Gott ist dreimal ICH, einmal BIN. Dreimal EGO, einmal SUM.

Geliebte Gottes!

„Geht also hin und lehret alle Völker!“ „Wer glaubt und sich taufen läßt wird gerettet werden. Wer nicht glaubt, wird verdammt werden.“ So lautete der Missionsbefehl Christi, den Seine Braut, die hl. katholische Kirche, in ihrer eifrigen Sorge um das ewige Heil der Menschen, gehorsam ausgeführt hat. Kaum hatte sie am Pfingsttag die „Kraft aus der Höhe“, den Heiligen Geist, empfangen, da gingen die Apostel hinaus in alle Welt und verkündeten das Evangelium. – Und so geschieht es jedes Jahr, daß sich die Kirche – nachdem sie das Pfingstfest feierlich begangen hat – aufs Neue daran macht, der Welt in den großen drei auf Pfingsten folgenden Festen, die größten und staunenswürdigsten Geheimnisse des katholischen Glaubens bekannt zu machen.

Da ist heute das Geheimnis von dem einen Gott in drei Personen; das Geheimnis der Dreieinigkeit Gottes, welches uns heute verkündet wird. – Sodann an Fronleichnam das Geheimnis von der Menschwerdung des Sohnes Gottes, dessen lebendiges Denkmal die katholische Kirche im Allerheiligsten Altarsakrament besitzt und am kommenden Donnerstag vor aller Weltöffentlichkeit zur Anbetung ausstellt. – Und schließlich, das Geheimnis von der unendlich barmherzigen Erlöserliebe Gottes. Gott hat ein liebendes Herz. Ein Herz, das so reich an Güte ist, daß es den Lösepreis für die Sünde gezahlt hat; das nicht aufhört die Sünder zu lieben, obwohl sie es mit ihrer Bosheit verletzen, quälen und durchbohren. Gott hat ein Herz, das jedem reumütigen Sünder stets offen steht und immer bereit ist zu vergeben, ja das sich sogar danach sehnt vergeben und verzeihen zu dürfen; wenn, ja, wenn sich der Sünder durch das heiligste Herz Jesu nur zu Reue und Umkehr bewegen läßt.

Ein striktes Geheimnis

Die Glau­bens­wahr­heit der Drei­ei­nig­keit ist die grund­le­gendste von allen christ­li­chen Glau­bens­mys­te­rien. Sie ist das zen­trale Glau­bens­ge­heim­nis! Sie unter­schei­det die christ­li­che Reli­gion von jeder ande­ren Reli­gion. Das Geheim­nis der Drei­fal­tig­keit ist ein abso­lu­tes Geheim­nis. Das heißt: Es mußte offen­bart wer­den, wenn wir es ken­nen­ler­nen soll­ten. So sehr es auch in der Schöp­fung und in der Heils­ge­schichte Israels Andeu­tun­gen der Drei­fal­tig­keit Gottes gab, so gewiß ist es, daß das Geheim­nis selbst einer beson­de­ren Offen­ba­rung Got­tes bedurfte. Und auch wenn es geof­fen­bart worden ist, ver­mö­gen wir es nicht zu durch­schauen. Das Geheim­nis der Drei­fal­tig­keit geht weit über die Ver­nunft hin­aus. Es ist ein Geheim­nis, das nie­mals vom Men­schen in sei­nem Grunde erfaßt wer­den kann. Und es muß auch so sein! Wenn wir Gott durch­schauen könn­ten; wenn unser Verstand die Grenzen der Gottheit ausloten könnte; wenn unser Verstand Gott begreifen, also gleichsam umfassen könnte, dann wäre unser Verstand größer als Gott. Dann wäre Gott nicht Gott, sondern unser Verstand wäre Gott.

Gott muß Seinem Wesen nach der unbegreifliche sein. Deswegen wäre es an sich geboten, vor dem unbegreiflichen Geheimnis zu verstummen, ist doch jedes menschliche Reden von Gott lediglich Gestammel. Jedoch hat die Kirche, wie wir soeben aus dem Munde Christi vernommen haben, den Auftrag die Völker zu lehren. Und deshalb mußte und muß sie von Gottes Geheimnissen sprechen. Doch müssen wir dabei beachten, daß alle Erklärungen weit hinter dem zurückbleiben, was Gott ist. Etwa so, wie die Vorstellung der Farben, die sich ein von Geburt an blinder Mensch anhand der Beschreibungen der Sehenden bildet, hinter dem wirklichen Sehen der Farben – grün, blau, rot, gelb usw. – zurückbleibt. Sobald wir meinen das Geheimnis des dreifaltig-einen Gottes verstanden zu haben, können wir sicher sein, daß wir falsch liegen.

Vom hei­li­gen Augus­ti­nus, der ein gro­ßes Werk über den drei­fal­ti­gen Gott geschrie­ben hat, wird die berühmte Begebenheit erzählt, daß er während der Abfassung seines Werkes ein­mal am nordafrikanischen Strand des Mittelmeeres dahin­wan­delte und sich dabei den Kopf über das Geheimnis der Trinität zerbrach. Da traf er auf einen klei­nen Jungen, der mit einer Muschel Was­ser in eine kleine Grube füllte, die er zuvor am Strand aus­ge­ho­ben hatte. Der hl. Kirchenvater fragte den Jungen: „Was tust du da?“ Er ant­wor­tete: „Ich schöpfe das Meer in meine Grube.“ „Ja“, sagte der hei­lige Augus­ti­nus, „aber das ist doch ganz aus­ge­schlos­sen. Das ist doch unmög­lich. Das Loch ist viel zu klein, um darin das unermeßliche Meer aufzufangen.“ Und der Junge ant­wor­tete: „Eher wird mein klei­nes Grüb­chen das Meer fas­sen, als dein Ver­stand das Geheim­nis des drei­fal­ti­gen Got­tes.“ Genau so ist es! Deshalb sagt der hl. Bernhard von Clairvaux so schön: „Die­ses Geheim­nis ergrün­den ist Ver­mes­sen­heit, daran glau­ben ist Gott­se­lig­keit, es der­einst erken­nen ist ewi­ges Leben.“

Trotz der Begrenztheit unseres Verstandes, ist es notwendig – vor allem, um glaubensgefährdende, falsche, häretische Vorstellungen von Gott zurückzuweisen – sich, wenn auch eine unvollkommene, so doch eine wahre Kenntnis vom Inhalt des Geheimnis der Dreifaltigkeit zu verschaffen.

Die Offenbarung des Alten und Neuen Testaments

Die­ser drei­ei­nige Gott wird uns in der Hei­li­gen Schrift bezeugt. – Unzählige Male ist im Alten Testament von der Einheit und Einzigkeit Gottes die Rede. Am brennenden Dornbusch offenbarte Sich Gott als der: „Ich bin der: Ich bin.“ Ich bin der Seiende, der schlechthin Existierende. Ich bin die unendlich vollkommene Fülle des Seins. Alles andere hat irgendwann angefangen zu sein, ist also nicht das Sein an sich, sondern hat lediglich einmal Anteil am Sein bekommen. Gott ist der schlechthin notwendig Seiende, die absolute Seinsfülle, das ewige ICH BIN, das ewige SUM; und deshalb absolut einzigartig. Seine unendliche Seinsfülle macht Ihn zum Allerhöchsten, zu Gott. – Aus diesem Grund kann es nicht mehrere Götter geben, so wie es auch nur einen einzigen allerhöchsten Berggipfel geben kann. Es kann nicht zwei Berge mit dem allerhöchsten Gipfel geben. Denn wären sie beide gleichgroß, wäre keiner von beiden der Allerhöchste. Deshalb sprach Gott im Feuer des Sinai zu Moses: „Ich bin der Herr dein Gott.“ Einzahl! „Du sollst keine fremden Götter neben mir haben“, weil es keine anderen Götter gibt. Nur einen Einzigen. Den Allerhöchsten. – Deshalb hat Er auch den König David dazu angetrieben, den Psalmvers zu singen: „Die Götzen der Heiden sind Dämonen.“ Und so lehrt uns auch die Kirche des Neuen Bundes im Credo der hl. Messe als allererstes bekennen: „Ich glaube an den EINEN Gott. – Credo in unum Deum“ Einzahl! – Die Einheit und Einzigkeit Gottes kann vom menschlichen Verstand zwar durch schlußfolgerndes Denken begriffen werden. Nichtsdestotrotz wurde auch die Einheit Gottes im Alten Bund offenbart, damit unser Glaube durch das Fortschreiten der neutestamentlichen Offenbarung, von den drei Personen in der einen Gottheit, nicht irregeleitet würde.

Bei vier Geschehnissen im Neuen Testament wurde die alttestamentliche Offenbarung von dem einen göttlichen Sein erweitert, bzw. genauer gefaßt. Der eine Gott; das eine göttliche Wesen ist dreipersönlich. Das eine Sein, das eine göttliche Wesen ist dreimal Ich, dreimal EGO: nämlich Vater, Sohn und Heiliger Geist. Woher wissen wir das? Aus dem Evangelium. – Durch die Botschaft des hl. Erzengels Gabriel erfahren wir, daß der himm­li­sche Vater durch die Kraft, durch die Über­schat­tung des Hei­li­gen Geis­tes im Schoße der Jung­frau Maria Sei­nen Sohn Fleisch anneh­men las­sen würde. – Das war die erste Verkündigung der Drei­fal­tig­keit Gottes: „Heiliger Geist wird über dich kommen und die Macht des Allerhöchsten wird dich überschatten. Darum wird das Heilige, das aus dir geboren wird Sohn Gottes genannt werden.“ Der Heilige Geist wird über Maria kommen. Der Allerhöchste wird sie überschatten. Der Allerhöchste, damit ist der Vater gemeint. Denn was in Maria erzeugt wird, das „wird Sohn Gottes genannt werden“. Und wo ein Sohn ist, da ist notwendigerweise auch ein Vater.

Als sodann die­ser menschgewordene Sohn Gottes sich der Buß­t­aufe des hl. Johan­nes am Jordan unter­warf, da sprach eine Stimme vom Him­mel: „Die­ser ist Mein gelieb­ter Sohn“, und gleichzeitig kam der Hei­lige Geist in Gestalt einer Taube auf Jesus herab – die zweite Offenbarung der Drei­fal­tig­keit. Als Jesus in den letz­ten Stunden vor Seinem Leiden im Abend­mahls­saal mit Sei­nen Jün­gern weilte, da kün­digte Er das Kom­men des Hei­li­gen Geis­tes an, der vom Vater aus­geht. Er, Christus, wird Ihn sen­den, wenn Er zum Vater heim­ge­kehrt sei – die dritte Kund­gabe der Drei­fal­tig­keit.

Und als Jesus schließlich die Apos­tel nach Sei­ner Auf­er­ste­hung aus­sandte, die Welt zu bekeh­ren – alle zu Sei­nen Jün­gern zu machen – da tat Er das in der trinitarischen For­mel: „Im Namen des Vaters und des Soh­nes und des Hei­li­gen Geis­tes“ sol­lten sie hin­ge­hen, sol­lten sie tau­fen, sol­lten sie die Völ­ker leh­ren, sol­lten sie sich an alles erin­nern, was Er ihnen gesagt hat. Die Taufe wird gespen­det „im Namen“ des Vaters und des Soh­nes und des Hei­li­gen Geis­tes – in der Ein­zahl! „Im Namen“ (Einzahl), nicht auf „die Namen“ des Vaters und des Soh­nes und des Hei­li­gen Geis­tes, in der Mehr­zahl. Diese sprach­li­che Eigen­tüm­lich­keit unterstreicht die Einzigkeit des göttlichen Wesens, die Einzigkeit des göttlichen Seins; die drei Namen „Vater, Sohn und Heiliger Geist“ auf die drei Personen, die das eine göttliche Sein besitzen. – Der Taufbefehl, das war die vierte Offenbarung der Drei­fal­tig­keit. – Daher wissen wir mit Gewißheit: In dem einen Gott sind drei Personen. Gott ist dreimal ICH und einmal BIN. Dreimal EGO, einmal SUM.

Jede der drei gött­li­chen Per­so­nen besitzt die eine und unge­teilte gött­li­che Wesen­heit, das eine göttliche Sein: Der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Aber jede Per­son, jedes Ich, besitzt das Sein der einen Gottheit auf andere Art und Weise. Der Vater besitzt die Gott­heit ursprungs­los. Der Sohn besitzt sie mit­ge­teilt allein vom Vater, und zwar durch ewige, geistige Zeugung. Der Hei­lige Geist besitzt sie mit­ge­teilt vom Vater und vom Sohn durch gemein­same ewige Hau­chung.

Diese geheimnisvollen Wahrheiten wurden von der hl. Kirche zusammengefaßt im nizäno-konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnis, dessen Worte sie uns bei jeder Sonntags- und Festmesse auf die Lippen legt: „Ich glaube an den einen Gott. Den Vater […] Und an […] Jesus Christus, den einziggezeugten Sohn Gottes […] Gott, von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott. Gezeugt, nicht geschaffen. Eines Wesens mit dem Vater […] Und an den Heiligen Geist […] der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht.

Psychologische Trinitätslehre

Schon vorhin haben wir von den Bemühungen des hl. Augustinus um das theologische Verständnis des Dreifaltigkeitsdogmas gehört. Seine Anstrengungen sind nicht fruchtlos geblieben. Nie­mandem ist es gelungen, das Geheimnis des dreieinen Gottes bes­ser dem menschlichen Denken verständlich zu machen, als ihm. Der hl. Augustinus hat die soge­nannte „psy­cho­lo­gi­sche Tri­ni­täts­lehre“ begrün­det. Sie sei in aller Kürze vorge­stel­lt. Sie Beruht auf der Ähnlichkeit der menschlichen Seele mit ihren beiden Kräften – dem Verstand und dem Willen – und der geistigen Natur Gottes, nach dessen Ebenbild die Seele geschaffen ist. Daher die Bezeichnung „psychologische Trinitätslehre“; von „Psyche“, dem griechischen Wort für „Seele“. Die psy­cho­lo­gi­sche Tri­ni­täts­lehre des hl. Augus­ti­nus geht davon aus: Gott hat in Seinem Verstand einen Gedan­ken. In die­sem Gedan­ken stellt Er sich selbst dar, so wie wir z.B. uns sel­ber in Gedanken, ein Bild von uns vorstellen kön­nen. Wir können uns durch unseren Verstand ein Gedan­ken­bild von uns selber machen. So tut es auch Gott. Gott stellt Sich in einem einzigen Gedan­ken dar, aber die­ses Gedan­ken­bild umfaßt Sein gan­zes göttliches Wesen. Dieses aus dem göttlichen Geiste erzeugte Gedankenbild besitzt aber – im Unterschied zu unseren Gedanken – volle Wirk­lich­keit. Ja, es ist per­so­nal, d.h. eine eigenständige Person. Unser Gedan­ken­bild ist eben nur ein Gedan­ken­bild, eine unscharfe, schwache, vergängliche Idee. Wenn aber Gott Seine unendliche Seinsfülle als Gedankenbild in vol­ler Wirk­lich­keit umfaßt, und diese Erkenntnis Seiner Selbst in einem einzigen Wort ausspricht, so ist in eben diesem einen Wort die ganze Seinsfülle Gottes ausgesagt, wie es im Johannesprolog heißt: „Das Wort war bei Gott. Und das Wort war Gott.“ Das Wort Got­tes ist eine Per­son, ein Ich. So wird von Ewigkeit und bis in alle Ewigkeit der Sohn im Geiste des Vaters gezeugt. Der Sohn geht aus dem Vater her­vor als Sein ewi­ges geis­ti­ges Wort, wie ja auch die Schrift Jesus das „Wort Got­tes“ nennt. – Nun wendet sich die­ses leben­dige gött­li­che Wort dem Vater zu, in dem es Seine eigene unendliche Vollkommenheit erkennt – die unendliche Vollkommenheit Gottes. Das unendlich Vollkommene ist auch unendlich liebenswert. Die Liebe aber ist der Akt des Willens. Aufgrund ihrer unendlichen Vollkommenheit, welche die Person des Vaters und die Person des Sohnes besitzen, und die sie aneinander wertschätzen und bejahen, besteht zwi­schen dem Vater und dem Sohn eine unend­li­che Liebe. Diese Liebe, die hin­über­flu­tet vom Vater zum Sohn und vom Sohn zum Vater, ist wie­derum so gewal­tig und unend­lich, daß sie als eine in sich beste­hende gött­li­che Per­son, näm­lich als der Hei­lige Geist, sich dar­stellt. Der Sohn ist gezeugt aus dem göttlichen Verstand, allein vom Vater. Der Heilige Geist geht hervor aus dem göttlichen Willen; vom Vater durch den Sohn, bzw. wie wir es im Credo bekennen: vom Vater und vom Sohn. Diese Erklä­rung des hei­li­gen Augus­ti­nus kann freilich nicht in allen Punkten befriedigen, aber immer­hin, sie ist ein gültiger Ver­such, das Unsag­bare aus­zu­sa­gen; und inso­fern ist sie wert­voll, und für ein tie­fe­res Ver­ständ­nis des Dreifaltigkeitsdogmas unver­zicht­bar.

Der Vater ist der Schöpfer, AUS dem alles ist, der Sohn ist das Wort, der Erlöser, DURCH den alles ist, der Heilige Geist ist die Liebe, IN der alles ist. Das ist es was wir NIE verstehen werden: Gott ist dreimal ICH, einmal BIN, dreimal EGO einmal SUM.

Verlebendigung unseres Glaubens durch das hl. Kreuzzeichen

Doch versuchen wir nach all diesen theoretischen Überlegungen das erhabene Geheimnis der Dreieinigkeit Gottes für uns zu verlebendigen. Es frage sich ein jeder: Welche Stellung hat denn die göttliche Dreifaltigkeit in meinem Leben? – Wenn wir die Wahrheiten unseres Glaubens danach zu ordnen hätten, was sie uns bedeuten, wo stünde dann das Mysterium der Allerheiligsten Dreifaltigkeit? Welchen Einfluß hat die Tatsache, daß wir Gott als Vater, als Sohn und als Heiligen Geist bekennen, auf unseren Umgang mit Ihm im Gebet?

Glücklicherweise bleibt bei jedem katholischen Christen, selbst wenn er äußerst selten über das Geheimnis des Dreifaltig-Einen nachdenkt, immer noch eine zeichenhafte Verbindung mit diesem großen Glaubensmysterium vorhanden, welches ihn, wenn auch zumeist wohl unbedacht ausgeführt, doch immer wieder daran erinnern könnte, daß in dem einen Gott, drei Personen sind. Diese zeichenhafte Verbindung mit dem dreifaltigen Gott, findet sich heute sogar noch an so profanen Orten, wie auf den Fußballplätzen der Welt. Wenn sich z. B. italienische, spanische, portugiesische oder lateinamerikanische Mannschaften begegnen, dann machen viele Spieler vor dem Anpfiff oder beim Torjubel noch schnell – ein Kreuzzeichen. Das Kreuzzeichen ist die anschauliche Zusammenfassung der Hauptwahrheiten unseres Glaubens. Nämlich das Erlösungsopfer Christi. Das Zeichen des Kreuzes und der Dreifaltigkeit, deren drei Personen wir während dieser Bezeichnung nennen. Bei uns lateinischen Christen, genauso wie übrigens auch bei den morgenländischen, ist es üblich dieses Zeichen an den Beginn eines jeden Gebetes zu setzen und auch ein jedes damit zu beschließen. Damit ist alles unter das Kreuz des Herrn gestellt und eben auch unter die Wahrheit der göttlichen Dreifaltigkeit. Aber – und das ist ja für alles was wir häufig tun sehr wichtig, – es darf nicht bei einer bloß äußeren Übung bleiben, bei einer gewohnheitsmäßigen, ja fast schon reflexhaft vollzogenen Geste, die dann womöglich für einen außenstehenden Betrachter eher aussieht, als wolle man Fliegen verscheuchen. Diese Übung bedarf, damit sie nicht plötzlich sinnentleert wird, einer beständigen Vertiefung und Erneuerung. Und deshalb werfen wir noch kurz einen Blick auf die Bedeutung dieses heiligen Zeichens.

Das Kreuzzeichen in zwei Formen und ihre Bedeutung

Das Kreuzzeichen ist in zweifacher Form verbreitet. Einmal das sogenannte „kleine Kreuzzeichen“, wo Stirn, Mund und Herz jeweils mit dem Daumen in Kreuzesform bezeichnet werden, wobei die Namen der göttlichen Personen genannt werden. Und das sogenannte „große Kreuzzeichen“, wo Stirn, die Herzgegend und die beiden Schultern mit der flachen Hand berührt werden und dabei ebenfalls die drei göttlichen Personen angerufen werden. Beide Arten des Kreuzzeichens sind überaus reich an Bedeutung.

Das große Kreuzzeichen stellt sehr klar die Kreuzesform dar. Nicht nur durch das kleine sondern durch das große, über den Körper gezogene Kreuz. Dadurch kommt diesem Zeichen aufgrund der guten Sichtbarkeit ein Bekenntnischarakter zu. Und es ist auch deutlich zu erkennen, wie der Vater, bei der Berührung der Stirn genannt, mit dem Sohn, der als der zweiten Person während der Berührung der Herzgegend erwähnt wird und mit dem Heiligen Geist, der bei den jeweiligen Berührungen an den Schultern angerufen wird, miteinander verbunden sind. Man könnte sagen: Der Heilige Geist schließt bei diesem großen Kreuzzeichen den Kreis zwischen dem Vater und dem Sohn. Er geht nicht nur in eine Richtung sondern umfängt beide, so wie der Heilige Geist ja im innergöttlichen Leben gleicherweise vom Vater und vom Sohn ausgeht und sie gleichsam als das Band ihrer Liebe umschließt.

Die Berührung an der Stirn besagt, daß der Vater ursprungslos im Geiste Gottes ist, daß von Ihm, wie vom Haupte, die anderen beiden Personen ausgehen. Die Berührung in der Herzgegend, verbunden mit der Nennung des Sohnes, erinnert an die Menschwerdung des ewigen Wortes. Und mit der Berührung, zuerst an der linken und dann an der rechten Schulter, bekennen wir unsere Hoffnung, daß wir durch die Heiligung des Heiligen Geistes von der linken Seite des Gerichtes auf die rechte Seite der Auserwählten gezogen werden.

Das kleine Kreuzzeichen ist ebenso bedeutungsvoll. Ja, in mancher Hinsicht für uns sogar noch aussagekräftiger. Hier wird die Stirn berührt „im Namen des Vaters“; der Mund „im Namen des Sohnes“ und das Herz „im Namen des Heiligen Geistes“.

Symbolisch stehen Stirn, Mund und Herz für den Verstand – man denkt mit dem Kopf; für die Sprache des Menschen – man redet mit dem Mund; und für die Liebe. Man liebt ja bekanntlich vor allem mit dem Herzen. Von hieraus kann man das Geheimnis der Allerheiligsten Dreifaltigkeit veranschaulichen und es ergeben sich außerdem auch noch Lehren für unser praktisches, religiöses Leben.

Die Fähigkeiten – Denken, Sprechen und Lieben – sind bei uns voneinander unterschieden. Denken ist nicht Sprechen und Lieben: Man kann ja auch schweigend denken, oder lieblose Gedanken hegen. – Sprechen ist nicht Denken und Lieben: Es gibt bekanntlich gedankenloses und es gibt auch liebloses, also von der Liebe des Herzens losgekoppeltes Sprechen. – Und Lieben ist wiederum nicht Denken und Reden: Man kann auch unverständig, töricht Lieben und man kann unausgesprochen Lieben; also ohne das Bekenntnis im Wort, das vernehmbare Bekenntnis der Lippen. – So sind diese drei Vermögen in uns zwar voneinander verschieden und sie sind eben doch eins. Denn es ist ein und derselbe Mensch, der denkt, der spricht und der liebt. Genauer gesagt, diese drei Fähigkeiten sind Äußerungen des einen menschlichen Geistes. Ein Tier kann weder lieben, noch denken noch sprechen – es sei denn rein mechanisch wie ein Papagei.

Der eine menschliche Geist läßt diese drei Fähigkeiten dann doch – obwohl sie unterschieden sind – eins sein. Und das ist ein sanfter Hinweis auf das Geheimnis der göttlichen Dreifaltigkeit, welches ja sozusagen die Vorlage bei der Schaffung des Menschen gewesen ist; wurde doch der Mensch nach dem Bild und Gleichnis Gottes geschaffen.

Aussage über die drei göttlichen Personen

Sodann gibt dieses „kleine Kreuzzeichen“ auch einen Hinweis auf jede der drei göttlichen Personen; auf ihre Stellung in der Allerheiligsten Dreifaltigkeit und auf gewisse Eigenschaften, die wir berechtigterweise mit den göttlichen Personen in Verbindung bringen.

„Im Namen des Vaters“ an der Stirn. Ja, der Vater ist sozusagen das Haupt. Zwar sind ja alle drei göttlichen Personen „wahrer Gott“ ein und desselben Wesens, gleich ewig, gleich allmächtig, gleich allwissend. Aber dennoch ist der Vater insofern der Ursprung, als von Ihm die beiden andern Personen – der Sohn und der Heilige Geist – in ihrer jeweiligen Weise ausgehen, während der Vater selbst von keiner göttlichen Person Seinen Ausgang nimmt. Und in gewisser Hinsicht hat der Vater innerhalb der Allerheiligsten Dreifaltigkeit den Primat inne, da sich alle Gebete vor allem an Ihn richten. Die meisten Orationen des liturgischen und damit des offiziellen Gebetes der Kirche, schließen ja mit der bekannten Formel: „durch unseren Herrn Jesus Christus, Deinem Sohn, unsern Herrn, der mit Dir und dem Heiligen Geist, lebt und herrscht von Ewigkeit zu Ewigkeit.“ Und auch der hl. Apostel Paulus schreibt im 15. Kapitel des 1. Korintherbriefes, daß am Ende der Welt, nach dem Jüngsten Gericht, der Sohn dem Vater alles übergeben wird, „auf daß Gott sei alles in allem“. Deshalb ist es passend, daß wir bei der Nennung des Vaters das Kreuzzeichen auf der Stirne, also am Haupt anbringen.

Dann „des Sohnes“ – am Mund. Der Sohn ist ja, wie gesagt, nach Auskunft des Johannes-Evangeliums, der Logos, also das göttliche Wort. „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort.“ In diesem einen Wort ist die ganze Fülle der Gottheit enthalten. Und so hat sich dann auch der ewige, jenseitige Gott in seinem fleischgewordenen Wort geoffenbart. Er hat Seine Wahrheit im Sohn ausgesprochen. Jesus Christus ist gleichsam der Mund Gottes. Deshalb das Kreuzzeichen auf den Mund, während wir den Sohn anrufen.

Und schließlich „und des Heiligen Geistes“ – auf dem Herzen. Denn der Heilige Geist wird nicht nur vom hl. Augustinus mit Recht als die personhafte Liebe in Gott beschrieben. Noch gestern wurde in der Epistel der Quatembermesse eine Stelle aus dem Römerbrief des hl. Paulus verlesen, wo es heißt: „Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen [!] durch den Heiligen Geist, der uns verliehen wurde.“ Da haben wir sie alle drei: den Heiligen Geist, das menschliche Herz und die Liebe. Und daher paßt es so gut, bei den Worten „und des Heiligen Geistes“, das Kreuzzeichen über dem Herzen zu machen.

Anwendung auf uns

Über diese sehr kostbare Veranschaulichung hinaus hat das „kleine Kreuzzeichen“ auch sittliche Forderungen an uns. Im Kinderkatechismus lernt man diese einzelnen Kreuzzeichen wie das Drehen eines Schlüssels zu verstehen, der nacheinander den Geist, den Mund und das Herz einerseits AUFschließt – und andererseits auch VERschließt. In dieser Deutung meint die Bekreuzigung der Stirn, daß wir unsere Gedanken verschließen für alles Unwahre, Schlechte, Häßliche, Widergöttliche, Gemeine, Unreine. Und daß wir sie gleichzeitig öffnen für alles Wahre, Gute und Schöne; letztlich für Gott selbst, den wir immerdar in unseren Gedanken tragen. In dessen heiliger Gegenwart wir sofern es uns irgend möglich ist, immer wandeln sollen.

Sodann das Kreuzzeichen auf den Mund. Hier wird also gleichsam das Sprechorgan verschlossen für die Lüge, für den Spott, für die Gemeinheit, für überhaupt jede unwahre und lieblose Rede, die Jesus Christus, dem ewigen Wort der Wahrheit und der Liebe widerspricht. – Der Mund soll jedoch geöffnet werden für das Lob Gottes, für das offene, mutige und klare Bekenntnis der Wahrheit, für Worte der Güte, des Trostes und der Liebe.

Und schließlich die Nutzanwendung im Bezug auf die Bekreuzigung des Herzens: Wiederum soll es auf- und zugeschlossen werden. Verschlossen soll es sein für die falsche, zerstörerische, letztlich versklavende Liebe des Menschen, die er in ungeordneter Weise auf andere Geschöpfe oder auf sich selbst richtet. Und gleichzeitig wird damit ein Öffnen des Herzens angezeigt, für die Liebe die aus Gott stammt – ja, die Gott selbst ist – von der unser Herz erfüllt sein soll und die sich so auch wieder auf Gott zurückrichtet. „Die Liebe Gottes ist in unsere Herzen ausgegossen durch den Heiligen Geist, der uns verliehen wurde.“ Daß wir diese Gnade nicht verlieren, deshalb wollen wir unser Herz dem Bösen fest verschließen. Somit können wir das kleine Kreuzzeichen als eine Weihe dieser drei menschlichen Fähigkeiten betrachten. Eine Weihe – unseres Denkens, unseres Sprechens und unseres Liebens – an die drei göttlichen Personen; an den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist.

Ja, auf diese Weise wird das Kreuzzeichen, das wir oft nur flüchtig, unbedacht und so leider auch unwirksam machen, dann wirklich zu einer verlebendigenden, prägenden Macht für unser religiöses Leben. Der Glaube an die göttliche Dreifaltigkeit bleibt dann keine abstrakte Angelegenheit. Er wirkt sich vielmehr auf unser ganzes Leben aus; auf uns, die wir ja nach dem Bild und Gleichnis des dreifaltigen Gottes geschaffen sind.

So bekennen wir ein ganzes Leben lang und bis in den Tod die Wahrheit: Gott ist dreimal ICH, einmal BIN. Dreimal EGO, einmal SUM. Wir legen dieses Bekenntnis ab im Zeichen des heiligen Kreuzes, wobei wir sprechen: „Im Namen des Vaters, und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Amen.

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