Warum wir tun, was wir tun – gültig und katholisch

Geliebte Gottes!

Wir feiern heute das Weihefest der Kathedrale von Rottenburg. Auch wenn die wenigsten von uns aus der Diözese Rottenburg stammen, so gibt uns dieses Fest doch Anlaß dazu, uns an die Bedeutung der Kathedralen unserer Heimatbistümer zu erinnern. 

Mutterkirche

Wie Sie wissen, ist Rom die Hauptstadt der Christenheit. Denn in Rom befindet sich die Bischofskirche des Papstes. Die Bischofskirche des Papstes ist nicht der Petersdom, sondern die Basilika vom Allerheiligsten Erlöser am Lateran. Kaiser Konstantin I. hatte diese Basilika den Päpsten geschenkt, woraufhin diese sie zu ihrer Bischofskirche bestimmten und dort ihren offiziellen Sitz bezogen haben. So ist es dann auch Tradition geblieben, daß jeder neugewählte Papst zur Lateranbasilika zieht, um dort auf dem prächtigen Bischofsthron Platz zu nehmen und damit den Bischofsstuhl über allen Bischofsstühlen, also den päpstlichen Thron, für sich in Besitz zu nehmen. – Wie der Papst der Vater der gesamten Christenheit ist, so ist seine Bischofskirche, die Lateranbasilika in Rom, die Mutter aller katholischen Kirchen in der Welt. Deshalb findet sich an der Lateranbasilika die Inschrift „Omnium ecclesiarum urbis et orbis mater et caput“ – also „Mutter und Oberhaupt aller Kirchen der Stadt und des Erdkreises.“

Was von Rom und der Kathedrale des Papstes ihm Hinblick auf die gesamte Weltkirche gilt, das gilt in ähnlicher Weise für die Bischofsstadt und die dortige Kathedrale. Für die Katholiken des Bistums Rottenburg-Stuttgart ist Rottenburg die Hauptstadt. Dort steht die Kathedra, d.h. der Lehrstuhl des Ortsbischofs, des obersten Priesters und Lehrers der Diözese, der dem Papst in Rom untertan ist. Deshalb ist die Kathedrale von Rottenburg die Mutterkirche des Bistums. Sie ist die Mutter und Lehrmeisterin aller katholischen Pfarrkirchen, Kirchen und Kapellen der Diözese, wo die Katholiken tagein tagaus zusammenkommen, um an den Gottesdiensten, vor allem am hl. Meßopfer, teilzunehmen; um Gott zu verherrlichen, ihre Seele zu heiligen und für die Ewigkeit zu retten. Weil die Katholiken eines Bistums unmöglich an allen Sonn- und Feiertagen im Dom ihre Sonntagspflicht erfüllen können, wie es eigentlich sein sollte, um die Einheit mit ihrem Bischof zum Ausdruck zu bringen, haben die Bischöfe Pfarreien errichtet. Sie haben Kirchen und Kapellen bauen lassen und geweiht. Sie haben Priester ausgebildet, geweiht und sie damit beauftragt, vor Ort bei den Gläubigen die hl. Messe zu zelebrieren, damit das katholische Volk selbst im entlegensten Winkel des Bistums die Gelegenheit hätte, die katholische Religion zu praktizieren. So war und wäre es unter normalen Umständen. – Kurz: Von der Kathedralkirche hängen alle anderen Gotteshäuser, Priester und Gottesdienste eines Bistums ab. Und zum Ausdruck dieser Abhängigkeit und innigen Verbundenheit mit der Bischofskirche wird der Weihetag der Kathedrale in allen Kirchen und Kapellen, die deren Ableger sind, von allen Katholiken eines ganzen Bistums gemeinsam begangen. Deshalb feiern wir heute das Weihefest der Kathedrale, um unsere Verbundenheit durch die Kirche von Rottenburg mit der römisch katholischen Kirche zu zeigen.

Bach, Strom, Ozean

Die Lateranbasilika ist die Mutter aller Kirchen des gesamten Erdkreises. Die Kathedrale eines Bistums ist die Tochter der römischen Kirche und gleichzeitig selbst Mutter aller Pfarrkirchen und Kapellen. Alle hll. Messen, die verstreut über das Diözesangebiet gefeiert werden, fließen gleichsam zusammen auf den Altar des Ortsbischofs, so wie sich unzählige Bäche in einem Strom vereinen. Aus jeder Diözese fließt ein solcher Strom der Gottesverehrung. Alle zusammen vereinigen sich zu einem Ozean auf dem Altar des Papstes, damit durch den Obersten Pontifex der katholischen Kirche, durch den Stellvertreter Jesu Christi, der göttlichen Majestät im Namen der gesamten Kirche die höchste Verherrlichung erwiesen wird.

Diesem Zusammenhang des katholischen Opferkultes wird in der Liturgie insofern Rechnung getragen, als zu Beginn des Kanons in der hl. Messe ausdrücklich der Name des regierenden Papstes (sofern es einen gibt) und des regierenden Ortsbischofs (sofern es einen gibt) genannt wird. „Una cum“, also „zusammen mit“„in Einheit mit“ dem Papst und dem jeweiligen Ortsbischof wird jede hl. Messe Gott dargebracht. Das „una cum“ im Meßkanon stellt die Verbindung jeder einzelnen hl. Messe mit der Einheit des gesamten katholischen Gottesdienstes auf der ganzen Welt her. – Sich diese Zusammenhänge wieder einmal in Erinnerung zu rufen, ist für uns Katholiken in der papstlosen Zeit von großer Wichtigkeit. Zum einen müssen wir unser Heimatbistum, unsere Heimatkathedrale und unsere Heimatpfarrei lieben und hochachten, auch wenn sie – materiell – seit dem sog. 2. Vatikanum von Vertretern einer neuen, falschen Religion erobert, geraubt, besetzt, profaniert und verunstaltet worden sind. Sie sind die Einrichtungen, wo wir Katholiken unter normalen Umständen eigentlich hingehören würden. Zum anderen dürfen wir, gerade wegen der außerordentlichen Umstände, in denen wir heute leben, und weil wir aufgrund der feindlichen Übernahme aller katholischen Einrichtungen durch die Modernisten am ordentlichen katholischen Gottesdienst in unseren Pfarreien und Domkirchen gehindert sind, den katholischen Sinn nicht verlieren. Wir dürfen aufgrund eines unerleuchteten Eifers für das wahre, katholische Meßopfer nicht verwildern. – Was ist damit gemeint?

In Persona Christi und der Kirche

Viele Priester und Laien, die sich seit dem sog. 2. Vatikanum der „Bewegung der Tradition“ angeschlossen haben, Priester und Laien, welche die „Neue Messe“ ablehnen und zurückweisen, um stattdessen dem überlieferten Ritus des lateinischen Meßopfers treu zu bleiben, haben in den letzten Jahrzehnten über der berechtigten Sorge um die Gültigkeit der hl. Messe eine Problematik fast völlig aus den Augen verloren. Nämlich die Problematik, die jenen Messen anhaftet, die zwar von gültig geweihten Priestern nach einem gültigen Ritus gefeiert werden, jedoch von Priestern, die außerhalb der katholischen Kirche stehen, weil sie sich durch das „una cum“ im Meßkanon mit einer Hierarchie verbinden, welche nicht die Hierarchie der katholischen Kirche ist. – So ähnlich wie es bereits seit fast 1000 Jahren bei den schismatischen Orthodoxen der Fall ist, die sich weigern, den römischen Primat anzuerkennen, und deren Gottesdienst deshalb außerhalb der katholischen Kirche stattfindet. Die Orthodoxen haben ein gültiges Weihesakrament – ihre Bischöfe sind wahre Bischöfe. Folglich sind ihre Priester wirkliche Priester. Ferner gebrauchen die Orthodoxen in der Liturgie einen katholischen Ritus, der unzweifelhaft gültig ist. Auch bei manchen Altkatholiken und anderen Gemeinschaften mit gültigem Weihesakrament sind die hll. Messen zwar gültig – d.h. die Wandlung findet statt, das Opfer Jesu Christi von Kalvaria wird vergegenwärtigt - aber diese hll. Messen sind nicht katholisch!

Es ist die einmütige Lehre der Päpste, Kirchenväter und Theologen, daß es zur gültigen Feier der hl. Messe unabdingbar ist, daß der Zelebrant durch den Empfang einer gültigen Priesterweihe befähigt sein muß, „in der Person Christi“ am Altar zu handeln. – Nun ist aber nach katholischer Lehre eine gültige Messe noch keine katholische Messe! Um eine katholische Messe zu feiern, muß der Zelebrant nicht nur „in der Person Christi“ handeln, sondern zugleich auch „in der Person der Kirche“. D.h. er muß das hl. Opfer nicht nur kraft seiner Weihegewalt über Brot und Wein darbringen können, sondern er muß es kraft der Erlaubnis der katholischen Kirche – d.h. kraft der Erlaubnis des Papstes und des jeweiligen Ortsbischofs – auch darbringen dürfen!

Der hl. Thomas von Aquin erläutert diese Unterscheidung. Er sagt: „Weil die Wandlung bei der Eucharistie eine Handlung ist, die sich aus der Vollmacht der Weihegewalt ergibt, so können zwar jene, die durch Häresie, Schisma oder Exkommunikation von der Kirche getrennt sind, die Wandlung bei der Eucharistie in der Tat bewirken, die, von ihnen vollzogen, den wahren Leib und das Blut Christi enthält. Doch tun sie das, indem sie es tun, nicht rechtmäßig, sondern vielmehr sündhaft. Demzufolge empfangen sie nicht die Frucht des Opfers, welches ein geistiges Opfer ist“ (S.th. III q. 82 a. 7 corp.). Und in demselben Artikel erklärt der engelgleiche Lehrer den Grund dafür: „Während der Messe spricht der Priester die Gebete in der Tat im Namen der Kirche, mit der in Einheit er sich befindet. Bei der Konsekration [Wandlung] hingegen, spricht er in der Person Christi, dessen Stelle er durch die Gewalt der Priesterweihe vertritt. Wenn darum ein aus der Einheit mit der Kirche ausgeschiedener Priester die hl. Messe feiert, so konsekriert er, weil er die Gewalt der Priesterweihe nicht verliert, zwar den wahren Leib und das wahre Blut Christi. Weil er aber von der Einheit mit der Kirche getrennt ist, haben seine Gebete keine Wirksamkeit“ (S.th. III q. 82 a.7 ad 3).

Nicht jede gültige hl. Messe im sog. tridentinischen Ritus ist also gleichzeitig auch schon eine katholische Messe, die bei Gott Wohlgefallen findet und den Seelen Gnaden mitteilt. Manche Päpste und Heilige haben sich diesbezüglich noch viel schärfer ausgedrückt als der Aquinate. Der hl. Cyprian, Bischof von Karthago, sagte beispielsweise: „Der Schismatiker wagt es, einen [unabhängigen] Altar zu errichten, und die Wahrheit des göttlichen Opfers durch das Mittel des falschen Opfers zu profanieren.“ Er verfuhr deshalb sehr streng mit rebellischen, schismatischen Priestern, versetzte sie in den Laienstand zurück und bezeichnete sie als „jene, die gegen den einzigen und göttlichen Altar versuchen, außerhalb der Kirche sakrilegische und falsche Opfer darzubringen“. Ähnlich wortgewaltig äußerte sich der hl. Hieronymus: „Gott haßt die Opfer jener [Häretiker und Schismatiker] und weist sie von sich. Und wo auch immer sie sich versammeln ‚im Namen des Herrn’, verabscheut Er ihre Reden.“

Schließlich sei noch der berühmte „Beichtvater Roms“, der Jesuit Felice Capello (1879-1962) zitiert. Er sagt: „Priester, die von der Kirche abgeschnitten sind, obwohl sie gültig im Namen Christi das Meßopfer feiern, zelebrieren dennoch nicht als Priester der Kirche, noch in der Person der Kirche. Denn der Priester hat die Macht des Gebetes, der Fürbitte und des Opfers im Namen der Kirche wegen seiner Zugehörigkeit zur Kirche Christi verliehen bekommen. Steht er außerhalb der Kirche, kann ihm durch die Kirche die Vollmacht in ihrem Namen zu handeln und zu zelebrieren, entzogen werden.“ Aus diesen Textstellen ist klar ersichtlich, daß die Gültigkeit allein für hl. Messe noch nicht ausreicht, um eine katholische Messe zu sein. Vielmehr muß ein weiterer, äußerst bedeutender Faktor hinzukommen: Die Tatsache, daß der Priester im Namen der Kirche handelt, d.h. von der Kirche durch die rechtmäßigen Inhaber der kirchlichen Autorität dazu beauftragt wurde, in ihrem Namen zu predigen, das Meßopfer darzubringen und die Sakramente zu spenden.

Gültig aber nicht katholisch

Hier finden wir den Grund, warum es für Katholiken unmöglich ist, etwa an den hll. Messen der Priesterbruderschaft St. Pius X. teilzunehmen. Ihre Priester sind zwar im Gegensatz zu den (meisten) Priestern der Petrusbruderschaft oder anderer „altritueller“ Novus-Ordo-Gemeinschaften gültig geweiht, jedoch bringen die Priester der Piusbruderschaft das hl. Opfer außerhalb der katholischen Kirche dar. Warum ist das so? – Weil sich die Patres der Piusbruderschaft durch das „una cum“ ihrer Messen mit einer falschen Hierarchie verbinden, die nicht die Hierarchie der katholischen Kirche ist! Die katholische Kirche hat derzeit – Gott sei‘s geklagt – keine Amtsinhaber. Diesem Umstand muß ein katholischer Priester Rechnung tragen, indem er in der hl. Messe beim „una cum“ keine Namen einfügt. Wenn der Pius-Pater hingegen im Meßkanon den Namen Bergoglios und des Novus-Ordo-Bischofs einfügt, dann erklärt der Zelebrant damit, Bergoglio sei der rechtmäßige Papst mit dem er sich in Einheit befinde. Ferner erklärt der Zelebrant zwangsläufig damit, daß die Novus-Ordo-Kirche, deren Oberhaupt Bergoglio ist, identisch mit der römisch-katholischen Kirche sei. Daß das nicht der Fall sein kann, haben wir bereits öfters erklärt: Bergoglio und seine Novus-Ordo-Bischöfe lehren eine neue, ökumenistische Religion, die nicht die katholische Religion ist, weil die katholische Religion den Ökumenismus verdammt hat. Folglich kann die ökumenistische Kirche Bergoglios nicht die katholische Kirche sein. Jede Messe, die in Einheit („una cum“) mit dieser falschen, ökumenistischen Kirche zelebriert wird, kann folglich unmöglich eine katholische hl. Messe sein. Genau das trifft aber auf die Messen der Piusbruderschaft zu.

Doch bei den Messen der Piusbruderschaft kommt noch ein weiterer Grund hinzu, warum sie nicht katholisch sind: Es fehlt ihnen der Auftrag „im Namen der Kirche“ das hl. Meßopfer zu feiern. Versetzen wir uns kurz in die Optik der Piusbruderschaft. Also gesetzt den Fall: Bergoglio wäre tatsächlich Papst. Dann wäre eine hl. Messe, die ein Priester feiert, nicht deshalb schon katholisch, nur weil der Priester Bergoglio und seinen Novus-Ordo-Ortsbischof im Meßkanon erwähnt, sondern erst dann, wenn dieser Priester von Bergoglio und seiner Hierarchie kanonisch anerkannt und beauftragt worden ist, die hl. Messe „in der Person der Kirche“ zu feiern. Zum erlaubten Gebrauch der priesterlichen Vollmacht ist es zwar notwendig, daß der Priester den Papst anerkennt, noch viel wichtiger jedoch ist es, daß der Papst den Priester anerkennt! Ohne den Auftrag dessen, dem Gott die volle Autorität über die gesamte Herde Christi anvertraut hat; ohne die Erlaubnis dessen, dem Christus die oberste Hirtengewalt erteilt hat, die katholische Kirche zu lehren, zu leiten und zu heiligen, bleibt eine gültige hl. Messe trotzdem eine nicht-katholischen Messe. Ein Priester muß ferner als Beauftragter des jeweiligen Diözesanbischofs, in dessen Bistum die hl. Messe zelebriert werden soll, handeln. Handelt der Priester ohne Erlaubnis des Diözesanbischofs, dann handelt er gleichzeitig auch ohne Genehmigung des Papstes. Genau das ist bei der Piusbruderschaft der Fall. Es fehlt ihnen die „kanonische Anerkennung“ und damit der von der katholischen Kirche an ihre Priester gerichtete Auftrag, offiziell „in Person der Kirche“ das hl. Meßopfer darzubringen. Kurz: Die hll. Messen der Pius-Patres sowie die von ihnen gespendeten Sakramente sind zwar gültig, aber nicht katholisch, weil sie als Spender nicht im Auftrag der Kirche und damit nicht „in der Person der Kirche“ handeln. – Das ist die Verfassung der katholischen Kirche. 

Aus diesen beiden Gründen sind die Messen der Priesterbruderschaft St. Pius X. sowohl aus der Perspektive der Sedisvakantisten als auch aus ihrer eigenen „sedisplenistischen“ Perspektive in jedem Fall nicht katholisch. 

Der Grundsatz der „Epikie“

Wie verhält es sich aber dann mit den katholischen Priestern, die öffentlich bekennen, daß die katholische Kirche derzeit keinen Papst und keine Diözesanbischöfe hat? Wer gibt ihnen die Erlaubnis „in der Person der Kirche“ zu handeln? Wer bevollmächtigt sie, wenn es heute gar keine Autorität gibt, die sie bevollmächtigen könnte, die hl. Messe zu zelebrieren, die hll. Sakramente zu spenden oder zu predigen? Ja, dürfen Sie als Katholiken überhaupt an den hll. Messe in unserer Kapelle teilnehmen? – Jeder, der hier zur hl. Messe kommt, sollte diese Frage eigentlich beantworten und seine Antwort begründen können. Die Antwort lautet: Ja! Sie dürfen hier der hl. Messe beiwohnen, weil es sich dabei sowohl um eine gültige als auch um eine katholische hl. Messe handelt. – Wie kann es sich dabei um eine katholische Messe handeln, ohne oberhirtlichen Auftrag? Aufgrund eines moraltheologischen Prinzips, der sog. „Epikie“ (von griech.: ἐπιείκεια d.h. der Rechtsbilligkeit, Milde, Angemessenheit). 

Darunter ist Folgendes zu verstehen: Der Gesetzgeber kann in seinen Anordnungen nie alle Fälle des vielgestaltigen Lebens vorsehen und gibt seine Bestimmungen im Hinblick auf die mehr oder weniger gewöhnlichen Umstände, z.B. eben die Anordnung, daß ein katholischer Priester zur erlaubten Feier der hl. Messe und zur erlaubten Spendung der hll. Sakramente die Beauftragung durch die rechtmäßige kirchliche Autorität braucht, also des Papstes bzw. des zuständigen Diözesanbischofs. – Treten nun aber ganz besondere Umstände ein, etwa die einer Christenverfolgung, während der die kirchliche Autorität über lange Zeit nicht zugänglich ist, weil die Bischöfe entweder hingerichtet wurden oder in Haft sind und auch die Kommunikation mit den römischen Kirchenbehörden unmöglich ist; oder wenn dem vergleichbare Umstände eintreten, wie etwa eine Jahrzehnte anhaltende Vakanz des päpstlichen Stuhles und in der Folge auch der Bischofsstühle. Wenn also Umstände eintreten, durch welche die genaue Beobachtung des Gesetzes unmöglich wird und sich die genaue Befolgung des Gesetzes für das Heil der Seelen offenbar schädlich auswirken würde (Wer wollte es leugnen, daß es für die Seelen schädlich wäre, wenn mangels eines Papstes und mangels rechtmäßiger Bischöfe, kein Priester mehr bevollmächtigt werden könnte, die hl. Messe zu feiern, die hll. Sakramente zu spenden oder durch die Predigt den katholischen Glauben zu verkünden?). Wenn also solch besondere Umstände eintreten, die es unmöglich machen, die zuständige kirchliche Autorität um die notwendige Erlaubnis anzugehen, dann darf die Erlaubnis nach dem Grundsatz der „Epikie“ vorläufig für gewährt erachtet werden, insofern der Gesetzgeber unter normalen Umständen in ähnlich gelagerten Fällen die Erlaubnis zu erteilen pflegt. 

Nun ist es aber sonnenklar, daß die Päpste und die katholischen Bischöfe vor dem Eintreten der Sedisvakanz hinreichend qualifizierten, rechtgläubigen und unbescholtenen Priestern ganz selbstverständlich den Auftrag erteilt haben, die hl. Messe zu feiern, die hll. Sakramente zu spenden und den Glauben zu verkündigen. Deshalb ist es nach dem Grundsatz der „Epikie“ erlaubt, die Bevollmächtigung zur Zelebration der hl. Messe, zur Predigt und zur Spendung der hll. Sakramente vorläufig als gegeben anzusehen, solange bis die Hierarchie der katholischen Kirche wiederhergestellt sein wird und sodann auf ordentlichem Weg um die kanonische Anerkennung angegangen werden kann – und angegangen werden muß. 

Die Piusbruderschaft und „Epikie“

Aber kann sich nicht auch die Priesterbruderschaft St. Pius X. auf den Grundsatz der „Epikie“ stützen? Nein, die Patres der Piusbruderschaft können sich nicht darauf berufen. Warum? Weil die Piusbruderschaft erklärt, daß die Novus-Ordo-Hierarchie die rechtmäßige Hierarchie der katholischen Kirche sei. In ihren Augen gibt es also derzeit einen wahren Papst. Alle Bischofsstühle sind von katholischen Bischöfen besetzt. Die kirchlichen Autoritäten sind also sehr leicht zugänglich, wie gerade die zahlreichen Berichte über Treffen und Unterhandlungen mit den „römischen Autoritäten“ sowie die vielen Photos ihrer Oberen mit den Konzilspäpsten oder befreundeten Novus-Ordo-Bischöfen beweisen. Folglich bräuchte sich die Piusbruderschaft nur dieser Hierarchie unterwerfen, um von ihr die kanonische Anerkennung und damit den Auftrag zu erhalten, „in der Person der Kirche“ zu handeln. Freilich zu den Konditionen, welche die in ihren Augen rechtmäßige Hierarchie dieser Kirche vorgibt …

Halten wir fest: Die Anwendung der „Epikie“ setzt grundsätzlich die Abwesenheit einer rechtmäßigen Autorität voraus! Man kann sich also nie für den Widerstand gegen eine gegenwärtige, handlungsfähige und rechtmäßige höhere Instanz auf „Epikie“ berufen, wenn diese vorhanden und erreichbar ist. – Durch das „una cum“ in den Messen der Piusbruderschaft wird eben gerade anerkannt, daß sich ein rechtmäßiger Gesetzgeber in Rom und dessen bischöflicher Stellvertreter im örtlichen Bischofspalais befinden. Mit der Anerkennung der Novus-Ordo-Hierarchie als die Hierarchie der katholischen Kirche zerstört die Piusbruderschaft den moralischen Unterbau, der ein außerordentliches Apostolat, wie es die Bruderschaft weltweit betreibt, rechtfertigen würde; wie es aber berechtigterweise nur von den sedisvakantistischen Priestern fortgesetzt werden kann, die aufgrund der „Epikie“ rechtmäßig handeln.

Man kann den Fall der Priesterbruderschaft St. Pius X. also drehen und wenden, wie man will. Die „una cum“-Messen der Piusbruderschaft sind in letzter Konsequenz schismatische Messen, unbeschadet dessen, von welchem Standpunkt aus man sie betrachten mag:

Vom Standpunkt des „Sedisplenismus“ aus betrachtet: Wenn Bergoglio tatsächlich der rechtmäßige Papst ist, dann wären die Messe der Piusbruderschaft schismatisch, weil ihnen die kanonische Anerkennung des Papstes fehlt und folglich ihre Messen zwar „in der Person Christi“, aber nicht „in der Person der Kirche“ zelebriert werden. 

Vom Standpunkt des Sedisvakantismus aus betrachtet: Wenn Bergoglio nicht der rechtmäßige Papst ist, dann ist die „una-cum“-Messe der Piusbruderschaft ebenfalls schismatisch, weil sie durch deren Meßzelebration in Einheit mit einem falschen Papst und mit einer falschen Kirche treten. Sie schließen sich damit einer „Kirche“ an, die, wie die der Orthodoxen, außerhalb der katholischen Kirche steht.

So oder so dürften die Priester der Piusbruderschaft das Meßopfer nicht feiern, weil sie es in einer gottesräuberischen, sakrilegischen Weise außerhalb der katholischen Einheit tun. Folglich kann kein Katholik erlaubterweise an solchen schismatischen und sakrilegischen Messen teilnehmen. Stattdessen besteht die einzig denkbare Möglichkeit für eine rechtmäßige hl. Messe sowie für die Fortsetzung eines regelmäßigen, „ungenehmigten“ Apostolates in dem langfristigen Fehlen einer übergeordneten Autorität, d.h. in der tatsächlichen Vakanz des Stuhles Petri und der Bischofsstühle seit dem sog. 2. Vatikanum. 

Warum wir tun dürfen, was wir tun

Wenn nun die „Sedisplenisten“ recht hätten, d.h. wenn Bergoglio wirklich Papst und Gebhard Fürst wirklich der Bischof von Rottenburg wären, dann würden wir diejenigen sein, die in unserer Kapelle mit jeder hl. Messe eine schismatische Messe feiern und dafür einst von Gott völlig zurecht verdammt werden würden. – Wir müssen also wissen, warum wir tun, was wir tun: Nur weil die Konzilspäpste keine wahren Päpste und weil die Novus-Ordo-Bischöfe keine katholischen Bischöfe sind, dürfen wir tun, was wir tun. Nur weil wir derzeit keinen Papst haben und nur solange wir keinen Papst haben, können wir hier in unserer Kapelle guten Gewissens eine gültige und katholische hl. Messe feiern, die hll. Sakramente spenden und den katholischen Glauben verkündigen. – Außerdem müssen wir uns konsequent von allen anderen hll. Messen fernhalten, die zwar gültig sein mögen, aber in Gemeinschaft mit einer falschen Hierarchie und mit einer falschen Kirche gefeiert werden. Denn, wie der hl. Papst Leo d. Große sagt: „Woanders [als in der katholischen Kirche] gibt es weder eine anerkannte Priesterschaft noch ein wahres Opfer.“ Amen.

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