Von den Wirkungen der hl. Taufe

Geliebte Gottes!

Am heutigen Weißen Sonntag war es in Rom bis ins 13. Jahrhundert Brauch, daß der Papst zusammen mit dem Klerus, den Gläubigen und insbesondere den Neophyten – also den an Ostern Neugetauften – zu der weiter entfernt liegenden Grabeskirche des hl. Pankratius an der Via Aurelia hinauszog. Deshalb findet sich im Römischen Missale bis heute die Grabeskirche dieses jugendlichen Märtyrers für den heutigen Sonntag, an dem noch alles von geistiger Kindheit spricht, als Stationskirche angegeben.

Der Wahrer des Taufversprechens

Der hl. Pankratius war der Sohn begüterter heidnischer Eltern aus Phrygien – im Zentrum der heutigen Türkei. Nachdem er seine Eltern früh verloren hatte, kam er durch seinen Onkel Dionysius nach Rom, wo seine Familie noch immer in der Gunst des Kaisers Diokletian stand. Dort lernte Pankratius das Christentum kennen und wurde von Papst Kajus getauft. Als die diokletianische Christenverfolgung losbrach, setzte der erst vierzehnjährige seinen Reichtum für die bedrängten Christen ein und besuchte weiterhin ihre Versammlungen und Gottesdienste. Beim Kaiser als Christ angezeigt, versuchte dieser den Jungen zunächst durch glänzende Versprechen zum Abfall vom Glauben zu bewegen. Aber trotz seiner Jugend blieb Pankratius seinem Taufversprechen treu und bekannte trotz Todesandrohung standhaft den Glauben an Christus. Vor den Richter geführt, wurde er zum Tode verurteilt und enthauptet. Später errichtete Papst Symachus eine Kirche über seinem Grab, wo er im Altertum hochverehrt wurde. Er galt besonders als Schützer des Eides und als Rächer des Meineides. Der Hagiograph Gregor von Tours berichtet von einigen schauerlichen Schicksalen derer, welche es wagten, über den Gebeinen des hl. Pankratius einen Meineid zu schwören.

In Rom schloß die Feier der Osteroktav mit der Vesper des gestrigen Tages. Zum Zeichen, daß das Fest wirklich zu Ende war, legten die neugetauften Christen ihre weißen Taufkleider, welche sie die ganze Osterwoche getragen hatten, ab und bekleideten sich wieder mit dem alltäglichen Gewand. Da der hl. Pankratius mit kaum vierzehn Jahren als Bild der Unschuld galt, führte man am Weißen Sonntag die Neugetauften in seine Kirche, damit sie an seinem Grab die weißen Taufkleider niederlegten, sowohl um damit die Aufrichtigkeit ihres Taufversprechens unter Beweis zu stellen als auch um sich von dem jugendlichen Märtyrer die Gnade der Standhaftigkeit in ihrem Taufgelöbnis zu erflehen, daß sie wie er die Taufunschuld bewahrten.

Dieser tiefsinnige Brauch, der dem ersten Sonntag nach Ostern auch seinen Namen „Weißer Sonntag“ gegeben hat, soll uns Anlaß sein, uns einige Gedanken über die großartigen Wirkungen der hl. Taufe zu machen.

Die zahlreichen Wirkungen der hl. Taufe

Wenn wir die Wirkungen des Taufsakramentes im Katechismus nachschlagen, so werden dort eine ganze Reihe genannt: Die Taufe reinigt nämlich von der Erbsünde und von allen anderen Sünden; sie tilgt alle zeitlichen und ewigen Strafen; sie gießt der Seele das übernatürliche Leben der heiligmachenden Gnade ein und damit alle göttlichen und übernatürlichen Tugenden, genauso wie die sieben Gaben des Heiligen Geistes; sie prägt der Seele ein unauslöschliches Merkmal ein und macht den Täufling zu einem lebendigen Glied Jesu Christi und Seiner heiligen Kirche.

Schon bei einer oberflächlichen Betrachtung erkennt man leicht, daß sich alle diese verschiedenen Wirkungen des hl. Taufsakraments in zwei Gruppen einteilen lassen. Nämlich

  1. in solche Wirkungen der hl. Taufe, die aus der Seele etwas entfernen.
  2. iin solche Wirkungen der hl. Taufe, die der Seele etwas mitteilen.

Diese Einteilung entspricht auch genau dem Ritus, wie die hl. Taufe in den ersten Jahrhunderten gespendet wurde. Im Lateran, der Bischofskirche des Papstes, kann man noch heute das große Baptisterium, die Taufkapelle, besuchen. Darin befindet sich kein Taufstein, sondern ein großes, in den Boden eingelassenes, achteckiges Wasserbecken, das von einem von acht Säulen getragenen Kuppelbaldachin überspannt ist. An der einen Seite findet sich eine kleine Treppe, um in das Becken hinabzugehen, an der anderen Seite eine Treppe, um wieder herauszusteigen. Zum Empfang der hl. Taufe stieg der Täufling, d. h. der Empfänger der hl. Taufe, tief in das Wasserbecken hinab und wurde dann vom Papst oder einem anderen Taufspender dreimal in das geweihte Taufwasser mit dem Haupt untergetaucht, wobei dieser die Taufformel über ihn sprach: „Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“

Durch das Eintauchen und Wiederauftauchen in das Wasser wird sowohl das Leiden und Sterben des Heilandes als auch Seine glorreiche Auferstehung von den Toten auf den Täufling sakramental angewendet, wie der hl. Paulus schreibt: „Wir wurden durch die Taufe mit Ihm [Christus] begraben, damit, wie Christus von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters auferstanden ist, so auch wir in einem neuen Leben wandeln. … Denn wer gestorben ist, ist von der Sünde gerechtfertigt. Wenn wir aber mit Christus gestorben sind, so glauben wir, daß wir auch zugleich mit Christus leben werden.“ (Röm. 6,4.7–8).

Durch das Untertauchen im Wasser der Taufe wird der Täufling gleichsam mit Christus begraben. Der alte Mensch mit all seinen sündhaften Werken, welche das Gewissen peinigen und die Seele ins Verderben reißen, wird in den Fluten ertränkt, wie das Heer der Ägypter in den Fluten des Roten Meeres. „Wir wurden mit Christus begraben.“ Dabei tritt die erste Gruppe der Wirkungen der hl. Taufe ein, nämlich jene, die von der Seele etwas entfernen.

Das Auftauchen des Täuflings aus dem Taufwasser ist sodann der sakramentale Nachvollzug der Auferstehung Christi aus dem Grab, wie abermals der Völkerapostel hervorhebt: „Wenn wir mit Ihm in der Ähnlichkeit Seines Todes innigst verbunden sind, so werden wir es auch zugleich zur Ähnlichkeit der Auferstehung sein.“ (Röm. 6,5). Gereinigt steigt der Täufling als Erbe des Himmels aus dem Taufbecken, wie das Volk Israel aus dem Roten Meer, den Weg ins Gelobte Land offen vor sich habend. Die Salbung mit Chrisam, das weiße Taufkleid und das Licht, das der Neophyt sodann empfängt, deuten jene Wirkungen der hl. Taufe an, die der Seele mitgeteilt werden. Betrachten wir die Sache im Einzelnen.

Was die hl. Taufe von der Seele entfernt

Durch das Eintauchen in das Bad der hl. Taufe werden aus der Seele des Täuflings entfernt: alle Sünden und alle Sündenstrafen.

a) Die Erbsünde

Unter den Sünden, die getilgt werden, steht in erster Linie die Erbsünde. Sie stellt eine Befleckung der Seele dar, die durch kein anderes Sakrament als durch die hl. Taufe getilgt werden kann; ein Fleck, der die Seele verunstaltet. Was gäbe so mancher darum, wenn er eine Tinktur oder Salbe hätte, um Flecken auf der Haut, z. B. Feuermale, Weinflecken oder auch nur Sommersprossen, wirksam und sicher zu vertreiben.

Die Erbsünde ist ein Fleck, der von Geburt der Seele anhaftet und der durch die Abstammung von Adam ererbt ist. Ein Fleck, der sehr alt ist und der sehr tief sitzt. Überdies ein sehr häßlicher Fleck; so häßlich, daß die Seele, die damit behaftet ist, Gott mißfällt, ein Kind des göttlichen Zornes und vom Reiche Gottes ausgeschlossen ist.

Himmel und Erde preisen die allerseligste Jungfrau und Gottesmutter Maria aus dem Grund, weil ihre Seele von dieser häßlichen Befleckung vom ersten Augenblick ihres Daseins an bewahrt wurde; weil sie unbefleckt empfangen wurde. Himmel und Erde preisen die Allmacht Gottes, die stark genug war, die Seele der unbefleckten Jungfrau gegen den Andrang der Sünde, welche das ganze Menschengeschlecht verwüstet hat, zu bewahren. Und wir sollten dann nicht die Kraft und Wirksamkeit der hl. Taufe preisen, welche die Seelen der Menschen in einem Augenblick von diesem alten, tiefsitzenden und häßlichen Erbfleck vollständig reinigt?

b) Die persönlichen Sünden

Die Taufe reinigt von der Erbsünde, aber auch von allen anderen Sünden. Heute werden bei uns zumeist Kinder in zartem Alter getauft. Diese Kinder haben freilich keine anderen Sünden als die Erbsünde, von der sie gereinigt werden müßten. Es gibt aber auch heute immer wieder Fälle, die es immer schon gegeben hat und weiterhin geben wird, daß Taufbewerber den Vernunftgebrauch längst erreicht haben, ehe sie um die hl. Taufe bitten; und deren Seelen nicht bloß mit der Erbsünde, sondern auch mit anderen persönlichen Sünden behaftet sind.

Denken wir nur an die dreitausend Juden, die am ersten Pfingsttag durch die Predigt des hl. Apostels Petrus bekehrt wurden. „Tut Buße“, sagte er zu ihnen, „und ein jeder von euch lasse sich taufen.“ (Apg. 2,38). Ohne Zweifel ist das geschehen. Was wurde durch die Taufe bei ihnen getilgt? Bloß die Erbsünde? Nein, mehr! Alle Sünden, Todsünden und läßliche Sünden; alle Sünden, die sie bis dahin begangen hatten, wurden durch das Sakrament der hl. Taufe nachgelassen. „Ein jeder von euch lasse sich taufen zur Vergebung eurer Sünden.“ (ebd.). Ebenso war es bei den Tausenden und Abertausenden, die durch die Predigt des hl. Paulus bekehrt wurden. Der hl. Völkerapostel zählt die Sünden und Laster auf, die bei den Heiden in Übung waren; dann fährt er fort: „Das seid ihr gewesen. Aber ihr seid abgewaschen, ihr seid geheiligt.“ Er will sagen, alle diese Sünden und Laster, denen ihr im Heidentum ergeben gewesen seid und derer ihr euch heute berechtigterweise schämt, sind durch das Wasser der hl. Taufe aus eurer Seele ausgetilgt. So war es damals, und so ist es auch heute noch. Sooft ein Erwachsener getauft wird, so wird seine Seele von allen Sünden eines u. U. langen Lebens gereinigt. Wie mächtig ist also die Wirkung dieses großartigen Sakraments. So mächtig sind das hl. Taufwasser und die wenigen Worte der Taufformel, daß die zahlreichen, vielleicht die ungezählten Sünden eines langen Lebens dadurch ausgelöscht werden.

c) Die Sündenstrafen

Außer den Sünden werden auch alle Strafen, die sich der Mensch für seine Sünden zugezogen hat, durch die hl. Taufe getilgt. Wie groß ist die Last der Sündenschuld, die der Sünder Gott gegenüber hat? Durch die Todsünde ist sie unendlich groß, weshalb man sich durch eine solche die unendliche, ewige Strafe der Hölle zuzieht. Durch die läßlichen Sünden verdient sich der Sünder zeitliche Strafen, die in dieser Welt oder im Fegfeuer der jenseitigen Welt abzubüßen sind und deren Maß allein Gott kennt. Will nun der Sünder sagen, wie der Knecht im Gleichnis des Heilandes: „Herr, habe Geduld mit mir, ich will dir alles bezahlen“ (Mt. 18,26)? Alles? Wirklich alles? Das wäre auch dem Knecht im Evangelium nicht möglich gewesen. Er schuldete 10.000 Talente, das entspricht einer Summe von mehreren Milliarden. Wie wollte der arme Knecht eine solche Summe abtragen? Er konnte es nicht, und wenn er sein ganzes Leben lang Tag und Nacht mit seiner ganzen Familie geschuftet hätte; diese Summe war nicht beizubringen.

Wollen wir nun gleichfalls sagen: „Herr, habe Geduld mit mir, ich will dir alles bezahlen“? Wollen auch wir behaupten, wir seien bereit, die ganze Strafe, die wir durch unsere läßlichen Sünden aufgehäuft haben, auf uns zu nehmen und bis zum letzten Rest zu tragen? Schon diese Last würde uns unerträglich werden! Und wie wollten wir dann die ganze Strafe der schweren Sünden tragen? Wer kann das? Auch die Verdammten in der Hölle, obwohl sie ewig leiden, werden doch in Ewigkeit nicht fertig, das ganze Maß ihrer Strafen auszuleiden.

Es ist also nicht genug, daß uns die Sünden vergeben werden; es ist außerdem nötig, daß uns die Sündenstrafen nachgelassen werden. Und auch das bewirkt die hl. Taufe. Sie tilgt alle Sünden: die Erbsünde, die Todsünden, die läßlichen Sünden. Sie tilgt alle Strafen: die zeitlichen und die ewigen. Der Getaufte steht rein da: frei von jeder Sünde, frei von jeder Strafe.

Was die hl. Taufe der Seele mitteilt

Sind schon die genannten Wirkungen der hl. Taufe gewaltig und staunenswert, so bewirkt sie noch Größeres. Sie nimmt nicht nur alle Sünde vom Täufling hinweg, sondern teilt ihm noch größere, noch erhabenere Güter mit: übernatürliche Güter, himmlische Güter, ewige Güter.

a) Das Gnadenleben

In demselben Augenblick, wo sie den Getauften von allen Sünden und Strafen reinwäscht, gießt sie ihm das Leben der heiligmachenden Gnade ein. Durch diese Gnade wird der Täufling in übernatürlicher Weise Gott ähnlich, so ähnlich, daß er zu einem Kind Gottes wird. Vorher ein Kind des Zornes, ist er jetzt ein Kind Gottes, und da er ein Kind Gottes ist, tritt er auch in die Lebensgemeinschaft, ja, man könnte sagen, in die Familiengemeinschaft Gottes ein. Er erhält in wundersamer Weise Anteil an der göttlichen Natur, wird gleichsam vergöttlicht.

b) Die übernatürlichen Tugenden und Gaben

Das liegt auch daran, daß die hl. Taufe dem Täufling die göttlichen Tugenden des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe mitteilt. Denn die Glieder ein und derselben Familie stimmen, sofern es eine wahre Familie ist, überein in der Gemeinschaft ihrer Gedanken. Sie haben dieselben Ansichten über die wichtigsten Angelegenheiten des Lebens. Sie stimmen überein in der Gemeinschaft der Güter. Sie stimmen überein in der Gegenseitigkeit der Liebe und im familiären Zusammenhalt. Denselben Familiensinn empfängt der Getaufte in Form der göttlichen Tugenden. Durch den Glauben denken wir, wie Gott denkt. Wir halten ja alles für wahr, was Gott gesagt hat. Durch die Hoffnung erwarten wir und strecken sozusagen die Hände des Herzens aus nach den ewigen Gütern, die Gott besitzt und die Er uns versprochen hat. Durch die Liebe lieben wir Gott, der uns von Ewigkeit an geliebt hat und uns ewig lieben will. Wenn das keine familiäre Lebensgemeinschaft ist, dann gibt es keine.

Durch die eingegossenen sittlichen Tugenden wird es uns möglich, verdienstliche Werke für die Ewigkeit zu wirken. Und durch die sieben Gaben des Heiligen Geistes steht uns Gott selbst bei und lenkt uns auf dem Pfad der Vollkommenheit.

Vielleicht erhebt sich hier bei dem ein oder anderen eine Frage: Wie kann und soll man das verstehen, daß die neugetauften Kleinkinder die göttlichen Tugenden des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe zusammen mit den eingegossenen sittlichen Tugenden und den sieben Gaben des Heiligen Geistes empfangen und besitzen sollen? Sie sind ja erst wenige Tage oder Wochen alt. Daher kann es ja gewiß nicht so zu verstehen sein, als wenn sie bereits bestimmte Sätze glauben, bestimmte Güter erhoffen und erwarten, bestimmte unsichtbare Personen lieben könnten. Das ist zweifelsohne wahr. Aber trotzdem empfangen sie all diese übernatürlichen Güter und Tugenden schon am Tag ihrer Taufe. Wie ist das möglich? – Schauen wir uns so ein kleines Baby an und wir finden die Antwort. Hat das Baby Füße? Ja, und doch kann es nicht stehen und kann es noch viel weniger eigene Schritte machen, um sich fortzubewegen. – Hat der Säugling eine Zunge? Ja, und trotzdem kann er kein Wort, ja keine Silbe sprechen. – Hat das Baby eine vernünftige Seele? Hat es Verstand? Gewiß, und doch kann es noch keinen bestimmten, vernünftigen Gedanken fassen.

Wie der neugetaufte Säugling also Füße hat und doch noch nicht laufen kann; eine Zunge hat und doch noch nicht sprechen kann, wie er schon Verstand hat, ohne noch etwas Bestimmtes denken zu können, so hat er auch Glauben, Hoffnung, Liebe, obwohl er vorläufig noch nichts Bestimmtes für wahr hält oder hofft oder liebt. Er hat aber die Anlage, die Fähigkeit dazu! Er hat den übernatürlichen Glauben, die übernatürliche Hoffnung und die übernatürliche Liebe. Wie unermeßlich reich ist also schon das kleine neugetaufte Baby!

c) Der Taufcharakter

Weil der Getaufte in die Gemeinschaft der Kinder Gottes aufgenommen wird, bekommt er ein unauslöschliches Merkmal in die Seele eingeprägt. Er wird gekennzeichnet als einer, der Gott ähnlich ist; der dem eingeborenen Sohne Gottes, Jesus Christus, ähnlich ist; der in die Familie der Kinder Gottes, d. h. in die katholische Kirche, aufgenommen ist.

Mag er später die Gnade verlieren. Ja, mag er ewig verloren gehen. Die Seele des Getauften wird ewig das Kennzeichen an sich tragen, daß er zu der Gemeinschaft der Kinder Gottes gehört hat. Weder die Sünde noch das Laster noch die Verdammnis noch die Flammen der Hölle können dieses bei der hl. Taufe in die Seele eingeprägte Merkmal auslöschen. In jeder Familie gibt es Merkmale im Gesicht und in der äußeren Erscheinung, an denen man ihre Abstammung, ihre Familienzugehörigkeit erkennen kann. Wir tragen die Ähnlichkeit zu unseren Eltern und Vorfahren ins Gesicht und auf den Leib geschrieben. Das sind unauslöschliche Merkmale. Gleichfalls ist der Taufcharakter ein unauslöschliches Merkmal der Gottesfamilie. Wenn es uns nicht zum Ehrenzeichen wird, das ewig im Himmel strahlt, dann wird es zu einem Brandmal ewiger Schande.

Fest soll mein Taufbund immer stehen

Blicken wir noch einmal auf die Gnadenwirkungen der hl. Taufe zurück: die Tilgung des häßlichen Fleckens der Erbsünde, die Tilgung aller Sünden, die Tilgung aller Strafen, die Erteilung der heiligmachenden Gnade, der göttlichen und eingegossenen Tugenden, die Gaben des Heiligen Geistes, die Ähnlichkeit mit Gott, Glieder Christi und der hl. Kirche, der unauslöschliche Taufcharakter – welch erhabene Gnadenvorzüge, welch gewaltige Wirkungen!

Bedenken wir dazu, daß die meisten von uns schon in frühester Kindheit die hl. Taufe empfangen haben; zu einer Zeit, wo wir noch nicht einmal wußten, welche Güter uns zuteil wurden. Etwa so wie ein Königssohn, der schon durch die Geburt Erbe einer Krone und eines Reiches ist, wovon er aber noch nicht die geringste Ahnung hat.

Haben wir daher nicht Grund, Gott unseren innigsten Dank dafür auszusprechen? Dafür, daß er uns eine Gnade zuteilwerden ließ, die Millionen und Abermillionen Heiden nicht empfangen? Haben wir nicht Grund, Gott zu danken für eine Gnade, die auch Tausende von Kindern christlicher Eltern, sei es wegen der Kürze der Zeit oder wegen der Schnelligkeit des Todes oder wegen der Sorglosigkeit der Eltern, nicht empfangen? Haben wir nicht Grund, Gott für die Gnade der hl. Taufe zu danken, während Tausende getaufter Kinder aus diesem Leben abberufen werden, ehe sie überhaupt für diese Gnade danken konnten?

Haben wir nicht Grund, es zu bereuen, ja mit heißen Tränen zu beweinen, wenn wir die Taufgnade verloren, ja sie vielleicht sogar eine ganze Zeitlang durch ein sündiges, gottloses Leben mit Füßen getreten haben, so daß man damals von uns hätte sagen können, es wäre besser gewesen, wenn wir gleich nach der Taufe gestorben wären?

Haben wir nicht Grund, tausendfach Grund, unserem Taufgelöbnis treu zu bleiben und die Gnade der hl. Taufe unverletzt zu bewahren? Der Priester sagt zum Täufling: „Empfange das weiße Kleid und bringe es makellos vor den Richterstuhl unseres Herrn Jesus Christus, auf daß du das ewige Leben habest.“

Das sind Gedanken, die sich uns aufdrängen sollten, so oft wir beim Betreten der Kapelle uns mit Weihwasser bekreuzigen und uns damit vergegenwärtigen, daß wir getauft sind im Namen der allerheiligsten Dreifaltigkeit.

Deshalb wollen auch wir heute im Geiste zusammen mit der ganzen römischen Kirche hinausziehen an die Via Aurelia, an das Grab des hl. Pankratius, um uns heute wieder des weißen Kleides zu erinnern, das wir am Tag unserer hl. Taufe empfangen haben, und an das Taufversprechen, das wir durch den Mund unserer Paten abgelegt haben. Empfehlen wir heute bei der Darbringung des hl. Opfers unser Taufgelöbnis und unsere Taufgnade dem hl. Pankratius, diesem jugendlichen Eidbewahrer, der für beides sein edles Blut vergossen hat. Denn: „Wir wurden durch die Taufe mit Christus begraben. Wenn wir aber mit Christus gestorben sind, so glauben wir, daß wir auch zugleich mit Christus leben werden.“ Amen.

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