Wann ist ein Sakrament gültig?

Geliebte Gottes!

Der hl. Kirchenlehrer Bonaventura und mit ihm viele andere Ausleger, erblicken in den „sieben Broten“, von denen bei dem großen Wunder der zweiten Brotvermehrung die Rede ist, die sieben hl. Sakramente. Die Brote sind ein Bild für jene sieben heiligen Zeichen, welche Christus – sie gleichsam segnend – zur Mitteilung innerer Gnade eingesetzt hat. Welche Er Seinen Jüngern – den Dienern der Kirche – auszuteilen befahl. Jene sieben Zeichen, durch die dem Volk Gottes – welches die Welt um Christi Willen verließ und Ihm gleichsam in die weltabgewandte, wüste Einöde nachgefolgt ist – die übernatürliche Kraft und Stärke mitgeteilt werden soll, damit sie Seine Lehre verstehen, die Vorschriften Seines Gesetzes befolgen, und treu bei Ihm ausharren könnten; „damit niemand auf dem Heimweg [in den Himmel] erliege“, d.h. damit niemand in den Tod der Sünde falle. Schließlich sei durch die sieben Körbe voller Reste, die nach der Sättigung der viertausend Männer – „ohne Frauen und Kinder“ mitzurechnen – wieder eingesammelt wurden, die bis ans Ende der Welt anhaltende, unerschöpfliche Kraft der sieben Sakramente ausgedrückt, die niemals aufgezehrt, niemals in ihrer Wirkung geschwächt oder zum Versiegen gebracht werden können, sondern bis zur Wiederkunft des Herrn stets zuverlässige Mittel zur Erlangung der übernatürlichen Gnade sein werden.

Die hl. Sakramente

Schon im Alten Bund wurden die sieben Sakramente etwa durch jene sieben Ähren vorherverkündet, welche der Pharao in seinem Traum gesehen hatte, und die ihm der Patriarch Joseph richtig auf die bevorstehenden sieben fetten Erntejahre gedeutet hat (vgl. Gen. 41, 5); ferner durch die sieben Waschungen, welche der Syrer Naaman im Jordan nehmen mußte, um von seinem Aussatz befreit zu werden (vgl. 4. Kön. 5, 10. 14). Sodann durch die sieben Säulen, welche die „ewige Weisheit“ (d.h. das ewige Wort Gottes) als tragende Pfeiler aufgerichtet hat, um Sein unverbrüchliches Haus – die Kirche des Neuen Bundes – zu stützen (vgl. Spr. 9, 1). Und schließlich durch den siebenarmigen Leuchter mit seinen sieben Lampen, welchen der Engel dem Propheten Zacharias gezeigt hat (vgl. Zach. 4, 2).

Durch die sieben heiligen Sakramente wird die Kirche Gottes nämlich wie durch köstliches Getreide während der allgemeinen Hungersnot ernährt; sie wird durch selbige, wie durch sieben Abwaschungen im Jordan, vom Aussatz der Sünde gereinigt; sie wird durch sie, wie mit sieben starken Säulen, gestützt und getragen und von ihnen wie von einem siebenarmigen Leuchter erhellt und erleuchtet.

Schon vor einigen Wochen – bevor der lange Reigen der hohen nachösterlichen Feste anhob – haben wir uns mit der Lehre über die „Sakramente im allgemeinen“ befaßt, so daß wir heute die sich bietende Gelegenheit nutzen wollen, unsere Aufmerksamkeit erneut auf dieses Thema und auf die noch nicht behandelten Fragen hinzulenken.

Sichtbare Vermittlung der unsichtbaren Gnade

Die sieben Sakramente wurden von Christus eingesetzt, um uns die göttliche Gnade, die Er insbesondere durch Sein Opfer am Kreuz verdient hat, mitzuteilen. Die Gnade ist unsichtbar. Niemand kann sie sehen. Niemand kann sie spüren. Weil aber unser ewiges Heil von ihrem tatsächlichen Empfang abhängt, hat Christus die unsichtbare Gnade an sieben sichtbare Zeichen gebunden, damit wir eine wirkliche Sicherheit hätten, die heilsnotwendige Gnade auch tatsächlich empfangen zu haben.

Jeder kann die sakramentale Materie, d.h. den stofflichen Teil des äußeren Zeichens, sehen und spüren – etwa die Übergießung des Täuflings mit dem Taufwasser, die Salbung des Firmlings bzw. des schwer Kranken, die Handauflegung des Bischofs bei der Spendung des Weihesakramentes. Und jeder kann auch die sakramentale Form, d.h. die heiligen Worte, die bei der Sakramentenspendung gesprochen werden, hören – z.B. die Taufformel, die Worte die der Bischof während der Salbung des Firmlings spricht, die Wandlungsworte oder die Lossprechungsformel. Jeder kann diese äußeren Zeichen wahrnehmen und sich auf diese Weise über den tatsächlichen Empfang der göttlichen Gnade Sicherheit verschaffen.

Wer die Sakramente gültig und würdig empfängt, der kann sich sicher sein, die göttliche Gnade empfangen zu haben; und daß seine Seele folglich auch der drei übernatürlichen Wirkungen der Sakramente teilhaftig geworden ist: Nämlich 1. der Zeugung oder Vermehrung des ewigen Lebens in der Seele, der heiligmachenden Gnade. – 2. der Erteilung helfender Gnaden, die dem besonderen Zweck des jeweiligen Sakramentes entsprechen. – Und 3. schließlich die bei drei Sakramenten erfolgende Einprägung eines unauslöschlichen Charakters in die Seele des Empfängers; eines unzerstörbaren Merkmals, welches das Sakrament der Taufe, der Firmung und der Priesterweihe mitteilt.

Es wäre nun aber durchaus falsch, zu glauben, daß jeder, der ein Sakrament empfängt, jedesmal auch automatisch die Gnade des Sakramentes erhielte. Das ist keineswegs immer der Fall. Denn erst einmal muß das Sakrament gültig zustande kommen. Das sakramentale Zeichen muß vom Spender in der rechten Weise vollzogen werden. Nur dann ist es „gültig“; ansonsten „ungültig“.

Und zweitens werden die Gnaden des jeweiligen Sakramentes nur demjenigen Empfänger zuteil, der das Sakrament auch „würdig“ empfängt. Wer ein Sakrament „unwürdig“ empfängt, der erhält nicht nur keine Gnade, sondern begeht damit sogar eine besonders schwere Sünde – die Todsünde eines Sakrilegs.

Heute wollen wir uns allein der Frage der Gültigkeit der Sakramente widmen.

Wann ist ein Sakrament gültig?

Ein Sakrament ist „gültig“, wenn es tatsächlich zustande kommt. D.h. wenn bei der Spendung desselben alles vorhanden ist, was zum Wesen des Sakramentes gehört. Das Konzil von Florenz lehrt zu dieser Frage: „Alle diese [sieben] Sakramente werden in drei Stücken vollzogen: durch den dinglichen Vollzug als Materie, durch die Worte als Form, durch die Person des Spenders, der das Sakrament erteilt in der Absicht, zu tun, was die Kirche tut. Wenn eines von diesen drei Stücken fehlt, wird das Sakrament nicht vollzogen“ (DS 1327). Das Florentinum nennt also drei Dinge, die zur gültigen Spendung eines Sakramentes zusammentreffen müssen: 1. die Materie, also der stoffliche Teil des sinnfälligen Zeichens; 2. die Worte der Form, mit der die unsichtbare Wirkung des Sakramentes bezeichnet wird. Zu Materie und Form, von denen wir bereits gehört haben, muß als 3. Faktor zum gültigen Vollzug eines Sakramentes noch der Spender hinzutreten, und zwar mit der Absicht „zu tun, was die Kirche tut.“

Vier Punkte sind diesbezüglich zu verdeutlichen:

  1. Die Voraussetzung zum gültigen Zustandekommen eines Sakramentes ist das Vorhandensein eines bevollmächtigten Spenders. Abgesehen von der hl. Taufe – jeder Mensch, selbst ein Heide, kann gültig taufen – und dem Ehesakrament – jeder ledige Getaufte kann es spenden – sind alle übrigen Sakramente an die priesterliche bzw. bischöfliche Weihegewalt gebunden.
  2. Der bevollmächtigte Spender muß mit ernster Absicht zur Sakramentenspendung schreiten. Unter Absicht (Intention) versteht man hier den Akt des Willens, ein Sakrament zu spenden. – Damit man überhaupt von einer Absicht sprechen kann, muß der Spender den Vernunftgebrauch besitzen sowie im Augenblick der Spendung zurechenbar sein und die Handlung mit hinreichender Aufmerksamkeit (am besten mit aktueller, wenigstens aber mit virtueller) vollziehen. Sakramente, die von einem Spender im Rauschzustand oder in Trance vollzogen würden, sind ungültig, weil dabei der Vernunftgebrauch aufgehoben ist und ein Mensch in einem solchen Zustand keine Absicht haben kann. – So hatte etwa Papst Cornelius (251-253) die Bischofsweihe des späteren Gegenpapstes Novatian für nichtig erklärt, weil dieser, um in den Besitz der Bischofsweihe zu gelangen, drei Bischöfe zu sich nach Rom einlud, sie einsperrte und betrunken machte, um sich dann von den Betrunkenen zum Bischof weihen zu lassen. Offenbar wegen Mangel einer wirklichen Absicht infolge der Unzurechnungsfähigkeit der betrunkenen drei Bischöfe erklärte der Papst diese „Weihehandlung“ mit den Worten „eine scheinbare und nichtige Handauflegung“ für ungültig. Zur gültigen Sakramentenspendung ist also der aktuelle Vernunftgebrauch nötig.
  3. Neben der Zurechnungsfähigkeit des Spenders ist aber auch ein ernsthafter Vollzug der sakramentalen Handlung verlangt; also nicht im Spiel, nicht auf der Theaterbühne, oder im Scherz. Nun ist an sich und allen Zuschauern im Theater klar, daß auf der Bühne nicht wirklich geheiratet, geschieden, getauft, gestorben oder gemordet wird. Sind die beiden letzten Fälle ernst, so ist das Schauspiel abrupt beendet. Dann kommt ein wirklicher Arzt bzw. die wirkliche Kriminalpolizei. Auch eine scherzhafte Handlung ist keine ernste, also Wirklichkeit setzende oder Wirklichkeit schaffende Handlung, sondern ihr nur verblüffend ähnlich, was ja gerade die Scherzhaftigkeit ausmacht. Deren Scherzhaftigkeit, Nichternsthaftigkeit und Unwirklichkeit muß dabei (von durchschnittlich intelligenten Menschen) erkennbar sein, sonst wäre sie kein Scherz, sondern ernst. „Taufen“ etwa kleine Kinder im Spiel ihre Puppen und gleichzeitig einen ihnen zur Aufsicht anvertrauten noch nicht getauften Säugling, so ist dieser sicher nicht getauft. Die Kinder haben offensichtlich gespielt. Es fehlte ihnen (neben dem Vernunftgebrauch auch) die zur gültigen Sakramentenspendung notwendige ernsthafte Absicht.
  4. Sodann muß der Spender „tun, was die Kirche tut.“ – Was tut aber die Kirche? Die Kirche führt die Verbindung zwischen der sakramentalen Materie und den Worten der Form eines Sakramentes in genau der Weise herbei, wie es Christus eingesetzt hat. Das tut die Kirche als unfehlbare Sachwalterin Christi in einem von ihr festgesetzten und angeordneten Ritual, dem katholischen Ritus. Der wesentliche Ritus, den die katholische Kirche zur Spendung eines Sakramentes verwendet, gibt an, was die Kirche tut.

Wenn nun der bevollmächtigte Spender im Ernst daran geht, Materie und Form so zu gebrauchen, wie es der Ritus der katholischen Kirche vorsieht, dann tut er was die Kirche tut. – Damit aber zeigt er – vor aller Augen, und für jedermann sichtbar und nachprüfbar – daß er auch die zur gültigen Spendung notwendige Absicht hat „zu tun, was die Kirche tut“. Jeder wirklichen Handlung eines Menschen muß nämlich notwendigerweise die entsprechende Willensabsicht zu dieser Tat vorausgehen. Denn die Absicht ist ja nichts anderes als der Entschluß, der die nämliche Handlung verursacht bzw. zur Ausführung bringt. – Wenn etwa ein Rettungsschwimmer ins Wasser springt, um einen Ertrinkenden aus dem Wasser zu ziehen, dann hatte er dabei auch notwendigerweise die seiner Handlungsweise vorausgehende und sein Tun begleitende Absicht den Ertrinkenden zu retten. Sonst hätte er es ja nicht getan und den Bedürftigen stattdessen ertrinken lassen.

Die innere Absicht eines Menschen ist zunächst unsichtbar. Sobald sie sich aber in einer Tat äußert, wird die innere Absicht durch die Tat sichtbar und für andere erkennbar. Die äußere Tat läßt auf die innere Absicht zurückschließen. Durch die sichtbare Tat wird also die unsichtbare Absicht sichtbar.

Hätte hingegen der Spender eines Sakramentes die ernste Absicht – wie etwa ein Freimaurer, der sich in den Klerus eingeschlichen hat – nicht (!) tun zu wollen, was die Kirche tut, dann muß sich das notwendigerweise auch äußerlich sichtbar in seiner Tat zeigen. Wie? Eben dadurch, daß er nicht das tut, was die Kirche tut; daß er also vom vorgegebenen wesentlichen Ritus der Kirche abweicht, indem er die Materie und/oder die Form eines Sakramentes verändert, verfälscht, etwas wesentliches ausläßt. Daran kann jeder erkennen, daß ein solcher Spender nicht die zur Gültigkeit notwendige Absicht hat, „zu tun, was die Kirche tut“, weshalb dann für alle auch erkennbar ist, daß das Sakrament nicht gültig zustande kam.

Bisweilen wird ja die irrige Meinung vertreten, daß trotz des äußerlich völlig korrekt vollzogenen Ritus ein Sakrament ungültig gemacht werden könne, allein durch eine „rein innerliche Gegenintention“. Diese Theorie behauptet, daß ein Spender (z.B. ein Bischof, der ein heimliches Mitglied der Freimaurerei ist, bei der Spendung des Weihesakramentes), obwohl er sich nach außen hin völlig korrekt an den (Weihe-)Ritus hält, durch eine innerliche, geheime, für alle anderen unmerkliche Gegenintention das Sakrament „verungültigen“ könne. – Wäre das wahr, so hätte Christus die Sakramente mit einem offensichtlichen Defekt eingesetzt, weil ihre objektive Gültigkeit dadurch von jeher in Frage gestanden wäre; kann doch die rein innerliche Absicht eines Menschen nur diesem selbst bekannt sein, während sie allen anderen verborgen bleiben muß. Gott allein durchdringt die Gewissen. Außer Gott kann niemand die geheimen, inneren Absichten eines Menschen kennen, auch nicht die Kirche. Deshalb das bekannte Prinzip: „De internis ecclesia non judicat.“ – „Über die inneren Absichten urteilt die Kirche nicht.“ Sie urteilt nicht, weil sie schlicht und ergreifend über die geheimen Absichten eines Menschen nicht urteilen kann.

Aus der Lehre, die Papst Leo XIII. in seiner Enzyklika „Apostolicae curae“ vorgelegt hat, geht hervor, daß eine rein innerliche, geheime Gegenintention – „Ich will nicht weihen.“ „Ich will nicht taufen.“ „Ich will nicht die Wandlung wirken.“ – das Sakrament nicht ungültig zu machen vermag, sofern der Zelebrant trotzdem den Ritus der katholischen Kirche vollzieht. Die rein innerliche, geheime Absicht bliebe in einem solchen Fall unwirksam. Indem der Zelebrant – um alle Anwesenden zu täuschen – trotz seiner geheimen Gegenintention nach außen hin nämlich den katholischen Ritus vollzieht, tut er ja eben doch gerade das, was die Kirche tut. Wenn er es aber tut, muß er dazu notwendigerweise auch die entsprechende Absicht haben. – Dabei verhält es sich genauso wie bei der Absicht des Rettungsschwimmers. Wenn dieser eine ihm verhaßte Person dem Ertrinken nahe sieht und in seinem Herzen die geheime Absicht erweckt – „Soll er doch ertrinken! Ich will daß er stirbt!“ – er aber dann doch, seiner Berufspflicht folgend, ins Wasser springt und seinen Feind rettet, dann ist seine innerliche Absicht, ihn nicht retten zu wollen, offensichtlich unwirksam geblieben, weil er ihn ja doch durch sein Tun aus dem Wasser gezogen hat. Die Rettung wurde vollzogen, weil er trotzdem ins Wasser sprang und den ertrinkenden Feind rettete. Seine Absicht einen Menschen vom Ertrinken zu retten war offensichtlich stärker als seine haßerfüllte Absicht den Feind sterben zu lassen, weil erstere ihn zur Tat bewegt hat, während die zweite gänzlich unwirksam geblieben ist.

Mag ein Zelebrant auch persönlich meinen, die Wirkung des Sakramentes durch eine geheime Gegenintention „zurückhalten“ zu können, so täuscht er sich darüber. Solange sich seine Gegenintention nicht durch die Tat zeigt, indem er vom Vollzug des wesentlichen Ritus der Kirche abweicht, vollzieht er das Sakrament gültig. Seine Absicht, zu tun, was die Kirche tut, ist nämlich offensichtlich stärker, weil er ja tut, was die Kirche tut; wohingegen seine innere Gegenintention unwirksam bleibt, weil sich dieselbe überhaupt nicht auf seine Tat auswirkt. Entscheidend ist allein jene Absicht, die sich in der sichtbaren Tat äußert!

So lehrt es Papst Leo XIII. in der erwähnten Enzyklika: „Über die [geheime] Gesinnung oder Absicht, die ja als solche etwas Inneres ist, urteilt die Kirche nicht; aber insoweit sie äußerlich gezeigt wird, muß sie darüber urteilen. Wenn also jemand zur Vollendung und Spendung des Sakramentes die vorgeschriebene Materie und Form ernsthaft und richtig [d.h. gemäß dem wesentlichen Ritus der katholischen Kirche] anwendet, so wird er aufgrund dessen als jemand betrachtet, der ohne Zweifel beabsichtigt hat, zu tun, was die Kirche tut. Auf diesem Grundsatz beruht vernünftigerweise die Lehre, daß sogar das ein wirkliches Sakrament ist, das durch den Dienst eines Häretikers oder Ungetauften gespendet wird, sofern es nach dem katholischen Ritus gespendet wird“ (Enzyklika „Apostolicae curae“; Nr. 33).

Eine Intention, welche das Zustandekommen eines Sakramentes tatsächlich vereitelt, muß sich also stets durch eine äußerlich erkennbare, also „offenbare“ Abweichung vom Ritus der Kirche zeigen. Das kann etwa der Fall sein, wenn der Zelebrant aus Versehen einen wesentlichen Teil des Ritus – etwa das Offertorium der hl. Messe – ausläßt, oder wenn er aus Konzentrationsschwäche die Worte der Form ausläßt oder derart verändert, daß diese einen anderen Sinn geben. Wenn der Zelebrant – auch im Versehen! – nicht tatsächlich tut, was die Kirche tut, dann hat er dabei auch nicht die zur Gültigkeit notwendige Intention. – Weicht er hingegen freiwillig und gewollt vom katholischen Ritus ab, dann wird sogar eine dem Sakrament feindselige Gegenintention sichtbar, wie der Heilige Vater fortfährt in der genannten Enzyklika zu lehren: „Hingegen, wenn der Ritus mit der offenbaren Absicht geändert wird, einen anderen Ritus einzuführen, und zurückgestoßen wird, was die Kirche tut und was gemäß der Einsetzung durch Christus zum Wesen des Sakramentes gehört: dann fehlt es offenkundig nicht nur an der für das Sakrament notwendigen Intention [„zu tun, was die Kirche tut“], sondern es liegt dann sogar eine Gegen-Intention vor, die dem Sakrament feindlich ist und zu ihm in Wider­spruch steht“ (ebd.). Nur eine sichtbare Gegenintention, indem der Zelebrant sichtbar „nicht tut, was die Kirche tut“, ist auch eine wirksame Gegenintention, die das Zustandekommen eines Sakramentes vereitelt.

Wie wirkt ein Sakrament?

An dieser Stelle sei noch kurz auf eine andere falsche Vorstellung hingewiesen, welche die Absicht „zu tun, was die Kirche tut“ zu eng faßt. Diese Theorie meint zur gültigen Spendung sei vom Spender die Absicht erforderlich auch „zu beabsichtigen, was die Kirche beabsichtigt“.

a) Die Sakramente wirken NICHT „kraft der Absicht des Spenders“.

Die Kirche beabsichtigt natürlich stets die Wirkung des jeweiligen Sakramentes. Vom Spender zu verlangen, er müsse zur gültigen Spendung beabsichtigen, was die Kirche beabsichtigt, hieße von ihm zu fordern, daß er bei der Taufe beabsichtigen müsse, die Erbsünde abzuwaschen und die Gnade einzugießen; daß er bei der hl. Messe beabsichtigen müsse, das Kreuzesopfer Christi auf unblutige Weise zu vergegenwärtigen, indem er das Brot in Seinen heiligen Leib und den Wein in Sein kostbares Blut verwandelt; daß er bei der Erteilung der Weihen, beabsichtigen müsse einen geistlichen Amtsträger zu weihen, etc.

Wäre diese Vorstellung wahr, so könnte man ohne den Glauben an die Sakramente, an deren Wirksamkeit und Wirkungen kein Sakrament gültig spenden. Denn man kann ja nur beabsichtigen, was man für wirklich bzw. für verwirklichbar hält. Ob der Spender jedoch den Glauben an die Wirkung eines Sakramentes hat oder nicht, das bleibt nach außen hin genauso verborgen, wie die geheime innerliche Absicht. Gott allein durchdringt die Gewissen.

Wäre für die Gültigkeit eines Sakramentes der Glaube an die sakramentale Wirkung oder die Absicht erforderlich „zu beabsichtigen, was die Kirche beabsichtigt“, dann wäre das Hauptanliegen Christi, welches Er mit der Einsetzung der sieben Sakramente verfolgte, konterkariert. Die Sakramente sind ja – wie wir sagten – gerade zu dem Zweck eingesetzt, um die unsichtbare Gnade Gottes mitzuteilen und dem Empfänger aufgrund der Sichtbarkeit der Zeichen, auch die Sicherheit zu geben, daß er die unsichtbare Gnade tatsächlich empfangen hat.

Wäre für die Sakramentenspendung der Glaube bzw. die Intention „zu beabsichtigen, was die Kirche beabsichtigt“ zur Gültigkeit erforderlich, so könnte kein Katholik mehr sicher sein, ob er ein Sakrament wirklich gültig oder nur scheinbar gültig, in Wirklichkeit aber ungültig empfangen hat, denn niemand kann wissen, ob der Spender den Glauben hat oder nicht. Selbst wenn man ihn fragen würde, könnte er lügen. Niemand könnte sich Sicherheit darüber verschaffen, ob er die sakramentale Gnade empfangen hat, oder ob er darum betrogen worden ist. Keiner könnte sich sicher sein, ob er ein Sakrament gültig empfangen hat, weil ja keiner wissen kann, was der Spender im Augenblick der Spendung in seinem Inneren geglaubt und beabsichtigt hat, oder nicht geglaubt und nicht beabsichtigt hat; ob er wirklich geglaubt und beabsichtigt hat, was die Kirche beabsichtigt, oder nicht.

Denn sowohl der Glaube als auch die auf die Wirkung zielende innere (!) Absicht des Spenders kann nur der kennen, der sie hat, nicht aber andere Menschen! Ja, das Fehlen des Glaubens oder einer bestimmten Absicht ist sogar meist denen nicht bewußt, denen sie fehlt! Wie sollte etwa ein Mohammedaner, der die Anweisungen eines im Sterben liegenden Katechumenen (d.h. eines noch ungetauften Taufbewerbers) befolgt, um diesem die hl. Taufe zu spenden, die Absicht haben, damit die Erbsünde abzuwaschen und ihm das Gnadenleben einzugießen, wenn er gar nicht wissen kann, was die Erbsünde und das Leben der heiligmachenden Gnade überhaupt sind?

Noch einmal: Um bei der Sakramentenspendung „zu beabsichtigen, was die Kirche beabsichtigt“ ist sowohl der Glaube an die sakramentale Wirkung, als auch die tatsächliche innere Intention, diese Wirkung auch verursachen zu wollen, vorausgesetzt. Das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein derselben ist jedoch für andere Menschen gänzlich unerkennbar. Wäre die Gültigkeit der Sakramente davon abhängig, so wüßte nur der jeweilige Spender – und wie gesagt oft nicht einmal dieser – ob das Sakrament gültig vollzogen wurde oder nicht. Die Sakramente würden dann also lediglich Kraft der Absicht wirken, mit welcher der Spender beabsichtigt hat, was die Kirche beabsichtigt. In der Fachsprache würde man die Wirksamkeit „kraft der Absicht des Spenders“ mit dem Ausdruck „ex opere operantis“ bezeichnen. Diese Ansicht aber ist falsch, ja sogar, wie wir gleich sehen werden, häretisch.

b) Die Sakramente wirken „kraft des gesetzten Ritus“.

Die Kirche wünscht sich freilich, daß der Spender eines Sakramentes auch beabsichtigt, was die Kirche damit beabsichtigt. Aber für die Gültigkeit notwendig ist nur die Absicht, das „zu tun, was die Kirche tut“. Nur so bleibt die Objektivität der Sakramente gesichert. – Nur eine Tat wird nach außen sichtbar. Nur eine Tat kann von anderen, die dabei waren, bezeugt werden und ist daher objektiv nachprüfbar.

Nach der Lehre des Konzils von Trient braucht der Spender nicht zu beabsichtigen, was die Kirche bei der Sakramentenspendung beabsichtigt. Denn das Tridentinum hat erklärt, daß die Taufe, welche selbst von Ungläubigen oder Heiden gespendet wird, gültig ist (vgl. DS 1617), wenn sie dabei nur die Absicht haben „zu tun, was die Kirche tut“. Wie gesagt kann der Heide gar nicht wissen, was die Kirche dabei beabsichtigt. Sehr wohl aber kann er tun, was die Kirche tut. Und wenn der Heide tatsächlich tut, was die Kirche tut, dann hat er dabei auch die notwendige Absicht, es zu tun. Würde ihm diese Absicht fehlen, dann würde er auch nicht tun, was die Kirche tut. – Papst Leo XIII. hatte sich also nur dem Konzil von Trient angeschlossen, wenn er in seiner Enzyklika gelehrt hat: „Wenn also jemand zur Vollendung und Spendung des Sakramentes die vorgeschriebene Materie und Form ernsthaft und richtig anwendet, so wird er aufgrund dessen als jemand betrachtet, der ohne Zweifel beabsichtigt hat, zu tun, was die Kirche tut. Auf diesem Grundsatz beruht vernünftigerweise die Lehre, daß sogar das ein wirkliches Sakrament ist, das durch den Dienst eines Häretikers oder Ungetauften gespendet wird, sofern es nach dem katholischen Ritus gespendet wird“ (s.o.).

Unter Wahrung eben dieser Tatsache, ist es folglich für die gültige Spendung eines Sakramentes ohne Relevanz, ob der Spender von der Wirkung des Sakramentes weiß oder nicht, ob er an die Wirkungen des Sakramentes glaubt oder nicht, oder ob er in seinem Inneren eine heimliche Gegenintention setzt oder nicht. Entscheidend ist nur was er tut. Tut er, was die Kirche tut, dann ist das Sakrament „gültig“ und es wird unfehlbar die göttliche Gnade verursacht bzw. mitgeteilt. Tut er hingegen nicht, was die Kirche tut, in dem er – versehentlich oder absichtlich – vom wesentlichen Ritus der katholischen Kirche abweicht, dann ist das Sakrament „ungültig“ und es wird keine Gnade mitgeteilt.

Warum aber ist das so? Weil bei der Sakramentenspendung – das dürfen wir nie vergessen! – stets Christus der hauptsächlich Wirkende ist! – Weil Christus der eigentliche Spender der hl. Sakramente ist, deshalb ist die Wirksamkeit und Gültigkeit der Sakramente nicht abhängig von der Rechtgläubigkeit, dem sittlichen Zustand, oder einer unwirksamen, geheimen Gegenintention des menschlichen Spenders, der ja nur ein Werkzeug in der Hand Christi ist. Wenn er tut, was Christus angeordnet hat, dann wirkt Christus durch ihn – egal was er dabei denkt.

Diese Erkenntnis geht auf den hl. Augustinus zurück. In seinem Kommentar zum Johannes-Evangelium stieß der hl. Kirchenvater auf die Worte Johannes des Täufers, wo dieser seinen Jüngern erklärt hatte, woran der Messias zu erkennen sei: „Auf wen du den Geist herabsteigen und auf ihm bleiben siehst, Dieser ist es, der mit dem Heiligen Geist tauft“ (Joh. 1, 31-34). Das trat ein, als Jesus im Jordan getauft wurde, wobei der Heilige Geist in Gestalt einer Taube auf Ihn herniederkam. Dieser ist es, der mit dem Heiligen Geist tauft“! D.h. immer wenn der Heilige Geist bzw. eine übernatürliche Gnade mitgeteilt wird, dann geschieht das durch „Diesen“, den Messias; durch Christus. Der hl. Augustinus gibt daraufhin folgende berühmte und über die Wirkungsweise der Sakramente erhellende Ausführung: „Johanne_s [der Täufer] _sagt doch: ‚Dieser [Christus] ist es, der mit dem Heiligen Geist tauft.‘ … Mag also Petrus taufen, Dieser ist es, der tauft; mag Paulus taufen, Dieser ist es, der tauft; mag Judas [Iskariot] taufen, Dieser [Christus] ist es, der tauft.“„Es taufen, was den sichtbaren Dienst angeht, Gute wie Böse; unsichtbar aber tauft durch sie Jener [Christus], dessen sowohl die sichtbare Taufe, als auch die unsichtbare Gnade zu eigen ist“ (in Joan. tract. 6). An vielen Stellen seiner Schriften wiederholt der hl. Kirchenvater: „Christus ist es, der tauft.“ – In ähnlicher Weise schrieb auch der hl. Ambrosius: „Achte nicht auf die Verdienste der Personen, sondern auf die Ämter der Priester, nämlich auf die Verwaltung der Sakramente; denn Gott ist es gewohnt, auch durch Unwürdige zu wirken“ (myst. init. c. 5). Und der hl. Johannes Chrysostomus schließt sich ihm an: „Wegen des Lebenswandels des Priesters wird die Gnade nicht geschwächt.“ Vielmehr gilt das Wort des Völkerapostels: „Weder der ist etwas, welcher pflanzt, noch der, welcher begießt, sondern Gott, welcher das Wachstum gibt“ (1. Kor. 3, 7).

Der menschliche Priester spendet also nicht seine eigenen Sakramente. Christus ist es, der die Sakramente spendet. Der menschliche Spender ist immer lediglich das Werkzeug in der Hand Christi. Wenn der menschliche Spender also das „Werk“ (= lat. opus) Christi, d.h. das sakramentale Zeichen, ausführt indem er tut, was die Kirche tut, dann ist es eben Christus, der durch die Kraft des „gesetzten rituellen Werkes“ (= lat. opus operatum) unfehlbar auch die sakramentale Wirkung – nämlich die Gnade bzw. den sakramentalen Charakter – hervorbringt. Christus ist es der tauft. Christus ist es der von Sünden losspricht. Christus ist es, der die Wandlung bei der hl. Messe vollzieht. Christus ist es, welcher der Seele des Weihekandidaten jeweils den unauslöschlichen Charakter des Diakonates, des Priestertums bzw. des Episkopates einprägt. – Eine rein innerliche, verborgene Gegenintention eines (ungläubigen, freimaurerischen, betrügerischen) Spenders, welche keine äußere Auswirkung in Form einer erkennbaren Abweichung vom wesentlichen Ritus durch die Tat zeigt, kann Christus – den Herrn der Gnade und der Sakramente – nicht daran hindern, das Sakrament und seine Wirkungen im Empfänger hervorzubringen.

Wenn der König die Erlaubnis gibt, in seinen Palast einzutreten und aus seiner Schatzkammer nehmen zu dürfen, was immer einem gefällt, spielt es da eine Rolle, ob der Diener, der die Schatzkammer aufschließt, ein Gerechter oder ein Sünder ist? Ob der Diener daran glaubt, daß sich hinter der Tür, deren Schlüssel er besitzt, tatsächlich Schätze aus Gold, Silber und Juwelen befinden, oder nicht? Spielt es eine Rolle, ob dieser Diener in seinem Herzen die Absicht hat, die Tür zur Schatzkammer unbedingt verschlossen halten zu wollen, während er die Tür trotzdem aufschließt? Gewiß nicht!

Im 13. Jahrhundert haben Theologen für die Wahrheit, daß die Wirksamkeit der Sakramente nicht von der Rechtgläubigkeit, der Sündenlosigkeit oder der geheimen Absicht des Spenders abhängt, die Formulierung entwickelt: „Sacramenta operantur ex opere operato“. Wörtlich übersetzt: „Operantu_r“ = sie wirken; „_ex“ = aus; „opere operatum“ = aus dem gewirkten Werk, d. h. aus dem vollzogenen Ritus. Also: „Die Sakramente wirken kraft des vollzogenen Ritus.“ Die Formulierung „ex opere operato“ wurde dann zu einem „terminus technicus“ (Fachbegriff), den die Kirche in der Folge auf dem Konzil zu Trient (7. Sitzung, 1547) bei der definitiven Verurteilung einer protestantischen Irrlehre amtlich verwendet hat: „Wer sagt, durch die Sakramente des Neuen Bundes werde die Gnade nicht kraft des vollzogenen Ritus (ex opere operato) mitgeteilt…, der sei ausgeschlossen.“

Damit ist die Frage, ob der Spender eines Sakramentes dessen Wirkung vereiteln kann, obwohl er den wesentlichen Ritus der katholischen Kirche einhält, durch die Kirche definitiv und negativ beantwortet worden: Der richtig und ernsthaft vollzogene Ritus „wirkt aus sich selbst“ die im sakramentalen Tun versinnbildete und vor allem durch die sakramentale Form ausgedrückte übernatürliche Gnade im Empfänger.

Fassen wir nochmals kurz zusammen: Ein Sakrament wird gültig gespendet,

  1. wenn der Spender die erforderliche Vollmacht hat, das jeweilige Sakrament zu vollziehen. Abgesehen von der Taufe und der Ehe, muß dieser mindestens die priesterliche Vollmacht besitzen.
  2. wenn der Spender zurechnungsfähig ist und mit Ernst an die Sakramentenspendung herantritt.
  3. wenn der Spender Materie und Form in der Weise anwendet bzw. zusammenführt, wie die katholische Kirche es tut; d.h. wenn er den von der Kirche vorgegebenen wesentlichen Ritus einhält.

Es widerspräche ganz dem Zweck und der Notwendigkeit der Sakramente, wenn ihre Wirksamkeit vom Glauben, der Heiligkeit oder von der geheimen, innerlichen Absicht eines Spenders abhinge. Wie könnten sonst die Gläubigen über den gültigen Empfang der Sakramente sicher sein?

Durch die Wirkungsweise der Sakramente „ex opere operato“ hat Christus sichergestellt, daß die unsichtbare Gnade dem Empfänger auch tatsächlich mitgeteilt wird. Danken wir unserm göttlichen Erlöser, der in Seiner Weisheit die sieben hl. Sakramente so eingesetzt und abgesichert hat, daß wir sicher sein dürfen bei ihrem würdigen Empfang auch in den Genuß der unschätzbaren göttlichen Gnadenwirkungen zu kommen. Amen.

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