Dort verankert sein, wo die wahren Freuden sind

Geliebte Gottes!

In der hl. Taufe sind wir mit Christus gestorben und in Ihm zu einem neuen Leben auferstanden: zum ewigen Leben. Dabei wurde uns das Samenkorn der heiligmachenden Gnade in die Seele eingesenkt, das im Laufe unseres irdischen Daseins wachsen und reiche Frucht ansetzen soll, bis es nach dem Tod zur Vollendung gelangt und in der Auferstehung des Fleisches auch unseren Leib erfaßt, so daß wir einst auch äußerlich dem verklärten Erlöser im Himmel ähnlich sein werden.

Die Absicht der nachösterlichen Liturgie besteht darin, uns in dieses neue Leben einzuführen. Immer wieder hören wir den Ruf des hl. Paulus: „Brüder! Wenn ihr mit Christus auferstanden seid, so sucht, was droben ist, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt. Was droben ist, sei euer Sinnen, nicht das, was auf Erden ist.“ (Kol. 3,1 f.). Der Völkerapostel verlangt von den Getauften – also von uns – daß wir aufhören uns an das Irdische zu klammern, sondern daß wir als in Christus zum ewigen Leben Auferweckte, in den Kategorien des Himmels denken und urteilen.

Doch das ist schwer für uns. Als Menschen sind wir Sinnenwesen und damit in unserem Erkennen, Denken und Urteilen auf die sinnliche Wahrnehmung angewiesen; auf das was man Sehen, Hören, Betasten kann. Das macht es uns besonders schwer in die Welt Gottes vorzudringen, die ja eine geistige Welt ist. Wir denken oft rein innerweltlich, was notwendigerweise zur Traurigkeit führt, denn diese Welt vergeht.

Als österliche Menschen müssen wir uns deshalb von Christus in die Welt des Geistes einführen und uns von den Wahrheiten Seiner Lehren, die Er uns im heutigen Evangelium mitteilt, ganz durchdringen lassen. Es sind im Wesentlichen drei Lehren, durch die uns die heutige Perikope auf die beiden bevorstehenden Hochfeste – Christi Himmelfahrt und Pfingsten – vorbereiten soll:

  1. Die Notwendigkeit der Himmelfahrt Christi.
  2. Die Sendung des Heiligen Geistes an Pfingsten. Und
  3. Das unterschiedliche Wirken des Heiligen Geistes – anders im Hinblick auf die Welt und anders im Hinblick auf die katholische Kirche, bzw. auf die gläubigen Katholiken.

Notwendigkeit der Himmelfahrt Christi

Der Herr hebt an mit einem sanften Tadel: „Ich gehe zu dem der Mich gesandt hat, und keiner von euch fragt mich: Wohin gehst Du?“ Der Grund für diesen leisen Vorwurf findet sich in der Traurigkeit der Apostel über den nahenden Weggang des Meisters. Denn Christus fügte Seinem Tadel hinzu: „Vielmehr hat Traurigkeit euer Herz erfüllt, weil Ich euch das gesagt habe.“ Statt sich nach dem Himmel zu erkundigen; statt nach dem himmlischen Vater zu fragen, der den Heiland in die Welt gesandt hat und zu dem Er nun zurückkehren wird; statt durch eine Antwort Christi auf diese Frage in himmlischer Freude über dessen nahende Verherrlichung eingeführt und darin befestigt zu werden, wurden die Apostel aufgrund ihrer allzu irdischen Gesinnung in Trübsal gestürzt. Sie meinten, daß mit dem äußeren Weggang Jesu all ihr Glück, alle ihre messianischen Hoffnungen mit „weggehen“, und sie allein hilflos und verlassen in einer christusfeindlichen Welt zurückbleiben müssen.

Ja, sie würden Jesus nicht mehr sehen! Dieses gütige Antlitz, diese Vertrauen weckenden Augen. Man wird sie nicht mehr sehen. Diese angenehme Stimme, Seine anschaulichen Belehrungen. Man wird sie nicht mehr hören. Diese wundertätigen Hände. Man wird sie nicht mehr spüren. – Die Traurigkeit darüber ist eine ganz natürliche Reaktion. Aber diese Anhänglichkeit an den Heiland ist zu menschlich. Das Verhaftet-Sein an die sinnliche Wahrnehmung des göttlichen Meisters macht die Apostel traurig, befestigt ihr Sinnen im Irdischen und verstellt ihnen den Zugang zur geistigen Welt Gottes.

Deswegen fuhr der Heiland fort: „Ich sage euch die Wahrheit: Es ist gut für euch, daß Ich hingehe; denn wenn Ich nicht hingehe, wird der Tröster nicht zu euch kommen, gehe Ich aber hin, so werde Ich Ihn zu euch senden.“ Wäre Christus immer bei den Aposteln geblieben, so hätten sie sich zu sehr an Seine äußere Gegenwart und Gestalt gehängt, wären unselbständige Kinder geblieben, die nie auf eigenen Beinen stehen können, sondern immer am Rockzipfel der Mutter sich festhalten müssen; die immer etwas zum Greifen brauchen, um im Glauben nicht umzufallen. Kurz: Sie wären für die Geistesgaben unempfänglich geblieben. Die sichtbare Anwesenheit Christi auf Erden hielt ihr Sinnen im Irdischen verankert. Durch Seinen Weggang, also durch den Entzug Seiner sinnfälligen Präsenz, sollten die Apostel geläutert werden. Ihr Sinnen sollte dorthin gerichtet werden, wohin sie den Herrn werden auffahren sehen – nach droben, in den Himmel, auf das himmlische Gottesreich. „Suchet, was droben ist, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt. Was droben ist, sei euer Sinnen, nicht das, was auf Erden ist.“ – Erst wenn sich euer Sinnen zum Himmelreich emporrichtet, wenn ihr eure Hoffnungen auf ein irdisches Messiasreich, auf hohe Ämter, auf weltliche Macht und materiellen Wohlstand aufgebt; erst wenn euer Herz nichts Irdisches, sondern das Himmlische sucht und sich nach oben hin öffnet; erst dann könnt ihr den Geist aus der Höhe und durch Ihn die reichen übernatürlichen Güter empfangen, welche Ich euch durch Mein Leiden und Sterben am Kreuz verdient habe. – Deshalb mußte sich Christus ihren Sinnen entziehen und zum Vater zurückkehren, der Ihn in die Welt gesandt hatte. Erst dann, wenn der Meister endgültig von ihnen geschieden ist, erst dann wird der Boden bereitet sein für die Erkenntnis, daß das Ziel der Erlösung nicht im Diesseits liegt, sondern daß das Ziel der Erlösung auf das Jenseits ausgerichtet ist, auf die Ewigkeit. Und daß derjenige kein wahrer Jünger Jesu ist, der in der Welt das seine sucht, sondern derjenige, der die Welt überwindet.

Auch für uns ist es „von Vorteil“, wenn Jesus zuweilen mit Seiner fühlbaren Gegenwart und Tröstung „weggeht“ und uns in geistiger Trockenheit und Prüfung zurückläßt; oder es fügt, daß uns ein irdisches Gut – etwa die Gesundheit, ein lieber Mensch, oder sonst ein liebgewonnenes, aber geschaffenes Gut – entzogen wird. Den für unser sinnliches Empfinden schmerzlichen Verlust im Namen Gottes zu tragen, ist auch uns „zum Vorteil“. Unser Herz wird dadurch geläutert, unser Sinnen aufs Himmlische gerichtet und dort befestigt. Dort also, wo die allein bleibenden Güter und Freuden sind. Wir werden empfänglicher gemacht für die inneren Gnadengaben. Und das Wachstum unseres inwendigen Menschen, unsere Wiedergeburt aus Gott, wird so gefördert.

Schon der Prediger im Alten Bund hatte geschrieben: „Alles hat seine Zeit und jegliches Ding hat seine Stunde unter dem Himmel. Das Weinen hat seine Zeit und das Lachen hat seine Zeit. Das Beisammensein hat seine Zeit und das Sichtrennen hat seine Zeit.“ (Koh. 3,1.4.5).

Und der hl. Bernhard sagt: „Wem Christus anfängt süß zu werden, dem muß die Welt notwendigerweise verleiden.“

So müssen auch wir gerade im Schmerz der Trennung und des Verlustes irdischer Dinge um so mehr unsere Hoffnung auf das Beständige, auf das Himmlische setzen: „Suchet, was droben ist, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt.“

Die Sendung des Heiligen Geistes

Nur so sind die Apostel und auch wir offen für den kommenden „Paraklet“, wie Christus den Heiligen Geist nennt. Die Bezeichnung „Paraklet“ bedeutet soviel wie: Beistand, Helfer, Tröster.

Man kann in gewisser Hinsicht sagen: Der Heilige Geist löst Jesus ab. Solange der Heiland auf Erden weilte, war Er der Tröster der Seinen, aber jetzt kündigt Er einen anderen Tröster an, den „Geist der Wahrheit“. Im Wirken dieses Geistes vollzieht sich die Fortsetzung des Werkes Jesu. Aber das Erlösungswerk Christi wird fortan von Seiner leiblich-körperlichen, zeitlich-räumlichen Begrenzung erweitert.

Der Heilige Geist ist der Liebeshauch des Vaters und des Sohnes. Er ist nicht örtlich zu lokalisieren, wie die Menschheit Christi. Der Gottmensch ist ja als Körper immer nur an einem bestimmten Ort gegenwärtig und damit gewissermaßen beschränkt. „Der Geist weht wo er will.“ Deshalb ist die Aussendung des Heiligen Geistes an Pfingsten gleichsam die Ausdehnung der Erlösung über die Grenzen Israels hinaus. Das Wirken des Heiligen Geistes ist nicht mehr beschränkt, wie das Wirken des Heilandes, der ja in erster Linie „zu den Kindern Israels gesandt“ war, sondern universal. Deswegen ist die Sendung des Heiligen Geistes notwendig. Erst durch sie gelangt die Erlösung zur Fülle, zur letzten Reife, zur allumfassenden Ausdehnung. Von Christus erhielten die Apostel den Auftrag: „Ihr werdet Meine Zeugen sein, in Jerusalem, und in ganz Judäa und Samaria, und bis an die Grenzen der Erde.“ (Apg. 1,8). Aber dazu mußten sie zuerst den Heiligen Geist empfangen, weshalb Christus ihnen befahl: „von Jerusalem nicht wegzugehen, sondern auf die Verheißung des Vaters zu warten … mit dem heiligen Geist getauft“ (Apg. 1,4 f.) zu werden. Der Heilige Geist rüstete die Apostel aus mit der erforderlichen „Kraft aus der Höhe“, damit sie das Evangelium tatsächlich bis ans Ende der Welt tragen können. Er ist universal. Es gibt keine zeitliche und räumliche Begrenzung mehr für Sein Wirken.

Der Heilige Geist kommt aber nicht nur für einen Tag. Er bleibt beständig! Wenn Christus das unsichtbare Haupt der Kirche ist, dann ist der Heilige Geist die Seele der Kirche. Wie die Seele im Leibe bleibt und überall im Leibe wirkt, so bleibt und wirkt der Heilige Geist fortwährend in der katholischen Kirche.

Die Wirkungen des Heiligen Geistes

Auf welche Weise wirkt nun der Heilige Geist? Er arbeitet nach zwei Richtungen hin. Er arbeitet einmal in der Richtung der Welt, also im Bezug auf die Heiden und Juden, die nicht an den Gottessohn Jesus Christus glauben würden. Und diese ungläubige Welt „überführt“ Er. Der Heilige Geist ist der überführende Anwalt Christi.

Die zweite Tätigkeit des Geistes richtet sich auf die Gläubigen, also auf die Jünger Christi, auf die Glieder der katholischen Kirche. Er wird ihnen als „Geist der Wahrheit“ zum unfehlbaren Lehrer, zum unverbrüchlichen Garant der göttlichen Wahrheit und befestigt sie dadurch im Himmlischen.

a) auf die Welt

Die erste Tätigkeit des Geistes ist das Überführen, also der Beweis, daß die Hoffnung auf die ungerechten Mittel der Welt keinen Bestand hat. „Er wird der Welt beweisen, daß es eine Sünde, eine Gerechtigkeit und ein Gericht gibt. Eine Sünde, weil sie nicht an Mich geglaubt haben; eine Gerechtigkeit, weil Ich zum Vater gehe; ein Gericht, weil der Fürst dieser Welt schon gerichtet ist.“

Durch das Lehramt der katholischen Kirche, durch das heroische Tugendbeispiel der Heiligen, durch Wunderzeichen und göttliche Strafgerichte rüttelt der Heilige Geist ständig das verweltlichte Gewissen auf. Und zwar hinsichtlich dreier Gegenstände: Sünde, Gerechtigkeit, Gericht.

„Eine Sünde, weil sie nicht an Mich geglaubt haben.“ Der Heiland kennt, diesen Worten nach zu schließen, nur eine Sünde: den Unglauben gegen Ihn. Denn, obwohl es freilich eine Unzahl unterschiedlichster Arten von Sünden gibt, so ist der Unglaube die eigentliche Wurzel aller Sünden und der Inbegriff aller Sünden.

Schon die erste Sünde der Stammeltern begann mit einem Akt des Unglaubens. Gott kündigte an: „An dem Tag da du davon ißt, mußt du sterben!“ Sie aber glaubten den Worten der Schlange mehr: „Keineswegs werdet ihr sterben!“ Die erste Sünde ist im Unglauben der Stammeltern angelegt, weil sie nicht glaubten, daß Gott Seine Drohung wahr machen werde. Deshalb ließen sie sich vom Teufel verführen. – Der hl. Augustinus sagt: „Wenn dieser [der Unglaube] bleibt, so bleiben auch die anderen Sünden; wenn aber dieser abgelegt wird, können auch die übrigen erlassen werden.“ Und so sagte auch Christus bei Seiner Himmelfahrt: „Wer glaubt und sich taufen läßt, der wird gerettet. Wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.“ (Mk. 16,16). Der Unglaube ist das Haupthindernis für das ewige Heil, die Hauptsünde.

Es ist Sünde und Frevel gegen Gottes Erbarmen, den als Erlöser in die Welt gesandten Gottessohn durch theoretischen oder praktischen Unglauben abzulehnen – also durch Irrglauben oder durch ein unsittliches Leben. Ein Leben in der Sünde ist ja ein praktischer Unglaube, weil der unbußfertige Mensch nicht glaubt, daß sein Lasterleben von Gott gestraft werden wird. – Diese Überführung vollzieht der Heilige Geist äußerlich, durch die Lehrverkündigung der katholischen Kirche; durch die Heiligkeit der Kirche, sowie durch Wunder und eintretende Prophetien. Aber auch innerlich, in der Seele jedes Menschen macht Er sich bemerkbar. Durch die Einsprechungen des Gewissens, durch Erleuchtungen und sonstige Einwirkungen der helfenden Gnade macht Er jeden Menschen unentschuldbar. Auf jeden Menschen wirkt der Heilige Geist mit Seiner helfenden Gnade ein: Oft! Täglich! Ja, oftmals am Tag!

Sodann überführt der Heilige Geist die Welt, daß es „eine Gerechtigkeit [gibt], denn Ich gehe zum Vater.“ Diese Gerechtigkeit hat sich im Leben Jesu gezeigt. Er war der Unschuldige, der Heilige und der Gerechte. Er ist Wohltaten spendend durch die Lande gezogen, und doch haben ihn die Führer des Volkes dem Tode überliefert. „Den Heiligen und Gerechten habt ihr getötet“, so beschuldigt der hl. Petrus die Juden in der Apostelgeschichte. Das war Ungerechtigkeit! Und so ist es auf Erden weitergegangen. Hier auf Erden hängt die Gerechtigkeit immer am Kreuze, weil die Welt meint, Wahrheit und Recht auf diese Weise zum Schweigen bringen zu können. Im Falle Jesu ist es ihr jedoch nicht gelungen. Denn der Heilige Geist hat Ihm Gerechtigkeit verschafft. Der Heilige Geist hat Ihn, den „Erstgeborenen von den Toten“, lebendig gemacht. Er hat Ihn auferweckt von den Toten. Da sieht man: Gott, der Heilige Geist, hat sich zu Ihm bekannt. Er hat das gerechte Werk Christi bestätigt. Er hat ihn über alle Himmel erhöht, Ihn zum universalen Weltherrscher eingesetzt. Gott selbst hat Sich zu Seinem Gerechten bekannt. Und noch mehr hat Er getan! – Durch die Auferstehung und Himmelfahrt wurde auch bewiesen, daß das universale Erlösungsopfer Christi am Kreuz von Gott angenommen worden ist. Die Ungerechtigkeit der Sünde hatte den Menschen vom Himmel ausgeschlossen. Die Himmelfahrt des Gottmenschen beweist, daß dieser Ausschluß aufgehoben ist und folglich der Himmel den Menschen wieder offen steht. Die Heimkehr Jesu zum Vater bestätigt und beweist, daß die Ungerechtigkeit der Sünde gesühnt und das gefallene Menschengeschlecht durch das Blut Christi von seiner Sünde Rechtfertigung und Gerechtigkeit zurückerlangen kann. Kurz: Durch die Himmelfahrt Christi beweist der Heilige Geist, daß Christus kein Betrüger, kein Scharlatan, kein Verführer ist, wie die ungläubige Welt immer lügnerisch behaupten wird, sondern „der Gerechte“ Gottes, dessen Opfer zum Himmel aufgestiegen ist, „Gott zum lieblichen Wohlgeruch“.

Drittens wird der Heilige Geist der Welt beweisen, daß es „ein Gericht [gibt], weil der Fürst dieser Welt schon gerichtet ist.“ Das bedeutet, die Welt weiß um ihre Verdammung. Weil sie nicht glauben will, deswegen bekämpft sie instinktiv die göttliche Wahrheit. Sie tut es, weil der Heilige Geist dafür sorgt, daß die Welt begreift, daß sie bereits verworfen ist, in ihrem Oberhaupt; in ihrem Fürsten, im Satan. – Christus selbst hat gesagt: „Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen.“ Während Seines öffentlichen Wirkens hatte der Herr Seine richterliche Macht ferner bei den Dämonenaustreibungen demonstriert und gesagt: „Wenn Ich mit dem Finger Gottes die Dämonen austreibe, dann ist ja das Reich Gottes zu euch gekommen.“ Der „Finger Gottes“ ist nichts anderes als der Heilige Geist, der die Teufel mit Leichtigkeit bezwingt und das Gericht Gottes an ihnen vollstreckt. Der Stärkere hat die Macht des Starken besiegt! Genauso wird das Reich des Satans gerichtet. – Das wurde der Welt durch den Heiligen Geist bewiesen: Gott hat den „Fürsten dieser Welt“ gerichtet. Und wie Gott die aufrührerischen Engel in Seinem Gericht nicht geschont hat, so wird Gott auch jene Menschen nicht schonen, die dem Satan in seiner Rebellion nachfolgen.

b) auf die Kirche

Aber der Geist wirkt nicht nur auf die ungläubige Welt, sondern auch auf die Kirche selbst ein, und zwar – wie gesagt – als Lehrer der Wahrheit. „Er wird euch alle Wahrheit lehren“, verheißt Jesus Seinen Aposteln. Der Heiland selbst war schon Lehrer der Wahrheit. Aber Er hat die Wahrheit nicht in allen Zügen und in allen Einzelheiten vermittelt! Auch das geht aus den Worten Jesu hervor: „Noch vieles hätte Ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt noch nicht ertragen.“ Der Heiland hat die Apostel also nicht die gesamte Wahrheit gelehrt.

Der Heilige Geist wird fortan das Erlöseramt Christi auf Erden als immerwährender Erleuchter und Gnadenspender der katholischen Kirche zu seiner Vollendung führen. Aber auch das Lehren der gesamten Wahrheit durch den Heiligen Geist wird nicht auf einmal geschehen. Es beginnt an Pfingsten und wird sich im Laufe der Kirchengeschichte fortsetzen, entfalten und vertiefen.

Ein Beispiel: Der hl. Petrus wollte nach Pfingsten dem Hauptmann Cornelius zunächst das Evangelium nicht predigen und ihn nicht zur Kirchengemeinschaft zulassen. Warum? Weil er ein Heide und kein Jude war. Doch der Heilige Geist sandte ihm eine Vision. In dieser Vision wurden dem hl. Petrus dreimal alle Arten unreiner Tiere gezeigt, die ein Jude gemäß alttestamentlicher Speisevorschrift nicht essen durfte. Und die göttliche Stimme sprach zu Petrus: „Iß! Wenn Ich all das für rein erklärt habe, dann sollst du sie nicht zurückweisen.“ Die unreinen Speisen standen für die Heidenvölker mit denen die Juden nichts zu tun haben wollten. Gott wollte aber, daß fortan auch den Heiden gepredigt würde. Das erkannte der hl. Petrus, als in demselben Moment die von Cornelius gesandten Soldaten, die ebenfalls durch eine Vision zu Petrus geführt wurden, an der Tür des Hauses klopften.

Auch den Aposteln war also die ganze katholische Lehre am Pfingsttag nicht explizit geoffenbart worden. Der Heilige Geist hatte sie schrittweise in der Wahrheit belehrt. Und nach dem Tod des letzten Apostels, da die Offenbarung abgeschlossen war, da hat der Heilige Geist die Lehrer der katholischen Kirche – also den Papst und die mit ihm vereinten Bischöfe – im Laufe der Zeit immer tiefer in die Erkenntnis der göttlichen Wahrheiten eingeführt. Durch Seinen Beistand hat die Kirche immer mehr entdeckt, was Gott geoffenbart hat. Sie hat zunehmend auch die Dinge explizit und ausdrücklich erkannt, die den Aposteln implizit offenbart wurden. In der Apostolischen Zeit glich die göttliche Offenbarung einer Blütenknospe. In einer Knospe ist die herrliche Blüte bereits vollständig angelegt, aber sie ist noch verschlossen und noch nicht voll entwickelt. Erst nach und nach wird sich die Knospe öffnen, sich entfalten und ihre innere Schönheit auch äußerlich sichtbar zeigen. So hat sich die Knospe der göttlichen Offenbarung unter Einwirkung der Sonnenstrahlen des Heiligen Geistes im Laufe der Jahrhunderte immer weiter geöffnet und die Glaubensgegenstände immer deutlicher erkennbar gemacht.

Auch hierfür zwei Beispiele: Der hl. Joseph wurde zwar die Jahrhunderte hindurch verehrt, aber erst im 19. Jahrhundert durchdrang die Kirche die große Bedeutung des hl. Joseph; insbesondere als die Kirche durch die freimaurerischen Agitationen verfolgt wurde. So hat die Kirche den Nährvater Jesu, der ihn vor dem mörderischen Zugriff des Herodes gerettet hat, zu ihrem Schutzpatron erklärt. – Ferner wurde auch die Unfehlbarkeit der Päpste nicht erst im 19. Jahrhundert „erfunden“, wie die Protestanten und die Liberalen lügnerisch behaupten. Die Päpste waren immer schon unfehlbar. Und die Kirche hat das auch immer geglaubt. Aber erst die seit der Aufklärung anhaltende und immer frechere Leugnung der päpstlichen Unfehlbarkeit machte die feierliche Definition derselben auf dem Vatikanischen Konzil notwendig.

Die Kirche betrachtet den großen Schatz der göttlichen Wahrheit, den sie von Gott anvertraut bekam, im unfehlbaren Licht des Heiligen Geistes und legt ihn unter Seiner Anleitung im Laufe der Jahrhunderte immer klarer offen. Oft geschah dies durch das Auftreten von Irrlehren, durch welche die Kirche gezwungen wurde, das was wirklich von Gott geoffenbart wurde, genauer zu untersuchen, um es noch deutlicher von der Häresie abzugrenzen. Darin besteht gerade der Zweck der Häresien. Deshalb läßt Gott sie zu: Einmal freilich, um den Glauben der Katholiken zu prüfen; zum anderen aber vor allem, um die Wahrheit noch klarer als zuvor zur Geltung zu bringen.

Schließlich sagte der Heiland: „Er wird nicht von Sich selbst reden, sondern was Er hört, wird Er reden und das Zukünftige euch verkünden.“ Der Heilige Geist, ist der Geist der Wahrheit. Er ist der Geist Christi. Die Wahrheit ist immer dieselbe. Sie kann sich nicht ändern. Deshalb kann sich die Wahrheit, die vom Heiligen Geist kommt nicht von der Wahrheit unterscheiden, die Christus verkündet hat. Der Heilige Geist verkündet das, was Er vom Sohn hört. Der Sohn ist das ewige Wort, der Logos. Er ist das Wort des Vaters. Der Heilige Geist hört dieses ewige Wort und kündet es uns. „Was Er hört, wird Er reden.“ Deshalb sagt Christus: „Er wird von dem Meinigen nehmen und euch verkünden.“ – Wenn uns der Heilige Geist also das Wort des himmlischen Vaters kündet, dann spricht Er stets, zusammen mit dem Vater und dem Sohn, mit einheitlicher Stimme. Er kann und wird keine andere Wahrheit verkünden als diejenige, welche Christus verkündet hat. Alle drei göttlichen Personen sind ein und derselbe Gott. Deshalb besitzen alle drei Personen gleichermaßen das eine göttliche Allwissen. Folglich kann Ihre Lehre nur ein und dieselbe sein. Es ist also ausgeschlossen, daß der Heilige Geist eine andere, eine neue Religion gründen könnte.

Welche Lehren können wir aus diesem Evangelium ziehen?

Man könnte viele Lehren aus dem Wirken des Heiligen Geistes ziehen. Wir wollen uns mit dreien begnügen.

Die erste ist die „göttliche Assistenz“, der „göttliche Beistand“, den die katholische Kirche durch den Heiligen Geist erfährt. Weil die katholische Kirche den Beistand des Heiligen Geistes, des Geistes der Wahrheit besitzt, deshalb lehrt sie nicht mit der menschlichen Autorität ihrer Amtsträger, sondern mit göttlicher Autorität. – Weil die katholische Kirche mit der unfehlbaren Autorität Gottes spricht, deshalb verdient sie den Gehorsam der Gläubigen in ihrer Glaubenslehre und in ihren sittlichen Vorschriften. Man kann darin keinen Mangel erkennen. Alles was die katholische Kirche lehrt und vorschreibt macht Sinn. Alles davon ist logisch. Alles ist wahr. Warum? Weil sie den Auftrag Christi und den Beistand des Heiligen Geistes hat, die Menschen im Namen Gottes zu lehren. Weil sie die eine und einzige Kirche Gottes ist. Ohne den Beistand des Geistes der Wahrheit könnte und dürfte die katholische Kirche keinen derartigen Anspruch auf Gehorsam einfordern, wie sie es tut. – Durch den Gehorsam gegen die katholische Kirche vereinigt der Heilige Geist das Sinnen unzähliger Menschen in einem Glaubensbekenntnis und verankert die Hoffnungen unsere Herzen dort, „wo die wahren Freuden sind“, also in der göttlichen Wahrheit und im Himmel.

Zweitens: Eine weitere Lehre, die wir daraus ableiten müssen, ist die Kontinuität der kirchlichen Lehre. Die Lehre der Kirche Gottes kann sich nicht ändern. Wenn der Heilige Geist, der Geist der göttlichen Wahrheit ist, dann wird in der Kirche Gottes bis zum Ende der Welt ein und dieselbe göttliche Wahrheit vorgetragen. Die katholische Kirche wird auch in ihrer Lehre und Disziplin wesentlich immer dasselbe vorschreiben. Nämlich das, was Christus gelehrt hat und was uns unfehlbar zu den Freuden des Himmels führt. – Hingegen beweist eine Hierarchie, die uns eine neue „Glaubens“-Lehre, eine andere Lehre zu glauben vorlegt, daß sie gerade diesen Beistand nicht hat, und daß sie folglich nicht die Hierarchie der katholischen Kirche sein kann. Und deshalb sind die Vertreter der konziliaren Hierarchie unmöglich Papst und Bischöfe der katholischen Kirche. Man kann die Irrtümer des 2. Vatikanums und seiner „Reformen“ nicht mit der Lehre der vom Heiligen Geist belehrten katholischen Kirche in Einklang bringen. – Würde man die Konzilskirche mit der katholischen Kirche identifizieren, was heute leider die meisten Menschen aufgrund ihrer Anhänglichkeit an das sinnfällige Erscheinungsbild tun. Sie sehen die Gewänder. Sie sehen den Petersdom, die bischöflichen Kathedralen und die Administration. Sie haften am Irdischen und beurteilen die Dinge nicht vom Glauben aus. Deshalb bemerken sie nicht, daß sie mit der Behauptung die Konzilskirche sei die römisch-katholische Kirche und mit der Behauptung Bergoglio sei der Papst einschlußweise einräumen, daß die katholische Kirche nicht den Beistand des Heiligen Geistes besitze, daß Christus ein Lügner und ein Betrüger sei, der nicht worthalten konnte, der nicht dafür sorgen konnte, daß der Glaube des fortlebenden Petrus nicht wanke; daß die gesamte katholische Lehre eine willkürliche, zusammenhanglose Doktrin ist, die sich beliebig ändern läßt, wie es die Erfordernisse der Zeit verlangen. – Es würde bedeuten, daß der Irrtum und die Sünde von der Kirche gutgeheißen werden können, trotz des Beistandes des Heiligen Geistes!

Schließlich noch eine dritte Lehre: Nämlich die Verdammnis derjenigen, welche die von der katholischen Kirche gelehrte göttliche Wahrheit ablehnen. – Der Heilige Geist gibt jedem Menschen genug Gnade, damit er seine Seele retten kann. Diese Gnade schließt die Fähigkeit ein, wenigstens die wichtigsten Glaubenswahrheiten des Evangeliums zu kennen, dieselben durch göttlichen Glauben anzunehmen und zu bekennen. Jeder Mensch empfängt die Gelegenheit dazu! Freilich nicht alle kommen in den Genuß, daß ihnen das Evangelium gepredigt wird. Aber der Heilige Geist wird gerade in solchen Seelen Seinen wunderbaren Einfluß ausüben, damit auch sie zum übernatürlichen Glauben gelangen und ihre Seele retten können. Jeder Mensch bekommt die Gelegenheit. Jene aber, welche dieser Gnade widerstehen, also die den Einfluß des Heiligen Geistes zurückweisen, machen sich einer schweren Sünde schuldig und werden deshalb zur Hölle fahren.

„Damit unsere Herzen dort verankert seien, wo die wahren Freuden sind.“

Was haben wir zu tun? – Wir müssen die Forderung des Völkerapostels ernst nehmen: „Suchet, was droben ist, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt. Was droben ist, sei euer Sinnen, nicht das, was auf Erden ist.“ Zweifelsohne müssen wir deshalb in diesen Tagen innig zum Heiligen Geist um Gelehrigkeit beten; daß wir unsere Hoffnungen nicht auf Irdisches setzen; daß wir nicht sündigen, gerichtet werden und ewig zugrunde gehen; sondern suchen was droben ist, indem wir fügsam die gnadenhaften Anregungen des Heiligen Geistes aufnehmen und gehorsam jene Lehren und Gesetze der katholischen Kirche glauben und befolgen, die uns unfehlbar in den Himmel führen können. Am besten gebrauchen wir dazu die Gebete der vom Heiligen Geist gelenkten Kirche. So etwa die heutige Sonntagsoration, die da lautet: „Gott, der Du die Herzen der Gläubigen eines Sinnes machst, gib Deinem Volke das zu lieben, was Du befiehlst, das zu ersehnen, was Du versprichst, damit in dem Wechsel der Verhältnisse unsere Herzen dort verankert seien, wo die wahren Freuden sind.“ Damit unsere Herzen dort verankert seien, wo die wahren Freuden sind! Amen.

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