwischen Mann und Frau vier Eigenschaften aufweisen: 1. Sie muß geistig, 2. übernatürlich, 3. opferwillig und 4. beständig sein. Durcheilen wir kurz diese vier Eigenschaften.

a) geistig

Die Liebe der Eheleute soll vor allem eine geistige und nicht in erster Linie eine bloß sinnliche Liebe sein. Die sinnliche Liebe hat ihre Wurzel in der Jugend, in der Schönheit des Körpers, in allem, was dem Auge gefällt und was den Sinnen angenehm ist. Und das hat in der Ehe durchaus seine Berechtigung. Aber die körperliche Liebe, welche auf dem Fundament der Sinne aufbaut, wird heute überall in Filmen, Fernsehen, Liedern und Romanen so hingestellt, als sei sie die Königin des Lebens, der Gipfel wahren Glücks, das erstrebenswerteste Gut überhaupt, die weder auf ein sittliches Gebot, noch auf die Tugend, noch auf die Eltern oder die Stimme der eigenen Vernunft zu hören brauche. Sie dürfe sich über alle Schranken der Religion, des Anstands, des Alters, ja sogar der Natur hinwegsetzen, um alles zu tun, damit das erstrebte Ziel, nämlich die Vereinigung der Liebenden, erreicht würde. Die Glorifizierung der körperlichen Liebe ist falsch und richtet ein entsetzliches Unheil an. Die sinnliche Liebe allein ist wie ein Rausch, der den Trunkenen zuerst singen und jubeln läßt und ihn am Ende verkatert, vielleicht sogar mit Ekel und Überdruß zurückläßt. Die sinnliche Liebe schwindet, wenn die Jugend vergeht; wenn das Alter seine Runzeln in das schöne Gesicht gräbt, wenn die Haare ausfallen oder grau werden; wenn die Vernunft erwacht und vielleicht entdeckt, daß in dem schönen Körper eine häßliche Seele wohnt; daß unter der schönen Gestalt ein schlechter Charakter verborgen ist; oder wenn auf einmal andere Gesichter auftauchen, die jugendlicher und schöner sind als die des Ehegatten. Die sinnliche Liebe kann das Eheband ebensogut knüpfen als auch zerreißen. Um ihre Launenhaftigkeit zu bezähmen und von der bloß animalischen zur menschlichen Liebe zu erheben, muß die Liebe der Eheleute geistig sein. D.h. sie muß auf den geistigen Vorzügen des Gatten gründen. Auf den geistigen Vorzügen, die nicht vergehen; die in zunehmendem Alter vielleicht sogar noch an Reife und Tugendhaftigkeit gewinnen. Geistige Vorzüge, die es leicht machen gegenseitig Hochachtung voreinander zu haben. Die geistigen Vorzüge eines guten Charakters. Der hl. Paulus gibt in der heutigen Epistel eine schöne Zusammenschau jener geistigen Vorzüge, welche die Ehe tragen: „Mitleidiges Erbarmen, Güte, Demut, Bescheidenheit, Geduld“ (Kol. 3, 12 ff.), usw. Auch die Ähnlichkeit des Standes, der Bildung, des religiösen Eifers, der Interessen, des Temperaments sind darin eingeschlossen. Sie bilden zusammen ein besseres, tieferes und damit haltbareres Fundament als der sinnliche Reiz körperlicher Schönheit. Diese Liebe kann nicht leicht zu groß sein, doch soll die Liebe zu Gott stets größer sein. Der Daseinszweck des Menschen ist nicht der Ehegatte, sondern Gott.

b) übernatürlich

Deshalb muß die Liebe der Eheleute zueinander auch übernatürlich sein. D.h. ähnlich wie ein Missionar die Heidenvölker liebt und nichts sehnlicher wünscht, als sie aus der Finsternis des Unglaubens ans Licht der katholischen Wahrheit zu führen. Wie ein Seelsorger, der die ihm anvertrauten Gläubigen liebt und darauf aus ist, sie für den Himmel zu gewinnen. Wie ein Beichtvater seine Beichtkinder liebt und nichts sehnlicher wünscht als ihnen ihre Sünden nachzulassen und ihnen die Mittel an die Hand geben zu können, welche sie vor dem Rückfall in die Sünde bewahren. So ähnlich soll in der Ehe der Mann die Frau, und die Frau den Mann lieben, indem sie nichts mehr wünschen, als einer dem anderen zum ewigen Leben behilflich zu sein; alles zu ertragen, alles zu verzeihen, damit beide zum ewigen Leben gelangen. Dann ist die Liebe übernatürlich. Wenn die Liebe übernatürlich ist, dann werden die Eheleute füreinander beten und Opfer bringen. Sie werden sich hüten einander, sei es in Wort oder Werk, irgendwie Anlaß zur Sünde zu geben. Sie werden einer den anderen gegenseitig erbauen. Sie werden, kurz gesagt, Hand in Hand den Weg zum Himmel gehen, sich gegenseitig helfend, sich aneifernd, sich gegenseitig ermutigend, sich tröstend. Wenn ihre Liebe übernatürlich ist, so werden sie den langen, schweren und steilen Weg sich gegenseitig zu erleichtern und nicht zu erschweren suchen. Am allerwenigsten werden sie einander vom rechten Weg abbringen. Es ist wahr und deshalb zu beherzigen: Zwei Eheleute werden in der Regel entweder beide selig werden oder beide ewig verloren gehen. Wie das zeitliche, so ist auch das ewige Schicksal beider Gatten sehr eng miteinander verknüpft.

c) opferwillig

Die gegenseitige Liebe der Eheleute muß drittens auch opferwillig und opferbereit sein. Wie wir gesehen haben, war die Liebe des Heilands vor allem zu jedem Opfer bereit. Unbedenklich hat Er das Holz der Schande, das Holz des Kreuzes, auf sich genommen, das Kreuz bestiegen, am Kreuz Sein Blut bis zum letzten Tropfen vergossen und Sein Leben hingegeben für Seine Kirche. So muß die eheliche Liebe sein; bereit, jede Mühe auf sich zu nehmen, jede Arbeit zu verrichten, wenn nötig das ganze Vermögen, jeden Augenblick des Tages und jede Stunde der Nacht zu opfern. Wenn die Männer ihre Frauen lieben wie Christus die Kirche, dann wird ihnen keine Arbeit zu schwer, keine Anstrengung zu langdauernd, kein Opfer zu teuer sein. – Wenn die Frauen wiederum ihre Männer so lieben wie die Kirche Christus liebt, dann wird ihnen keine Sorge zu groß und keine Mühe zu viel sein, um für den Mann alles zu besorgen, zu reinigen, zu schmücken und das gemeinsame Heim zu einem Heiligtum ehelichen Glücks zu machen.

Die Opferwilligkeit muß sich vor allem zeigen in der Geduld, im Ertragen. Das hat die Vorsehung Gottes so eingerichtet, daß die Süßigkeit und Bitterkeit des Lebens in der Ehe miteinander verbunden sind. Das war selbst in der Heiligen Familie so, wo mit Jesus, Maria und Joseph die unschuldigsten Personen unter einem Dach zusammenlebten. – Bitterkeiten, die der eine Eheteil dem anderen oder beide sich gegenseitig bereiten. Wie bitter für die Frau, wenn der Mann jähzornig, faul, rücksichtslos, untreu oder dem Alkohol zugeneigt ist. Wie bitter für den Mann, wenn die Frau nachlässig im Haushalt, streitsüchtig, rechthaberisch, verschwenderisch oder gar untreu ist. Und doch fordert es die eheliche Liebe: Die Fehler des anderen Teiles zu übersehen, wenn sie kleine sind; mit Sanftmut zu ermahnen, wenn sie groß sind; sie zuzudecken, wenn sie unbekannt sind; sie mit Geduld zu ertragen, wenn sie unverbesserlich sind. Welche Aufgabe, die nur von wahrer Liebe gelöst werden kann! „Die Liebe ist geduldig, ist gütig, ist nicht ehrgeizig, sie läßt sich nicht erbittern“ (1. Kor. 13, 4 f.). – Bitterkeiten, welche die Ehe belasten, kommen nicht selten von den Kindern: Wieviel Sorge bereiten die Kinder den Eltern, wenn sie gesund sind. Und noch mehr, wenn sie krank sind! Wenn sie leben und wenn sie womöglich sterben. Wenn sie klein sind und erst recht, wenn sie herangewachsen sind! „Kleine Kinder – kleine Sorgen. Große Kinder – große Sorgen“, sagt der Volksmund. – Das sind Bitterkeiten, die von der opferbereiten Liebe getragen werden müssen. – Schließlich sind noch Bitterkeiten zu nennen, welche von der göttlichen Vorsehung geschickt oder doch wenigstens zugelassen werden: Der Verlust des Vermögens, der Verlust der Arbeitsstelle, der Verlust der Gesundheit, Schwäche und Alter, schließlich der Tod, der den einen Gatten vom anderen trennt, nachdem sie so lange, oder vielleicht auch erst so kurz, den Lebensweg gemeinsam gegangen sind. Um sich in den Prüfungen ihres Standes zu bewähren und ihre Pflichten zu erfüllen, müssen die Eheleute eine wahrhaft opferwillige Liebe haben, wie sie der hl. Paulus beschreibt: „Die Liebe glaubt alles, hofft alles, trägt alles; sie hält allem stand“ (1. Kor. 13).

d) beständig

Die Liebe der Eheleute zueinander muß schließlich und endlich eine beständige Liebe sein. Sie muß Bestand haben bis ins Alter, bis zum Tod. Eine Liebe, die nicht schwindet, wenn auch Jugend und Schönheit verblüht sind. Eine Liebe, die nicht rostet mit der Länge der Zeit. Eine Liebe, die keinen Gedanken, keinen Blick, keinen Wunsch, keine Begierde, geschweige denn ein Werk duldet, das der ehelichen Treue zuwider ist. Die eheliche Liebe müßte so beständig sein, daß es überflüssig wäre über den Ehebruch auch nur ein Wort zu verlieren.

Die Eigenschaften der gegenseitigen Liebe der Eheleute werden versinnbildet durch den Ehering. Er soll von Gold sein. Das Gold ist das edelste Metall, wie die Liebe das teuerste ist, was ein Mensch zu verschenken hat. Die eheliche Liebe soll jede andere Liebe übertreffen, wie das Gold alle anderen Metalle an Wert und unveränderlichem Glanz übertrifft. – Der Ring ist kreisrund. D.h. die eheliche Liebe soll kein Ende finden. Der Ehering wird an den Ringfinger gesteckt. In der Antike herrschte die Überzeugung, daß die Vene des Ringfingers direkt zum Herzen gehe. D.h. die eheliche Liebe soll von Herzen kommen. Und der Ehering, soll gleichsam das ganze, ungeteilte Herz des Gatten umfangen und binden. Es wird nur ein Ring angesteckt. D.h. die Ehe soll nur zwischen einem Mann und einer Frau geschlossen werden. Andere sind von dieser Liebe ausgeschlossen.

Der goldene Ehering soll ein beständiger Zeuge für das einmal gegebene Versprechen beständiger gegenseitiger Liebe für die Eheleute sein. Denn welches Unrecht liegt im Ehebruch gegen den anderen Teil! Welches Unrecht bedeutet er für die Kinder! Welches Unrecht gegen das heilige Sakrament der Ehe und seine Gnade! Welche Beleidigung Christi und Seiner Kirche, deren Vereinigung durch die Ehe versinnbildet wird! Der hl. Paulus sagt: „Täuschet euch nicht, kein Ehebrecher wird das Reich Gottes besitzen“ (1. Kor. 6, 9). Mag der Ehebruch vor den Menschen geheim bleiben – vor Gott bleibt er nicht geheim. Mögen die meisten Menschen heute den Ehebruch als eine Geringfügigkeit abtun oder gar als spaßiges Hobby betreiben – vor Gott ist er eine große Sünde. Täuschen wir uns nicht! Die Ehebrecher, d.h. die unbußfertigen Ehebrecher, werden das Reich Gottes nicht besitzen. Das ist es, was Eheleute einander schuldig sind. Nichts weniger als die Liebe. Und zwar eine geistige, übernatürliche, opferwillige und beständige Liebe. Dazu haben sie am Hochzeitstag die Gnade des Sakramentes empfangen, damit sie sich so lieben können, wie Christus Seine Kirche liebt und umgekehrt. Wenn sich die Eheleute um eine solche Liebe täglich bemühen, dann wird der Friede in ihrem Haus wohnen; der Friede der Eintracht, der von allen irdischen Gütern das Beste ist. Man wird von ihnen sagen können: Zwei Seelen und ein Gedanke, zwei Herzen und ein Schlag, ein Herz und eine Seele. – Die Freuden werden doppelt sein, die Trübsale geteiltes Leid. Die Ehe wird zur Schule der Tugend, ein Mittel der Heiligung, eine Vorbereitung für das ewige Leben. – Ein mexikanischer Gutsbesitzer hat seiner verstorbenen Gemahlin die folgenden schönen Worte als Inschrift aufs Grab gesetzt: „Dem Andenken meiner lieben Gattin. Sie hat mich verlassen, indem sie meinem Herzen das Weh vererbte, an dem sie litt und starb: Das Heimweh nach dem Himmel.“ Amen.

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