16. Sonntag nach Pfingsten
Die Arten der übernatürlichen Reue und die Wege, sie zu erwecken
Geliebte Gottes!
Die echte Reue, welche allein die gültige Materie für das Bußsakrament darstellt, muß innerlich, also aufrichtigen Herzens sein; sie muß allgemein, das bedeutet, keine Todsünde ausnehmend; und sie muß übernatürlich sein. Sie ist übernatürlich, wenn die Wurzel oder der Beweggrund der Reue aus dem Glauben stammt. Wer sagt uns, daß es ein Gericht gibt, eine Hölle, einen Himmel, daß der Heiland aufgrund unserer Sünden gestorben ist? – Der übernatürliche Glaube. Wenn die Reue vom übernatürlichen Glauben her ihren Antrieb, ihr Motiv findet, dann ist auch sie übernatürlich. – Bezüglich der übernatürlichen Reue sind aber noch zwei weitere Fragen genauer zu klären: 1. Wie wird die übernatürliche Reue weiter eingeteilt? 2. Wie können wir sie erwecken?
Vollkommene & unvollkommene Reue
Zunächst also wollen wir unsere Erklärungen zur übernatürlichen Reue vertiefen und uns fragen, wie sie weiter eingeteilt wird? Der Katechismus spricht von einer zweifachen übernatürlichen Reue. Entweder ist sie „vollkommen“ oder sie ist „unvollkommen“. Wo aber liegt der Unterschied? Beide sind innerlich; beide sind allgemein; beide sind übernatürlich; hierin unterscheiden sie sich nicht voneinander. Der Unterschied liegt wieder in der Art des Beweggrundes. Wie es mehr als einen Beweggrund der „natürlichen Reue“ gibt ( etwa die Gesundheit, die Ehre, die Selbstachtung usw., wie wir am vergangenen Sonntag gesehen haben), so gibt es auch mehr als einen Beweggrund zur „übernatürlichen Reue“.
Stellen wir uns eine ganze Reihe von Beichtkindern vor, die vor dem Beichtstuhl an der Beichtbank knien und sich darauf vorbereiten, ihre Sünden zu beichten. Fragen wir sie, den einen nach dem andern: „Warum tun dir deine Sünden leid?“ Der eine wird antworten: „Die Furcht vor der Hölle, die Furcht vor den Strafgerichten Gottes, läßt mich meine Sünden bereuen.“ Ein anderer sagt: „Ach, die Sünden bringen uns um unser wahres ewiges Glück im Himmel, darum verabscheue ich sie.“ Ein dritter gibt als Motiv seiner Reue an: „In der Sünde liegt ein so abscheulicher Undank gegen Gott, der ja mein größter Wohltäter ist. Sie ist wie ein Schlag in das Gesicht des liebenden Vaters, deshalb muß ich sie verabscheuen.“ Wiederum ein anderer sagt: „Der Gedanke vor allem, daß ich am Leiden Christi schuld bin, daß ich Ihm diese furchtbaren Wunden geschlagen, daß ich Ihm entsetzliche Qualen bereitet, daß ich die unbegreifliche Güte Gottes beleidigt habe, läßt mich meine Sünden so sehr verabscheuen.“
Der feine Unterschied
Alle vier Pönitenten haben eine wahre Reue. Sie ist bei allen übernatürlich, aber doch sind deutliche Unterschiede zu erkennen. Die einen bereuen ihre Sünden aus Furcht vor den Strafen, und ihre Reue ist „unvollkommen“. Denn ihre Reue ist von der Eigenliebe motiviert, die vor allem persönliche Nachteile fürchtet; etwa die ewige Verdammnis, zeitliche Strafen und Leiden, welche ihnen die Sünde einbringt.
Bei den anderen geht die Reue aus der Liebe zu Gott hervor. Nicht die Furcht vor Strafe, sondern das Entsetzen darüber, Gottes Güte, Liebe und Majestät verletzt zu haben, treibt sie zur Reue an. Aufgrund ihrer Gottesliebe ist diese Reue „vollkommen“. – Die einen denken bei der Reue mehr an sich, an den Schaden, der den Sünder selbst trifft. Ihre Reue ist „unvollkommen“, weil ihr eine gewisse Selbstsucht anhaftet. Die anderen denken an die Beleidigung, die Gott angetan wird, an die Bitterkeit des Leidens, die für unseren Herrn Jesus Christus aus der Sünde hervorgegangen ist. Diese Reue ist „vollkommen“, weil sie selbstlos ist. Der Katechismus bringt den Unterschied klar auf den Punkt: „Die übernatürliche Reue ist vollkommen, wenn wir die Sünden aus Liebe zu Gott bereuen, weil wir Gott, unseren gütigsten Vater und größten Wohltäter, das höchste und liebenswürdigste Gut, beleidigt haben.“ Hingegen: „Die übernatürliche Reue ist unvollkommen, wenn wir die Sünden hauptsächlich aus Furcht vor Gott bereuen, weil wir dadurch verdient haben, von ihm zeitlich oder ewig gestraft zu werden.“
Die „unvollkommene Reue“ und Bußsakrament
Die „unvollkommene Reue“ ist wenn sie alleine für sich steht ungenügend, um die Vergebung der Sünden zu erlangen. Es mangelt ihr an Gottesliebe. Nur die Liebe zu Gott vermag die Sünde zu tilgen. Deshalb kann die „unvollkommene Reue“ nur zusammen mit der gültigen Lossprechung des Bußsakramentes die Sünden tilgen. In der Absolution wird dem Pönitenten nämlich die unendliche Liebe des gekreuzigten Erlösers zugewandt. Damit ersetzt im Bußsakrament die vollkommen Liebe Christi, die der Heiland Seinem himmlischen Vater zur Sühne der Sünden am Kreuz stellvertretend für uns darbrachte, all das, was an unserer Reue mangelhaft, eben „unvollkommen“ ist. Nur durch diesen Ersatz, den das Bußsakrament beisteuert, findet der Sünder, der mit „unvollkommener Reue“ beichtet, Vergebung seiner Sündenschuld.
Die „vollkommene Reue“ und das Bußsakrament.
Zum Empfang des Bußsakramentes ist es also hinreichend, eine „unvollkommene Reue“ zu erwecken. Dennoch ist es wünschenswert und sehr ratsam, die „vollkommene Reue“ zu erwecken. Denn seine Sünden aus Liebe zu Gott bereuen, ist viel verdienstlicher, Gott wohlgefälliger und vermag mehr zeitliche Strafen zu tilgen.
Aber nicht bloß bei der Beichte sollen wir uns bemühen, eine „vollkommene Reue“ zu erwecken, auch bei anderen Gelegenheiten ist dies sehr anzuraten. Bei welchen? – Erstens: In Todesgefahr. – Warum? Weil in der Todesgefahr die „vollkommene Reue“, also ein übernatürlicher Akt der Liebe, das Schönste ist, womit wir unser Leben beschließen können. Weil die Liebesreue das Sicherste ist, wodurch wir Nachlaß der noch nicht verziehenen Sünden erlangen. Und schließlich, weil sie das Beste ist, wodurch wir den Empfang der Sterbesakramente, der unter den heutigen Umständen oft nicht möglich ist, ersetzen können. – Zweitens: Mann sollen die „vollkommene Reue“ erwecken, sooft man das Unglück hat, eine Todsünde begangen zu haben. – Was tut man, wenn Feuer ausgebrochen ist? Löschen! Wann wird man löschen? Wartet man bis zum folgenden Tag, oder bis zum nächsten Herz-Jesu-Freitag, oder gar bis zum nächsten Osterfest? Nein, sofort wird man löschen! Ohne Zögern. Deshalb: Sofort bereuen! Wenn jemand eine Todsünde begangen hat, wäre es da nicht denkbar, daß den Sünder in Bälde auch der physische Tod ereilt? Durchaus. Man kann jederzeit plötzlich sterben. Und wenn das einem Todsünder geschähe? Was soll er tun? Beichten? Dazu ist es zu spät, wenn ihm vielleicht nur noch wenige Augenblicke bleiben. Was dann? Was wenigstens? Einen Akt der vollkommenen Reue erwecken! Die Sünden aus Liebe zu Gott bereuen. Weil aber in der Regel Verwirrung und Überraschung bei einem plötzlichen Tod die Seele davon abhalten einen klaren Gedanken zu fassen, ist es dringend angeraten die „vollkommene Reue“ nicht bis zu diesem allesentscheidenden Augenblick aufzuschieben. Kann einer, der keine Übung darin hat berechtigter Weise darauf hoffen, daß im der Akt der vollkommenen Liebe zu Gott ausgerechnet im letzen Augenblick seines Lebens, in einem Moment äußerster Bedrängnis, gelingen wird? Deshalb, sofort bereuen! Sollten wir also in eine schwere Sünde fallen, so bemühen wir uns sofort die „vollkommene Reue“ zu erwecken. Dadurch wird dem Todsünder wenigstens die schwere Sündenschuld und damit die ewige Strafe nachgelassen. Der Akt der „vollkommenen Reue“ ist jedoch nur dann echt, wenn er auch die Absicht einschließt die begangene Todsünde so bald wie möglich zu beichten! Wenn diese Absicht fehlt, so steht fest, daß wir keine „vollkommene Reue“ haben. Die Triebfeder der „vollkommenen Reue“ ist ja die Liebe. Der Liebende will dasselbe, was der Geliebte will. Gott will aber, daß wir die schweren Sünden sobald wie möglich beichten. Deshalb ist nur dann überhaupt eine „Liebesreue“ vorhanden, wenn dieser feste Wille, die Sünden baldmöglichst zu beichten, eingeschlossen ist. Würde dieser Wille fehlen wäre unser Liebe und damit auch unsere Reue nur „unvollkommen“.
Die „vollkommene Reue“ und der Kommunionempfang
Der Akt der „vollkommenen Reue“ tilgt zwar die Todsünde sofort. Gott schenkt uns augenblicklich die heiligmachende Gnade wieder. Jedoch sind wir, bevor wir unsere Todsünde auch tatsächlich gebeichtet haben, noch nicht würdig die hl. Kommunion zu empfangen! Der Weg zum Tisch des Herrn steht uns in diesem Fall erst nach der sakramentalen Beichte offen! Die Liebesreue ist also kein provisorischer Beichtersatz. Der Akt der „vollkommenen Reue“ nach einer schweren Sünde kann die Beichte im Hinblick auf den Kommunionempfang nicht ersetzen! Der Todsünder, der die „vollkommene Reue“ erweckt hat und vor der Kommunionausteilung keine Gelegenheit hatte zu beichten, muß der Kommunionbank solange fern bleiben, bis seine Beichte tatsächlich erfolgt ist! Die „vollkomme Reue“ ist nur der letzte Rettungsanker, der uns vor der ewigen Verdammnis bewahren kann, sollten wir uns beim Herannahmen unseres „letzten Stündleins“ unglücklicherweise im Stande der Todsünde befinden. Sie ist jedoch nicht hinreichend die Kommunionwürdigkeit wiederherzustellen. Soweit zum Unterscheid zwischen „vollkommener“ und „unvollkommener“ Reue.
1. Schritt zur übernatürlichen Reue: Das Feuer des Heiligen Geistes herabflehen
Bleibt noch die andere wichtige Frage zu klären: Wie stellen wir es an, um zu einer wahren, übernatürlichen Reue zu gelangen? Die Reue des gefallenen Menschen kann man mit einem schwerfälligen Flugzeug vergleichen, das sich zum Himmel, zu Gott, erheben soll. Ein Flugzeug bestehen und Metall und wiegt mehrere Tonnen. Deshalb kann es sich nicht aus eigener Kraft in die Lüfte erheben. Es braucht einen Antrieb, der ihm Schub verleiht. Laut dem Katechismus ist der Antrieb für die übernatürliche Reue der Heilige Geist. Deshalb rät er uns zuerst den Heiligen Geist um die Gnade einer wahren Reue anzuflehen. Das ist nicht alles, aber es ist das Erste. Um die Richtigkeit und Wichtigkeit dieses Rates zu erklären, wollen wir kurz einen Blick ins Alte Testament werfen. Im dritten Buch der Könige lesen wir, daß sich damals am Berge Karmel einerseits der gottlose König Achab zusammen mit 450 Baalspriestern versammelt hatte. Ihnen gegenüber stand ganz allein für sich der hl. Prophet Elias. Das Volk, zahlreich versammelt, schaute zu. Um herauszustellen, welcher Gott der wahre sei, machte Elias einen Vorschlag. Sowohl die Baalspriester als auch er selbst sollten ein Rind schlachten, einen Altar bauen, Holz darauf schichten, das Rind auf das Holz legen, aber – und das war der springende Punkt – kein Feuer anlegen. Dann sollten die Baalspriester zu ihrem Götzen und Elias zum Gott Israels beten, daß dieser Feuer vom Himmel sende, um das Fleisch auf dem Altare zu verzehren. Derjenige, der Feuer sende, soll dann vom Volk als der einzig wahre Gott angebetet werden. Das Volk fand den Vorschlag gut. Die Baalspriester schlachteten ihr Rind, bauten den Altar und machten alles, wie es ausgemacht war. Dann riefen sie mit lauter Stimme zu ihrem Götzen von Morgen bis Mittag, von Mittag bis zum Abend. Aber vergeblich. Elias spottete: „Ruft lauter! Denn er ist ja ein Gott; er ist in Gedanken oder hat zu schaffen oder ist über Land oder schläft vielleicht, daß er aufgeweckt werden muß.“ (3. Kg. 18, 27). Nachdem dann der Prophet sein Opfertier geschlachtet, den Altar gebaut und alles gemäß der Verabredung vorbereitet hatte, tat er noch etwas zusätzliches. Er zog einen Graben um seinen Altar. Dann goß er zwölf Krüge Wasser aus, so daß das Opfertier, der Altar, das Holz und die Steine vom Wasser durch und durch naß waren und sogar der Graben mit Wasser gefüllt war. Wozu das? Um zu zeigen, daß kein natürliches Feuer mit dem Altar in Berührung gekommen sein kann. Dann aber betete er: „Erhöre mich, o Herr, erhöre mich, damit dieses Volk lerne, daß Du der Herr bist und Du ihr Herz zu Dir bekehrt hast.“ (3. Kg. 18, 37). Er betete um Feuer, um ein wunderbares, himmlisches, übernatürliches Feuer. Und Elias wurde erhört. Es fiel Feuer vom Himmel. Es verzehrte das Rind, das Holz, die Steine und sogar das Wasser, das sich im äußeren Graben gesammelt hatte.
So ist auch die Reue ein Feuer in unserem kalten, sündigen Herzen, das nur von der Gnade Gottes angezündet werden kann. Lassen sie uns also um dieses Feuer beten: „O mein Herr und Gott, erhöre mich. In die Sünde fallen, das konnte ich. Aber aus eigener Kraft aufstehen, das kann ich nicht. Mit der Sünde mich beflecken, das konnte ich. Aber mich zu reinigen vermag ich nicht. Die Fesseln der Sünde anlegen, dazu war ich alleine in der Lage. Aber sie zu zerbrechen, dazu bin ich zu schwach. Sündigen, ja sündigen konnte ich. Aber meine Sünden, so wie es sein soll, bereuen, das kann ich nicht. Die Gnade verlieren, das konnte ich. Aber sie mir wiederverschaffen, das kann ich nicht. Sende mir dein Feuer vom Himmel damit ich bereue.“ So sollen wir um die Gnade der Reue beten. Wie Elias durch das Wasser, das er über sein Opfer ausgoß, seine Unfähigkeit bekannte, das Opfer in Brand zu stecken, so sollen wir unsere Unfähigkeit bekennen, unsere Sünden in rechter Weise zu bereuen. Und Gott wird die Flamme der Liebesreue vom Himmel senden, die unsere Seele erfaßt und unsere Sünde vollends verzehrt und austilgt.
2. Schritt: Die vier Startbahnen zur übernatürlichen Reue
Freilich, auch wenn die Gnade Gottes die Hauptrolle spielt, so müssen wir durchaus uns selbst bemühen, das Feuer, das Gott uns schickt, im Herzen aufzunehmen. Um das Flugzeug unserer Reue in die Höhe des Übernatürlichen aufsteigen zu lassen, stehen und vier Startbahnen zur Verfügung:
Die erste Startbahn ist der Gedanke an die Gerechtigkeit Gottes. Erinnern wir uns, welche Strafe die Gerechtigkeit Gottes, die jedem das gibt, was er verdient, für den Sünder bereit hält. Die Hölle! Welch ein Ort, welch ein Feuer, welche unerträgliche Qualen und welche Dauer! – Welche sind es, die dorthin verdammt sind? Sünder, nur Sünder, nur Todsünder, nur unbußfertige Todsünder. Der Gedanke an dieses ewige Feuer, welches wir für jede einzelne unserer zahlreichen Todsünden verdient hätten, kann in unserem Herzen das Feuer der Reue entfachen. Wo wäre ich, wenn ich ohne Reue gestorben wäre? Wohin werde ich mit Gewißheit kommen, wenn ich meine Sünden nicht bereue? Kann und will ich denn in ewigen Qualen enden, wenn mir hier auf Erden schon viel geringere Leiden „zu viel“ sind?
Als zweite Startbahn zur Reue kann uns der Gedanke an die Güte Gottes dienen. Erheben wir unseren Blick zu unserer ewigen Heimat, die uns von Gott bereitet ist „seit Grundlegung der Welt“. Das himmlische Jerusalem, wie es in der Geheimen Offenbarung des hl. Johannes beschrieben ist. Welch eine herrliche Stadt, welch ein Reich, welch ein König, welche Bürger, welcher Friede, welches Glück, welche Seligkeit! Wer sind ihre Bewohner? Die Heiligen! Es sind auch Sünder unter ihnen. Aber nur solche, die ihre Sünden schmerzlich bereut und gebüßt haben. So betrachtet, kann auch das Licht des Himmels geeignet sein, um die Funken der Reue anzuzünden. Ein Kind weint doch schon, wenn man ihm ein Süßigkeit, ein Stück Schokolade oder ein Spielzeug wegnimmt. Und wir sollten nicht weinen können, über die Sünde, die uns das ewige Leben entreißt und uns der ewigen Glückseligkeit beraubt?
Die dritte Startbahn führt uns durch den Gedanken an die Barmherzigkeit Gottes zur wahren Reue. Schauen wir auf den Kalvarienberg. Blicken wir auf das Kreuz, auf den, der da hängt. Wer ist es? Der Sohn Gottes, das fleischgewordene, ewige Wort! Was für Wunden, wieviel Blut, welche Schmerzen, welch ein schmachvoller Tod! Wer ist der Urheber der Leiden Christi? Wer ist schuld daran? Ich! Meine Sünden, meine ebenso, wie die Sünden aller anderen. Die Lanze des Soldaten zeigt uns, was die Sünde mit Gott tut. Wenn es möglich wäre Gott zu töten, würde sie Gott durchbohren, Ihm eine tödliche Wunde zufügen! Meine Sünden haben Jesus gekreuzigt. Ich habe die Lanze geführt. Jesus leidet wegen mir. Die Wunden des barmherzigen Heilandes sind vielleicht der geeignetste Ort, um die Flamme der Reue in unseren Herzen anzuzünden. Wir verfluchen die Sünde, wodurch diese Wunden geschlagen worden sind; die Sünde, wodurch diese Wunden erneuert werden; die einzige Ursache, weshalb das kostbare Blut für uns womöglich vergeblich geflossen sein könnte: „O Jesus, laß deine Not und Pein, an meiner Seele nicht verloren sein.“
Schließlich die vierte Startbahn zur Erlangung einer übernatürlichen Reue. Der Blick auf die Majestät Gottes. Schauen wir auf Seinen erhabenen Thron. Gott ist der Allherrscher, der Pantokrator. Unendlich hoch und erhaben ist Gott im Vergleich zur geschaffenen Welt! Welch ein König, welch eine Macht, welch ein Reich, welche Majestät! Ewig, allmächtig, gewaltig! Die ganze Schöpfung ist ihm Untertan! Die Sterne laufen gehorsam ihre Bahnen. Jedes Staubkörnchen hält sich genau an die Gesetze, die Seine Majestät in die Natur eingesenkt hat. Jeder Baum, jeder Grashalm, jeder Vogel und jedes andere Tier, alle gehorchen Gott. Obwohl all diese Dinge keinerlei Vernunft besitzen verherrlichen sie ihren Schöpfer durch ihren „Gehorsam“; indem sie Sein Naturgesetz einhalten. Nur ich, ein vernunftbegabter Mensch, tanze aus der Reihe und habe gegen Ihn aufbegehrt. Durch meine Sünde habe ich die Schöpfungsordnung umgestürzt, Seine unumstrittene Herrschaft bestritten. Welch eine Frechheit und Dummheit zugleich! Welch eine Vermessenheit des Menschen sich gegen seinen Schöpfer aufzulehnen; des Sklaven gegen seinen Herrn, der ihn ganz in Seiner Gewalt hat; des Untertanen, der das heilige Gesetz des ewigen Königs zu übertreten wagt!
Ja, die Reue ist das Notwendigste. Deshalb dies ausführlichen Darlegungen. Wir müssen um die Gnade der Reue beten. Dann müssen wir mit Ernst unser Auge abwärtsrichten auf das Feuer der Hölle, welches die Gerechtigkeit Gottes für die Sünder bereithält. Wir müssen unseren Blick aufwärts richten auf die himmlische Stadt Gottes, welche von Gottes Güte für uns gebaut ist und die der Sünder niemals schauen wird. Wir in der Geschichte zurückschauen auf das Kreuz des Heilandes, das Er aus Barmherzigkeit, für uns bestiegen hat. Und schließlich müssen wir der unermeßlichen Majestät Gottes eingedenk sein, die durch die Sünde beleidigt worden ist. So werden wir zu einer wahren und herzlichen Reue gelangen, welche der Anfang der Verzeihung, die Quelle des guten Vorsatzes und die Grundlage eines bußfertigen Lebens ist. Amen.