Die heiligen sieben Sakramente

Geliebte Gottes!

Die hl. fünf Wunden Christi, und unter ihnen insbesondere die Wunde Seines heiligsten Herzens, wurden von den Kirchenvätern stets als Quellen des Heiles betrachtet, aus denen sich die Bäche der Gnade und des ewigen Lebens über die Gläubigen ergießen. Nach dem Zeugnis des hl. Evangelisten Johannes flossen ja aus dem geöffneten Herzen Jesu am Kreuz Blut und Wasser hervor (vgl. Joh. 19, 34), wozu der hl. Augustinus erklärt, daß durch die Öffnung der Seite Jesu „gewissermaßen die Türe des Lebens aufgetan wurde, woher die Sakramente der Kirche flossen, ohne welche man zum Leben, welches das wahre Leben ist, nicht eingeht“ (In Joan. 120, 2). Und der hl. Bonaventura sagt von dem aus dem Erlöserherzen hervorsprudelnden Blut und Wasser: „Es floß aus einem geheimnisvollen Quell, aus Seinem heiligen Herzen. Es gab den Sakramenten der Kirche die Kraft, das Leben der Gnade zu vermitteln. Für die bereits in Christus Lebenden wurde es ein Trank lebendigen Wassers, das hinüberfließt ins ewige Leben“ (De lign. vit. 30).

Mit der Vergießung Seines kostbaren Blutes hat Christus alle erdenklichen Gnaden und Gaben verdient: die helfenden Gnaden und die wirksamen Gnaden; die heiligmachende Gnade, die Gnade der Rechtfertigung und die Gnade der Beharrlichkeit bis ans Ende; die göttlichen Tugenden – Glaube, Hoffnung und Liebe –, sowie die eingegossenen sittlichen Tugenden, die sieben Gaben des Heiligen Geistes, genauso wie deren zwölf Früchte. Alle diese reichen übernatürlichen Schätze entspringen den hl. fünf Wunden.

Es liegt nun sehr viel daran die Mittel und Wege zu kennen, wodurch wir die Ströme des übernatürlichen Lebens, die uns der Herr durch Sein heilbringendes Leiden und Seine glorreiche Auferstehung erschlossen hat, empfangen können.

In gewisser Weise kann uns hier der hl. Apostel Thomas weiterhelfen. Wozu hatte ihn Christus aufgefordert? Der Herr sprach: „Lege deinen Finger hierher und siehe Meine Hände, reiche deine Hand her und lege sie in Meine Seite“ (Joh. 20, 27). Als nun der Apostel die Wunden Jesu berührte, da empfing er eine Gnade; eine große Gnade; eine Gnade von fundamentaler Wichtigkeit – nämlich die Gnade des Glaubens. „Sei nicht mehr ungläubig, sondern gläubig“, befahl ihm Christus. Und der hl. Apostel ging sofort anbetend in die Knie und rief sein Glaubensbekenntnis aus: „Mein Herr und mein Gott!“ Der hl. Thomas hat also gleichsam durch die Berührung der Wunden Jesu die Gnade des Glaubens erlangt.

Wenn auch wir die Gnade Gottes erlangen wollen, so müssen wir Ähnliches tun. Wir müssen gleichsam die Wunden Jesu berühren. Wie kann das geschehen? Auf zweifache Weise: Wir berühren die Wunden Jesu durch das Gebet und durch den Empfang der hl. Sakramente. Das Gebet und die hl. Sakramente sind die Mittel, die Kanäle, durch welche uns die göttliche Gnade zufließt.

Die Gnadenmittel

Gewiß kann uns die Güte Gottes auch Gnade geben, ohne daß wir irgendein Mittel anzuwenden hätten, wie auch manchmal der fruchtbare Regen auf die Äcker und Felder niederfällt, der weder erwartet, noch erbetet worden ist. In trockenen und heißen Gegenden werden aber zudem meist noch künstliche Mittel angewendet, um das notwendige Wasser umso reichhaltiger auf die Äcker zu leiten: durch Bewässerungskanäle, durch Sprinkleranlagen und dergleichen Technik. So gibt es auch von Gott selbst empfohlene Mittel, um die Gnade sozusagen künstlich vom Himmel herab in unsere Seele zu leiten. Diese Mittel sind, wie wir eben hörten, das Gebet und die hl. Sakramente. Darum werden sie als Gnadenmittel bezeichnet.

Zwischen diesen beiden Arten der Gnadenmittel – Gebet und Sakramente – besteht aber ein sehr deutlicher Unterschied, den wir uns an einem Beispiel leicht veranschaulichen können. – Es gibt zweierlei Geld: Geld aus Edelmetallen und Papiergeld. Worin besteht der Unterschied? Das Metallgeld, z.B. eine Gold- oder Silbermünze, hat seinen Wert – also die Kaufkraft – in sich selbst. Es ist eben Gold bzw. Silber, und man mag gehen, wohin man will, überall hat es den Wert seines Metallgewichtes, den es in sich trägt. Das Papiergeld hingegen ist an sich wertlos. Es hat nur den Wert von bedrucktem Papier. Aber es steht eine Erklärung auf diesem Papier, wonach der Staat sich verpflichtet, daß derjenige, der den Schein vorweist eine entsprechende Kaufkraft von fünf, zehn, zwanzig, fünfzig, hundert oder zweihundert Euro zugesprochen bekommt. Ist also der Staat, der die Banknote ausgestellt hat, zahlungsfähig und seinem Wort treu, so ist das Stück Papier, das an sich so gut wie nichts wert ist, soviel wert wie Gold und Silber, das von Hand zu Hand weitergegeben wird. So ist auch das Gebet an sich nichts weiter als eine Kette von Worten und Bitten, die aus sich selbst heraus nichts vermögen. Da aber Jesus Christus oft und ausdrücklich versprochen hat, daß das Gebet, welches in Seinem Namen an den himmlischen Vater gerichtet wird, erhört werden soll, so ist auch das Gebet ein sicheres Mittel, die Gnade zu erlangen – aufgrund des Treueversprechens Christi: „Um was auch immer ihr ferner in Meinem Namen bitten werdet, das werde Ich tun“ (Joh. 14, 13).

Die Sakramente aber enthalten im Gegensatz zum Gebet die Gnade in sich selbst. Sie sind mit Goldmünzen vergleichbar; das Gebet mit Papiergeld.

Was ist ein Sakrament?

Wir wollen uns in dieser österlichen Zeit besonders der Bedeutung der hl. Sakramente zuwenden. Schon am Gründonnerstag gedachte die Kirche ja besonders der Einsetzung des Allerheiligsten Altarsakraments und des Weihepriestertums; in der Ostervigil des Taufsakramentes. Das heutige Evangelium berichtet uns von der Übertragung der richterlichen Gewalt über die Sünder an die Apostel am Osterabend; also von der Einsetzung des Bußsakramentes: „Empfanget den Heiligen Geist. Welchen ihr die Sünden nachlassen werdet, denen sind sie nachgelassen. Und welchen ihr sie behalten werdet, denen sind sie behalten.“

Fragen wir uns also zunächst einmal, was ein Sakrament überhaupt ist. – Der Katechismus gibt uns zur Antwort: „Ein Sakrament ist ein von Jesus Christus eingesetztes äußeres Zeichen, wodurch uns innere Gnade erteilt wird.“ Aus dieser Antwort ergibt sich, daß drei wesentliche Merkmale zusammentreffen müssen, damit man von einem Sakrament sprechen kann. Nämlich:

  1. ein äußeres, sichtbares Zeichen,
  2. die innere Gnade, die durch dieses Zeichen mitgeteilt wird und
  3. die Einsetzung durch unseren göttlichen Heiland, Jesus Christus.

Das äußere Zeichen

Das erste Wesensmerkmal, welches sich bei jedem Sakrament finden muß und findet, ist das äußere Zeichen. Was versteht man darunter? Das ist eine sehr wichtige Frage, denn auf dieser Grundlage beruht die gesamte Lehre von den hl. Sakramenten!

Was ist also ein Zeichen? Ein Zeichen ist das, wodurch etwas Unsichtbares angedeutet, veranschaulicht, dargestellt wird. – Es gibt „natürliche Zeichen“, d.h. Zeichen, die schon durch ihre Natur ein anderes anzeigen oder bedeuten. Der Rauch etwa, der aus dem Kamin eines Hauses aufsteigt, ist ein Zeichen dafür, daß in dem Haus geheizt wird, daß irgendwo in der Heizungsanlage im Keller ein Feuer brennt. Das Feuer ist zwar für die Augen des Außenstehenden unsichtbar, aber der aufsteigende Rauch zeigt an, daß es da ist. Der Rauch ist ein natürliches Zeichen des Feuers. – Ferner ist die traurige Mine ein Zeichen, daß im Herzen eines Menschen Traurigkeit herrscht. Auch das ist ein natürliches Zeichen. Die Traurigkeit ist unsichtbar, wird aber durch den Gesichtsausdruck, die Tränen, das Schluchzen angezeigt.

Neben den natürlichen Zeichen gibt es auch „künstliche Zeichen“. Schwarze Kleider etwa bedeuten Trauer. Um ihre Trauer äußerlich sichtbar anzuzeigen, läßt die Kirche am Karfreitag ihre Priester schwarze Meßgewänder tragen. Dasselbe geschieht bei der Teilnahme an einer Beerdigung. Die Trauergäste kleiden sich schwarz, um ihre innere Trauer äußerlich anzuzeigen. – Ferner sind auch alle Bilder, alle Statuen, alle Gemälde, solch künstliche Zeichen. Sie zeigen an, was sie darstellen. – Auch alle Buchstaben, die geschrieben oder gedruckt wurden, sind Zeichen: lateinische, griechische, hebräische, chinesische oder japanische Schriftzeichen. Sie bedeuten Laute, die man mit der Zunge spricht. – Auch Worte sind Zeichen. Sie bedeuten das Ding, welches mit dem Wort benannt wird. Ja, die ganze Sprache, die Sprachen aller Völker bestehen aus Zeichen. Man kann sagen, daß der ganze zwischenmenschliche Umgang auf Zeichen beruht, mit denen unsichtbare Gedanken, unsichtbare Gefühle, unsichtbare Erkenntnisse, unsichtbare Absichten und Entschlüsse nach außen angezeigt werden. – Wenn es keine Zeichen gäbe, so wäre keine Sprache, keine Schrift, keine Rede, keine Kunst, keine Kommunikation zwischen den Menschen möglich, denn kein Mensch kann die Gedanken des anderen lesen. Und deshalb ist die häufigste Ursache für Streitigkeiten und Mißverständnisse unter den Menschen, daß entweder keine, zu wenige oder mißverständliche Zeichen gegeben werden bzw., daß die Zeichen des Mitmenschen falsch aufgefaßt werden. – Ein Zeichen ist also ein Ding, womit etwas Unsichtbares angedeutet oder angezeigt wird.

Zu jedem Sakrament gehört nun ein äußeres Zeichen. Das Zeichen bei den hl. Sakramenten besteht nun wiederum aus zwei Teilen, die aber unbedingt zusammengehören, weil sie nur zusammen das vollständige Zeichen bilden.

Der eine Teil ist gewöhnlich eine körperliche Sache, die bei der Spendung gebraucht wird: z.B. das Wasser, mit dem der Täufling bei der hl. Taufe übergossen wird; der hl. Chrisam, womit der Firmling gesalbt, das hl. Krankenöl, womit der Totkranke versehen wird. Weil es sich dabei um den stofflichen, materiellen Teil des hl. Zeichens handelt, spricht man von der „Materie“ des jeweiligen Sakramentes.

Der andere Teil des äußeren Zeichens besteht in denjenigen Worten, die jedesmal bei der Spendung des Sakramentes und zwar von seinem Spender, ausgesprochen werden müssen. Also die Taufformel bei der hl. Taufe, die Worte der Lossprechung in der hl. Beichte, die Wandlungsworte bei der hl. Messe. – Diese Worte besagen den inneren Sinn, sie bezeichnen die unsichtbare Wirkung des hl. Zeichens. – Wie die Finger des Töpfers dem Ton eine bestimmte Form geben, so geben die sakramentalen Worte dem materiellen Zeichen gleichsam seine nähere Bestimmung, seine geistige Gestalt, seine geistige Form. Deshalb werden die bei der Spendung gesprochenen Worte auch die sakramentale „Form“ des Sakraments genannt.

Diese beiden Teile – die materielle Sache und die dazu gesprochenen Worte, Materie und Form – bilden zusammen das äußere Zeichen eines Sakraments. Wenn das eine ohne das andere bleibt, kommt das Sakrament nicht zustande. So lehrt der hl. Augustinus: „Durch das Wort wird die Taufe geheiligt. Nimm das Wort weg vom Wasser, was ist es außer Wasser?“ Und dann kommt der berühmte Satz: „Accedit verbum ad elementum, et fit sacramentum. Es tritt das Wort zum Element und so wird das Sakrament.“ Wenn das Wort der Form zum materiellen Element des Wassers hinzutritt, dann entsteht das Sakrament der hl. Taufe. Und der hl. Augustinus folgert: „Woher käme eine so große Kraft des Wassers, daß es den Körper berührt aber dabei das Herz abwäscht, wenn nicht durch das wirkmächtige Wort [der Taufformel]“ (In Joan. 80, 3). Gewöhnliches Wasser reinigt ja nur oberflächlich, nur die Haut des Körpers. Erst die Worte der Taufformel verleihen dem Wasser eine übernatürliche Kraft, seine reinigende Wirkung bis hinab auf den Grund der geistigen Seele auszudehnen.

Wenn nun alle Sakramente äußere Zeichen aus Materie und Form sind, so fragt es sich, was denn diese Zeichen bedeuten? Sie bedeuten die Gnade Gottes. Welche Gnade? Gerade diejenige Gnade, die in dem jeweiligen Sakrament bezeichnet wird. Die Taufgnade durch die Abwaschung im Taufsakrament, die Firmgnade durch die Salbung in der hl. Firmung, die Gnade des Sündennachlasses durch die richterliche Lossprechung in der hl. Beichte, usw. – Die kleinen Fläschchen, in denen Arzneien aufbewahrt werden, sind ihrem Inhalt entsprechend beschriftet. Die Bezeichnung auf dem Etikett sind Zeichen. Was bedeutet die Schrift? Sie zeigt die Arznei an, die in dem Fläschchen enthalten ist: Augentropfen, Ohrentropfen, Hustensaft, usw. Ebenso geben die äußeren Zeichen der hl. Sakramente an, welche Gnade empfangen wird. Bei jedem der Sakramente haben wir es mit einem äußeren Zeichen zu tun, das klar die unsichtbare Gnade bezeichnet, die in dem jeweiligen Sakrament enthalten ist.

Die innere Gnade

Eben diese innere, unsichtbare Gnade, bildet das zweite Wesensmerkmal eines Sakraments, welches wir betrachten müssen.

Die hl. Sakramente teilen innere Gnaden mit, die man nicht sehen kann, während man das äußere Zeichen sehr wohl wahrnimmt. Man sieht die Materie und hört die Worte der Form. Das Taufwasser wird über den Kopf des Täuflings gegossen – das ist die Materie des Taufsakramentes. Und dabei spricht der Priester die Worte der Form: „Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Zusammen bilden sie das sichtbare Zeichen der hl. Taufe, welches nun in der Seele des Täuflings die unsichtbare Gnade der Reinigung von allen Sünden, den Nachlaß aller Strafen, sowie die Eingießung des übernatürlichen Lebens bewirkt. Die äußerlich sichtbare Abwaschung zeigt die dabei unsichtbar vor sich gehende Abwaschung der Sünde an. – Das Zeichen ist äußerlich sichtbar, die Gnade ist innerlich und unsichtbar.

Aber in welchem Verhältnis steht das äußere Zeichen zur inneren Gnade? Tun die äußeren Zeichen nichts weiter, als daß sie die Gnade rein äußerlich anzeigen? – Nein, sie tun viel mehr! Sie bewirken auch die Gnade, welche sie anzeigen. – Das ist ein gewaltiger Unterschied.

Ein Beispiel: Der Morgenstern ist ein Zeichen. Er zeigt dem nächtlichen Beobachter an, daß die Sonne bald aufgeht. Der Morgenstern bedeutet den heraufziehenden Tag. Circa neun Monate lang nimmt der Planet Venus die Stellung des Morgensterns ein. D.h. ihr Aufgang zeigt den unmittelbar bevorstehenden Sonnenaufgang an. Nur neun Monate lang ist das der Fall. Daß die Venus in diesem Zeitraum den Sonnenaufgang zwar anzeigt, aber ihn nicht ursächlich bewirkt, beweist die Tatsache, daß die Sonne trotzdem auch in jenen Monaten aufgeht, in denen die Venus nicht als Morgenstern fungiert. Es beweist, daß die Venus zwar die meiste Zeit rein äußerlich den Sonnenaufgang anzeigt, ihn aber nicht bewirkt. Es besteht also zwischen der Venus und der Sonne kein Ursächlichkeitsverhältnis, sondern eine rein äußerliche, zufällige Beziehung, die nur sehr lose ist, weil sie zyklisch immer nur neun Monate dauert und dann sechs Monate vergehen müssen, bis die Venus wieder als Morgenstern vor der Sonne aufgeht. Der Morgenstern bedeutet den Tag, aber er macht nicht den Tag! – Anders sieht es aus mit der aufgehenden Sonne. Auch die aufgehende Sonne ist ein Zeichen. Das Morgengrauen, das Morgenrot zeigt an, daß es bald Tag wird. Aber dieses Zeichen zeigt den Tag nicht bloß an, sondern es bewirkt ihn auch. Die Sonne ist ja das Tagesgestirn. Ihr Aufgang ist die Ursache des Tageslichtes. Also bewirkt der Sonnenaufgang den neuen Tag.

Womit ist nun das Zeichen der hl. Sakramente zu vergleichen? Das ist offensichtlich. Nicht mit dem Morgenstern, sondern mit der Morgensonne. Denn die hl. Sakramente sind solche äußeren Zeichen, welche die Gnade einerseits anzeigen, sie aber andererseits auch tatsächlich bewirken.

An dieser Stelle ist nun die Frage angebracht, warum der Heiland Seine innere, übernatürliche, himmlische, über alles Irdische erhabene Gnade so eng und innig mit körperlichen, sinnenhaften, ja niedrigen Zeichen verbunden hat? Mit gewöhnlichem Wasser? Einem Stück Weizenbrot? Ein wenig Traubenwein? Etwas Olivenöl?

Erste Antwort: Auch in Jesus Christus selbst ist ja die unfaßbare, unsichtbare Gottheit mit der äußerlich sichtbaren Menschheit in der Einheit der göttlichen Person verbunden, wie es der hl. Johannes im Prolog seines Evangeliums ausdrückt: „Und das Wort ist Fleisch geworden, und hat unter uns gewohnt“ (Joh. 1, 14). Die unsichtbare göttliche Natur hat sich mit der sichtbaren menschlichen Natur vereinigt zu dem einen Gottmenschen Jesus Christus. Weil für die Erlösung des Menschengeschlechtes die Vereinigung von Gottheit und Menschheit in der zweiten göttlichen Person notwendig war, so ist es auch angemessen, daß analog dazu die Werkzeuge, mit denen die übernatürlichen Früchte der Erlösung ausgeteilt werden, aus dem äußerlich wahrnehmbaren Zeichen und der inneren, unsichtbaren, göttlichen Gnade zusammengesetzt sind.

Zweite Antwort: Ferner war es angemessen, daß die katholische Kirche, die ja eine äußerlich sichtbare Einrichtung ist, die unsichtbare Gnade Christi auf einem äußeren und sichtbaren Weg ausspendet, wie der Römische Katechismus in Anschluß an die Lehre des hl. Augustinus sagt: „Es muß gewisse Kennzeichen und Symbole geben, woran man die Gläubigen unterscheiden kann; zumal da sich keine menschliche Gemeinschaft … – sei es unter dem Namen der wahren oder der falschen Religion –, gleichsam zu einem Leibe verbinden kann, wenn sie nicht durch irgend ein Band sichtbarer Zeichen vereinigt wird. Beides nun leisten die Sakramente des neuen Bundes, indem sie sowohl die Anhänger des christlichen Glaubens von den Ungläubigen unterscheiden, als auch die Gläubigen selbst durch ein gewisses heiliges Band unter sich verknüpfen“ (II, 1, 14).

Dritte Antwort: Die Menschen, die Empfänger der hl. Sakramente, sind Wesen, die aus einer geistigen Seele und einem sichtbaren Körper zusammengesetzt sind. Folglich ist es sehr passend, daß die göttliche Gnade auf dem Weg der hl. Sakramente zu ihnen kommt; das Innere auf dem Weg des Äußeren; das Übernatürliche in der Gestalt des Natürlichen. Der hl. Thomas von Aquin sagt: „Es ist der Beschaffenheit der menschlichen Natur eigen, durch Körperliches und Sinnliches zu Geistigem und Übersinnlichem hingeführt zu werden. Es ist aber die Art der göttlichen Vorsehung, für jegliches Ding seiner Beschaffenheit entsprechend zu sorgen. In passender Weise verleiht daher die göttliche Weisheit dem Menschen Hilfsmittel des Heiles unter körperlichen und sinnfälligen Zeichen, die man Sakramente nennt“ (S.th. III q. 61, a.1 corp.).

Vierte Antwort: Der Mensch ist ein Sünder. Die Sünde aber nimmt ihren Anfang im Geist des Menschen und tut sich für gewöhnlich im äußerlichen, körperlichen Tun kund. Deshalb scheint es sehr angemessen zu sein, daß die Sakramente als Heilmittel gegen die Sünde dort ansetzen, wo die Sünde aufgehört hat – nämlich bei dem Äußerlichen, um sodann die innerliche Gerechtigkeit des Menschen wiederherzustellen. Durch die Sünde ins Sinnliche versunken, wird der Mensch durch das sinnfällige Zeichen wieder zu Gott erhoben, wie der hl. Bonaventura sagt, „damit das Heilmittel dort ansetze, wo der böse Feind die Wunde geschlagen hat“ (Brevil. 6, 1).

Fünfte Antwort: Durch die Sünde des Menschen war die Natur entweiht, der Eitelkeit unterworfen und dem Fluch verfallen. So wurden die körperlichen Dinge zum Werkzeug der Sünde für den Menschen; zum Werkzeug der Verführung für den Teufel und des Strafgerichts für Gott. Durch die Erlösung mußten sie wieder zu Mitteln der Verherrlichung Gottes werden; zur Überwindung des Teufels; zur Begnadigung des Menschen. So sagt wiederum der Römische Katechismus, daß die aus niederen Elementen der Natur bestehenden sakramentalen Zeichen „den Stolz des menschlichen Geistes bezähmen und unterdrücken; und uns an Demut gewöhnen, indem wir uns den sinnlichen Elementen zu unterwerfen genötigt sind, um Gott zu gehorchen, von welchem wir zuvor abgefallen waren, um den Elementen der Welt zu dienen“ (a.a.O.).

Sechste Antwort: Dadurch, daß die unsichtbare Gnade an äußerlich sichtbare Zeichen gebunden ist, wird uns eine Sicherheit gegeben, daß wir die unsichtbare Gnade auch tatsächlich empfangen haben. Auf diese Weise wissen wir, welche Gnade wir empfangen, und wann und wo wir sie empfangen haben. Das bedeutet für uns einen großen Trost. Rein innerliche Gnaden würden uns diesen Trost nicht gewähren, denn wir könnten nie sicher sein, ob wir sie auch wirklich empfangen haben, oder nicht.

Die Einsetzung durch Christus

Das dritte Wesensmerkmal schließlich, welches bei jedem Sakrament vorhanden ist und vorhanden sein muß, ist die Einsetzung durch Jesus Christus. Warum muß jedes Sakrament von Jesus Christus eingesetzt sein? Um diese Frage zu beantworten, ist weiter nichts nötig, als daß wir uns noch einmal erinnern, was ein Sakrament ist. Es ist ein Zeichen, welches die göttliche Gnade anzeigt und auch bewirkt! Welche Macht aber wäre erforderlich, um dem Natürlichen eine übernatürliche Wirkung zu verleihen? Keine geringere als die Macht Gottes! Und wem käme nicht am meisten das Recht zu, die göttliche Gnade mit einem sinnfälligen Zeichen zu verknüpfen, wenn nicht dem Gottmenschen Jesus Christus, der die göttliche Gnade am Kreuz verdient hat, der also ihr Herr und Eigentümer, ja ihre Ursache ist?

Freilich, wenn die hl. Sakramente nichts weiter könnten, als die Gnade Gottes anzuzeigen, so könnte jeder Mensch ein Sakrament einsetzen. Denn das ist nicht weiter schwer, irgendein Zeichen zu erfinden, wodurch eine innere Gnade symbolisch veranschaulicht und versinnbildet wird. Das ist übrigens die modernistische Vorstellung von den Sakramenten. Weil die Modernisten nicht an die wahre Gottheit Christi und an die Übernatur im Allgemeinen glauben, sind für sie die Sakramente lediglich Symbole und Ausdrucksformen ihrer eigenen religiösen Gefühle und Sehnsüchte. Sie zeigen nur die inneren Bedürfnisse des Menschen an, ohne dabei aber in der Seele des Empfängers etwas zu bewirken – außer vielleicht einige fromme Gefühle. Deshalb können die Sakramente in den Augen der Modernisten auch problemlos geändert werden, was Giovanni Batista Montini, alias „Papst“ Paul VI., nach dem 2. Vatikanum in der sog. „Liturgiereform“ auch tatsächlich getan hat, indem er nahezu bei jedem Sakrament die sakramentale Form – also die Worte –, bei einigen auch die Materie, verändert hat. Dagegen hatte schon das Konzil von Trient den Kirchenbann ausgesprochen, indem es erklärt hatte: „Wer sagt, die überlieferten und anerkannten Riten der katholischen Kirche, die bei der feierlichen Spendung der Sakramente gewöhnlich angewendet werden, könnten entweder verachtet oder ohne Sünde von den Spendern nach Belieben ausgelassen oder durch irgendeinen beliebigen Hirten der Kirche [das schließt selbst den Papst ein] in neue, andere geändert werden, der sei mit dem Anathema belegt“ (DS 1613). Irgendein Zeichen zu erfinden ist leicht. Wenn wir etwa den Heiligen Geist als Taube malen mit einem siebenfachen Strahlenkranz, der von Ihm ausgeht, so bedeuten diese Strahlen – sagen wir – die sieben Gaben des Heiligen Geistes. Aber diese gemalten Strahlen können keineswegs die Gaben des Heiligen Geistes mitteilen, geschweige denn bewirken. Solche Zeichen, welche die Gnade nicht nur bezeichnen, sondern sie auch tatsächlich bewirken, kann nur derjenige einsetzen, welcher der Herr, der Urheber, die Quelle aller übernatürlichen Gnaden ist. Das aber ist allein Jesus Christus. Folglich hat nur Er die göttliche Macht, bestimmten äußeren Zeichen eine übernatürliche Kraft zu verleihen, Gnade zu bewirken, die diese äußeren Zeichen sonst nicht hätten und unmöglich besitzen könnten.

Kein Mensch, kein Priester, kein Bischof, kein Papst, kein Apostel kann Sakramente einsetzen. – Was wäre die Folge, wenn ein Mensch, ein Priester oder ein Bischof das äußere Zeichen eines Sakraments ändern würde? Wenn er entweder die Materie veränderte – also anderes Öl, anderes Brot, anderen Wein, etwas anderes als Wasser, bei der Sakramentenspendung verwenden würde, als sie von Christus angeordnet wurde? – Oder wenn er eine andere Taufformel, andere Wandlungsworte, andere Worte zur Erteilung der Firmung oder der Bischofsweihe spräche, als sie von Christus angeordnet und von der katholischen Kirche unter dem Beistand des Heiligen Geistes über die Jahrhunderte bewahrt wurden? Was geschähe dann? – Ein solcher Mensch, ein solcher Priester, ein solcher Bischof, würde sein eigenes „Sakrament“ erfinden; ein leeres Sakrament, das keine Gnade mitteilen würde, weil es nicht auf dieselbe Weise von Christus eingesetzt wurde. Es bliebe ein leeres und wirkungsloses Zeichen; ein ungültiges Sakrament.

Genau das ist geschehen im Protestantismus. Genau das ist geschehen in der sog. Konzilskirche nach dem 2. Vatikanum. Nur noch die Taufe und die Ehe können(!) bei den Protestanten und in der konziliaren Kirche gültig empfangen werden. Alle anderen Sakramente sind ungültig geworden, weil die Neuerer entweder die sakramentale Materie und/oder die Form geändert haben. Oder aber, weil der zur Gültigkeit notwendige Spender – nämlich der gültig geweihte Priester, bzw. Bischof, nicht mehr vorhanden ist.

So ist es etwa jüngst auch bei der Piusbruderschaft geschehen. Am Gründonnerstag wurden im deutschsprachigen Seminar in Zaitzkofen die heiligen Öle – also der hl. Chrisam, das Katechumenenöl und das Krankenöl ungültig geweiht. Warum? Weil die heiligen Öle nur von einem gültig geweihten Bischof geweiht werden können. In Zaitzkofen hat jedoch mit Vitus Huonder ein Mann die Weihe vorgenommen, der im ungültigen Ritus Pauls VI. die „Bischofsweihe“ empfangen hat; und folglich in Wirklichkeit gar kein Bischof ist. Die Öle sind also genauso „geweiht“, wie wenn Ihr Postbote oder Ihr Klempner die Weihehandlung vorgenommen hätte. Sie sind gar nicht geweiht! Das hat nun für die Traditionalisten der Piusbruderschaft weitreichende Folgen. Weil nämlich der Chrisam für die Erteilung der Firmung und das Krankenöl für die Erteilung der Letzten Ölung die zur Gültigkeit notwendige Materie darstellt, werden in diesem Jahr überall dort, wo die Öle aus Zaitzkofen zum Einsatz kommen, die genannten Sakramente – obwohl sie im überlieferten Ritus gespendet werden – ungültig sein. D.h. die „Pius-Gläubigen“ – und insbesondere die Sterbenden unter ihnen – werden um die Gnade genauso betrogen, wie es seit Jahrzehnten schon in der Konzilskirche geschieht. Und das mit weitreichenden Konsequenzen für das ewige Schicksal ihrer Seele!

Überall dort, wo ein bloßer Mensch – und mag er auch für den Papst gehalten werden – die Sakramente in ihrem Wesen ändert, werden sie ungültig, vermögen keine Gnade zu vermitteln. Warum? – Weil nicht der Mensch – selbst wenn er für den Papst gehalten wird – Macht über die Gnade hat, sondern einzig und allein der Gottmensch Jesus Christus. Deshalb fahren wir fort die Sakramente so zu spenden, wie Christus sie eingesetzt hat, wie die Apostel sie ihre Schüler zu spenden gelehrt haben und wie die katholische Kirche unter dem Beistand des Heiligen Geistes durch die Jahrhunderte hindurch die Sakramente zu spenden vorgeschrieben hat. Nur so können wir sicher sein, auch wirklich die göttliche Gnade zu empfangen und unsere Seele zu retten. Nur so können wir sicher sein, das wahre Gold, in welches das Antlitz Christi, unseres Königs, eingeprägt ist zu empfangen und nicht falsches, wertloses Katzengold, das uns am Ende als von Falschmünzern Betrogene vor dem ewigen Richterstuhl Gottes erscheinen ließe.

Schließlich gibt es nun nur sieben Zeichen, bei denen alle drei Wesensmerkmale eines Sakramentes zusammentreffen: das äußere Zeichen, die innere Gnade und die Einsetzung durch Christus. Weil kein Mensch die Macht hat, sinnfällige Zeichen mit der göttlichen Gnade zu verbinden, kann es auch nicht mehr und nicht weniger als sieben Sakramente geben, weil Christus eben diese sieben Zeichen eingesetzt hat und nur diesen sieben Zeichen in Seiner göttlichen Macht die Kraft verliehen hat, die Gnade in der Seele des Empfängers hervorzubringen. Die sieben, von Christus eingesetzten Sakramente sind: die Taufe, die Firmung, die Eucharistie, die Buße, die Letzte Ölung, die Priesterweihe und die Ehe. Für die Siebenzahl geben die Theologen mannigfaltige Angemessenheitsgründe an, von denen wir doch wenigstens einen anführen wollen:

Die Siebenzahl ist nämlich angemessen, sowohl im Hinblick auf die Kirche insgesamt, als auch hinsichtlich der einzelnen Glieder der Kirche. – Christus, das unsichtbare Haupt und der Hohepriester Seiner Kirche, vergegenwärtigt sich Selbst in der Kirche durch die hl. Eucharistie. Sie ist das erhabenste aller Sakramente, weil sie nicht nur die Gnade, sondern den Urheber der Gnade wahrhaft und wesenhaft enthält. – Sodann läßt sich Christus repräsentieren durch das Priestertum, welches die christlichen Völker heiligt. Jene Völker, die sich im Sakrament der Ehe fortpflanzen. Die Priesterweihe und die Ehe begründen also die Kirche in ihren zwei wesentlichen Bestandteilen, nämlich der lehrenden und der hörenden Kirche.

Wie im natürlichen, so sind dem einzelnen Menschen auch im übernatürlichen Leben fünf Dinge notwendig: Er muß geboren werden, wachsen und ernährt werden; wenn er in Krankheit fällt, muß er geheilt und die Schwäche seiner Kräfte ergänzt werden. Dementsprechend wird der Einzelne in der Kirche Christi zum übernatürlichen Leben geboren durch die hl. Taufe; zur persönlichen Betätigung und zum Wachstum der in der Taufe empfangenen Gerechtigkeit im täglichen Kampf des Lebens gestärkt durch die hl. Firmung; fortwährend genährt durch die hl. Kommunion. Der in Sünde Gefallene wird wiederhergestellt durch das hl. Bußsakrament, und diese Wiederherstellung wird vollendet durch die Letzte Ölung, welche die Überbleibsel der Sünde tilgt, zum letzten Kampf stärkt und auf den Eintritt in die Ewigkeit vorbereitet.

Hochschätzung der hl. Sakramente

Aus all dem Gesagten folgt für uns, daß wir die hl. sieben Sakramente hochschätzen und gründlich kennenlernen müssen. Es sind Gnadenmittel, welche die Gnade bezeichnen; Zeichen, welche die Gnade zugleich enthalten; Zeichen, welche die Gnade die sie bezeichnen auch tatsächlich der Seele des Empfängers mitteilen, ja, sie in der Seele unfehlbar bewirken. Zeichen, welche Jesus Christus eingesetzt hat; Zeichen, welche nur Jesus Christus einsetzen konnte; Zeichen, die für uns ebenso kostbar und wertvoll sind, wie die unsichtbare Gnade und das ewige Leben selber. Sie sind, gleich den hl. Wunden Christi, Kanäle der Gnade, Quellen des übernatürlichen Lebens und die Gefäße des ewigen Heiles.

Wenn jemand schwache Augen hätte, sodaß er ohne Brille nichts sehen könnte, so wäre für ihn die Brille ebensoviel wert, wie die Augen selbst. Und wenn es auf der ganzen Welt nur einen einzigen Menschen gäbe, der eine Brille herstellen könnte, so hinge das Sehen aller Menschen mit Sehschwäche von diesem Einen ab. Wie wichtig sind doch für uns die hl. Sakramente! Obwohl sie von so einfacher und schlichter Gestalt sind, haben sie doch einen unendlichen Wert. Gerade das versucht uns die Kirche durch die äußerliche Prachtentfaltung, welche sie bei der Spendung der hl. Sakramente an den Tag legt, auf sinnfällige Weise klar zu machen. Und doch bleibt aller Schmuck – die Blumen, die feierlichen Gesänge, die kostbaren Stoffe der Gewänder, die wertvollen Gefäße aus Silber, Gold und Edelsteinen – weit hinter dem zurück was die hl. Sakramente sind.

Es kann kaum bezweifelt werden, daß dem modernen Menschen durch Gottes Zulassung die hl. Sakramente deshalb weitgehend weggenommen worden sind, weil sie dieselben nicht mehr hochgeschätzt haben; weil sie nicht mehr würdig, nicht mehr eifrig, nicht mehr dankbar, nicht mehr gläubig empfangen worden sind. Das soll uns zur Warnung dienen! Schätzen wir die hl. Sakramente um so mehr; also höher als Gold und alle Edelsteine; höher als alle Arzneimittel der Welt, die bestenfalls die Gesundheit des Körpers, unmöglich aber der Seele das ewige Leben schenken können. Schätzen wir sie hoch! Und weil wir die hl. Sakramente schätzen, so suchen wir sie so genau und so gründlich, als es uns möglich ist, kennenzulernen, uns auf ihren würdigen Empfang vorzubereiten und Demjenigen, der sie eingesetzt hat, in alle Ewigkeit für diese Wohltat zu danken. Dann erfüllt sich auch an uns das Wort des Propheten Isaias: „Ihr werdet schöpfen mit Freuden aus den Quellen des Erlösers“ (Is. 12, 3). Amen.

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