Mariens Sieg über Sünde, Tod und Teufel

Geliebte Gottes!

Das Fest Mariä Himmelfahrt ist das höchste Marienfest des Kirchenjahres. In der Himmelfahrt der Gottesmutter feiern wir den Sieg der allerseligsten Jungfrau über Sünde, Tod und Teufel. Jedes Heer hält nach einer siegreichen Schlacht einen Triumphzug, um den errungenen Sieg zu feiern. Heute feiern wir den Triumphzug der Jungfrau Maria, wie sie in Begleitung der himmlischen Heerscharen Einzug hält am himmlischen Hof.

Der Kampf, den Unsere liebe Frau hier auf Erden geführt hat, war derselbe wie der unseres göttlichen Erlösers, Jesus Christus. Maria hatte nicht mit Versuchungen zu kämpfen wie wir. Auch nicht mit der Sünde. Genauso wie auch Christus nicht gegen Versuchung und Sünde kämpfen mußte. Denn Versuchung und Sünde gehen hervor aus der Begierlichkeit, aus den ungeordneten Leidenschaften; aus Leidenschaften, die nicht unter der Herrschaft der Vernunft und des Willens stehen; aus Leidenschaften, die nicht unter der Ordnung der übernatürlichen Gnade stehen. – Weder in der Seele Christi noch in der Seele Seiner heiligsten Mutter fand sich irgendeine Unordnung. Folglich gab es für diese beiden im Innern ihrer Seele kein Ringen, keine Kämpfe gegen die Sünde; keine Kämpfe, um die ungeordneten Leidenschaften zu unterdrücken.

Und dennoch führte die allerseligste Jungfrau Maria Krieg. Sie führte Krieg gegen die Sünde und gegen den Satan, weil sie in den Kampf, den unser göttlicher Erlöser führte, innigst eingebunden war. Ihr Anteil an diesem Kampf bestand hauptsächlich in der opferbereiten Hingabe und Annahme des Leidens und Sterbens ihres geliebten Sohnes. Jesus und Maria waren gleichsam ein Herz und eine Seele. Denn die Bande der Liebe zwischen Christus und Seiner jungfräulichen Mutter waren so stark, so daß sie darin praktisch eins waren. D.h. es gab keinen Schmerz, kein Leiden, keine Demütigung, die Christus erlitten hätte, welche nicht auch das unbefleckte Herz Seiner Mutter getroffen und von ihr mit derselben Heftigkeit empfunden worden wäre, die unser Herr empfunden hatte. Ihre Einwilligung in diese Leidensgemeinschaft aus Liebe gab Maria in dem Augenblick, als sie vor dem Erzengel Gabriel ihr Zustimmung gab, Muttergottes zu werden: „Siehe ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Wort“ (Lk. 1, 38).

Der Zweck für die Menschwerdung bestand in der Erlösung von der Sünde. Gemäß der göttlichen Offenbarung gab es keinen anderen Grund, warum die zweite göttliche Person eine menschliche Natur hätte annehmen sollen, als unsere Erlösung von der Sünde und ihren Folgen.

Die göttliche Heilsökonomie

Der Tod ist die einzige Folge der Sünde, worin der Satan über die gesamte Menschheit immer noch seine Herrschaft behauptet. – Wie wir wissen, beinhaltete der ursprüngliche Plan Gottes den Tod des Menschen nicht. Der Mensch sollte nicht sterben. Der ursprüngliche Plan sah zwar genauso vor, daß die Menschen Verdienste für das ewige Leben sammeln sollten. Sie sollten sich die ewige Glückseligkeit verdienen. Aber wodurch sollten sie Verdienste sammeln? Ursprünglich sollten sie Verdienste sammeln durch ihre Freude; durch die Freude am Genuß all der wunderbaren Dinge, die Gott geschaffen hatte; durch die Freude am Genuß der natürlichen und der übernatürlichen Gaben, die Gott dem Menschen geschenkt hat. Nach einer gewissen Weile der Freude an all dem – und zwar in einer tugendhaften Weise – sollte der Mensch, ohne zu sterben, in den Himmel entrückt werden. Sein Verdienst hätte ursprünglich also in seiner dankbaren Freude bestanden. Deshalb ist das Menschenherz für die Freude erschaffen. Jeder kann das an sich selbst feststellen. Der Mensch sehnt sich nach Glück und Freude. Und deshalb flieht er die Ursachen für Unglück und Traurigkeit. – Durch die dankbare Freude an den geschaffenen Gütern sollte sich der Mensch nach dem ursprünglichen Plan Gottes die höchste Freude verdienen; die ewige Freude an dem unerschaffenen Gut, welches Gott selbst ist.

Doch dann brach die erste Sünde über das Menschengeschlecht herein. Weil Gott gerecht ist, konnte Gott nicht anders mit der Sünde verfahren, als sie zu strafen. Aufgrund der Erbsünde, die auf alle Menschen übergegangen war, ging auch die Strafe, die Gottes Gerechtigkeit für die Sünde vorsieht, auf die gesamte Menschheit über. Selbst die unvernünftigen Geschöpfe und die Schöpfung insgesamt wurden von der notwendigen Strafe für die Sünde des Menschen getroffen. Die Naturkatastrophen – Dürre, Flutkatastrophen, Erdbeben etc. – von denen wir heimgesucht werden; die Krankheiten und Gebrechen, die wir in diesem Erdenleben zu leiden haben; all diese Dinge rühren her von Bestrafung der Sünde. 

Für den Menschen galt fortan ein anderer Heilsplan. Der Mensch sollte fortan nicht mehr durch die unschuldige Freude am Genuß der geschaffenen Güter sein ewiges Verdienst erwerben. Er sollte von jetzt ab Verdienste sammeln durch Leiden. 

Zunächst war jedoch keines der Kinder Adams in der Lage, überhaupt irgend ein Verdienst zu erwerben. Solange der gefallene Mensch nicht von der Schuld der Sünde erlöst war, war jedes Verdienst vor Gott ausgeschlossen. Solange kein Erlöser auftrat, blieb die Schuld der Sünde. Solange die Schuld der Sünde nicht getilgt war, blieb das Leiden ohne jedes Verdienst. Es war vor der Gerechtigkeit Gottes wertlos, weil es nur die gerechte Strafe für die bestehende Sündenschuld war. – Der Mensch hat mit der Sünde eine unendliche Schuld vor Gott aufgehäuft. Diese unendliche Schuld konnte nur durch eine unendliche Genugtuung aufgewogen werden. Da der Mensch jedoch nur ein endliches Wesen ist und deshalb selbst die Sühne aller Menschen zusammengenommen stets nur eine endliche Genugtuung bliebe, war es für den Menschen unmöglich, sich aus eigener Kraft von der Sünde zu erlösen. Selbst wenn jeder Mensch sein ganzes Erdenleben die schrecklichsten Qualen ausstehen würde, ja selbst wenn jeder die ewigen Qualen der Hölle erleiden würde, könnte der Mensch die unendlich Schuld vor Gott nicht wiedergutmachen. Erst das Leiden und der Tod Christi hat eine Genugtuung von unendlichem Wert gebracht, weil seine Würde als Gottessohn unendlich ist. Durch die Taufe erhalten wir Anteil an der unendlichen Sühne unseres Erlösers. Und ab diesem Zeitpunkt ist unser Leiden nicht mehr nur Strafe für die Sünde, sondern vor allem Quelle des Verdienstes. Das Leiden und der Tod unseres göttlichen Erlösers hat unser Leiden auf die Stufe des übernatürlichen Verdienstes erhoben.

Ewiges Verdienst durch Leiden und Drangsale

Die Erbsünde hatte für den Menschen mehrere negative Folgen: 1. den Tod, 2. die Verfinsterung des Verstandes, 3. die ungeordnete Begierlichkeit der Leidenschaften. – Die Verfinsterung des Verstandes und die ungeordnete Begierlichkeit können bereits in diesem Leben überwunden werden durch die Gnade. Der übernatürliche Glaube überwindet die Verfinsterung des Verstandes. Die helfende Gnade, welche unseren Willen darin stärkt, die Gebote Gottes zu befolgen, und uns befähigt, den Versuchungen zu widerstehen, überwindet die ungeordnete Begierlichkeit. Was jedoch unabänderlich in diesem Leben bleibt, das ist das Leiden und der Tod. Alles Leid ist in Wirklichkeit eine Vorstufe des Todes. Die Ursache jedes Schmerzes und aller Leiden liegt im Näherrücken des Todes begründet. Unsere verschiedenen Krankheiten und Gebrechen sind nichts anderes als ein Herannahmen des Todes – Schritt für Schritt. Und die Tatsache, daß wir Leiden und Gebrechen unterworfen sind, rührt von dem Todesurteil her, das Gott über das Menschengeschlecht verhängt hat. Mit anderen Worten: Ohne den Tod als letzte Konsequenz gäbe es kein Leiden auf dieser Welt. – Der Tod tritt ein, weil der Körper des Menschen entweder so schweren Schaden genommen hat oder so gebrechlich und verschlissen ist, daß er fürderhin den lebendigen Impuls der Seele nicht mehr aufnehmen kann. Weil der Körper außerstande ist, die Seele zu beherbergen, deswegen muß sie scheiden. Das geschieht beim Sterben. Im Tod trennt sich die Seele vom Körper, weil der Körper außerstande ist, die Seele weiter zu beherbergen. Darin besteht der Sieg Satans. Der Tod ist sein Sieg. Und die Sünde ist sein Stachel.

Warum hat Gott auch nach der Erlösung durch das Kreuzesopfer Christi dabei belassen, daß die Menschen sterben müssen? Warum hat Er nicht das Leiden und den Tod zusammen mit der Sündenschuld aus der Welt geschafft? Warum hat Er nicht auch eine Möglichkeit gegeben, den Tod zu überwinden, wie in diesem Leben doch die Möglichkeit besteht, durch die Gnade die Verfinsterung des Verstandes und die ungeordnete Begierlichkeit zu überwinden? – Die Antwort lautet: Weil wir uns den Himmel verdienen müssen. Weil wir Verdienste sammeln müssen, um in den Himmel zu gelangen. – Das war immer schon notwendig. Auch vor dem Sündenfall, wie wir sagten. Damals durch die dankbare Freude. Jetzt durch das Leiden. Der Mensch sollte den Himmel nicht einfach nur geschenkt bekommen, sondern er sollte ihn auch mit verdienen. Die ewige Glückseligkeit sollte nicht nur ein reines Geschenk von Seiten Gottes sein, sondern der Mensch sollte einen gewissen Anteil selbst beisteuern. – Stellen wir uns nun kurz vor, was wohl zu erwarten wäre, wenn mit der Taufe, in welcher bekanntlich die Erbschuld von der Seele abgewaschen wird, auch das Damoklesschwert des Todes von unseren Häuptern verschwinden würde; wenn die Taufe auch den Tod von uns nehmen würde. Was wäre zu erwarten? – Die Menschen würden die Kirchen stürmen. Sie würden die Taufe erbetteln, damit sie nicht sterben müßten. Gewiß! Würde aber dann wohl noch einer von ihnen bemüht sein, in seinem weiteren Leben verdienstlich zu leiden? Würde sich wohl noch einer von ihnen freiwillig mit dem Leiden Christi am Kreuz vereinen und mit Ihm leiden wollen? Würden das die Menschen tun? – Fest steht jedenfalls, daß die Heilsordnung, die Heilsökonomie, bestehenbleibt. Weil der Tod und die ihm vorausgehenden Leiden weiterhin Bestand haben, deshalb läßt Gott Leiden zu. Und Er will sie insofern, als sie uns dem gekreuzigten, dem leidenden und sterbenden Erlöser ähnlich machen. Gott will die Leiden, damit wir uns auf diese Weise das ewige Leben verdienen. – Viele Katholiken vergessen das. Viele fragen unwillig: Warum? Warum läßt Gott so viel Leid auf dieser Welt zu? Warum so viel Leid? Warum muß ich so viel leiden? – Sie vergessen das Fundament des gesamten Evangeliums, nämlich daß wir die Erlösung nur durch das Kreuz finden können. „Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge Mir nach“ (Lk. 9, 23). Nur so können wir unter der geltenden Heilsordnung unsere Erlösung erlangen. Wir müssen leiden, um uns das Heil zu verdienen, um Anteil an den Schätzen der Erlösung zu finden, die Christus erworben hat, gerade indem Er litt und den Tod auf sich nahm. Wenn wir das verstehen, wird uns der Sinn unserer Kreuze der zahlreichen Drangsale in unserem Leben klarer. Sie bekommen Sinn. Ihre Last wird leichter.

Die Herrschaft des Todes

Der Tod beherrscht unser Leben. So vieles, was wir Tag für Tag tun, ist entweder darauf gerichtet, das Leben zu erhalten – Essen, Trinken, die Pflege unserer Gesundheit, die Sicherung unseres Lebensunterhalts; oder es ist darauf gerichtet, einen guten Tod, eine selige Sterbestunde vorzubereiten. – Die Gerechten, die Katholiken, bereiten sich auf den Tod vor. Und je weiter sie im geistlichen Leben vorangeschritten sind, je mehr sie sich geheiligt haben, um so willkommener ist ihnen der Tod. Um so mehr erwarten sie den Augenblick des Todes, den Augenblick, in dem sie mit Gott vereint werden. Selbst der Gedanke an das Fegfeuer hält sie nicht zurück. Denn das Fegfeuer ist ihnen ein Werkzeug zur Vervollkommnung der göttlichen Ordnung, an dessen Ende die durch und durch gereinigte, geheiligte, vollendete Seele steht, die dann erst würdig ist, sich eine Ewigkeit an Gott zu erfreuen. Um so gerechter eine Seele ist, je mehr Gottesliebe eine solche Seele hat, um so mehr sehnt sie sich danach zu sterben, um so mehr sehnt sie sich nach dem Augenblick, mit Gott in alle Ewigkeit vereint zu sein. Der Gedanke an den Tod beherrscht in gewisser Weise die Gedankenwelt des Katholiken.

Die Sünder auf der anderen Seite versuchen die egoistischen Genüsse und Freuden dieses Lebens soweit zu steigern, um den Tod auszublenden, um das Damoklesschwert, das beständig über ihren Häuptern schwebt, vergessen zu können. In der Tiefe ihres verfinsterten Herzens wissen sie, was sie erwartet. Sie ahnen ihre Verdammnis. Sie nehmen den Gestank der Sünde an ihrer Seele irgendwie wahr. Doch statt sich in einer ernsten Bekehrung davon zu reinigen, übergießen sie sich mit einem noch stärkeren Parfüm, welches den Gestank der Sünde übertünchen soll. Statt sich zu bekehren, steigern sie die Lebensgenüsse der Lust, des Besitzes oder der Macht, um sich von der ungeliebten Wahrheit ihres Seelenzustandes abzulenken. Zu diesem Zweck melden sie auch Zweifel an der Existenz Gottes an; Zweifel an der Gerechtigkeit Gottes; oder stellen die Behauptung auf, Gott würde in Seiner unendlichen Barmherzigkeit schließlich doch alle Menschen irgendwie und irgendwann in den Himmel aufnehmen. – Egal wie sehr sich diese Menschen solche oder ähnliche Dinge einreden, sie wissen in ihrem tiefsten Innern, daß Gott, wenn sie im Zustand der Sünde einst vor Seinen Richterstuhl erscheinen werden, nur eines zu ihnen sagen kann: „Weicht von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das dem Teufel und seinem Anhang bereitet ist“ (Mt. 25, 41). D.h.: Du bist verdammt zum ewigen Tod! – Ja, was anderes hätte ein Mensch, der Gott sein Leben lang zurückgewiesen hat und sich nicht zu Ihm hinwenden wollte, anderes zu erwarten? Was anderes könnte ihm Gott sagen? Welches Verdienst könnte er Gott vorweisen? Da ist keines! Kein übernatürliches Verdienst! Leere Hände! Obwohl auch der verstockte Sünder die Möglichkeit gehabt hätte, durch die hinreichende Gnade Verdienste zu erwerben. – Solche Menschen wissen insgeheim, was sie erwartet. Und deshalb steigern sie ihre weltlichen Genüsse. 

Verschlungen ist der Tod im Sieg

Die allerseligste Jungfrau war ausgenommen von den Banden des Todes. Weil Maria durch ihre Unbefleckte Empfängnis von der Erbsünde ausgenommen war, so hatte sie auch keinen Anteil an deren Folgen. Sie war ausgenommen von der Verfinsterung des Verstandes und von der ungeordneten Begierlichkeit. Sie war ausgenommen von dem menschlichen Verfall, der im Tod endet. Deshalb bestand ihr Anteil an Leiden und Tod, den sie in ihrem Leben ertrug, genauso wie bei unserem Herrn Jesus Christus, allein im Hinblick auf unsere Erlösung von der Sünde. Jede Form des Leidens, welches Maria traf, geschah einzig und allein dazu, um Christus nachzuahmen; um mit Ihm zusammenzuwirken in dem großen Werk der Erlösung. Maria hat durch ihr „fiat“ Leiden und Tod freiwillig angenommen, obwohl sie ihnen nicht unterworfen war, wie wir es sind aufgrund des Fluches der Sünde. Einige Theologen vertreten deshalb die wohlbegründete Meinung, daß Maria auch tatsächlich nicht gestorben ist. Sie sagen: Weil unser göttlicher Erlöser als Sühneopfer für die Sünden der Welt den Tod auf sich genommen hat und damit unendliche Genugtuung geleistet hat, hätte der Tod der Gottesmutter nichts mehr zur Erlösung hinzugefügt. Deshalb blieb Maria, nach der Meinung dieser Theologen, vom Stachel des Todes, vom Stachel des Teufels verschont. Das ist auch der Grund, warum Papst Pius XII. bei der Dogmatisierung der lieblichen Aufnahme Mariens in den Himmel den tatsächlichen Tod der Gottesmutter offen gelassen hat. Er hat nicht definiert, daß Maria gestorben sei. Er wählte die Formulierung, daß sie „nach Vollendung ihres irdischen Lebenslaufes mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen“ worden ist.

Der zweite Grund, warum Maria von den Banden des Todes ausgenommen war, bestand in dem außerordentlichen Verdienst, das sie sich unter dem Kreuz erwarb. Durch ihr Mitleiden mit ihrem göttlichen Sohn bei Seinem Erlösungsopfer hat sich auch seine unbefleckte Mutter das Privileg einer vorweggenommenen Auferstehung und Himmelfahrt verdient. Durch ihr geheimnisvolles Mitleiden und ihr geistiges Sterben am Fuß des Kreuzes hat sie sich die Verherrlichung ihres Leibes und die Aufnahme in den Himmel erworben. Die irdische Welt konnte Maria nicht zurückhalten, und zwar in derselben Weise wie sie unseren Herrn Jesus Christus nicht zurückhalten konnte. Diese Welt ist eine Welt voll Sünde, Verfall und Tod. Der Gottessohn hatte daran keinen Anteil. Deswegen ist Sein Platz nicht in dieser Welt. In gleicher Weise hatte auch Maria keinen Anteil an dieser Welt. Folglich war auch ihr Platz woanders. – Und genauso ist es auch für die Kinder Mariens, welche die Kinder Gottes sind. Unser Platz ist nicht hier auf Erden. Unsere Heimat ist im Himmel. Deshalb erwarten wir die glorreiche Auferstehung des Fleisches, unseres Fleisches, dieses Fleisches. 

Der Tag an dem wir sterben müssen, wird für jeden von uns kommen. Und genauso wird der Tag kommen, an dem unsere Leiber von den Toten auferstehen werden. – Am heutigen Tag werden viele Menschen sterben. Viele von ihnen können damit rechnen. Andere wird der Tod heute überraschend ereilen. Viele junge Menschen werden heute sterben. Die meisten an Unfällen. Heute ist der letzte Tag ihres Lebens, aber sie wissen nichts davon. Wenn die Sonne heute abend untergeht, werden sie nicht mehr unter den Lebenden sein. Das geschieht überall auf der Welt – durch Gewalt, durch Krankheit, durch Unfall. 

Doch eines Tages werden wir wieder auferstehen – mit Leib und Seele. Das ist die Lehre des katholischen Glaubens: „Ich glaube an die Auferstehung des Fleisches“, so bekennen wir im Apostolischen Glaubensbekenntnis. Nach dieser Lehre werden die Sünder mit ihren häßlichen, entstellten Leibern an den Ort unauslöschlichen Feuers verworfen, während die Gerechten mit ihren verklärten Leiben, dem Vorbild Christi und Seiner jungfräulichen Mutter entsprechend, in den Himmel einziehen werden. Hören wir, wie der hl. Paulus diese Lehre vorträgt: „Seht, ich verkünde euch ein Geheimnis: Wir werden zwar alle auferstehen [Gerechtfertigte und Verdammte], aber nicht alle umgewandelt [verklärt] werden. Ganz plötzlich in einem Augenblick, beim letzten Posaunenstoß wird das geschehen. Die Posaune wird erschallen, dann werden die Toten auferstehen, unverweslich, und auch wir [die noch lebenden] werden umgewandelt werden. Denn dieses Verwesliche muß die Unverweslichkeit anziehen, und dies Sterbliche die Unsterblichkeit. Wenn aber dies sterblich die Unsterblichkeit angezogen hat, dann erfüllt sich das Wort der Schrift: Verschlungen ist der Tod im Sieg. Tod wo ist dein Sieg? Tod wo ist dein Stachel? Der Stachel des Todes ist die Sünde, die Macht der Sünde das Gesetz, Gott aber sei Dank, der uns den Sieg verleiht durch unseren Herrn Jesus Christus“ (1 Kor. 15, 51-57).

Was an Maria bereits Wirklichkeit geworden ist, soll auch an uns wahr werden. Nehmen wir also unsere Zuflucht zu ihr und lernen wir von ihrem Vorbild. Lernen wir von ihr aus Liebe zu Gott unser „fiat“ sprechen. Geben wir unsere großherzige Zustimmung zu dem Weg der Erlösung, den Gott für uns in Seiner Weisheit angeordnet hat. Lernen wir von Maria unser Kreuz tragen in dem Wissen, daß wir uns nur so das ewige Leben und die ewige Freude verdienen können. Bitten wir schließlich unsere himmlische Mutter um die Gnade einer seligen Sterbestunde, die auch für uns der Eintritt in die Herrlichkeit Gottes sei. Dort dürfen wir dann zusammen mit der allerseligsten Jungfrau und Gottesmutter, die bereits mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen wurde, in alle Ewigkeit die höchste Majestät Gottes preisen und rufen: „Verschlungen ist der Tod im Sieg. Tod wo ist dein Sieg? Tod wo ist dein Stachel?“ Amen.

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