Christkönigsfest
Vom Königtum und Reiche Jesu Christi
Geliebte Gottes!
„Ja, Ich bin ein König! Dazu bin Ich geboren und in die Welt gekommen, daß Ich für die Wahrheit Zeugnis gebe. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf Meine Stimme.“ (Joh. 18,36). Mit diesen Worten bekannte sich der Herr inmitten Seiner Erniedrigung zu Seinem Königtum. Vor dem Richterstuhl des Pilatus, vor Seinen blutlechzenden Feinden; unmittelbar bevor Er durch die Geißelung in den roten Mantel Seines göttlichen Blutes gehüllt und von den höhnenden römischen Soldaten die Dornenkrone aufs Haupt und ein Schilfrohr als Zepter in die Hand gedrückt bekommen würde; kurz bevor man Ihm das Kreuzesholz auf die Schultern laden würde, damit Er es vor die Mauern Seiner Königsstadt hinaustrage, um es dort als Seinen Thron aufzurichten, den Er dann, allein von den Nägeln gehalten, besteigen würde; unmittelbar vor Seiner Inthronisation als Mann der Schmerzen, da bekennt sich unser Herr Jesus Christus als König. Denn als ewiger Hoherpriester sollte Er durch die Darbringung Seines makellosen Friedensopfers den Grundstein eines Reiches legen, wie es seit dem Sündenfall nicht dagewesen ist und das die Präfation der heutigen Messe, anknüpfend an die Worte des Heilandes vor Pilatus, in den glänzendsten Farben schildert, als „ein Reich der Wahrheit und des Lebens, ein Reich der Heiligkeit und der Gnade, ein Reich der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens“.
Vierzig Tage nach Seiner Auferstehung, unmittelbar vor Seinem Regierungsantritt, gleichsam an der Schwelle Seines Königreiches und wenige Augenblicke vor Seiner glorreichen Himmelfahrt haben die Gedanken an Sein ewiges Königtum einen noch herrlicheren Glanz. Seine Worte werden zu einer Königsproklamation von überirdischem Klang. – Es lohnt sich in der Tat, sich in die Tiefen dieser Königsproklamation hineinzudenken.
Seine Königsmacht
Am Himmelfahrtstag führte Jesus die Seinen hinaus an den Ölberg, wo Er sein Leiden begann. Von dieser Stelle aus sollten all jene, die in Seine Nachfolge getreten sind und bis zum Ende der Welt in Seine Nachfolge treten würden, Zeugen von der Besitzergreifung Seines Reiches werden. Bald würde der Vater zu Ihm sprechen: „Setze Dich zu Meiner Rechten, bis Ich Deine Feinde als Schemel unter Deine Füße lege.“ (Ps. 109). Darüber nachsinnend brachte der Herr Seinen „Machtgedanken“ zum Ausdruck durch das feierliche Wort: „Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden.“ (Mt. 28,18).
Der Machtgedanke hat schon viele Menschen berauscht. Stolz sprach ein Cäsar, als er über das Meer fuhr, zu der Besatzung seines Schiffes: „Fürchtet euch nicht! Cäsar ist im Schiff.“ Als könne Cäsar den Wogen der See und den Stürmen gebieten. Römische Kaiser ließen sich göttliche Ehren erweisen. Der persische König Xerxes ließ das Meer peitschen, weil es sich seinem Willen nicht fügte. Ein anderer römischer Kaiser ließ Pfeile gen Himmel schießen, als es bei einem Festakt regnete, und das obwohl seine „göttliche Magnifizenz“ doch Sonnenschein angeordnet hatte. – Das sind nur einige aberwitzige Beispiele für den törichten Wahn, die selbstgefällige Verblendung und für die ohnmächtige Wut zu dem der herrschsüchtige Mensch vom Rausch der Macht verführt wird.
Ganz anders verhält es sich, wenn Christus spricht: „Mir ist alle Gewalt gegeben.“ Das ist keine Phrase, keine Übertreibung! Der Heiland ist weder machthungrig noch prahlerisch. Er ist die Demut selbst. Was Er sagt, ist Wahrheit. Seine Macht hat keine Grenzen, denn seine Macht ist göttlich. Er und der Vater sind eins. Alles, was der Vater tut, das tut auf gleiche Weise auch der Sohn. Seine Macht ist – um es mit einem Wort zu sagen – die Allmacht Gottes, die Himmel und Erde geschaffen hat, die Himmel und Erde erhält, die Himmel und Erde durchdringt, die Himmel und Erde lenkt und leitet.
Im Gegensatz dazu ist jede irdische Macht, jede geschaffene Macht begrenzt. Auch die Macht des Geldes, auch die Macht der Freimaurerei, auch die Macht des Teufels. Auch wenn sich der Satan als „Fürst dieser Welt“ ausgibt, so reicht seine Gewalt nur so weit, wie es ihm von der göttlichen Allmacht eingeräumt wird. Sie reicht nur so weit, wie es ihm Derjenige erlaubt, der von sich sagen konnte: „Mir ist alle Gewalt gegeben.“
Es ist gut, uns an dieses Wort zu erinnern, wenn uns bange wird angesichts der überhandnehmenden Gottlosigkeit, des christenfeindlichen Klimas, der scheinbar unüberwindlichen Macht von Geld und Korruption, des politischen, wirtschaftlichen und medialen Klüngels, der gesellschaftlichen Spaltung und Zersetzung, der Gefahr auf unseren Straßen und im öffentlichen Raum, der Gefahr des sozialen Friedens und angesichts des sich anbahnenden Weltkrieges, bei dem es schon längst nicht mehr die Frage zu sein scheint, ob, sondern lediglich, wann er losgetreten wird. – Ein beängstigender Sturm hat sich ja inzwischen zusammengebraut. Und wie damals, als der Seesturm auf dem See Genezareth tobte und das Schifflein der Apostel bedrängte, scheint der Herr zu schlafen. Aber so wie damals gilt auch heute das Wort der Schrift: „In Seiner Hand ist die Kraft und die Macht; Seine Größe und Herrschaft ist über alles.“ (1. Chron. 29,11 f.). Zu dem von Ewigkeit bestimmten Zeitpunkt wird der Christkönig Seine gebieterische Stimme erheben und dem Sturm Einhalt gebieten. „Und es trat eine große Stille ein.“ (Mt. 8,26). – Deshalb wollen wir nicht Hadern und Lamentieren, nicht selber Toben angesichts des himmelschreienden Unrechts allenthalben, niemandem schlechtes Wünschen. Auch dürfen wir nicht in lähmende Resignation verfallen. Sonst wird der Herr berechtigt auch von uns sagen: „Was seid ihr so furchtsam, ihr Kleingläubigen?“ (Mt. 8,25).
Unsere Aufgabe ist es, tapfer auszuharren in treuer Erfüllung unserer Pflichten in Beruf und Familie. Nicht auf Menschen, nicht auf irdische Mächte und Kräfte, sondern auf Gott wollen wir unser Vertrauen bauen und mit dem Psalmisten beten: „Dein ist der Himmel und Dein ist die Erde, der Erdkreis und was ihn erfüllt … Dein Arm ist gewaltig. Laß stark werden Deine Hand und erhöhe Deine Rechte!“ (Ps. 88,9-14).
Sein Königreich
Menschliche Macht strebt auf Erden nach Ausdehnung. Es gab Welteroberer wie Alexander den Großen, Julius Cäsar oder Napoleon, die glaubten, ein Weltreich zu errichten. Alexander weinte, als man ihm sagte, daß die Welt viel größer sei und er nur einen Bruchteil davon unterworfen hätte. Aber was waren die Reiche des Altertums schon im Vergleich zu den neuzeitlichen Kolonialreichen Portugals, Spaniens, Frankreichs und v. a. des British Empire?
In der Moderne freilich wurde die Vorstellung vom Weltreich abgelöst durch den Traum von der Weltherrschaft, sei es unter dem Hakenkreuz, unter sowjetischem Hammer und Sichel oder unter „Stars and Stripes“.
In Zeiten mit den heutigen technischen Möglichkeiten von Starlink und SpaceX, von Palantir und NVIDIA, von sog. „künstlicher Intelligenz“ und digitaler Datenkonzentration, die eine weltweite Überwachung ermöglichen soll, oder vielleicht jetzt schon ermöglicht, scheinen die Instrumente für das Diktat eines kommenden Weltherrschers bereitzuliegen, damit er ein globales Reich erobern, errichten und unter seiner Herrschaft halten kann.
Zur Zeit Jesu gab es das nicht. Der Herr war während der drei Jahre seines öffentlichen Wirkens nie über die Grenzen Palästinas hinausgekommen. Nur als Kind verbrachte Er einige Jahre in Ägypten – als Flüchtling. Und doch, der Gedanke nach Eroberung der ganzen Welt beherrschte auch Ihn vor zwei Jahrtausenden, aber in noch viel umfänglicherem Maße, als es sich die Machthaber des Altertums, der Neuzeit und der Moderne überhaupt vorstellen konnten und können. Die Globalisten haben ja „nur“ die Möglichkeiten geschaffen, um den Einzelnen vollständig zu überwachen und zu kontrollieren; was er sagen darf, wo er sich bewegen darf, was er essen darf, welche Verkehrsmittel er benutzen darf, womit er heizen darf etc. Letztlich bleibt ihre Herrschaft aber doch beschränkt auf das rein Äußerliche. Die Herrschaft Christi reicht weiter!
Er war gekommen für die Welt. Die ganze Welt, alle Menschen, jede Seele ist Sein Reich. Gott will, daß alle Menschen selig werden. Und der Gottessohn kam, um sie alle zu suchen; alle, die verloren waren. Er sucht nicht nur ein Volk, eine Rasse, eine Kultur, um sie über die anderen als „Herrenrasse“ zu stellen. Er kam nicht, um durch die Mittel der Eugenik einen überlegenen „Herrenmenschen“ zu züchten und diesen durch transhumanistische Eingriffe zu „veredeln“ und gleichsam unsterblich zu machen. Nein, Sein Blick sucht in dem letzten heidnischen Volk, in dem letzten heidnischen Dorf, in dem letzten heidnischen Haus, in der letzten heidnischen Seele das Licht des übernatürlichen Glaubens und das Feuer der übernatürlichen Gottes- und Nächstenliebe anzuzünden. Deshalb sprach Er kurz vor Seiner Thronbesteigung am Himmelfahrtstag: „Gehet hin in alle Welt!“ „Lehret alle Völker!“ „Predigt das Evangelium allen Geschöpfen!“
Alexander, Cäsar, Napoleon und andere Eroberer kamen, um den Menschen ihren „Frieden“, ihre „Ordnung“, ihr Diktat mit Gewalt aufzuzwingen. Sie kamen, um sich die Völker zu unterjochen, sie zu ihrem Vorteil auszubeuten. – Der Christkönig hingegen ist gekommen, um die Seelen zu gewinnen: ihren Verstand durch die Annahme des katholischen Glaubens, ihren Willen durch den übernatürlichen Gehorsam als Ausdruck der Liebe, ihr aufgescheuchtes, ängstliches Gemüt durch die übernatürliche Hoffnung, die sie vertrauensvoll ausrufen läßt: „Alles vermag ich in dem, der mich stärkt!“ – Jesus kam nicht, um die Völker zu unterjochen, sondern, um sie zur „Freiheit der Kinder Gottes“ zu führen. Er kam, um sie aus der Sklaverei der Sünde, vom Joch des Lasters und aus den Ketten des Todes, des ewigen Todes, zu befreien. – Der Heiland kam auch nicht, um die Völker zu Seinem Vorteil auszubeuten. Das Gegenteil ist der Fall! Seine Herrschaft bereichert alle, die sich ihr freiwillig unterstellen. Er beschenkt sie mit den Schätzen Seiner Gnade, Seiner Tugenden, Seiner Geistesgaben, ja, sogar mit Seiner innigsten und vertrautesten Freundschaft. Er beschenkt sie mit den Gütern des ewigen Lebens, einst mit einer Wohnung bei Ihm im Himmelreich und mit einer Glückseligkeit, die kein Mensch sich auszudenken imstande ist.
Der Missionsbefehl des Christkönigs hat seither nicht seine Geltung verloren. Er galt auch nicht nur den Aposteln oder Jüngern damals. Er gilt für alle Zeit. – Seine Geltung beschränkt sich auch nicht auf einen besonderen Personenkreis. Er galt auch nicht nur für die Päpste und Bischöfe bis zum sog. 2. Vatikanum. Er gilt nicht nur für die Gottgeweihten heute während der papstlosen Zeit. Der Befehl, das Reich des Christkönigs in Raum und Zeit auszudehnen, es in den Herzen der Kinder, der Jugendlichen, der Erwachsenen, der Greise zu errichten, zu stärken, zu erweitern, ist dem Gewissen eines jeden Katholiken aufgeprägt. Er macht es einem jeden von uns zur Pflicht, an dem Ort, wo wir hingestellt sind, und mit den Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, für die Menschen, die Gott in unseren Einflußbereich gesetzt hat, zu arbeiten.
Erinnern wir uns daran, daß die Patronin der katholischen Missionen – die kleine hl. Theresia vom Kinde Jesu – den Karmel von Lisieux niemals verlassen hat. Keinen einzigen Heiden hat sie persönlich belehrt, sich nicht an der Klärung theologischer Streitfragen, an der Widerlegung der gegen die katholische Wahrheit erhobenen Einwände beteiligt. Was war also das Geheimnis ihrer missionarischen Wirksamkeit? Antwort: Sie kannte ihren Platz! Sie kannte ihren Platz vor Gott. Sie erkannte und bekannte sich als schwaches, kleines Kind, das aus sich zu allem unfähig ist und folglich zu allem der Hilfe der starken Arme Gottes bedurfte. Sie wußte aber auch um ihren Platz in der Welt. Um die kleine, verborgene Welt ihrer Klosterzelle, um das tiefe Schweigen, in dem sie Gottes Nähe und Freundschaft suchte, um die Notwendigkeit des Opfers, der Selbstverleugnung, der Geduld, die dem Gebet Flügel verleihen, damit es Gott die Gnade der Bekehrung abzuringen vermag. Wer waren diese Seelen, die sie auf diese Weise für Christus erobert hatte? Es waren Unbekannte! Viele, unzählige Menschen in den fernen Missionsgebieten, welche die hl. Theresia nie zu Gesicht bekam, deren Namen ihr nie bekannt wurden, hatte sie auf diese Weise für Christus erobert. – Es ist gewiß kein Zufall, daß derselbe Papst – Pius XI. –, der vor genau 100 Jahren das Christkönigsfest eingesetzt hat, in demselben Jahr – also ebenfalls vor genau 100 Jahren – diese bescheidene Karmelitin heiliggesprochen hatte. Die göttliche Vorsehung wollte uns damit zeigen, wie wir auch heute, in der papstlosen Zeit – ohne daß es derzeit Bischöfe, Priester oder Missionare mit apostolischer Sendung gibt – Missionsarbeit, also Eroberungsarbeit für das Reich Christi, leisten können. Nämlich an unserem Platz, den wir auszufüllen haben mit einer großen Liebe zu Christus, einer großen Liebe zur Kirche und einer großen Liebe zu den Seelen. Nicht nur zu denen unserer Angehörigen, sondern auch zu den vielen Unbekannten, die Christus nicht oder nur in entstellter Weise kennen.
Wie haben ein Alexander der Große, ein Julius Cäsar oder ein Napoleon Bonaparte ihre Truppen inspiriert! Sollten wir uns da nicht auch begeistern lassen für diesen großen Auftrag, an unserem Platz für die Weltmission zu arbeiten, an der Ausbreitung des Reiches Christi in den Seelen, die heute die Welt bevölkern? Dieses Vorhaben ist tausendmal größer als das des Alexanders, des Cäsar, des Napoleon oder der modernen Diktatoren, Imperialisten und Globalisten, denn das Reich Christi ist grenzenlos. Es will jede Seele umfassen, jede Seele befreien, jede Seele bereichern, jede Seele beseligen.
Seine Herrschaft
Kommen wir noch einmal auf das Wort des Christkönigs zurück – „Mir ist alle Gewalt gegeben.“ – und wir werden eine weitere Eigenschaft des Reiches Christi erfassen. Wo ist Ihm alle Gewalt gegeben? Er sagt es selbst: „Im Himmel und auf Erden.“
Alle Welteroberer konnten und können in ihrem Größenwahn nur nach fremden Erdteilen, nach allen Erdteilen und in ihrer Phantasie – wie Elon Musk – vielleicht auch nach dem Mars.
Die Herrschaft Christi umfaßt jetzt schon die ganze Schöpfung. Nicht nur die sichtbare, sondern auch die unsichtbare. Die Erde ist der Schemel Seiner Füße, der Himmel ist Sein Thron. Seine Krone ist eine göttliche Krone. Sein Zepter ist die Kraft Gottes. Dem Christkönig ist alle Gewalt gegeben von Gott.
Wenn Menschen, befangen von ihrem Größenwahn, nach der Weltherrschaft streben, dann ruft das Widerstand und irgendwann auch Gegenwehr hervor. Die Eroberungszüge eines jeden Herrschers, der nach absoluter Weltmacht strebte, sind gepflastert mit Leichen. Die zahllosen Opfer der letzten beiden Weltkriege, aber auch die vielen politischen Morde zielten ja darauf ab, unliebsame Konkurrenten im Streit, um den „Platz an der Sonne“ aus dem Weg zu räumen, oder im wortwörtlichen Sinne „auszustechen“.
Der Christkönig hingegen nahm alle Gewalt aus der Hand Seines himmlischen Vaters entgegen, wie uns im 2. Psalm anschaulich geschildert wird. Darin verkündet der Christkönig: „So künde Ich denn die Satzung des Herrn. Der Herr hat zu Mir gesprochen: ‚Mein Sohn bist Du. Heute habe Ich Dich gezeugt. Fordere von Mir, und Ich gebe die Völker Dir zum Erbe, die Grenzen der Erde Dir zum Besitz. Mit eisernem Stabe regierst Du sie, schlägst sie in Scherben wie Töpfergeschirr.‘“ (Ps. 2).
Von Gott hat der Christkönig Seine Vollmacht. Gott ist die Grundlage Seiner Herrschaft. Der Name des dreifaltigen Gottes ist das Banner Seines Reiches. – Die Waffen der Welteroberer waren Feuer und Schwert. Seine Waffen sind Caritas, göttliches Wort und göttliche Gnade. Jene wollten ein Weltreich bauen, Christus ein Gottesreich. Ihre Truppen waren Werkzeuge des Todes; Seine Truppen, die Apostel und Jünger, sind Boten des Friedens. Die Eroberer suchten ihren Vorteil, ihr Glück, ihre Herrlichkeit; Jesus suchte das Heil der anderen, das Glück der Welt. Sie suchten zu herrschen, Jesus kam zu dienen. Sie suchten das Ihrige, Jesus das Interesse Gottes, das Heil der unsterblichen Seelen. Seine Vollmacht reicht vom Himmel zur Erde und von der Erde zum Himmel. Den Himmel versöhnen, die Erde erneuern, Gottes Herz den Menschen und die Herzen der Menschen Gott zuwenden, das ist das erhabene Ziel Seiner Herrschaft.
Darum liegt in diesem Streben nach Weltherrschaft kein Unsegen. Christus will kein irdisches Reich, keine Nation, auf Erden verdrängen, sondern jedes irdische Reich darüber hinaus zu einem Gottesreich machen.
Irdische Reiche verlangen nur rein äußerliche Dinge: Befolgung der Gesetze, Zahlung der Steuern usw. Das Reich des Christkönigs hingegen ist auf das Innerliche aufgebaut: Glaube, Herzensgesinnung, Tugendstreben. Rein äußerlicher Augendienst ist völlig wertlos. Das oberste Gebot verlangt nichts Geringeres als: „Sohn, gib Mir dein Herz!“ Der erste Paragraph der Reichsverfassung lautet: „Das Reich Gottes ist in euch.“ Im Reiche Gottes werden nicht nur Gesetze aufgestellt, sondern geheimnisvolle, übernatürliche Kräfte göttlicher Gnade helfen, sie zu beobachten und dieses Reich in uns zu errichten und auszubauen.
Ja, es ist ein Königreich ohnegleichen. Schon zu den Zeiten, als hierzulande noch die Bischöfe und manche Äbte Ländereien als geistliche Fürsten verwalteten, da prägte ihre milde Herrschaftsform die Redensart: „Unter dem Krummstab läßt sich‘s gut leben.“ Sahen die Untertanen doch, daß sie von den kirchlichen Würdenträgern – im Gegensatz zu denen, welche unter der Herrschaft weltlicher Fürsten standen – großzügiger, milder und gerechter behandelt wurden. Im Reiche Christi, dessen Joch mild und dessen Bürde leicht ist, dürfen alle Katholiken zusammen mit dem hl. Apostel Petrus ehrlich bekennen: „Herr, hier ist gut sein für uns.“
Seine Regierungszeit – die Ewigkeit
Schließlich und endlich bleibt uns noch ein letztes Merkmal des Christkönigtums – das ernsthafteste. Jedes irdische Reich trägt das unverkennbare Merkmal der Unbeständigkeit, der Zerstörbarkeit, des Untergangs an sich. Blättern wir nur in den Geschichtsbüchern ein wenig zurück. Da lesen wir von der Entstehung eines Weltreiches. Und wenige Seiten weiter lesen wir von seinem Untergang. Jeder Welteroberer hat an die Unzerstörbarkeit seines Reiches geglaubt. Jeder sah sich als Begründer einer jahrhundertelang währenden Dynastie. Hitler sprach vom „1000-jährigen Reich“. Wie schnell wurden diese Phantastereien von der Wirklichkeit des plötzlichen Machtverlustes durch Umsturz, des Todes ohne Nachkommen oder einer verheerenden Kriegsniederlage ernüchtert.
Jesus Christus allein konnte mit vollem Recht von sich sagen: „Siehe, Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt.“ „Die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen.“ Als Er das sagte, befand sich das stolze Römerreich im Zenit seiner Macht und seiner räumlichen Ausdehnung. Es umspannte die ganze unseren Vorfahren bekannte Welt. Jesu Reich war damals ganze elf Mann stark. Er selbst mußte der römischen Staatsmacht in Form Seines Todes am Kreuz scheinbar Seinen Tribut zollen. Doch wo war das Römerreich schon wenige Jahrhunderte später? Transivit! Es ist vergangen! Sein Reich, die katholische Kirche, hingegen ist geblieben. Schon hatte schon der Erzengel Gabriel mit Seiner Menschwerdung auch die ewige Regentschaft Christi vorherverkündet: „Gott, der Herr, wird Ihm den Thron Seines Vaters David geben und Er wird herrschen über das Haus Jakob in Ewigkeit und Seines Reiches wird kein Ende sein.“ (Lk. 1,32 f.).
Voltaire sagte: „Ich bin es müde, zu hören: Zwölf Männer hätten Christi Reich ausgebreitet. Ich allein werde es niederreißen.“ Aber er hat es nicht fertiggebracht. Napoleon brüstete sich: „Ich will die Kirche zerschmettern.“ Er demütigte Papst Pius VII., indem er sich in dessen Anwesenheit selbst zum Kaiser krönte. Später erklärte er den Papst zu seinem Untertan, annektierte den Kirchenstaat, ließ den Nachfolger Petri nach Frankreich entführen und dort internieren. Doch bald schon stürzte Napoleon, während der Papst überdauerte. So mußte Bonaparte am Ende seines Lebens gestehen: „Ich habe ein Reich auf das Schwert gegründet und es ist zerfallen. Jesus Christus hat Sein Reich auf die Liebe gegründet und es wird bleiben.“
In dem Vorhaben, die katholische Kirche zu zerstören, haben es bisher die Logenbrüder der Freimaurerei am weitesten gebracht, indem sie nach dem Tod des Papstes Pius‘ XII. den Papstthron mit Vertretern aus ihren eigenen Reihen besetzt hielten, um die katholische Kirche durch ein Konzil von innen heraus zu zerstören: durch Verfälschung der katholischen Glaubenslehre, durch Auflösung des katholischen Gottesdienstes und der meisten Sakramente, durch Zersetzung der katholischen Sitten. Aber was ist geschehen? Ist ihnen das Werk gelungen, die katholische Kirche zu zerstören? – Nein, sie haben nur eine weitere falsche Religion geschaffen. Die Konzilskirche hält freilich das Papstamt durch Schauspieler, die es scheinbar besetzen, gefangen, wie einst Napoleon Papst Pius VII. gefangen hielt. Die Konzilskirche hat alle Kathedralen, Kirchen, Klöster und katholischen Einrichtungen annektiert, wie Napoleon einst den Kirchenstaat. – Aber die katholische Kirche überdauert. Freilich in ganz erbärmlichem Zustand, ohne einen regierenden Bischof, nur mit wenigen Klerikern, welche über die bischöfliche bzw. priesterliche Weihegewalt verfügen. Sie überdauert in unseren bescheidenen Kapellen, wie einst die Heilige Familie im ägyptischen Exil. Sie überdauert in unserem Verstand durch die Tugend des übernatürlichen Glaubens, in unserer Seele durch den Stand der heiligmachenden Gnade. Sie überdauert in unserem Tun und Lassen, durch das wir den katholischen Glauben bekennen und Gott zu Seiner höheren Ehre und zum Heil der Seelen dienen. Wie lange, das wissen wir nicht. Sicher ist nur, daß auch die heimtückischen Machenschaften der Freimaurer zusammen mit ihrer menschengemachten „konziliaren Kirche“ dem Untergang geweiht sind und daß an diesem Tag die Kirche aus ihrer Erniedrigung hervorgehen wird, wie der Herr am Ostermorgen aus Seinem Grab.
Man möchte ja kaum meinen, daß sich die Bedrängnis für die katholische Kirche überhaupt noch steigern ließe. Jedoch wissen wir, daß die Versuche, das Reich Christi zu zerstören, erst unter der Herrschaft des kommenden Antichrist ihren Höhepunkt erreichen werden. Viele Katholiken werden nur durch das Zeugnis ihres Blutes den Schatz des Glaubens und der Gnade bewahren können. Noch viel mehr werden vom Glauben abfallen. Kaum einer wird der Verfolgung des Antichristen entgehen können. Doch auch von ihm wissen wir: Seine Herrschaft ist begrenzt. So sagt der hl. Paulus im 2. Thessalonicherbrief, daß der Antichrist sich erheben und sich durch sein gottloses Tun offenbaren wird. Doch ist auch sein Reich nicht von Dauer, denn wie der Völkerapostel sagt: „Der Herr Jesus wird ihn töten mit dem Hauche seines Mundes und ihn zunichte machen durch den Glanz Seiner Ankunft.“ (2,8). Man vermutet, daß dem Antichrist analog zum öffentlichen Wirken Jesu nur dreieinhalb Jahre für seine Schreckensherrschaft gestattet sein werden, ehe der Herr zum letzten Gericht kommen wird. Auch der Antichrist wird also kein ewiges Reich bauen können. Die ewige Regierungszeit kommt allein dem Christkönig zu. „Seines Reiches wird kein Ende sein.“
„Sei Du, Herr, König …“
Und so fährt der Herr fort, die Machthaber aller Zeiten mit den Worten des 2. Psalms zu mahnen: „Ihr Könige, nehmt also Einsicht an; laßt euch belehren, die ihr die Erde lenkt. Dienet dem Herrn in Furcht und frohlocket Ihm, bebend huldiget Ihm; daß Er nicht zürne, und ihr auf eurem Wege verderbet, wenn Sein Zorn jählings entbrennt. Selig alle, welche zu Ihm ihre Zuflucht nehmen!“
Ja, selig sind die Untertanen dieses erhabenen Königs, die gewürdigt sind, einem solchen Reich anzugehören. Ihm ist alle Gewalt gegeben. Er ist bei uns bis ans Ende der Welt. Am Ende der hl. Messe werden wir vor unserem König niederknien und Ihm geloben, daß wir für dieses Reich arbeiten, beten und opfern wollen; daß wir für Ihn leben und sterben wollen. „Dein sind wir, Dein wollen wir sein. Um jedoch immer inniger mit Dir verbunden zu werden, darum weiht sich heute ein jeder von uns freudig Deinem heiligsten Herzen … Verleihe, Herr, Deiner Kirche Wohlfahrt, Sicherheit und Freiheit. Verleihe allen Völkern Ruhe und Ordnung. Gib, daß von einem Ende der Erde bis zum anderen der eine Ruf erschalle: Lob sei dem göttlichen Herzen, durch das uns Heil geworden, Ihm sei Ruhm und Ehre in Ewigkeit.“ Amen.