Die von Gott vorherbestimmten Zeugen der Auferstehung

Geliebte Gottes!

Kein Mensch war zugegen, als die göttliche Seele Christi in den frühen Morgenstunden des Ostersonntags aus der Vorhölle emporstieg und sich im Grabe auf wundersame Weise wieder mit ihrem göttlichen Leib verband. Über den genauen Hergang der wunderbaren Auferstehung unseres göttlichen Erlösers Jesus Christus ist das Dunkel des Geheimnisses gebreitet.

Woher aber weiß dann die Menschheit, daß der am Kreuz für unsere Sünden gestorbene Jesus von Nazareth tatsächlich vom Tode wieder auferstanden ist? – Sie weiß es, weil Er sich nach Seiner Auferstehung gezeigt hat. Es haben Ihn Menschen gesehen. Jene, die ihn gesehen haben, nennen wir Zeugen. Einer von ihnen war der hl. Apostel Petrus. Und dieser bekannte in seiner Predigt vor dem Haushalt des Hauptmanns Cornelius: „Diesen [Christus] hat Gott am dritten Tage auferweckt, und Ihn offenbar werden lassen, nicht dem ganzen Volke, sondern den von Gott vorherbestimmten Zeugen, uns nämlich, die wir mit Ihm gegessen und getrunken haben, nachdem Er von den Toten auferstanden war.“ (Apg. 10,40 f.).

Die auserwählten Zeugen

Wer sind nun diese von Gott auserwählten Zeugen? – Die zeitlich älteste Liste der Zeugen der Auferstehung oder besser des Erscheinens des Auferstandenen liegt im 1. Korintherbrief des hl. Apostels Paulus vor. Dort schreibt der hl. Völkerapostel: Ich habe euch überliefert, daß Christus „am dritten Tage wieder auferstanden ist, gemäß der Schrift. Und daß Er dem Kephas erschienen ist und danach den Elfen. Hierauf ist Er mehr als fünfhundert Brüdern zugleich erschienen, von welchen viele jetzt noch am Leben, einige aber entschlafen sind. Darauf ist Er dem Jakobus erschienen, dann sämtlichen Aposteln; zuletzt aber unter allen ist Er auch mir erschienen, gleichsam einer Mißgeburt.“ (1. Kor. 15, 4-8).

An oberster Stelle erwähnt der Völkerapostel in seiner Aufzählung der Zeugen die Erscheinung des Auferstandenen vor Kephas. Das ist das aramäische Wort für den Namen „Petrus“, des von Christus bestellten Oberhauptes der zwölf Apostel. Diese Erscheinung wird bestätigt durch den hl. Evangelisten Lukas. Er berichtet, wie die Emmausjünger nach Jerusalem zurückgekehrt waren, da wurden sie schon empfangen von den versammelten zehn Aposteln – der hl. Thomas war ja am Osterabend noch nicht unter ihnen – und von den anderen Jüngern. Und diese kündeten den Emmausjüngern schon die Siegesbotschaft: „Der Herr ist wahrhaft auferstanden und dem Simon [Petrus] erschienen.“ (Lk. 24,34). – Daß der hl. Petrus an erster Stelle der Zeugen genannt wird, hat seinen Grund in seiner Vorrangstellung, in seinem Primat, in seiner obersten Lehrautorität als Kirchenoberhaupt. Sein Zeugnis ist getragen von seiner Verantwortung und Aufgabe als Felsenfundament des kirchlichen Glaubens.

An zweiter Stelle führt der hl. Paulus die Erscheinung vor den Elfen an. Nach dem Ausscheiden des Verräters, Judas Iskarioth, war die Zwölfzahl des Apostelkollegiums bis zur Wahl des hl. Matthias unvollständig. – Die Erscheinung Christi vor den elf Aposteln ereignete sich am Weißen Sonntag, wobei der „ungläubige“ Thomas zu seinen Mitbrüdern zurückfand und vom auferstandenen Herrn in unüberbietbarer Milde und Geduld zum Glauben geführt wurde. Diese Erscheinung wird vom hl. Evangelisten Johannes ausführlich geschildert (vgl. Joh. 20,19-31). – Durch Sehen und Betasten der Wundmale des Auferstandenen wurden die Zweifel des hl. Apostels Thomas über die Wirklichkeit des Erscheinenden und über die Identität des Auferstandenen mit dem Gekreuzigten ausgeräumt. Anbetend sinkt der kritische Zweifler auf die Knie und bekennt: „Mein Herr und mein Gott!“ (Joh. 20,28). – Insbesondere die Apostel, die das Evangelium Jesu Christi in die ganze Welt hinaustragen sollten, mußten vor allen anderen im Glauben an die Lebendigkeit des Gekreuzigten befestigt werden.

An dritter Stelle berichtet Paulus von der Erscheinung des Auferstandenen vor „fünfhundert Brüdern“ auf einmal; also nicht nacheinander, sondern vereint und zusammen an einem Ort. Vermutlich handelt es sich dabei um die Erscheinung des Auferstandenen auf jenem Berg in Galiläa – wohl auf dem Tabor oder auf jener Höhe, wo Christus einst die Bergpredigt gehalten hatte – von welcher auch der hl. Evangelist Matthäus (28,16-20) berichtet. – Das Gesehenwerden des Auferstandenen durch fünfhundert Brüder ist wegen der Menge der Zeugen und wegen der Gleichheit des Geschauten von besonderer Bedeutung. So wird deutlich: Der Glaube an die Auferstehung Christi von den Toten gründet sich nicht auf das Erlebnis einiger weniger Jünger, die ja einer Täuschung zum Opfer gefallen sein könnten. Nein, am Anfang des Christentums steht vielmehr die Erscheinung des auferstandenen Christus in einem großen Zeugenkreis, dessen Glieder nun gemeinsam und übereinstimmend die Auferstehung des Erlösers bezeugen können.

Die Identität des Auferstandenen

Woran haben die Empfänger dieser Erscheinungen erkannt, daß der Erscheinende identisch mit dem Gekreuzigten ist? Um die Erscheinungen des Auferstandenen zu erklären, hätte es an sich auch andere Möglichkeiten gegeben.

Man hätte etwa an ein Gespenst denken können. Daran dachten die Jünger etwa ein Jahr zuvor. Nachdem Jesus das Wunder der Brotvermehrung gewirkt hatte, bestiegen die Apostel ohne unseren Herrn ein Schiff, um auf die andere Seite des Sees von Genezareth überzusetzen. „In der vierten Nachtwache aber kam Er über das Meer hinweg wandelnd auf sie zu. Und als sie Ihn auf dem Meere wandeln sahen, entsetzten sie sich, und sprachen: Es ist ein Gespenst! und sie schrien vor Furcht.“ (Mt. 14,25 f.).

Wie anders sollten die Apostel reagiert haben, als am Osterabend und dann abermals am Weißen Sonntag – wie der hl. Johannes sagt – die verklärte Lichtgestalt des Auferstandenen „bei verschlossenen Türen“ (Joh. 20,26), mit anderen Worten: durch die verrammelte Tür hindurch, in den Abendmahlsaal eintrat? Es heißt von ihnen: „Vor Angst und Schrecken aber glaubten sie einen Geist zu sehen.“ (Lk. 24,37). Geister sind geheimnisvolle Wesen, die in der Schöpfungsordnung zwischen Gott und dem Menschen stehen. Sie sind immateriell, können jedoch in sichtbarer Gestalt in Erscheinung treten, wie wir von den zahlreichen Engelerscheinungen wissen, von denen die Heilige Schrift berichtet.

Die Jünger haben tatsächlich bei der Erscheinung des auferstandenen Herrn an einen Geist gedacht. Der Auferstandene hat ihren Irrtum ernst genommen und ihn überwunden. Ein Geist ist ein flüchtiges Phänomen. Ihm fehlt die Körperlichkeit. Als die Apostel und Jünger dies annahmen, verwies sie Jesus gerade auf die Stofflichkeit Seines Leibes. Es war derselbe Leib, den die Apostel so oft gesehen und sicher auch oft berührt hatten. Es waren dieselben Hände, die ihnen vor wenigen Tagen die Füße gewaschen und die hl. Kommunion gereicht hatten. Es waren dieselben Hände und Füße, die von den scharfen Nägeln durchbohrt und ans Kreuz geheftet worden waren. „Seht Meine Hände und Meine Füße, daß Ich selbst es bin.“ So spricht Jesus zu den bestürzten Aposteln. „Betastet Mich und überzeugt euch! Ein Geist hat doch nicht Fleisch und Gebein, wie ihr es Mich haben seht.“ (Lk. 24,39). Und um jeden Zweifel auszuräumen bat Er um etwas Eßbares. „Habt ihr etwas zu essen hier? Da reichten sie Ihm ein Stück gebratenen Fisch und eine Honigwabe.“ (Lk. 24,42). Er nahm es und verzehrte es vor ihren Augen.

Der Auferstandene war also keine geisterhafte Erscheinung, sondern ein wahrer Mensch aus Fleisch und Blut. Wohlgemerkt, ein zu Tode verwundeter Mensch! Denn Sein Herz war immer noch durchbohrt! Aber dieses geöffnete Herz schlägt, dieser tödlich Verwundete lebt. Er ist erfüllt von einem Leben, das stärker, das erhabener ist als das natürliche. Ein Leben, das übernatürlich, ja, göttlich ist. Ein göttliches Leben, über welches der Tod keine Macht hat! Wer sich da also den Aposteln und Jüngern offenbarte, konnte niemand anderes sein als der gekreuzigte Auferstandene.

Glaubwürdigkeit der Zeugen

Doch wie ist es um die Glaubwürdigkeit der Zeugen bestellt? – Aus den verschiedenen Berichten vom Erscheinen des auferstandenen Heilandes geht hervor, daß die von Gott auserwählten Zeugen der Auferstehung Christi weder Phantasten noch Leichtgläubige waren. Sie waren vorsichtig. Sie waren mißtrauisch gegenüber den Nachrichten. Sie forschten nach. Sie prüften, was ihnen von den Frauen berichtet wurde. Sie ließen sich einzig und allein durch den Augenschein überzeugen, wie gerade das Beispiel des hl. Thomas beweist. – Der hl. Papst Gregor der Große belehrt uns über den großen Nutzen, den wir aus dem Zweifel des hl. Thomas ziehen, wenn er sagt: „Maria Magdalena, die schnell glaubte, hat uns weniger genützt als Thomas, der lange zweifelte. Denn er durfte wegen seines Zweifels die Wundmale des Herrn berühren und nahm so die Wunde des Zweifels aus unserem Herzen hinweg.“

Jesus hat keine Spinner und keine Psychopaten zu Aposteln gewählt. Nichts deutet darauf hin, daß die Zeugen der Auferstehung überspannt oder hysterisch waren. Im Gegenteil! Alles spricht dafür, daß sie harte Arbeit gewohnt und durch harte Arbeit abgehärtet waren, daß sie mit beiden Beinen im Leben und auf dem Boden der realen Wirklichkeit standen. Sie ließen sich kein X für ein U vormachen. Sie konnten die schlechten Fische von den guten Fischen unterscheiden. Sie waren auch fähig, das Sehen mit leiblichen Augen von Einbildungen aus ihrer Phantasie zu unterscheiden. Sie waren keine Träumer. Kurz: Sie waren zuverlässige Zeugen!

Wenige Jahrzehnte später wird der hl. Apostel Johannes gleich zu Beginn seines 1. Briefes schreiben: „Was von Anfang war, was wir gehört, was wir mit unseren Augen gesehen, was wir geschaut und was unsere Hände betastet haben, von dem Worte des Lebens – ja, das Leben hat sich offenbart, und wir haben gesehen und bezeugen, und verkündigen euch das ewige Leben, welches bei dem Vater war und uns erschienen ist, – was wir gesehen und gehört haben, das verkündigen wir euch.“ (1. Joh. 1-3). Durch diese umständliche Formulierung betont der Lieblingsjünger mit Nachdruck, daß seine Glaubensverkündigung auf persönlichen, empirischen Erfahrungen beruht.

Warum Christus nur Seinen Jüngern erschienen ist

Aber da könnte man nun einen Einwand erheben: Die Zeugen des Auferstandenen sind fast ausnahmslos Anhänger Jesu – fast alle! Denn es gibt einen, der Jesus gesehen hat, obwohl er kein Jünger war: nämlich jener Saulus aus Tarsus. – Aber von ihm abgesehen, gilt, daß jene, von denen der hl. Petrus sagt: „Er erschien den von Gott auserwählten Zeugen“, ausschließlich Jünger Christi waren.

Warum hat sich Jesus nach seiner Auferstehung nur seinen Jüngern gezeigt? Warum erschien der Auferstandene nicht dem Pilatus, den Hohepriestern, den Schriftgelehrten, den Ältesten, welche im Hohen Rat für Seine Kreuzigung gestimmt hatten? Wäre es nicht viel beweiskräftiger gewesen, wenn Er sich Seinen Feinden, oder auch Gleichgültigen wie dem Pilatus gezeigt hätte? – Die Heilige Schrift gibt auf diese Frage keine direkte Antwort.

Nichtsdestotrotz kann man im Evangelium einen Grund dafür angegeben finden. – Aber zunächst muß man freilich zugeben: Wir wissen nicht, ob Jesus vielleicht doch Seinen Feinden und Mördern erschienen ist. Die Evangelien schweigen sich ja sogar darüber aus, ob Er Seiner Mutter erschienen ist. – Trotzdem ist es überaus unwahrscheinlich, daß sich Jesus nach Seiner Auferstehung auch Seinen Feinden gezeigt hat, denn die junge Christenheit hätte es sich nicht entgehen lassen, auf das Zeugnis eben jener Ungläubiger hinzuweisen, als Beweis für die Wirklichkeit der Auferstehung Jesu. Und deswegen noch einmal die Frage: Warum ist der Auferstandene nicht auch Zeitgenossen außerhalb des Jüngerkreises erschienen?

Wir finden die Antwort auf diese Frage in der Verkündigung des Heilandes selbst. Wir alle kennen das Gleichnis vom reichen Prasser und vom armen Lazarus (vgl. Lk. 16,19-31). – Der in der Hölle begrabene Prasser führte ein Gespräch mit Abraham in der Seligkeit des Himmels. In dessen Verlauf forderte der unselige Prasser von Abraham, den Lazarus doch in das Haus seines Vaters zu senden, damit er dort seine fünf Brüder warne, daß nicht auch sie an diesen Ort der ewigen Qual verdammt würden. Abraham verwies auf die Offenbarung Gottes. „Sie haben Moses und die Propheten, diese sollen sie hören!“ Im Gesetz und in den Propheten ist alles enthalten, was der Mensch tun und wissen muß, um nicht in die Hölle zu kommen. Doch der Prasser ließ sich nicht abweisen. Er schob den Hinweis auf die Heilige Schrift beiseite und sprach: „Nein, Vater Abraham, wenn einer von den Toten zu ihnen kommt, so werden sie Buße tun.“ (Lk. 16,30). Und darauf gab nun Abraham die entscheidende Antwort: „Wenn sie nicht auf Moses und die Propheten hören, dann werden sie auch nicht glauben, wenn einer von den Toten aufersteht.“ (Lk. 16,31).

Aus diesem Gleichnis ergibt sich: Ein Wunderzeichen, eine Vision, eine Erscheinung, und mag dieses Zeichen noch so großartig sein, wie etwa die leibhaftige Begegnung mit dem vom Tode auferstandenen Christus in Seiner verklärten Herrlichkeit; ein solches Wunderzeichen vermag als solches weder zum Glauben noch zur Bekehrung zu führen. Dazu ist allein Gottes Wort und die Predigt gegeben. Nicht Wunder und Erscheinungen, sondern die Predigt des Evangeliums führt zum Glauben für denjenigen, der es hört und der es hören will. Wer sich davon nicht zum Glauben führen läßt, der erhält kein anderes Zeichen.

Der Sohn Gottes ist auf Erden erschienen, hat das Reich Gottes, d.h. die katholische Kirche errichtet, hat den Weg zum Himmel gewiesen. Die Ihn hörten, hatten die Möglichkeit, Ihn als den Sohn Gottes anzuerkennen und ihr Denken und Trachten nach Gottes Willen einzurichten. Wenn sie es versäumt haben, dann gibt es kein anderes Heilmittel mehr. Diejenigen, welche dem Lebenden Heiland nicht angehören wollten, würden sich dem Verstorbenen noch viel weniger anschließen.

Christus hat sich nach Seiner Auferstehung also nur deshalb den von Ihm auserwählten Zeugen gezeigt, weil nur sie die Bereitschaft und den guten Willen besaßen, sich zum Glauben an Ihn, den Auferstandenen, führen zu lassen. Den Ungläubigen fehlt der Wille. Ihnen fehlt die Bereitschaft, sich auf ein unerhörtes, von Gott gewirktes Wunder einzulassen.

Auch eine andere Überlegung führt zum gleichen Ergebnis. – Nehmen wir einmal an, der vom Tod erstandene Heiland wäre tatsächlich den Mitgliedern des Hohen Rates in Seiner verherrlichten Gestalt erschienen. An Seine leibhaftige Auferstehung mochten die Feinde Jesu auf gar keinen Fall glauben, denn Er war in ihren Augen ein vom Teufel Besessener, ein Verfluchter, ein Verführer, den sie zu Tode gebracht haben. Und das war in ihren Augen gut so! – Um nun das ihnen widerfahrene Phänomen einer Erscheinung des Auferstandenen zu erklären, mußten sie sich notwendigerweise etwas einfallen lassen – darin waren sie ja geübt. Sie hätten sich herausreden können: „Was uns erschienen ist, das war ein Geist, ein Gespenst, ein Phantom, eine Spukgestalt, eine Einbildung, ein teuflisches Blendwerk.“ Das alles hätten sie für möglich gehalten, war es doch selbst der erste Gedanke bei den Aposteln gewesen. Nur eines hätten sie nie und nimmer gelten lassen: nämlich, daß der von ihnen zur Hinrichtung gebrachte „Verführer“, wie sie Ihn nannten, vom Tode wiederauferstanden sei.

Die Erscheinung bei Saulus

Es gab aber – wir deuteten es schon an – eine Erscheinung Christi vor einem Mann, der zwar nicht gläubig war, in dem aber die innere Bereitschaft und der gute Wille vorhanden gewesen ist, um zum Glauben zu gelangen. Saulus, der später Paulus hieß, war bekanntlich ein Verfolger der jungen Christenheit. In seinem haßerfüllten Eifer begnügte er sich nicht mit seiner Tätigkeit in Jerusalem, sondern dehnte sie aus auf die Christen in anderen Städten; so in Damaskus, der Hauptstadt Syriens. – Auf dem Wege dorthin traf ihn ein helles Licht. Eine glänzende Lichtgestalt, ein klarer Lichtstrahl vom Himmel blendete ihn und warf ihn zu Boden. Und er hörte eine Stimme in vorwurfsvollem Ton: „Saulus, Saulus, warum verfolgst du Mich?“ (Apg. 9,4), nämlich in Meinen Anhängern, den Gliedern Meines mystischen Leibes?

Dieses Geschehnis war nicht ein rein innerliches Erlebnis, keine bloße Vision des Saulus. Es wurde vielmehr auch von dessen Begleitern wahrgenommen. Sie sahen eine Lichterscheinung und hörten, daß zwischen Saulus und einem unbekannten Wesen Worte gewechselt wurden.

Diese unerhörte Erfahrung hat Saulus umgewandelt. Wiederholt kommt er in seinen Briefen darauf zu sprechen, daß ihm Jesus erschienen ist, daß er den Herrn Jesus gesehen hat, daß er Jesus im Licht der göttlichen Verklärung geschaut hat. – Dabei stellt der hl. Paulus im 15. Kapitel des 1. Korintherbriefes, wie wir eingangs gehört haben, die Erscheinung vor Damaskus auf die gleiche Stufe mit jenen, welche die Apostel und Jünger nach der Auferstehung Jesu hatten. Der Auferstandene erschien „sämtlichen Aposteln; zuletzt aber unter allen ist Er auch mir erschienen, gleichsam einer Mißgeburt“, weil ich die Kirche Gottes verfolgt habe.

Und doch besteht ein Unterschied. – Die Erscheinungen Jesu unmittelbar nach Seiner Auferstehung bis zur Himmelfahrt hatten den Zweck, die Apostel und Jünger im Glauben an Ihn, den Auferstandenen, zu stärken und zu befestigen. Die Erscheinung Jesu vor Saulus hat einen anderen Zweck. Sie sollte den Verfolger Saulus umschmelzen in den glühenden Anhänger und Diener Christi, in den hl. Völkerapostel Paulus.

Paulus hat fortan den Auferstandenen furchtlos bekannt vor Juden und Heiden. Auch in Athen, der damaligen Hauptstadt der Wissenschaft und der Kultur. Auf dem Areopaghügel, wo die Regierung Athens ansässig war, predigte er den wahren Gott und seinen Christus, den Gott durch die Auferstehung von den Toten für alle beglaubigt hat. Aber da erfuhr der hl. Paulus, wie viele Menschen auf die zentrale Botschaft des Christentums reagieren. Als die Athener von der Auferstehung hörten, da spotteten sie; d.h. sie lachten ihn aus. Und die anderen sagten: „Darüber werden wir dich ein andermal hören.“ (Apg. 17,32); d.h. sie entzogen dem Paulus das Wort in ihrer Versammlung. So wurde seine Predigt von der Auferstehung vor der damaligen Geisteselite zum großen Desaster. – Und als der Völkerapostel dann gefangengenommen war und vor den römischen Statthalter, den Prokurator Festus, in Caesarea Maritima, geführt wurde, da predigte er auch vor ihm von der Auferstehung der Toten. Und was sagte Festus? „Paulus, du bist von Sinnen! Das viele Studieren macht dich wahnsinnig.“ Mit anderen Worten: Der römische Beamte hielt die Botschaft von der Auferstehung für absoluten Unsinn.

Da ist also ein fanatischer Christenhasser, der sich durch eine geheimnisvolle Lichterscheinung plötzlich um 180 Grad umwandelt und zu einem glühenden Verkündiger des auferstandenen Christus wird; der keinen irdischen Nutzen – weder Reichtum, noch Macht und Einfluß, noch andere zeitliche Vorteile – davonträgt; der ob des Evangeliums vom Auferstandenen von der anerkannten damaligen Wissenschaft ausgelacht und von der staatlichen Gewalt für verrückt erklärt wird; der unsägliche Leiden und Verfolgungen erduldet und schließlich den Martertod für Christus den Auferstandenen stirbt. Kein Mensch wäre dazu in der Lage, wenn er nicht von der Wahrheit der Auferstehung durch und durch überzeugt ist. Das Leben des hl. Paulus ist damit eines der glaubwürdigsten Zeugnisse für die Wahrheit der Auferstehung Christi vom Tode.

Eine gesicherte Tatsache

Jesu Auferstehung ist eine gesicherte geschichtliche Tatsache! Die Zeugnisse für Tod, Begräbnis und Auferstehung Jesu sind überwältigend und reichhaltig, genau und widerspruchsfrei. Wenn wir für die übrigen Ereignisse der antiken Welt nur einen Bruchteil der Bezeugung hätten, wie sie für die Wirklichkeit der Auferstehung Jesu Christi vorliegt, dann würden sich die auf Altertum und Antike spezialisierten Historiker glücklich preisen. Aber ihre Quellen geben weit weniger her, und doch stehen sie als historische Tatsachen in allen Geschichtsbüchern.

Trotz des ausgezeichneten Bestandes an Zeugnissen wagen es protestantische „Bibelwissenschaftler“ wie Rudolf Bultmann und im Anschluß an ihn, die vom katholischen Glauben abgefallenen Modernisten, zu erklären: „Ein toter Leib kann nicht wieder lebendig werden.“ Welch eine wissenschaftliche Erkenntnis! Hört, hört: Ein toter Leib kann nicht wieder lebendig werden! Das sagt auch jeder Metzger.

Aber was diese Pseudo-Theologen bestreiten, das ist eben doch tatsächlich einmal und ein einziges Mal geschehen, und deswegen gibt es ja das Christentum. Ohne dieses Geschehnis wäre das Christentum als eine kümmerliche Sekte von Träumern und Betrügern zugrunde gegangen. Es mußte aber bleiben und wird bis zum Ende der Welt bleiben: Denn Gott hat den Gekreuzigten lebendig gemacht. Weil Christus Gott ist, konnte Er aus eigener Kraft vom Tode auferstehen und sich der Welt zeigen. Nicht jedermann, sondern „den von Gott im Voraus ausgewählten Zeugen“; denen, „die nach Seiner Auferstehung mit Ihm gegessen und getrunken haben.“

Daher steht unser Glaube an die leibliche Auferstehung Jesu Christi nicht auf wackeligen Stelzen. Er ruht auf dem Fundament verläßlicher Zeugen, deren Fähigkeit zum Zeugnis und deren Wille zum Zeugnis über jeden Zweifel erhaben sind. Für unseren Glauben zeugen die edelsten und redlichsten Männer und Frauen der damaligen Welt. Sie berichten, was sie mit ihren Sinnen wahrgenommen haben. Es sind Zeugen, welche die Verkündigung des auferstandenen Gottessohnes Jesus Christus mit ihrem Blut und Leben bezahlt haben. Wir können uns auf diese Zeugen verlassen. Wir stehen in der Gewißheit unbezweifelbarer historischer Tatsachen. Deshalb dürfen wir mit voller Überzeugung im Glaubensbekenntnis der hl. Messe beten: „Er ist auferstanden am dritten Tage, gemäß der Schrift.“ Amen.

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