Wahre und falsche Marienverehrer

Geliebte Gottes!

Wir katholischen Christen sind Marienverehrer. Wir sind es nicht aus Lust oder Laune, wir sind es auch nicht aus Tradition und Gewohnheit. Wir sind es, weil Gott selbst ein Marienverehrer ist. Ja, weil Gott der größte aller Marienverehrer ist.

Der größte Marienverehrer

Inwiefern Gott der größte Marienverehrer ist, das läßt sich treffend an einer Begebenheit aus der Heiligen Schrift des Alten Bundes erklären. Dort wird berichtet, daß einst der Perserkönig Assuerus auf die Frage, was mit jenem Menschen geschehen solle, den der König ehren wolle, zur Antwort erhielt, man solle ihm königliche Kleider anlegen und eine Krone auf das Haupt setzen und die Ersten des Reiches sollten vor ihm herziehen und dem Volke verkünden: „Also geschieht dem Manne, den der König ehren möchte“ (Est. 6,9). Des in diesen Worten innewohnenden Gleichnisses wegen, wurde dieses Ereignis im Alten Testament überliefert. Gott nämlich, der höchste König, wollte Maria, weil sie die Mutter Seines eingeborenen Sohnes werden sollte, auf königliche Weise, vor allen anderen Menschen, ehren – und genauso hat Er es getan.

Königliche Kleider hat Er ihr angelegt. Der königliche Prophet David erblickte vorausschauend Maria im golddurchwirkten Gewande zur Rechten ihres göttlichen Sohnes, wenn er im 44. Psalm von Christus singt: „Wie duftet Dein Gewand nach Myrrhe, Aloe und Kassia; aus Elfenbeinpalästen tönt Dir fröhlich Saitenspiel entgegen; Dein Ehrengeleit bilden Königstöchter. An Deine Rechte tritt die Königin in goldenem Gewand, in Pracht gehüllt“ (Ps. 44, 10 f.). In goldenem Gewand, in Pracht gehüllt! – Und in der Geheimen Offenbarung (12,1) sagt der Seher von Patmos, daß er die Hocherhobene „mit der Sonne umkleidet“ sah. Dieses golddurchwirkte Gewand und dieses Sonnenkleid sind der bildliche Ausdruck für jene Tatsache, daß Maria von Anfang an und lebenslang von jeder Sünde freiblieb. Während alle übrigen Menschen durch die Schuld der Stammeltern im Sträflingskleid der Erbsünde geboren werden, trug Maria vom ersten Augenblick ihrer Unbefleckten Empfängnis an, das Lichtgewand der heiligmachenden Gnade. Maria blieb frei von der Erbsünde, frei von jeder persönlichen Sünde, frei von jedem Hang zum Bösen. Maria ist voll der Gnade, ist sonnen- und gnadenumkleidet. Königlicher als sie, ist nie eine Frau über diese Erde geschritten.

Um die zukünftige Mutter Seines Sohnes zu ehren, hat Gott Maria sodann nicht nur mit dem strahlenden Lichtgewand der Sündenreinheit umkleidet, Er hat ihr überdies eine Krone auf das Haupt gesetzt; einen „Kranz von zwölf Sternen“ (ebd.). Diese Krone ist das Sinnbild der Tugenden Mariens. Mit der heiligmachenden Gnade wurden ihr die drei göttlichen Tugenden, Glaube, Hoffnung und Liebe, eingegossen. Der Heilige Geist wohnte in ihr und wirkte in ihr durch die Siebenzahl Seiner Gaben, welche die Seele der allerseligsten Jungfrau immerfort zum Guten angeregt und angetrieben haben. Es kommt ferner hinzu, daß in Maria die Keime der übernatürlichen sittlichen Tugenden überaus kräftig entwickelt waren und die Sünde nie ihr Wachstum beeinträchtigen konnte. So war und wurde Maria mit der Zeit, durch ihre eigene Mitwirkung, immer mehr zum „Spiegel der Gerechtigkeit“: groß im Glauben, den sie auch auf Golgatha unter dem Kreuze ihres Sohnes nicht verlor; unübertroffen in der Liebe zu Gott, dem sie aus ganzem Herzen, aus ganzer Seele, aus ganzem Gemüt und aus allen ihren Kräften zugetan war; beispielhaft in der tätigen Nächstenliebe, die sie zu jedem Dienst bereit machte; voll von Sanftmut und Milde, voll Demut, Geduld und Kreuzesliebe. Alle diese Tugenden bildeten den strahlenden Kronreif, mit dem Gott Maria, als ihr größter Verehrer, geschmückt hat. Eine herrlichere Krone hat nie eine Frau getragen. Um Maria zu ehren, hat Gott sie also mit dem Königskleid der Gnadenfülle und mit der Krone einer wirklich einmaligen und alles überragenden Heiligkeit geschmückt.

Außerdem hat Gott, der höchste König, die Vornehmen in Seinem Reiche vor Maria einher gesandt, damit sie weit in alle Welt verkündeten: „Also soll diejenige geehrt werden, die der König ehren will.“ Um ihren Ruhm zu verkünden erweckte Gott schon im Alten Bund Propheten, wie Isaias, der ihre jungfräuliche Mutterschaft vorhersagte: „Siehe die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären; dem wird sie den Namen Immanuel geben“ (Is. 7, 14). Gott erweckte sodann in Zeiten größter Not in Israel Frauengestalten wie Judith und Esther, die beide zu Befreierinnen ihres Volkes wurden und auf diese Weise Maria vorgebildet haben. – Ihnen schließen sich im Neuen Bund die Kirchenlehrer an, die Heiligen: Hilarius, Athanasius, Cyrillus von Alexandrien, Gregor von Nazianz, Ephräm, Chrysostomus, Ambrosius, Augustinus, Bernhard, Thomas, Bonaventura, Petrus Canisius, Robert Bellarmin, Alfons von Liguori; und schließlich in langer Reihe die Bischöfe, Priester und Prediger aller Zeiten, welche die Hoheit, Heiligkeit und Herrlichkeit, mit der Maria von Gott überhäuft wurde, durch alle Jahrhunderte der Kirchengeschichte hindurch, an alle Orte der Welt getragen haben.

Wahrlich: „Also soll diejenige geehrt werden, die der König ehren will.“ Mit dem makellosen Lichtgewand der Gnadensonne ist Maria bekleidet und mit einer Tugendkrone von zwölf Sternen gekrönt. Vor und nach ihr zieht ein unüberschaubares Gefolge einher, die ihren Ruhm allen Menschen an allen Orten und zu allen Zeiten verkünden.

„Und von dieser Stunde an, nahm sie der Jünger zu sich.“

Demnach ist Gott der Zeit nach der erste Marienverehrer. Er hat Maria in Seiner schöpferischen Allmacht so großartig erschaffen. Unsere Marienverehrung ist lediglich die staunende Bewunderung Seiner Großtat. – Gott ist ebenso der größte Marienverehrer; denn in dem, wie Er Maria ehrte, kann es Ihm niemand gleichtun. Und schließlich ist Gott auch der höchste Marienverehrer. Deswegen ist Seine Ehrung die höchste Ehrung überhaupt, die Maria zuteil werden konnte.

Was sollen also die Vorhaltungen der Protestanten und der sog. „mündigen Christen von heute“, die unsere Marienverehrung eine Übertreibung nennen, oder schlimmer noch behaupten, sie sei Götzendienst, wenn doch der Allerhöchste Selbst die allerseligste Jungfrau so hoch geehrt hat? – Wer das alles erwägt, wird in der Nachahmung Gottes auch seinerseits um so inniger Maria ehren, hochschätzen und lieben wollen. Auch wir sollen und wollen uns in die endlose Prozession der Marienverehrer aller Jahrhunderte einreihen.

Doch wie kann das geschehen? – Die Antwort finden wir unter dem Kreuz. Unter dem Kreuz wurde Maria dem „Jünger, den Jesus lieb hatte“, zur Mutter gegeben. Der sterbende Heiland sprach: „Frau, siehe deinen Sohn. – Sohn, siehe deine Mutter!“ Und weiter heißt es im Evangelium: „Und von dieser Stunde an, nahm sie der Jünger zu sich.“ Mit dem Jünger, den Jesus lieb hatte, ist nicht nur der hl. Johannes gemeint, sondern stellvertretend jeder Christ, denn jeder gläubige Christ ist ein „Jünger, den Jesus lieb hat“. Folglich muß es, wer Maria als seine Mutter ehren will, dem „Jünger, den Jesus liebte“, gleichtun und Maria „zu sich nehmen“. – Aber was bedeutet es, Maria „zu sich“ zu nehmen? Wann, wie und wodurch hat man sie „zu sich“ genommen?

Wahre Marienverehrung ist getragen von …

Derjenige ist es, der Maria „zu sich“ nimmt, der sie in sein Herz und damit in sein Leben einläßt. Die Verehrung der Gottesmutter darf sich nicht allein auf die wenigen Wochen des Marienmonats beschränken. Das ganze Jahr soll davon geprägt sein. Doch gibt uns der Mai jährlich die Möglichkeit, unsere Liebe und unsere Andacht zur Gottesmutter auf ihre Echtheit zu prüfen. Es gibt nämlich mehrere Arten der Marienverehrung. Es gibt eine wahre Andacht zu Maria und zahlreiche Fälschungen.

Es ist ganz offensichtlich, daß ein Mensch, der Maria überhaupt nicht verehrt, das Heil seiner Seele aufs höchste gefährdet. Darauf wollen wir hier gar nicht weiter eingehen. – Nicht minder eitel und nutzlos wäre die Andacht zur Gottesmutter jedoch auch dann, wenn sie etwa auf falschen Grundsätzen beruhen würde. Ja, eine solche Andacht wäre Selbsttäuschung und könnte dann sogar zu einem gefährlichen Gift werden.

… einem Leben nach dem Willen Gottes.

Die wahre Andacht zu Maria fordert von jenen, die sie üben, zunächst christliche Glaubensgrundsätze. – Maria selbst richtete ihr ganzes Leben nach den Maßstäben Gottes aus: Wahr, gut und erstrebenswert ist das, was in den Augen Gottes wahr, gut und erstrebenswert ist. Falsch und schlecht ist das, was in den Augen Gottes falsch, schlecht und verabscheuungswürdig ist. – Wie der hl. Johannes, so würde auch die Gottesmutter sagen: „Eine größere Freude habe ich nicht als die, daß ich höre, meine Kinder wandeln in der Wahrheit“ (3. Joh. 4).

Maria ist so innig mit Jesus und der ganzen katholischen Religion verbunden, daß sie unmöglich eine Ehrerbietung annehmen könnte, die nicht von einem gläubigen, tiefreligiösen Herzen herstammt. Nur wer Gott recht ehrt, kann auch Maria wahrhaft ehren. Deshalb muß zum richtigen Denken und Wollen auch noch die tatsächliche Umsetzung im alltäglichen Leben hinzukommen: Gnadenstand, aufrichtiger Haß der Sünde, Erfüllung der Gebote Gottes und der Kirche, sowie der Berufs- und Standespflichten; als auch die Hingabe an den „Willen des Wohlgefallens“ der göttlichen Vorsehung muß mit der Andacht zu Maria Hand in Hand gehen. Nur insofern wir danach streben, heilig zu leben, können wir der „Königin aller Heiligen“ einen wohlgefälligen Dienst erweisen.

Die falsche Andacht zeigt sich hingegen darin, daß sie lediglich in äußerlichen Werken der Marienverehrung besteht, ohne ernsthaft im Herzen verwurzelt zu sein. Rosenkranzgebet, Skapulier, Wallfahrten etc. zu Ehren der Gottesmutter sind, wenn die rechte Gesinnung dabei fehlt, offensichtlich keine Verehrung, sondern bloße Heuchelei. Das klingt hart, aber wie könnte man es anders nennen, wenn man z.B. den Rosenkranz betet und dann den Mund wieder zu Verleumdung, übler Nachrede oder zu unsauberen Witzen öffnet. Was nützt es, das Skapulier Unserer Lieben Frau auf der Brust zu tragen, wenn das Herz darunter voll ist vom Moder der Selbstsucht, der Habsucht, der Streitsucht, der Unkeuschheit, des Ungehorsams und des Stolzes? Was bringt das öffentliche Bekenntnis zu Maria durch das Aufsuchen ihrer Wallfahrtsorte, wenn wir dann, nach Hause zurückgekehrt, genauso weiterleben, wie jene Menschen, die ganz dem Zeitgeist hingegeben sind?

Es ist nicht schwer einzusehen, daß eine solche Marienverehrung gewiß kein Wohlgefallen bei der Himmelskönigin finden kann, da Maria alle Unehre, die wir ihrem göttlichen Sohn erweisen, wie jede Mutter, auch auf sich selbst beziehen wird. – Die erste Grundvoraussetzung für eine echte Marienverehrung besteht also darin, aus unserem Leben all das hinauszuschaffen, was zu einem katholischen Wandel ganz allgemein im Widerspruch steht. Sonst könnten die Worte Christi auch die der Gottesmutter sein: „Dieses Volk ehrt Mich nur mit den Lippen, aber ihr Herz ist fern von Mir“ (Mt. 15, 8).

… Bekehrungswille und Bußgeist.

Man sagt sodann: „Wer auf Maria vertraut, der wird nicht verlorengehen.“ Das ist richtig! Das Vertrauen auf Maria zeichnet ihre Diener aus. Und es ist unerhört, daß Maria dieses Vertrauen jemals enttäuscht hätte. Jedoch besteht das rechte Vertrauen nicht nur in einem Gefühl, in schlauer Berechnung, oder in festem Wünschen. Was die Hoffnung von der Vermessenheit unterscheidet ist die Frage, ob es einen berechtigten Grund für die Hoffnung auf ihre Gunst und Hilfe gibt oder nicht.

Freilich, nicht nur Gerechte, sondern auch die Sünder haben Zutritt zu Maria. Sie ist die „Zuflucht der Sünder“. Wir alle sind Sünder. Wir bekennen es bei jedem Ave:_ „Heilige Maria, Muttergottes, bitte für uns Sünder“. Wir hoffen durch die Kraft der Fürbitte Mariens bei Gott Barmherzigkeit und Gnade zu finden – und zwar in doppelter Hinsicht: _„… jetzt und in der Stunde unseres Todes“. Dieses Vertrauen hat in dreierlei Hinsicht volle Berechtigung:

  1. Maria ist Mutter des Erlösers. Durch ihr Blut ist sie mit unserem Heil maßgeblich verbunden. Sie hat dem Erlöser aus ihrem Fleisch und Blut jenen Leib bereitet, den Er am Kreuz hingeopfert hat. Wie einst Adam ausrief, als ihm unter dem Schatten des Paradiesesbaumes Eva von Gott zugeführt wurde, so kann Maria im Hinblick auf Jesus Christus unter dem Kreuz sagen: „Das ist Fleisch von meinem Fleisch und Bein von meinem Bein“ (Gen. 2, 23). Maria hat nach Gottes Anordnung überhaupt erst die Voraussetzung zum Sühneopfer Christi geschaffen, indem sie Ihm einen leidensfähigen, menschlichen Leib bereitet hat. Ohne ihr „Fiat“ wäre das Erlösungswerk so nicht zustande gekommen. Maria hat also eine einzigartige Verbindung zum Nachlaß der Sünden. Deshalb dürfen die Sünder berechtigterweise auf sie Vertrauen setzen.
  2. Die Tatsache, daß Maria den Sohn Gottes, Seiner menschlichen Natur nach in ihrem Schoß getragen und geboren hat, verleiht ihr eine Erhabenheit, die sie weit über alle anderen Geschöpfe hinaus erhebt. Als Muttergottes genießt Maria in den Augen des Allerhöchsten eine einzigartige Würde, wodurch ihre Fürbitte so viel, ja sogar alles bei Gott vermag. Denn als ein guter Sohn wird Christus die Bitten und Wünsche Seiner Mutter niemals übergehen. Deshalb wird Maria zurecht die „kniende Allmacht“, oder die „fürbittende Allmacht“ am Throne Gottes genannt.
  3. schließlich dürfen wir um der überaus großen Liebe willen, die Maria zu uns hegt, auf ihre Fürsprache vertrauen. Unter dem Kreuz wurden wir ihre Kinder. Wie könnte sich ihr Mutterherz den Rufen ihrer bedrängten Kinder verschließen, wenn diese sie hilfesuchend anflehen und Zuflucht bei ihr nehmen? Welche Mutter würde ihre notleidenden Kinder kalten Herzens abweisen? – Aufgrund der erbarmenden Liebe ihres mütterlichen Herzens gegen die Sünder ist sie die „Mutter der Gnade“, die „Mutter der Barmherzigkeit“, die „Pforte des Himmels“, die „Zuflucht der Sünder“.

Doch nun kommt eben das Entscheidende! Berechtigung für dieses Vertrauen besteht nur für die bußfertigen Sünder! Jene also, die sich entweder schon bekehrt haben, oder doch ihre Bekehrung aufrichtig wünschen und daher – erschreckt über die Menge und Schwere der eigenen Sünden, über ihre innere Kälte und Schwäche, über die vielen Gefahren ihres Heiles – zu Maria flüchten, um durch ihre Fürbitte noch reichere Gnade, noch tiefere Reue, noch kräftigere Vorsätze und die Beharrlichkeit bis ans Ende zu finden. Diese dürfen getrost auf die unfehlbare Fürbitte der „Mittlerin aller Gnaden“ hoffen. So hatte es Maria einst der hl. Birgitta von Schweden geoffenbart, als sie zu ihr sprach: „Ich bin die Mutter aller Sünder, die sich bekehren wollen.“ Ich bin die Mutter aller Sünder, die sich bekehren wollen! Die Betonung liegt auf dem „sich bekehren wollen“!

Dem aufrichtigen Willen zur Bekehrung steht das vermessene Vertrauen gegenüber. Es bildet sich ein, die Fürbitte Mariens werde unfehlbar auch an jenen wirksam werden können, die sich von ihren Lastern nicht trennen wollen. Sie behaupten: „Trage das Braune Skapulier, dann kannst du nicht verloren gehen.“ „Bete täglich drei Ave für eine gute Todesstunde, und Maria wird dich gewiß retten.“ „Halte die fünf Herz-Mariä-Sühnesamstage und du stehst auf der sicheren Seite.“

Diese Rechnung vergißt einen wesentlichen Faktor: Den Begriff der Fürbitte! – Maria kann den Sünder auf keine andere Art retten, als daß sie ihm genau dasjenige erbittet, was ihn allein retten kann. Was allein kann nun aber den Sünder retten? – Allein der Geist wahrer Buße, der durch Gottes Anordnung nun einmal die unerläßliche Bedingung zur Erlangung Seiner Gnade und des ewigen Heiles ist. Besagten Bußgeist wird Maria auch gewiß bei der göttlichen Barmherzigkeit erflehen. – Wer sich aber gegen denselben sträubt und sich nicht wirklich bekehren will, dem kann auch die Fürbitte Mariens nicht helfen, weil er selber die Fürsprache der Gottesmutter aufgrund seiner ungebrochenen Liebe zur Sünde zurückweist und sich damit notwendigerweise von der Erlösung ausschließt.

Wenn schon unser göttlicher Erlöser sagt: „Nicht jeder, der zu Mir sagt: Herr! Herr! wird in das Himmelreich eingehen, sondern wer den Willen Meines Vaters tut“ (Mt. 7, 21), wie sollte dann die Bitte Mariens mehr Kraft haben, als der Name des Erlösers selbst? Oder wenn Christus vom schmalen Weg und von der engen Pforte (vgl. Mt. 7, 13) spricht; wenn wir ermahnt werden, gegen unsere bösen Neigungen Gewalt zu gebrauchen, um ins Himmelreich eingehen zu können (vgl. Mt. 11, 12); unser Heil mit Furcht und Zittern zu wirken (vgl. Phil. 2, 12), so wären ja bei solcher Vermessenheit, die das Himmelreich erwartet, ohne mit der Sünde zu brechen, alle Grundsätze des Evangeliums umgestürzt. Man sieht, daß eine solche Marienverehrung, die sich an Bekehrung und Buße vorbei mogeln will, auf der gleichen Vermessenheit beruht, wie die Barmherzigkeits-Ideologie Bergoglios und seiner konziliaren Kirche, die lügnerisch eine Barmherzigkeit ohne Umkehr verspricht.

Ein solch vermessenes Vertrauen auf die Fürbitte der Gottesmutter verhärtet die Sünder noch mehr, da sie bald gar keine Notwendigkeit mehr sehen, sich zu bessern. Weil sie sich unbegründet auf Maria verlassen, wird auch noch das letzte Aufbäumen im Ringen um Selbstbeherrschung, Tugend und Gottesliebe von ihnen aufgegeben und gleichzeitig werden auch noch die letzten Hemmungen vor dem Bösen abgestreift. Die vermessene Marienverehrung ist ein verhängnisvolles Gift, welches das Gewissen einschläfert, dazu antreibt, die Buße fortwährend aufzuschieben und sich in falscher Sicherheit zu wiegen, was stets die Vorzeichen der ewigen Verwerfung sind.

… der Nachfolge Mariens in ihren Tugenden.

Als dritte Fehlentwicklung in der Andacht zur Gottesmutter ist freilich dann auch die Lauheit zu benennen. Man betet, aber wenig und ohne rechte Mühe um Andacht. Man hütet sich vor der Todsünde, nicht aber vor so vielen täglichen Fehlern, läßlichen Sünden und schlechten Gewohnheiten. Man verrichtet einzelne gute Werke, zeigt aber doch keinen allzugroßen Eifer, dem Tugendbeispiel der Gottesmutter nachzufolgen. Diese laue Marienverehrung ist leider sehr häufig und wird selten erkannt. Eben weil man ja einiges tut und vieles meidet, hält man sich schon für gutgesinnt und rechtschaffen.

Die vollkommene Verehrung Mariens beruht wesentlich auf der Nachfolge ihres Tugendbeispiels. Darin liegt auch die größte Verehrung, die man Maria erweisen kann. Ehre beruht ja auf Hochachtung. Welche Hochachtung kann größer sein, als jene, welche das Vorbild Mariens zum eigenen Lebensideal erhebt? Welche die eigene Bewunderung dahingehend steigert, Maria so ähnlich wie nur möglich sein zu wollen?

Schauen wir nur auf das Verhalten der Jugendlichen um uns herum. Sie verehren Ihre Idole aus Sport, Film, Pop- und Modewelt, indem sie sich so kleiden, so reden und sich in ihrem Verhalten so geben wie es ihre Vorbilder tun. – In den auf Personenkult ausgerichteten Plattformen „sozialer Netzwerke“ haben einflußreiche Betreiber – sog. „Influencer“ (also Beeinflusser) – eine mehr oder weniger große Fangemeinde. Diese Anhängerschar wird „Follower“ genannt – also Nachfolger, Gefolge. Mit seinen Followern teilt der Beeinflusser sodann alle Ereignisse – meist alle Belanglosigkeiten – seines Lebens.

Während nun diese Einflüsse zweifelsohne eher fragwürdiger Natur sind, so wäre der Einfluß der Gottesmutter auf ihre Gefolgschaft unbestritten überaus segensreich. Wenn wir Maria nachfolgen, indem wir ihr tugendhaftes Leben, etwa in den Geheimnissen des Rosenkranzes, betrachten, teilt sie uns eben diese, ihre Tugenden mit. Wer Maria sodann in ihren Tugenden nachahmt, der erweist ihr die größte Ehre und findet bei ihr größtes Wohlgefallen. – Wie es der Liebe eigen ist, sich der geliebten Person möglichst vollkommen gleichförmig zu machen und auf all ihre Ansichten und Wünsche einzugehen, so ist das auch das sicherste Mittel, von Maria geliebt zu werden. Darum können auch die Nachahmer des Tugendbeispiels Mariens ihrer Liebe in höchstem Grad versichert sein. Die „Marienverehrung durch Nachahmung“ ist damit der festeste Grund unseres Vertrauens, das ewige Heil zu finden. Wer in Mariens Fußstapfen tritt, ist schon auf dem Pfad, der zur Vollkommenheit und zu wahrer Heiligkeit führt. Und da gilt dann auch die bekannte Sentenz der hl. Väter im vollsten Sinne: „Es ist unmöglich, daß ein Diener Mariens verlorengehe.“

Lassen Sie uns deshalb die allerseligste Jungfrau und Gottesmutter in diesem Monat besonders in dem Anliegen anrufen, daß wir die Oberflächlichkeit, die Vermessenheit und die Lauheit in ihrem Dienst meiden und stets als solche Marienverehrer erfunden werden, die dieses Namens würdig sind. Machen wir uns in all unserem Denken, Reden, Tun und Lassen soweit wie möglich der Gottesmutter gleichförmig. So findet Maria Einlaß in unserem Herzen, in unserer Seele, in unserem Leben. Nichts anderes ist ja damit gemeint, wenn es von dem Jünger, den Jesus lieb hatte, heißt: „Und von dieser Stunde, nahm sie der Jünger zu sich.“

Mögen uns das Rosenkranzgebet, die Maiandachten – sei es hier in der Kapelle, oder zu Hause – und das Singen der schönen Marienlieder und Hymnen dahingehend behilflich sein, Maria zu lieben, Maria nachzuahmen, Maria zu uns zu nehmen. Von einem solchen Jünger läßt sich Maria finden. Und einem solchen Jünger, der sie gefunden hat, dem verheißt die Himmelskönigin großes. Sie verspricht: „Wer mich findet, der schöpft das Heil vom Herrn“ (Spr. 8, 35). Amen.

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