„Bewahre deine Krone!“

Geliebte Gottes!

Wenn wir in der Heiligen Schrift lesen, müssen wir immer wieder feststellen: Da werden uns Dinge berichtet, die klingen so, als seien sie heute passiert, in unserem Zeitalter, in unserer Heimat.

Das Leben des Christen damals wie heute

In Kleinasien stand damals, Ende des ersten Jahrhunderts, eine Reihe blühender Städte, mit Verkehr und Betrieb, mit Gewerbe und Industrie, die ihre Waren in alle Mittelmeerländer exportierten, mit öffentlichen Theatern und Stadien, mit Festen zu Ehren heidnischer Götter, deren Tempel in den Städten eine unheimliche Rolle spielten. Und inmitten dieses Betriebes und des hastigen Stadtlebens waren kleine Christengemeinden entstanden. Männer und Frauen, Familien und Kinder, die unter den anderen leben und arbeiten mußten, in den gleichen Häusern und Straßen, in den gleichen Werkstätten, die die gleichen Nöte und Sorgen hatten, und die doch ganz anders waren. Sie machten die rauschenden Tempelfeste und den Staatskult nicht mit. Sie ließen sich in den Strudel der Unsittlichkeit nicht mit hineinziehen, sie versammelten sich regelmäßig zu einer kleinen Feier von wunderbarer Andacht und Heiligkeit, zur Feier des hl. Meßopfers, und holten sich dort die Kraft zur großen Treue für ein christliches, sündenfreies Leben inmitten der heidnischen Stadt.

Inzwischen waren schon hundert Jahre seit der Geburt Christi vergangen. Das erste Feuer des Eifers war in den jungen Christengemeinden niedergebrannt. Allmählich wurden sie müde, die Christen der Städte Kleinasiens. Zu groß waren die täglichen Geduldsproben, die Schikanen der Behörden, der Spott, das Unverständnis, die Ausgrenzung der Nachbarn in der Straße, am Arbeitsplatz, der öffentliche Druck zur Anpassung, die Verführung durch die Masse, durch die versumpfte Öffentlichkeit. Sie waren es leid, immer gegen den Strom schwimmen zu müssen. Sie waren müde geworden und schleppten sich mühsam durch. 

Treu sein war entsetzlich schwer. Das wußte einer, der letzte Apostel, der noch lebte, der greise Lieblingsjünger, der hl. Apostel Johannes. Er wurde damals in schwerer Gefangenschaft auf der Felseninsel Patmos gehalten. Er wußte um die Not seiner „Kindlein“, wie er die ersten Christen liebevoll nannte. Vom Heiligen Geist inspiriert griff er mit sorgenvollem Herzen zur Feder und schrieb Briefe an die Gemeinden Kleinasiens. In einem der Briefe schrieb er einen Satz: „Bewahre, was du hast, damit niemand dir die Krone raube“ (Offb. 3, 11). Er wollte sagen: Laßt nicht nach! Ihr seid doch viel reicher als alle anderen, die so laut tun, die sich so schrankenlos vergnügen, die angesehen und erfolgreich sind, weil sie ohne Gewissen alles mitmachen und deshalb nicht gehetzt, ausgegrenzt und verfolgt sind. Ihr tragt göttliches Leben in euch. Ihr tragt das heilige Wissen – den Glauben – und Gottes Liebe in euch. Ihr tragt den Frieden des guten Gewissens im treuen Dienst Gottes in euch. Ihr habt die heilige Vorfreude ewigen Lebens bei Gott. Darum: „Bewahre, was du hast, daß niemand dir deine Krone raube.“

Die Bewahrerin

Wenn man das Leben der allerseligsten Jungfrau und Gottesmutter Maria beschreiben wollte, dieses wunderbare, für uns Menschen so segensreiche Leben, dann müßten wir sagen: Sie hat bewahrt, was sie hatte. Und deshalb trägt sie heute die Krone der Königin, die ihr niemand rauben kann. 

Heute sehen wir sie im Festevangelium, wie alles begann. Wie sie vor dem Engel in der engen Stube von Nazareth kniete und das erste „Ave“ vernommen hat. Unter dem Gruß des Engels wurde ihre Seele empfänglich für die Gnaden und Gaben des Heiligen Geistes. Sie wurde aufnahmebereit, von Gott zu empfangen. Ihr unbeflecktes Herz öffnete sich. Der Heilige Geist überschattete sie. Und die Macht des Allerhöchsten legte einen wunderbaren Reichtum in Maria hinein. Gott legte Gnadenfülle und Heiligkeit in sie hinein, daß sie eine würdige Wohnung Gottes sei. Er legte Gottes Liebe von einzigartiger Kraft und wunderbarer Fruchtbarkeit in sie hinein, daß sie dem Sohn Gottes eine Mutter sein könne. Der Heilige Geist legte Gewissenszartheit und sittliche Kraft in sie hinein, daß sie makellos bliebe in einer unreinen Welt. Er verlieh ihr einzigartige Stärke, die sie als Königin der Märtyrer allen haßerfüllten Anfeindungen gegenüber so notwendig brauchte. Als höchstes vertraute er ihr in jener heiligen Stunde das Gotteskind an; daß sie das ewige Wort für die Sinne der Menschen wahrnehmbar mache, daß sie es für die Welt hüte und wachsen lasse; daß sie es einst willig als Opferlamm von Golgotha hergebe, damit aus Seinem Opfer den „Menschen, die eines guten Willens sind“, die ersehnte Erlösung von der Sündenschuld und damit die Krone ewigen Lebens bei Gott erwachse.

Was Maria in Nazareth empfing, das mußte auch sie in langen Tagen und Woche, durch Jahre und Jahrzehnte bewahren. Nur ein paar wenige Stationen dieser Jahrzehnte sind uns bekannt. Die Rosenkranzgeheimnisse stellen sie uns als musterhafte Anschauungsbeispiele vor, damit wir in ihrer Nachahmung bewahren, was wir haben, damit niemand uns die Krone raube. – Da war die Sorge Mariens um ihre angebahnte Ehe. Das Bangen um die Liebe und den Schutz ihres hl. Bräutigams angesichts des geheimnisvollen Kindes, das in ihrem Schoß heranwuchs; dann Armut und Kälte in Bethlehem, in denen Existenzangst und kalte Verzweiflung, ja vielleicht sogar das Hadern mit Gott den Menschen anpacken möchten. Die Flucht ins Exil nach Ägypten vor der rücksichtslosen Greueltat eines machthungrigen Menschen, der sie zwang, alles aufzugeben und mittellos ins Ungewisse aufzubrechen. Maria erfuhr solches Unrecht, das selbst im gütigsten Menschenherzen so viel Haß zu wecken imstande gewesen wäre. Doch sie blieb immer die Starke, die makellos Reine, die sanfte, ruhige, unüberwindlich Gottergebene. Sie hat ihr einmal gegebenes Wort nie zurückgenommen. „Siehe ich bin die Magd des Herrn. Mir geschehe nach deinem Wort“ (Lk. 1, 38). So hat Maria bewahrt, was sie hatte, und ließ sich die Krone nicht rauben. 

Sodann folgten Jahre, aus denen uns kaum etwas bekannt geworden ist. Nur einmal die Suche nach dem verlorenen Zwölfjährigen, bei der sie drei Tage und Nächte von Ängsten und Schmerzen derart geschüttelt wurde, daß sie die Frage, die zwar wie ein Vorwurf klingt und doch keiner sein sollte, nicht zurückzuhalten vermochte: „Kind, warum hast du uns das getan?“ (Lk. 2, 48)

In den folgenden zwei Jahrzehnten ist es ganz still um Maria, die „Gnadenvolle“, die „Gebenedeite“ unter allen Frauen, die „Gottesmutter“. Aber malen wir uns die Jahre des verborgenen Lebens in Nazareth nicht allzu lieblich aus. Jesus wuchs heran, nahm zu an Alter und Weisheit. Aber gerade weil Er und Seine Familie gute und gottesfürchtige Menschen waren, Menschen, die zwar in der Welt lebten, aber sich nicht dem Geist der Welt gleichförmig machten, Menschen nicht wie die anderen, deshalb wurden sie auch von den „Kindern der Welt“ angefeindet; sei es nun aus Verkennung, Neid oder aus purer Bosheit. Zu keiner Zeit hat der Weltgeist die „Kinder Gottes“ in Ruhe gelassen. – Neben dem geduldigen Ertragen anderer Menschen galt es für Maria die unscheinbare, tägliche Arbeit einer armen Hausfrau und Mutter zu leisten, und dabei in all dem Gewöhnlichen die Heiligste zu bleiben. Bis ins letzte Wort! Bis zur kleinsten Tat! Ja, bis zum letzten Gedanken makellos und heilig. Das war ein anspruchsvolles Bewahren, daß niemand ihr die Krone raube.

Eine solche Frau konnte auch noch unter dem Kreuz ihres göttlichen Sohnes stehen, ohne den Henkern, dem geifernden Mob und den spottenden Feinden zu zürnen. – So sehr die österliche Freude über die Auferstehung ihr schmerzhaftes Herz getröstet hatte, so klammerte sie sich nicht an derlei Tröstungen. Sie konnte ihr Kind am Himmelfahrtstag erneut ziehen lassen – ohne Bitterkeit – und dabei sogar noch Teilnahme zeigen für die anderen „Verlassenen“, für die junge Kirche, die sich jetzt hilfesuchend um Maria scharte.

So hat die immerwährende Jungfrau und Gottesmutter Maria die Krone erhalten, die für sie das Königtum des Himmels bedeutete, für uns aber unendlich viel Hilfe und Trost. Wo immer ihr Bild verehrt, still das Ave oder der Rosenkranz gebetet wird, da schenkt sie den Menschen Hilfe, neuen, wachen Glauben, Kraft zum Tragen, damit auch wir bewahren können, was wir haben, und uns niemand die Krone raube.

Die Mittlerin 

Doch auf welche Weise hilft uns Maria? – Wie gesagt: Der Heilige Geist hat in Maria die ganze Fülle aller Gnaden hineingelegt. Angefangen von der Gnade der Unbefleckten Empfängnis, die es überhaupt ermöglicht hat, daß der unsichtbare Gottessohn im Fleische sichtbar werde. Ihre makellose Reinheit nötigte Gott gleichsam dazu, sich von Maria schauen zu lassen. „Selig, die reinen Herzens sind, sie werden Gott schauen“ (Mt. 5, 8). Die Unbefleckte Empfängnis hatte gewissermaßen ein Anrecht, Gott mit ihren menschlichen Augen zu schauen, und ermöglichte es somit auch für uns. In die Gnade ihrer Makellosigkeit greift die Gnade der Menschwerdung des Sohnes Gottes. Aus der Gnade der Menschwerdung aber erwachsen uns alle anderen übernatürlichen Gnaden und Gaben der Erlösung. Kurz: Maria hat alle Gnaden vom Himmel herab auf die Erde gezogen. In Maria hat Gott alle Gnaden hineingelegt. Maria hat all diese Gnaden bewahrt. Doch wozu? – Um sie an uns mitzuteilen. Sie ist die „Mittlerin aller Gnaden.“ Alle Gnaden, die uns angeboten wurden, die wir tatsächlich empfangen haben und die wir noch empfangen werden; ja, alle Gnaden, die Gott überhaupt irgendeinem Menschen angeboten hat, die irgendein Mensch tatsächlich empfangen hat und empfangen wird, sind durch die Hände der Gottesmutter gegangen. Vor allem jene alles entscheidende Gnade, die Gnade der Gnaden, welche einer Seele die Krone des ewigen Lebens sichert – die sog. „Gnade der Beharrlichkeit bis ans Ende“. Sie ist die Krone aller Gnaden, von der allein unser ewiges Los abhängt. „Wer aber ausharrt bis ans Ende, der wird gerettet werden“ (Mt. 24, 13)

Das Konzil von Trient hat erklärt, daß die „Gnade der Beharrlichkeit bis ans Ende“ eine so große Gnade ist, daß sie nicht verdient werden kann. Nach der Lehre des hl. Augustinus und zahlreicher Theologen erlangen jedoch all jene unfehlbar die Gnade der Beharrlichkeit, welche Gott darum bitten. – Der hl. Robert Bellarmin sagt, daß man Tag für Tag um die Beharrlichkeit bitten müsse, um sie für jeden Tag zu empfangen, damit wir im Glauben und in der Gnade verharren können. – Wenn es nun wahr ist, daß alle Gnaden, die Gott gewährt, durch die Hand Mariens gehen, dann ist es auch wahr, daß wir nur durch die Vermittlung Mariens die Krone der Gnaden – die der Beharrlichkeit bis ans Ende – hoffen und erlangen können. Und bestimmt werden wir sie dann erhalten, wenn wir Maria Tag für Tag beharrlich darum bitten, wie wir es tun, wenn wir täglich beim Beten des Rosenkranzes immer wieder sprechen: „Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen.“

Maria selbst verheißt diese Gnade allen, die ihr treu in diesem Leben dienen: „Wer auf mich hört, der wird nicht zuschanden. Wer in mir seine Werke tut, der sündigt nicht. Die mich ins Licht setzen, erhalten das ewige Leben“ (Sir. 24, 30). Um in der göttlichen Gnade ausharren zu können, bedürfen wir der Kraft des Heiligen Geistes zum Widerstand gegen alle Feinde unseres Heiles. Aber diese Stärke erlangen wir nur durch die Vermittlung Mariens. „Mein ist die Stärke, durch mich regieren die Könige“ (Spr. 8, 14). Mein ist die Stärke, sagt Maria, Gott hat diese Gnade in meine Hände gelegt, damit ich sie meinen Verehrern mitteile. Durch mich regieren die Könige, d.h. durch meine Vermittlung herrschen meine Diener gleich Königen über sich selbst und gebieten über ihre Sinne und Leidenschaften. Und so machen sie sich würdig, einst ewig im Himmelreich zu herrschen. – 

Der starke Turm Davids

Welche Stärke besitzen die Diener dieser großen Herrin? Alle Anfeindungen der Hölle vermögen nichts gegen die Macht Mariens. Maria ist jener Turm, von dem es im Hohenlied heißt: „Dein Hals ist wie ein Turm Davids, der mit Schutzwehren gebaut ist. Tausend Schilde hängen daran, die ganze Rüstung der Starken“ (Hohl. 4, 4). Maria ist das uneinnehmbare Bollwerk derer, die sie lieben, die ihr dienen und im Kampf zu ihr Zuflucht nehmen. Sie ist eine bewehrte Waffenkammer in welcher ihre Verehrer alle Schilde und Waffen finden, um sich gegen die Hölle zu verteidigen.

Welche Waffen finden sich in ihr? – Wie der Gruß des Engels die Seele der Gottesmutter für die „Kraft aus der Höhe“, den Heiligen Geist aufgeschlossen hat, damit Er in Maria wirke und in ihr dauerhaft bleibe, so öffnet das Ave des hl. Rosenkranzes das Arsenal Gottes und der Heilige Geist wird durch die Vermittlung der allerseligsten Jungfrau auch auf unsere Seele herabkommen. Auf diese Weise belebt Gottes Geist in uns den Reichtum übernatürlicher Kräfte, die wir in der hl. Taufe und in der hl. Firmung empfangen haben. Übernatürliche Kräfte, so wunderbar, daß wir sieben Namen brauchen, um ein wenig das auszusagen, was die „Kraft aus der Höhe“ in der Menschenseele wirkt. Mit Seinen sieben Gaben überschattet der Heilige Geist die Verehrer Mariens, um ihre Seele zu fruchtbar zu machen, wie er einst den jungfräulichen Schoß Mariens wunderbare Fruchtbarkeit verliehen hat. Er verleiht ihnen Kräfte, um den übernatürlichen Schatz der Gnade in ihrer Seele vor den Räubern, die ihnen die Krone rauben wollen, zu verteidigen.

Da ist das geistige Schwert der Weisheit, damit wir die himmlischen, übernatürlichen, ewigen Güter höher schätzen als die irdischen und vergänglichen. Weisheit brauchen wir, weil wir so oft in Gefahr sind, unser Gnadenleben zu verkaufen, um etwas Bequemlichkeit, um etwas irdische Liebe oder um noch kümmerlichere Dinge zu erlangen.

Die Gabe des Verstandes. So mancher schlägt sich mit schweren Glaubenszweifeln herum, ob es nicht doch eine Verrücktheit ist, was wir Katholiken alles für wahr halten und gehorsam befolgen sollen. Da ist uns der Schild der Gabe des Verstandes gegeben, die wir durch den Rosenkranz wecken und pflegen können, um die Geheimnisse des Glaubens tiefer zu verstehen und mit voller Überzeugung festzuhalten. 

Die Gabe der Stärke. Diese Gabe war es, nicht Menschenkraft, welche die Märtyrer aller Zeiten inmitten ihrer unsäglichen Qualen bis ans Ende ausharren ließ; jene Stärke, die den Heiligen aller Jahrhunderte ihre unüberwindliche Treue gegen Gott gab. Der Stärke bedarf es auch heute, um die Nerven nicht zu verlieren angesichts der beängstigenden Entwicklungen in Politik und Gesellschaft, um standhaft und treu zu bleiben und dem Druck nicht nachzugeben.

Wenn wir Maria um die Gaben des Rates und der Stärke bitten, dann werden wir nicht so leicht kopflos und ratlos. Die Gabe der Wissenschaft läßt uns unsere zeitlichen Mittel richtig einschätzen und gebrauchen, damit sie uns tatsächlich zur Erlangung des ewigen Zieles dienlich sind und nicht zu einem Fallstrick. Die Gaben der Frömmigkeit und der Gottesfurchst verhelfen uns, Gott so zu lieben wie Er es verdient; nämlich „aus ganzem Herzen, aus ganzer Seele und aus deinem ganzen Denken“ (Mt. 22, 37). Sie helfen uns, die Sünde und die nächste Gelegenheit dazu als lebensbedrohliche Situation für das Gnadenleben zu erkennen und zu fliehen. – Dieses geistige Waffenarsenal bietet Maria all jenen an, die ihre Zuflucht zu ihr nehmen.

Die Leuchte auf dem Weg

Deshalb unglücklich jene Seelen, welche sich von Maria, dem unüberwindlichen Davidsturm, in dem die „Kraft aus der Höhe“ wohnt, entfernen. Unglücklich jene Seelen, die aufhören, Maria zu verehren; die sie in Gefahren nicht anrufen. – Der hl. Bernhard fragt sich, was aus der Welt würde, wenn die Sonne nicht mehr aufginge. Nichts als ein Durcheinander von Finsternis und Schrecken. „Nimm die Sonne weg, was bleibt übrig als Finsternis?“ Verliert eine Seele die Andacht zu Maria, so ist sie sogleich voll Finsternis, jener Finsternis nämlich, von welcher der Heilige Geist sagt: „Du machst Finsternis und es wird Nacht. Darin gehen alle Tiere des Waldes umher“ (Ps. 103, 20). Wenn in einer Seele das Licht der Liebe zu Maria nicht mehr leuchtet und es Nacht wird in ihr, so wird sie ein Aufenthaltsort aller Sünden und aller Teufel.

Dagegen ruft uns Maria zu: „Glückselig der Mensch, der mich hört und der an meiner Tür wacht Tag für Tag, und meiner harrt an den Pfosten meiner Pforte“ (Spr. 8, 34). Glückselig, wer meine Stimme hört und deshalb darauf bedacht ist, unablässig durch das beharrliche Ave an die Pforte meiner Barmherzigkeit zu klopfen, um im Licht der Rosenkranzgeheimnisse Beistand zu suchen. Wir dürfen darauf vertrauen, daß Maria Erleuchtung und Stärke einem solchen Verehrer zu erlangen weiß, auf daß dieser durch sie die Sünde meiden und den Weg der Tugend beschreiten kann. – Papst Innozenz III. gebrauchte für Maria die schönen Ausdrücke: „Mond bei der Nacht. Morgenrot in der Dämmerung. Sonne am Tag.“ Mond ist Maria für diejenigen, die sich blind in der Nacht der Sünde befinden, damit sie von Maria erleuchtet würden und den unglücklichen Stand der Verdammnis, in dem sie sich befinden, erkennen. Die Morgenröte, welche dem Sonnenaufgang vorangeht, ist Maria für jene, die bereits erleuchtet sind, um ihnen Kraft zu geben, die Sünde zu verlassen und durch Beichte und Buße in den Stand der Gnade zurückzukehren. Sonne ist Maria schließlich für solche, die sich bereits im Stand der heiligmachenden Gnade befinden, damit sie nicht wieder in irgendeinen finsteren Abgrund der Sünde stürzen, sondern trittsicher auf dem Weg des Heiles voranschreiten. – Wer Maria liebt, wird die Beharrlichkeit erlangen. Wer Maria anruft, dem wird sie das Licht und die Stärke des Heiligen Geistes mitteilen. Wer Maria dient, der wird bewahren, was Gott ihm anvertraut hat, und die Krone erhalten, die Gott für ihn bereithält.

Bewahre deine Krone!

Lassen wir uns die ewige Krone nicht rauben! Der Rosenkranz ist das Mittel, um diesem Schicksal zu entgehen. Entflammen wir erneut unseren Eifer. Nutzen wir den Oktobermonat zur Pflege des Rosenkranzgebetes. Durch die Vermittlung der allerseligsten Jungfrau Maria, der Braut des Heiligen Geistes, werden wir nicht nur das bewahren, was wir von Gott empfangen haben, sondern auch in einem ganz unerwarteten Maß vermehren. Dann werden wir in den ernsten Stunden unseres Lebens Licht und Kraft haben. Der Rosenkranz ist die große Kraftquelle, damit wir an jedem Platz, in jeder Schwierigkeit „Frucht bringen in Geduld“ (Lk. 8, 15) und uns so eine noch herrlichere Krone für die Ewigkeit erwerben können.

Besinnen wir uns auf die Kraft des Rosenkranzgebetes. Er selbst wird zu Recht „Krone“ genannt. Im Lateinischen nennt man ihn die „Corona Sacratissimi Rosarii BMV“, die „Krone des heiligen Rosenkranzes der allerseligsten Jungfrau Maria“. Er ist das Instrument, um uns die ewige Krone zu erringen. Erinnern wir uns, welch herrliche Triumphe die Gottesmutter durch die Krone des hl. Rosenkranzes über die Angriffe der Hölle erringen konnte – im Bereich der großen Weltgeschichte, und noch viel zahlreichere und größere Siege in der Lebensgeschichte so vieler Menschen. Erinnern wir uns an die Gnadengaben und an die Gnadenvermittlerin. Und dann gilt das Wort des hl. Johannes in einem doppelten Sinn: „Bewahre, was du hast, daß niemand dir deine Krone raube.“ Bewahre die Krone des hl. Rosenkranzes, damit niemand dir deine ewige Krone rauben kann. Amen.

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