Die Speise der Unsterblichkeit

Geliebte Gottes!

Mit dem Wunder der Brotvermehrung, von dem wir soeben gehört haben, liefert unser Herr Jesus Christus einmal mehr einen Beweis Seiner göttlichen Allmacht. Denn nur der Schöpfer der Welt selbst hat die Macht fünf Brote und zwei Fische derart zu vermehren, daß 5.000 gestandene Männer satt und darüber hinaus auch noch zwölf Körbe voll Brotstücken wieder eingesammelt werden konnten. D.h. es wurde bei weitem mehr wieder eingesammelt als der Herr austeilen ließ. Und das nachdem diese riesige Menschenmenge satt geworden war. Niemand kann so etwas zuwege bringen, ohne die Gewalt über die Schöpfung zu haben. Die Gewalt über die Schöpfung hat aber niemand anders als Gott allein. Also folgt aus dem Wunder der Brotvermehrung notwendigerweise, daß unser Herr Jesus Christus wahrer Gott ist.

„Papst“ Bergoglios fehlbare und durch und durch falsche Auslegung zu dieser Stelle versucht erwartungsgemäß gerade das Wunder und damit die Gottheit unseres Erlösers wegzuerklären. Er behauptet zu wissen, es sei keine wirkliche Vermehrung der Brote und der Fische gewesen, sondern gleichsam ein elektrischer Impuls, der die Volksmenge durchströmte und sie dazu inspirierte, das was sie selbst mitgebracht hatten, solidarisch miteinander zu teilen. Diese naturalistische Erklärung raubt dem Evangelium die Überzeugungskraft und macht sein Salz schal (vgl. Mt. 5, 13 f.). Wenn es sich lediglich um eine Art von Begeisterung der Menschen und um kein Wunder gehandelt hätte, warum hätten uns alle vier Evangelien von dieser Begebenheit überhaupt berichten sollen? Die Erklärung Bergoglios zerschellt außerdem an der Sorge der Apostel, daß die Menschen eben keine Nahrung hatten. Das Volk kam ohne Proviant, weil es offensichtlich gar nicht davon ausging, so lange bei Jesus zu bleiben. Aber die Gegenwart unseres Herrn, die Lehre, die er ihnen verkündete, und die Heilungswunder, die Er an ihren Kranken wirkte, hatten die Menschen derart angezogen, daß sie den ganzen Tag über, bis zum Abend bei Ihm blieben – ohne Nahrung! Sie konnten sich gar nicht von Ihm losreißen. Das ist offensichtlich. Weil die meisten einen sehr weiten, größtenteils durch ödes Land führenden Heimweg vor sich hatten, waren die Apostel in berechtigter Sorge. Allein diese Ausgangslage und der darauf folgende wunderbare Machterweis, mit dem unser göttlicher Erlöser dieses Problem gelöst hat, liefern einen hinreichenden Grund, warum uns alle Evangelisten von dieser Begebenheit berichten.

In diesem Wunder leuchtet neben der göttlichen Allmacht Christi auch vor allem die göttliche Fürsorge und Vorsehung für das ganze Menschengeschlecht auf. Christus ist viel zu feinfühlig und aufmerksam, als daß Er nicht bedacht hätte, wie Er die vielen Menschen speisen könnte, die Ihm in die Einöde gefolgt waren und Ihm den ganzen Tag aufmerksam an den Lippen gehangen hatten. – Dieses Wunder weist jedoch nicht allein auf die göttliche Vorsehung im Hinblick auf die irdischen Güter hin, derer der Mensch zu seinem Leben bedarf – das tägliche Brot –, sondern noch viel mehr auf die weise Vorsehung Gottes hinsichtlich der übernatürlichen Güter. Der Mensch bedarf nicht nur einer Speise für das Leben des Leibes, sondern auch einer übernatürlichen Speise, als Nahrung für seine Seele. Das Wunder der Brotvermehrung muß deshalb v. a. im Hinblick auf die bevorstehende Einsetzung des Allerheiligsten Altarsakraments gedeutet werden.

Die Frucht vom Baum des Lebens

Die hl. Eucharistie wurde von unserm Herrn Jesus Christus ersonnen, als ein Ersatz für den „Baum des Lebens“, der vor dem Sündenfall im Paradies stand. Im ersten Buch der Heiligen Schrift, im Buch Genesis, ist die Rede von zwei Bäumen, die im Paradies wuchsen. In der Mitte des Gartens stand der „Baum des Lebens“ und wohl in der Nähe von diesem auch der „Baum von der Erkenntnis von Gut und Böse“ (vgl. Gen. 2, 9). Von letzterem durften die Stammeltern kraft des göttlichen Verbotes nicht essen: „Von dem Tag an, da du davon ißt wirst du sterben“ (Gen. 2, 17). Von dem „Baum des Lebens“ hingegen sollten, ja mußten Adam und Eva essen. Der fortdauernde Genuß seiner Früchte sollte den ersten Menschen die Unsterblichkeit garantieren. Der hl. Kirchenlehrer Johannes von Damaskus sagt: „Das eben bedeutet ‚Baum des Lebens‘. Die süße Teilnahme an Gott verleiht denen, die sie genießen, ein Leben, das vom Tode nicht zerschlagen wird“ (expo. fid. orth. 2, 11). Nach ihrer Abkehr von Gott durch die Sünde wurde den Stammeltern deshalb – sozusagen zum Vollzug des über sie verhängten Todesurteils – der Zugang zu diesem Baum verwehrt. Damit der durch den Genuß der verbotenen Frucht zu vermeintlicher Gottgleichheit aufgestiegene Mensch, wie es heißt, nicht „auch vom Baume des Lebens nimmt, und ißt, und ewig lebt!“ (Gen. 2, 22). Deshalb heißt es weiter: „Und Gott trieb Adam hinaus, und setzte vor das Paradies der Wonne die Cherubim mit flammenzuckendem Schwerte, den Weg zum ‚Baume des Lebens‘ zu bewachen“ (Gen. 3, 24). Weil der Mensch fortan von den Früchten des Lebensbaumes abgeschnitten war, deren Genuß ihm ewiges Leben spendete, wurde er leidensfähig und sterblich. Sein Körper neigte zum Verfall; die Verbindung von Leib und Seele zur Auflösung. „Denn Staub bist du und zum Staub kehrst du zurück“ (Gen. 3,17).

Das Erlösungswerk unseres Herrn Jesus Christus ist darauf ausgerichtet diesen Verfall umzukehren, den gefallenen Menschen wiederaufzurichten, ihm die verlorenen Güter wieder zugänglich zu machen; ja mehr noch, den ursprünglichen Zustand nicht nur wiederherzustellen, sondern noch wunderbarer zu erneuern (vgl. Gebet zur Bereitung des Kelches). Dafür hat Christus einen neuen Paradiesesgarten gepflanzt: das Reich Gottes auf Erden, die katholische Kirche, die himmlische Gottesstadt Jerusalem. In der Mitte dieses Gartens steht der neue „Baum des Lebens“ – das heilige Kreuz. Und die Frucht dieses Baumes ist das Allerheiligste Sakrament des Altares, dessen Genuß uns insofern vom ewigen Tod bewahrt, als es die moralische Zersetzung unsere Anhänglichkeit an die Sünde heilt, und unserem Leib die glorreiche Auferstehung von den Toten am Ende der Welt garantiert. Der Genuß jener Frucht des neuen Lebensbaumes in der hl. Kommunion ist aber, wie schon im Paradies, an eine Bedingung geknüpft; nämlich an ein reines Gewissen, das sich in treuem Gehorsam gegenüber dem göttlichen Gebot bewährt hat. In der Geheimen Offenbarung des hl. Johannes, dem letzten Buch der Heiligen Schrift, heißt es: „Selig, die ihre Kleider im Blute des Lammes waschen, daß sie Macht erhalten über den Baum des Lebens und durch die Tore eingehen in die Stadt [Gottes]!“ (Offb. 22, 14). Man muß erst seine Kleider, also sein Gewissen, gereinigt haben im Blute des makellosen Gotteslammes. Das geschieht erstmals in der hl. Taufe; weil der Mensch aber im Laufe des Lebens aufgrund seiner Schwäche immer wieder in die Sünde zurückfällt, muß er sein beflecktes Gewissen fortan reinigen im hl. Bußsakrament. Nur mit reinem Gewissen erhält der Mensch „Macht über den Baum des Lebens“, d.h. nur das reine Gewissen befähigt ihn, aus dem Genuß der hl. Kommunion überhaupt Nutzen zu ziehen, damit er durch ihren Genuß „durch die Tore eingehen kann in die Stadt“ des ewigen Lebens. Wagt er es hingegen mit beflecktem Gewissen von ihr zu kosten, so wird ihm diese Frucht vom neuen Lebensbaum zum Gift werden: „Denn wer unwürdig ißt und trinkt, der ißt und trinkt sich das Gericht“ (1. Kor. 11, 29). Christus selbst sagt es ausdrücklich, daß der Mensch, ehe er zum Genuß der hl. Eucharistie zugelassen ist, den Sieg über die Todsünde errungen haben muß: „Dem Sieger werde ich zu essen geben vom Baum des Lebens“ (Offb. 2, 7).

Wer aber diese wunderbare Frucht am Baum des hl. Kreuzes mit reinem Gewissen in sich aufnimmt, dem wird dadurch die ganze Fülle des übernatürlichen Lebens zuteil. Der hl. Johannes sagt: „Zwischen der Straße der Stadt und dem Strom, hüben und drüben, war ein ‚Baum des Lebens‘. Zwölferlei Früchte trägt er, jeden Monat gibt er seine Frucht; und die Blätter des Baumes dienen zur Heilung der Völker“ (Offb. 22, 2). Die Zwölfzahl ist im Sprachgebrauch der Heiligen Schrift die Zahl der übernatürlichen Fülle. Wenn von zwölferlei Früchten die Rede ist, die am Baum des hl. Kreuzes reifen, dann wird damit angedeutet, daß sich in der hl. Eucharistie die ganze Fülle aller übernatürlichen Gnaden befindet, welche uns zu allen erdenklichen guten und verdienstlichen Werken antreibt. Der hl. Paulus zählt die zwölf Früchte auf: „Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Milde, Güte, Langmut, Sanftmut, Treue, Bescheidenheit, Enthaltsamkeit, Keuschheit“ (Gal. 5, 22 f.). Der Genuß des Allerheiligsten Sakraments regt uns zur Übung dieser zwölf Tugenden an. Und diese zwölf Tugenden wiederum ziehen ihre übernatürliche Lebenskraft aus der hl. Eucharistie, der Frucht am Baume des hl. Kreuzes, den Christus in der katholischen Kirche gepflanzt hat. Wie die materielle Speise die Kräfte des Leibes wiederherstellt, so erneuert der Genuß der hl. Eucharistie die Kräfte der Seele, weshalb sie auch „hl. Seelenspeise“ genannt wird. Der hauptsächliche Zweck, warum unser göttlicher Erlöser die hl. Eucharistie eingesetzt hat besteht darin, in unserer Seele das übernatürliche Leben aufrecht zu erhalten, zu vermehren und zur Vollendung zu bringen.

Das Manna

Die hl. Eucharistie tritt ferner an die Stelle des Manna, mit dem Gott das auserwählte Volk nach dem Auszug aus Ägypten vierzig Jahre lang in der Wüste ernährt hat. Gott selbst nannte das Manna „Brot vom Himmel“, indem Er sprach: „Ich will euch Brot vom Himmel regnen lassen“ (Ex. 16, 4). Und der Prophet Nehemias preist dieses Wunder des täglichen Mannaregens: „Du hast ihnen Brot vom Himmel gegeben, als sie Hunger hatten“ (Neh. 9, 15). Gerade an den Mannaregen sah sich die Volksmenge nach der wunderbaren Brotvermehrung durch den Heiland erinnert. Deshalb erkannten sie in Christus den „neuen Moses“, d.h. „den Prophet, der in die Welt kommen soll“. Deshalb wollten sie Ihn zu ihrem König machen. Die 5.000 verstanden Christus falsch. Sie erhofften fortan das „fertige Brot“ (Weis. 16, 20), ohne Arbeit, ohne Disteln und Dornen, ohne Schweiß im Angesicht. Doch wie das Wunder unseres Herrn nur Vorbild sein sollte, so wurde schon dem Moses angesichts des Manna geoffenbart, daß dieses nur der Schatten eines noch vollkommeneren Himmelsbrotes sein sollte. Moses sprach nämlich zum Volk Israel: „Durch Hunger hat er dich gefügig gemacht und hat dich dann mit dem Manna gespeist, das du nicht kanntest und das auch deine Väter nicht kannten. Er wollte dich erkennen lassen, daß der Mensch nicht nur vom Brot allein lebt, sondern daß der Mensch von allem lebt, was aus dem Munde des Herrn kommt“ (Deut. 8, 3). Was aus dem Munde Gottes kommt, das ist das „Wort Gottes“. Das Wort Gottes „ist Fleisch geworden“ (Joh. 1, 14). Und von dem fleischgewordenen Wort Gottes soll der Mensch leben. Daran knüpft unser Herr und Heiland in Seiner unfehlbaren Deutung der wunderbaren Brotvermehrung an, wenn Er von sich sagt: „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgestiegen ist. Wenn jemand von diesem Brote ißt, wird er leben in Ewigkeit. Das Brot aber, das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt“ (Joh. 6, 51). „Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tag“ (Joh. 6, 54). Die hl. Eucharistie ist sowohl der ewige Lebensquell für die Seele, als auch das Samenkorn der leiblichen Auferstehung. Denn unser Herr Jesus Christus, der jetzt im Himmel zur Rechten des Vaters thront, ist seit Seiner Auferstehung nicht mehr dem Tod unterworfen. Wer Ihn also in der hl. Kommunion in sich aufnimmt, der empfängt bereits Anteil an Seinem herrlichen, unverlierbaren Leben. Der bleibt bewahrt vor dem Tod der Verdammnis und dessen Leib wird sich am Jüngsten Tag in Herrlichkeit aus dem Staub des Grabes erheben.

Die Sehnsucht nach der hl. Eucharistie

Nach den Worten des Buches der Weisheit war das Manna eine Speise von großer Süßigkeit: „Du verliehest ihnen Brot vom Himmel, bereitet ohne Arbeit, das jeden Genuß und die Süßigkeit jedes Geschmackes in sich enthielt“ (Weis. 16, 20). Darum beten wir bis heute jedes Mal beim sakramentalen Segen: „Brot vom Himmel hast Du uns gegeben, das alle Süßigkeit in sich enthält.“ Obwohl die hl. Kommunion erfahrungsgemäß lediglich wie Brot aussieht und wie gewöhnliches Brot schmeckt, hat sie doch für die gottliebende Seele die Fülle geistiger Süßigkeit in sich. Das Maß geistiger Süßigkeit, das wir beim Empfang der hl. Kommunion verkosten dürfen, steht in genau dem Verhältnis, als wir eine wahre Sehnsucht nach dem Allerheiligsten Sakrament haben. Die Sehnsucht ist das Verlangen nach dem, was die Seele liebt.

Ein Beispiel: Wenn jedem von Ihnen jetzt im Augenblick ein Glas Wasser angeboten würde, dann würden das wohl die meisten zwar sehr nett finden, aber man würde nicht von einem Genuß sprechen. Es ist ja nur Wasser. Wenn Sie sich aber in der Wüste befänden, wo die Sonne gnadenlos vom Himmel herniederbrennt und Sie vom Durst gequält werden, und man würde Ihnen unter diesen Umständen ein Glas Wasser anbieten, dann wäre das für sie gewiß das köstlichste Wasser, das Sie jemals getrunken haben. Warum? Aufgrund des sehnsüchtigen Verlangens, das Sie dann danach haben. In gleicher Weise ist die hl. Kommunion in dem Maße ein freudiger Genuß für die Seele, als wir eine wahre Sehnsucht nach ihrem Empfang haben. Und wir haben umso größere Sehnsucht nach der hl. Eucharistie, je mehr wir Gott lieben. Wir lieben Gott umso mehr, je mehr wir losgelöst sind von den Dingen dieser Welt. Der Grad der Losschälung von den Geschöpfen steigert die Sehnsucht nach Gott. Das sehen wir insbesondere an den großen eucharistischen Heiligen wie dem hl. Thomas von Aquin, dem hl. Benedikt Josef Labre oder dem hl. Pfarrer von Ars. Je mehr sie von den irdischen Dingen losgelöst waren, um so inniger erglühte ihr Verlangen nach dem heiligsten Sakrament. Und je mehr sie in übernatürlicher Gottesliebe entbrannten und von Ihm angezogen wurden, desto mehr sahen sie sich dazu angetrieben, sich noch vollständiger von allem Irdischen loszulösen. Der hl. Thomas von Aquin fragt sich: „Warum müssen wir in der Liebe voranschreiten? Deswegen, weil die natürliche Bewegung um so viel schneller wird, als sie sich ihrem Ziele nähert, während es bei einer gewaltsamen Bewegung umgekehrt ist“ (sup. ad heb. 10, 25). Der freie Fall eines Körpers ist gleichmäßig beschleunigt, während die umgekehrte Bewegung eines in die Luft geworfenen Steines sich gleichmäßig verzögert. Darauf spielt unser Herr an, wenn er sagt: „Wenn Ich von der Erde [am Kreuz] erhöht sein werde, werde Ich alles an Mich ziehen“ (Joh. 12, 32). Aber: „Niemand kommt zu Mir, wenn mein Vater ihn nicht zieht“ (Joh. 6, 44). Die übernatürliche Sehnsucht wirkt sich beschleunigend auf das Wachstum der Gottesliebe aus. Die Seelen werden von Gott um so mehr angezogen, je mehr sie sich Ihm nähern. Auf solche Weise vollzog sich im Leben der Heiligen der Fortschritt der Liebe während ihrer letzten Lebensjahre viel schneller als während der ersten. Es gab in ihnen eine wunderbare Beschleunigung der Gottesliebe, eine Beschleunigung, von welcher der freie Fall der Körper ein entferntes Bild ist. – Unsere Sehnsucht wächst je mehr wir Gott lieben. Und wir lieben Gott umso mehr, als wir die Sünde hassen. In dem Maß als die Gottesliebe zunimmt, nimmt nämlich auch der Haß gegen die Sünde zu, denn je mehr man die eine Sache liebt, um so mehr haßt man ihr Gegenteil. Wer nichts haßt, der liebt auch nichts. Weil jede unserer Kommunionen die Liebe in uns nicht nur erhalten, sondern auch vermehren soll, so müßte eigentlich jede hl. Kommunion wesentlich eifriger und fruchtbarer sein als die vorhergehende. Aber häufig verhindert unsere Nachlässigkeit und Lauheit, sowie insbesondere unsere Anhänglichkeit an die „überlegte läßliche Sünde“ das Wachstum unserer Liebe und die Steigerung unserer Sehnsucht nach der hl. Eucharistie. Wie ist dem abzuhelfen?

Zu einer guten Kommunion gehört wesentlich eine große Sehnsucht. Ein gutes Mittel, um das sehnsüchtige Verlangen nach dem Allerheiligsten Sakrament zu vermehren, besteht in der täglichen „geistigen Kommunion“ – insbesondere auch für diejenigen, die nur sonntags, oder gar noch seltener die Gelegenheit haben das Allerheiligste Sakrament zu empfangen.

Was versteht man unter der „geistigen Kommunion“? Das Wesen der geistigen Kommunion besteht in dem sehnsüchtigen Verlangen nach der wirklichen sakramentalen Kommunion und ihren heilsamen Wirkungen. Dieses Verlangen ist der Kern der Sache. Und dabei geht es wohlgemerkt nicht um Gefühle, sondern um das geistige Verlangen des Willens! Wie soll man nun diese Sehnsucht erwecken? Zum einen sei auf die dazu eigens vorgesehenen „Gebete zur geistigen Kommunion“ hingewiesen, wie sie sich in nahezu jedem Gebetbuch befinden. Sie sind kurz und lassen sich ohne großen Aufwand mit dem Morgengebet verbinden. Doch kann jeder sehr leicht, auch ohne Gebetbuch in der Hand, die geistige Kommunion vollziehen. Man erinnere sich hierzu nur kurz an das dreimalige Gebet, welches der Priester in der hl. Messe spricht, unmittelbar bevor er kommuniziert. Dreimal sagt er dabei: „O Herr, ich bin nicht würdig, daß Du eingehest unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.“ Dieselben Worte werden sodann ja auch gesprochen, bevor die hl. Kommunion an die Gläubigen ausgespendet wird, und sind deshalb jedermann bestens bekannt. Wenn wir bei dreimaligem Beten in unserer Seele die den Worten entsprechenden Akte erwecken, dann ist alles geschehen, was zur geistigen Kommunion gehört.

Beim ersten Mal betone man die Worte „O Herr“ und bedenke ihren Sinn. In diesen Worten ist der lebendige Glaube an die Gottheit unseres Herrn enthalten. Denn wer zum Heiland spricht: „O Herr“, der bekennt, daß Christus der Größere, der Allherrscher, der Herr Himmels und der Erde, der Herr der Engel und der Menschen ist.

Wenn wir dieselben Worte zum zweiten Mal sprechen, wollen wir ganz besonders die folgenden Worte bedenken: „Ich bin nicht würdig, daß Du eingehest unter mein Dach.“ Ja, warum sind wir nicht würdig? Einmal, weil der göttliche Gast, der bei uns einkehren will, so groß, so rein, so heilig ist, daß eigentlich gar kein Geschöpf jemals vollständig würdig ist, Ihn aufzunehmen. Sodann sind wir aber auch unwürdig, weil unser Dach, d.h. die Wohnung unseres Herzens, so eng und finster ist; so arm an guten Werken – denen dann auch noch zumeist der Muff der Selbstgefälligkeit anhaftet; so voll vom Staub ungeordneter Leidenschaften; so befleckt vom Schmutz der Sünde; so vollgestellt mit allen möglichen irdischen Dingen, an die sich unser Herz gekettet hat. Das ist keine Kleintuerei, sondern Wahrhaftigkeit! Das Eingeständnis dieser Tatsachen ist eine schöne Übung der Demut. Und ist es nicht auch eine Übung der Reue, wenn wir doch unser aufrichtiges Bedauern zum Ausdruck bringen, angesichts der Verhältnisse, die wir aus eigener Schuld durch unsere Sünden geschaffen haben? Verhältnisse, die uns der Kommunion an sich unwert, ja, mehr oder weniger unwürdig machen.

Nachdem wir Glaube und Reue erweckt haben, sollen wir beim dritten Mal, besonders die Worte betonen und beherzigen: „Aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.“ Darin ist das Verlangen ausgedrückt, der Heiland möge dieses Wort, dieses gnadenreiche Wort, von dem der Mensch lebt – also Sich selbst – uns jetzt schenken. Darin ist die Sehnsucht ausgedrückt, daß der Herr dieses Wort sprechen möge und daß dieses Wort genügt und mächtig genug ist, unsere verwundete, unsere kranke, schwache, elende Seele gesund zu machen. „Sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.“ Nur ein Wort – und ich werde über meine Versuchungen triumphieren. Nur ein Wort – und ich werde mit neuem Eifer Dir dienen. Nur ein Wort – und ich werde von der Schwäche zur Kraft, von der Mutlosigkeit zum Heldenmut, von der Lauheit zum Eifer, von der Kälte zur flammenden Liebe übergehen. Wenn wir nach alledem ein vertrauensvolles Verlangen haben, dann wird der Heiland nicht widerstehen können. Er wird zwar nicht körperlich, nicht sakramental in unsere Seele kommen, aber doch geistig, Seiner Kraft nach, wie Er damals zwar nicht persönlich in das Haus des römischen Hauptmanns, der diese Worte erstmals ausgesprochen hatte, gekommen ist. Aber über die Distanz hinweg, wird Er geistigerweise unserem Verlangen entsprechen und an uns tun, wie Er damals an dem kranken Knecht des Hauptmanns getan hat. Es gibt viele Möglichkeiten die geistige Kommunion zu üben. Wichtig ist, daß es täglich geschieht. Am einfachsten ist es mit den bekannten Worten: „O Herr, ich bin nicht würdig, daß du eingehest unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, dann wird meine Seele gesund.“ Wenn wir die geistige Kommunion pflegen, wird durch Gottes Gnade unsere Sehnsucht nach der Vereinigung mit Ihm immer mehr zunehmen und wir werden stets gut vorbereitet für den Empfang der sakramentalen Kommunion sein.

Die wahre Sehnsucht nach der hl. Eucharistie spiegelt sich jedoch nicht nur wider in der Sehnsucht vor der hl. Kommunion, sondern auch in der Danksagung nach deren Empfang. Es handelt sich hierbei um wenige Minuten, deren Bedeutung für unser geistliches Leben wohl kaum überschätzt werden kann; vielleicht ist es die wichtigste Viertelstunde in der ganzen Woche. Dabei sollen wir das große Geschenk wertschätzen, welches uns Gott Güte gemacht hat. Man darf nach der hl. Kommunion nie gedankenlos einfach so aufstehen, um sich statt mit Gott, draußen mit bloßen Menschen zu unterhalten.

Das sichtbare Tugendbeispiel Christi

Werfen wir zum Abschluß noch einen Blick auf die Tugenden, die unser göttlicher Erlöser in der hl. Eucharistie vorlebt. Der Gottessohn ist ja vor allem deswegen Mensch geworden, um uns durch Seine Leiden am Kreuz zu erlösen. Zu dem großen Werk unserer Erlösung von den Sünden gehörte jedoch nicht allein die Sühne der Sündenschuld, sondern auch das sichtbare Vorbild der Tugenden, die wir uns aneignen müssen. Denn ohne Tugendübung fallen wir notwendigerweise wieder zurück in die Todsünde und das Erlösungsopfer unseres Heilandes bliebe für uns vergeblich und wertlos. Wir müssen also dem Beispiel Christi folgen und uns die Tugenden, die Er uns vorgelebt hat, aneignen. Dazu brauchen wir ein Vorbild. Sein Vorbild! Manche fromme Menschen beneiden die Apostel und die Jünger, die zur Zeit Jesu in Palästina lebten; die das Beispiel Jesu mit eigenen Augen sehen durften. Sie bedauern, nicht damals gelebt zu haben, und übersehen dabei, daß der Herr immer noch in unserer Mitte lebt und uns gerade in Seiner fortwährenden Gegenwart im Tabernakel nach wie vor jene Tugenden vorlebt, derer wir uns besonders in Seiner Nachfolge befleißigen müssen. Es ist also von großem Nutzen sich die notwendige Zeit zu nehmen, sich in Stille vor den Tabernakel zu versetzen und dort das Tugendbeispiel Christi zu betrachten. Welche Tugenden werden dort sichtbar? Da ist zuallererst die fundamentale Tugend der Bescheidenheit und Demut. Christus hat im Allerheiligsten Sakrament Seine göttliche Herrlichkeit in doppelter Hinsicht verborgen. Schon am vorletzten Sonntag haben wir darauf aufmerksam gemacht, daß der aufsehenerregende Zustand der Verklärung auf dem Tabor eigentlich der natürliche für unseren Herrn gewesen wäre. Schon damals hatte Er Seine Herrlichkeit abgesehen von diesem einzigen Mal unter der Hülle einer gewöhnlichen menschlichen Erscheinungsform verborgen. Hier im Allerheiligsten Sakrament verhüllt Er selbst Seine heilige Menschheit unter den Gestalten von Brot und Wein. Und viele Menschen mißachten Ihn deshalb und behandeln Ihn so, als wäre Er nicht mehr als ein Stück Brot. Aber Er duldet diese Demütigungen. Er läßt sich so behandeln. Trotzdem will Er in der hl. Eucharistie bei uns bleiben. Dieses Beispiel sollten wir uns anschauen, wenn uns angesichts einer Demütigung oder Zurücksetzung danach zumute sein sollte, beleidigt hochzufahren oder einfach alles hinzuwerfen. Ferner sollten wir lernen unsere guten Werke, unsere Begabungen und Talente, unsere Leistungen und Erfolge vor den Augen der Menschen zu verbergen, so wie es uns der Herr unter der Hülle der Brotsgestalt vorlebt. Die zweite Tugend die wir an Christus im Allerheiligsten Sakrament beobachten können, ist Sein Gehorsam. Der göttliche Erlöser unterwirft sich in der hl. Eucharistie ganz und gar einem menschlichen Priester. Der Priester bestimmt die Zeit zur hl. Messe. Auf des Priesters Wort erscheint Christus pünktlich im Augenblick der Wandlung. Er läßt alles mit sich machen. Der Priester trägt Ihn umher, wie es diesem gefällt. Der allmächtige Gottessohn läßt sich austeilen, aussetzen und wieder in den Tabernakel zurückstellen, wie es dem Priester beliebt. Christus gehorcht. Und zwar sogar dann, wenn der Priester Ihm untreu sein sollte! Selbst wenn der Priester in Todsünde wäre, würde Christus in der hl. Messe auf dessen Kommando auf den Altar herabsteigen. Ja selbst dann noch, wenn der Priester die Messe zu einem bösen, satanischen Zweck lesen sollte. Christus würde gehorsam auf den Befehl dieses Priesters hin gegenwärtig.

Drittens gibt uns der Herr ein anschauliches Beispiel Seiner Sanftmut und Geduld. Angesichts all der Greueltaten, die Ihm zugefügt werden durch Häretiker, Ungläubige und durch solche, die im Stande der Todsünde zur Kommunionbank herantreten. Denken wir an alle Sakrilegien, die durch die Jahrhunderte hindurch gegen das Allerheiligste Sakrament verübt wurden. Denken wir auch an Seine Entehrung durch die Nachlässigkeit mancher Priester, die sich nicht um die Sauberkeit des Altares kümmern, die Ihn nicht im Allerheiligsten Sakrament besuchen. Christus ist bereit all das sanftmütig und geduldig zu ertragen, ohne Klage, ohne Beschwerde, ohne ein Widerwort, ohne sich zurückzuziehen. Nein, es ist Ihm wichtiger bei uns zu sein, damit Er von uns in der hl. Kommunion empfangen werden kann. Und selbst wenn Er die Übeltäter straft, indem Unglück über sie kommt und sie genau wissen warum, dann geschieht das nicht aus Rachsucht oder Vergeltungsdrang, sondern um aufzurütteln und zu bessern. Das ist ein anschauliches Tugendbeispiel von dem wir lernen sollen: „Lernet von Mir, denn Ich bin sanft und demütig von Herzen. So werdet ihr Ruhe finden für eure Seele“ (Mt. 11, 29).

Viertens zeigt uns der Herr in der hl. Eucharistie Seine Liebe und Barmherzigkeit. Er ist verborgen unter der Gestalt des Brotes einzig zu dem Zweck, um an uns armseligen, elenden Menschen Gutes zu tun. Und das ohne auf unsere natürlichen Vorzüge oder auf das Ansehen der Person zu achten. Ungeachtet unserer sozialen Herkunft, unserer wirtschaftlichen Verhältnisse oder anderer Wertmaßstäbe, mit denen die Welt jeden Menschen eintaxiert. Ob einer nun intelligent, schön oder erfolgreich ist, spielt für Ihn keine Rolle. Der eucharistische Heiland ist bereit jedem Gutes zu tun: jedem zu helfen, jeden anzuhören, gegen jeden barmherzig zu sein. Auch das ist ein anschauliches Beispiel, an dem wir jede Menge lernen können. Christus im Tabernakel ist einzig und allein am Wohl des Nächsten interessiert, ohne Sich dabei eigene Vorteile auszurechnen, ohne mit Seiner Hilfe eigene Interessen zu verfolgen. Insbesondere sorgt Er sich im Übrigen für das Wohl der Seele(!) des Menschen. Er ist nur darauf aus, alles in Seiner Macht stehende zu tun, um Sich selbst den Menschen hinzugeben, wie Er es damals am Kreuz getan hat und jeden Tag im hl. Meßopfer erneut tut. Er will helfen, daß die Menschen ihre Seele retten. „Eine größere Liebe hat niemand als die, daß er sein Leben hingibt für seine Freunde“ (Joh. 15, 13).

Schließlich gibt uns Christus noch ein ganz wichtiges Tugendbeispiel – die Beharrlichkeit, die Ausdauer, die Treue. Er bleibt bei uns in der hl. Hostie, wie Er es versprochen hat. „Seht Ich bin bei Euch bis ans Ende der Welt“ (Mt. 28, 10). Christus bleibt in der hl. Eucharistie wirklich gegenwärtig, egal welcher Mißbrauch mit Ihm getrieben wird; solange bis die hl. Hostie entweder konsumiert wird, oder bis die Brotsgestalt aufgelöst ist bzw. verdirbt. Christus bleibt bei uns, obwohl wir Sünder sind. Er ist also in erster Linie für Sünder da. Genauso wie Er die Kirche und das Priestertum in erster Linie für Sünder gestiftet hat. Nicht damit die Sünder weiter Sünder blieben, sondern um aus Sündern Gerechte, Kinder Gottes, Gottliebende, Heilige zu machen. Selbst der größte Sünder hat keinen Grund zu verzweifeln. Er soll auf die Knie gehen und um die Gnade der Reue beten. Er soll die allerseligste Jungfrau Maria anrufen, damit er in ihr eine Fürsprecherin um die Bekehrungsgnade finde. Dann soll er seine Sünden dem Priester beichten und sich nach empfangener Lossprechung mit gereinigter Seele vertrauensvoll, dankbar und glücklich bei der hl. Kommunion in die Arme des Erlösers werfen. Zu diesem Zweck existiert die Kirche und das Priestertum: um bis zum Ende der Welt Sünder zu rufen, um Sünder zu bekehren und gerechtfertigten Sündern den gnadenreichen Zugang zu ihrem Schöpfer und Herrn zu eröffnen.

Die Speise der Unsterblichkeit

Deshalb wollte sich Christus selbst bis zum Ende der Welt in das Allerheiligste Altarsakrament einschließen, um den Zustand der Verbannung mit uns Sündern zu teilen, um uns Seine Tugenden sichtbar vor Augen zu stellen, um uns als „hl. Seelenspeise“ die Kraft zu verleihen, Ihm auf Seinem Tugendpfad nachzufolgen, oder besser, um von Ihm emporgezogen zu werden an den Baum des hl. Kreuzes und in seinen Ästen die süßen Früchte noch vollkommener zu verkosten. Seine Demut und Sanftmut, die uns hervorleuchtet aus den heiligen Wunden Seiner durchbohrten Füße. Seinen Gehorsam und Seine Beharrlichkeit in den Wunden Seiner hl. Hände. Und Seine Liebe in der Wunde Seines geöffneten Herzens. Ja, Christus ist die süße Frucht am neuen „Baum des Lebens“, die uns in der hl. Eucharistie dargeboten wird. In diesem „Himmelsbrot“ hat Gottes Vorsehung für alles gesorgt, was wir brauchen, um das ewige Leben zu erlangen. Wer die hl. Eucharistie würdig und sehnsuchtsvoll empfängt, der wird ihre geistige Süßigkeit verkosten dürfen und durch ihren Genuß dazu angetrieben werden, die Tugenden Christi in beschleunigtem Maße zu üben: „Liebe, Freude, Friede, Geduld, Milde, Güte, Langmut, Sanftmut, Treue, Bescheidenheit, Enthaltsamkeit, Keuschheit.“ Und schließlich wird er in der Kraft dieser Speise das Tor des himmlischen Jerusalem als Sieger durchschreiten, um darin den Kranz der unverlierbaren Unsterblichkeit zu erlangen. Amen.

Kategorie:

Veröffentlicht: