Zum Guten-Hirten-Sonntag
„Ich werde den Hirten schlagen“ (Mt. 26, 31)
Geliebte Gottes!
Das Bild des Guten Hirten, der sein Leben für die Schafe opfert, ist einzigartig schön und schließt sowohl die unermeßliche Größe also auch die herablassende Sanftmut der Liebe unseres Herrn Jesus Christus in sich. Am Kreuz gab Er Sein Leben für Seine Schafe hin. Aus Liebe überließ Er sich den Wölfen, damit wir leben. In den vierzig Tagen nach Seiner Auferstehung von den Toten machte sich der Gute Hirt auf die Suche, um die versprengten Schafe wieder unter sich zu einen. – Wir brauchen den Blick auf den Guten Hirten, der jedes einzelne Schaf wie auch die ganze Herde liebt, sie sammelt und sich für sie aufopfert, in den schweren Zeiten, die wir durchleben, ganz besonders. Bei Ihm finden wir Geborgenheit und Zuflucht.
Wenn wir uns hingegen in der sichtbaren Welt umschauen, so finden wir uns wohl eher in die Nacht des Gründonnerstags zurückversetzt. Auf dem Weg in den Ölgarten sagte Jesus damals zu Seinen Aposteln: „In dieser Nacht werdet ihr alle Anstoß nehmen an mir, denn es steht geschrieben: Ich will den Hirten schlagen, und die Schafe der Herde werden zerstreut werden“ (Mk. 14, 27). Wir müssen feststellen: Der Hirte ist heute geschlagen – der oberste Hirte. Sein Amt ist vakant. Der Apostolische Stuhl ist leer. Und die Herde hat sich zerstreut. Von der katholischen Kirche ist nicht mehr als ein kleiner „Rest Seiner Schafe“ (vgl. Jer. 23, 3) geblieben. „Denn die Hirten handelten töricht und suchten den Herrn nicht. Darum hatten sie keine Einsicht, und ihre ganze Herde wurde zerstreut“ (Jer. 10, 21).
Die Hirten handelten töricht und suchten den Herrn nicht
Am 8. Dezember 1965 wurde das sog. 2. Vatikanische Konzil geschlossen. Am Vortag hatte Paul VI. die Dokumente dieses Konzils feierlich promulgiert und damit rechtskräftig gemacht. Diese Dokumente beinhalten verurteilte Lehren, welche den Dogmen der katholischen Glaubenslehre direkt widersprechen.
Es ist aber klar, daß die Autorität der katholischen Kirche unmöglich Lehrsätze aufstellen und promulgieren kann, die dem katholischen Glauben entgegenstehen, die ihrer eigenen, früher erfolgten Lehrverkündigung widerspricht. Folglich kann Paul VI., als er die Irrtümer des sog. 2. Vatikanums als katholische Lehre verkündete, unmöglich kirchliche Autorität und damit auch kein kirchliches Amt – erst recht nicht das Papstamt – besessen haben. Im Dezember 1965 wurde vor aller Welt offenbar, daß Giovanni Battista Montini in Wirklichkeit niemals Papst gewesen sein konnte; daß er sich vielmehr den ersten Sitz erschlichen hatte, um die katholische Kirche nach Art der Modernisten durch pervertierte Neuerungen an die moderne, entchristlichte Welt anzupassen; daß er und sein Konzil von einem Katholiken zurückgewiesen und bekämpft werden muß. – Wie würde das Ergebnis dieses Kampfes aussehen? Worauf würde er hinauslaufen? – Die Antwort auf diese Frage lautete damals wie heute, daß das Ergebnis für uns noch nicht absehbar ist. Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder wird Gott die katholische Kirche wiederherstellen und wieder einen „normalen Zustand“ herbeiführen. Oder aber wir stehen unmittelbar vor dem Eintreten dessen, was die Bücher des Neuen Testaments angekündigt haben – nämlich das Auftreten des Antichrist und die darauffolgende Wiederkunft unseres Herrn zum Gericht. In diesem Fall würden wir keine Wiederherstellung des „normalen kirchlichen Lebens“ sehen. Das wären zwei denkbare Lösungen. Doch wissen wir nicht, was Gott beabsichtigt. Für uns ist es dafür um so wichtig bestimmte Wahrheiten des katholischen Glaubens präsent zu halten, damit wir uns in dieser Zeit, da wir mangels eines obersten Hirten „wie verirrte Schaft umherirren“ (1. Petr. 2, 25), einigermaßen zurechtfinden können.
1. Die katholische Kirche ist eine übernatürliche Einrichtung Gottes
Die erste Glaubenswahrheit lautet, daß wir an eine Kirche glauben, die von Gott gegründet ist und die durch Seinen übernatürlichen Beistand sowohl unfehlbar als auch unveränderlich ist. Wir glauben an die Gottheit Unseres Herrn Jesus Christus. Wir glauben, daß Er eine einzige Kirche gegründet hat. Wir glauben, daß diese Kirche, die Er gegründet hat, allein die römisch-katholische Kirche ist. Wir glauben, daß diese Kirche fortbesteht bis zum Ende der Zeiten, wie Er es gesagt hat. Und wir glauben, daß Er Seiner Kirche in einer Weise beisteht, daß ihre allgemeine Lehrverkündigung unfehlbar und ihre Disziplin heilig ist. Christus selbst stellt sicher, daß jeder, der sich dieser Kirche anschließt, ihre Lehren und Anordnungen befolgt, mit unfehlbarer Sicherheit sein ewiges Heil finden wird. Wir wären keine Katholiken, würden wir nicht an eine solche Kirche glauben. An eine Kirche, die auf übernatürliche Weise von Christus selbst, der ihr unsichtbares Haupt ist, geleitet und von Ihm in allem, was die Kirche wesentlich ausmacht, vor jeglichem Irrtum und vor jeder Verfälschung bewahrt wird.
Folglich müssen wir auch daran glauben, daß es eine substantielle Beständigkeit gibt sowohl in der kirchlichen Lehrverkündigung als auch in der Regelung der Glaubenspraxis durch die kirchliche Gesetzgebung. – Gott ist gänzlich unveränderlich. Gott ist die Wahrheit. Und somit kann sich auch die Lehre über die göttliche Wahrheit nicht ändern. So können weder die Glaubenslehre noch die Disziplin der katholischen Kirche wesentlich verändert werden. Gerade die unverbrüchliche Kontinuität der katholischen Lehrverkündigung und ihrer disziplinären Vorgaben für die Glaubenspraxis sind ein Zeichen für den göttlichen Beistand, den die katholische Kirche genießt. Sie ist ein Zeichen dafür, daß dann, wenn die Kirche offiziell und autoritativ zu uns spricht, Gott selbst zu uns spricht.
Der hl. Paulus spricht im Brief an die Epheser von der Reinheit und Heiligkeit der Kirche. Christus hat sich für Seine Braut, die Kirche, hingeopfert, „damit Er sich selbst die Kirche herrlich darstellte, ohne Makel, ohne runzle oder etwas dergleichen, vielmehr daß sie heilig und fleckenlos sei“ (Eph. 5, 27) Im 1. Timotheus-Brief nennt Paulus die Kirche das „Haus Gottes“ und die „Säule und Grundfeste der Wahrheit“ (1. Tim. 3, 15). Nichts von alledem fände sich an der Kirche, wenn nicht Gott sie gegründet und sie beständig vor aller Befleckung in Form von Irrtümern bewahren würde.
2. Der „große Abfall“ vom Glauben ist in der Heiligen Schrift vorhergesagt
Die zweite zu vergegenwärtigende Glaubenswahrheit lautet: Wir wissen aus der Heiligen Schrift, daß es am Ende der Zeiten einen großen Glaubensabfall geben wird, der dem Antichrist die Wege bereitet. In seinem 2. Brief an die Thessalonicher spricht der hl. Paulus ausdrücklich davon. Die Thessalonicher waren damals beunruhigt, weil sie meinten, das Ende der Welt stehe unmittelbar bevor. Der hl. Paulus machte die Gemeinde darauf aufmerksam, daß zuvor bestimmte Dinge eintreten müssen, bevor das Ende tatsächlich käme. Lesen wir die gesamte Passage:
„Wir bitten euch aber, Brüder! Bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus und unserer Vereinigung mit Ihm, daß ihr nicht so schnell wankelmütig werdet, noch euch erschrecken laßt, weder durch Geisteseingebungen, noch durch einen Ausspruch, noch durch einen Brief, als kämen diese von uns [den Aposteln], wie wenn der Tag des Herrn nahe bevorstehe. Niemand verführe euch auf irgendeine Weise, denn zuvor muß der Abfall kommen und der Mensch der Sünde [der Antichrist] offenbar werden, der Sohn des Verderbens, welcher der Widersacher ist und sich erhebt über alles, was Gott heißt oder göttlich verehrt wird, so daß er sich in den Tempel Gottes setzt und sich zur Schau stellt, als sei er Gott. Erinnert ihr euch nicht, daß ich euch dies gesagt habe, als ich noch bei euch war? – Auch das, was jetzt noch hemmt, kennt ihr, daß es sich offenbare zu seiner Zeit. Denn das Geheimnis der Bosheit ist bereits wirksam; nur daß der, welcher es jetzt aufhält, aufhalte, bis er hinweg geräumt wird. Und alsdann wird jener Ruchlose [der Antichrist] offenbar hervortreten, doch der Herr Jesus wird ihn töten mit dem Hauche seines Mundes und zunichte machen durch den Glanz seiner Ankunft. – Dessen [des Antichrist] Ankunft erweist sich gemäß der Wirksamkeit des Satans in jeglichem Krafterweis und trügerischen Zeichen und Wundern, und in allem Trug der Ungerechtigkeit für die, welche verlorengehen, weil sie die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen haben, um errettet zu werden. Deshalb wird Gott den Trug auf sie wirken lassen, daß sie der Lüge glauben, damit alle gerichtet werden, welche der Wahrheit nicht geglaubt, sondern der Ungerechtigkeit Beifall geschenkt haben“ (2. Thes. 2, 1-12).
Dieses Kapitel beinhaltet zahlreiche bemerkenswerten Dinge. Da wäre zuerst der Hinweis: „Das Geheimnis der Bosheit ist bereits wirksam“ (2. Thes. 2, 7). Diese Worte schreibt der hl. Paulus in den 50-er Jahren des ersten Jahrhunderts! Denn schon vom ersten Augenblick ihrer Existenz an läuft die Hölle und die Macht des Teufels Sturm gegen die katholische Kirche, um das Licht der Wahrheit in ihr auszulöschen. Die ganze Zeit sind die Kräfte der Finsternis wirksam, doch gibt es etwas, „das jetzt noch hemmt“ (2. Thes. 2, 6); einen, der das Geheimnis der Bosheit „jetzt aufhält“ (2. Thes. 2, 7). Was anderes kann den Ansturm der Hölle aufhalten, als jener Felsen – der Petrus – welcher als Fundament der Kirche, des Leuchtturmes der göttlichen Wahrheit, eben dazu von ihrem göttlichen Stifter gesetzt ist, damit „die Pforten der Hölle sie nicht überwältigen“ (Mt. 16, 18)? Durch die christlichen Jahrhunderte hindurch hat der in seinen Nachfolgern fortlebende Petrus durch sein unfehlbares Lehramt den Ansturm der Hölle stets hemmen und aufhalten können. Aber der hl. Paulus spricht auch von einer Zeit, in der Gott es zulassen wird, „daß der, welcher es jetzt aufhält, aufhalte, bis er hinweg geräumt wird“ (2. Thes. 2, 7). Wie könnte der Fels der Wahrheit beseitigt werden? Warum sollte Gott so etwas zulassen? Die Frage nach dem „Warum“ beantwortet uns der hl. Paulus unmittelbar: „weil sie [die Menschen] die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen haben, um errettet zu werden. Deshalb wird Gott den Trug auf sie wirken lassen, daß sie der Lüge glauben“ (2. Thes. 2,10 f.). Insbesondere die Zeit der Moderne, also die Epoche beginnend mit der Reformation, dann aber insbesondere ab der Französischen Revolution zeichnet sich durch ihren Naturalismus, ganz besonders durch ihre verstockte Gottlosigkeit aus. Alles Übernatürliche wurde „wissenschaftlich“ wegerklärt und als „mittelalterlicher Wunderglaube“ verspottet. Die moderne, gottlose Welt, in der wir leben, ist ein Produkt der Menschen, welche „die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen haben, um errettet zu werden“. Und „deshalb wird Gott den Trug auf sie wirken lassen, daß sie der Lüge glauben“, indem Er dasjenige, was den Ansturm der Lügen Satans aufhält, „hinweg räumen“ läßt.
Im Ölgarten, als der „Gute Hirte“ hinweg genommen wurde, um ans Kreuz geschlagen zu werden, da ließ Gott es zu, um überhaupt die Erlösung des Menschengeschlechts zu ermöglichen. Die Hinwegräumung des „obersten Hirten“ vor dem „großen Abfall“ hingegen ist eine Strafe Gottes, weil die aufgeblasenen Menschen der Moderne in ihrer Verblendung Seine Erlösung verworfen haben. – Nun bleibt noch die Frage nach dem „wie“? Wie konnte es gelingen, den obersten Hirten zu schlagen und das Papstamt auszuschalten? Ja, geht das überhaupt? Der hl. Paulus gibt auf die genauen Umstände keine eindeutige Antwort. Er sagt wörtlich lediglich, daß der Papst „ἐκ μέσου γένται“, was im Lateinischen mit „de medio fiat“ und im Deutschen mit „aus der Mitte [weggenommen] wird“ (2. Thes. 2, 7) wiedergegeben werden muß. Die Zurückschau macht es uns heutigen Katholiken möglich, dem genialen Plan des Teufel einigermaßen nachzuspüren. Die zentrale Stellung des Papstamtes gehört zweifelsohne zur unveränderlichen Natur der Kirche. Eine gänzliche Zerstörung desselben könnte Gott nicht zulassen. Es konnte Satan also nur erlaubt werden, das Papstamt zu blockieren, d.h. auf unbestimmte Zeit zu verhindern, daß ein Papst gewählt wird. Gewalt und Verfolgung wären zu offensichtliche Mittel, um eine Papstwahl hinauszuzögern. Auch würden Repressionsmittel lediglich eine kurzanhaltende Vakanz garantieren können. Viel effektiver ist es stattdessen, ein Scheinpapsttum, das sich fortdauernd selbst reproduziert, einzuschleusen, so daß die glaubensschwache Christenheit gar nicht die Notwendigkeit erkennt, daß endlich wieder ein wahrer Papst gewählt werden muß. Durch die Modernisten, denen es als erster Gruppierung von Häretikern gelungen ist, unbemerkt in den Reihen der Kirche zu bleiben, um diese von innen heraus umzugestalten, wurde es möglich, den „Lauf durch die Institutionen“ anzutreten und mit Angelo Roncalli erstmals einen Modernisten (Theosophen und Freimaurer) als Scheinpapst Johannes XXIII. im Zentrum der Kirche, in „der Mitte“, zu positionieren und somit durch dessen und seiner Nachfolger Personalpolitik langfristig die Wahl eines Katholiken zum Papst zu verhindern. So erscheint der Papstthorn besetzt zu sein, obwohl er doch leer ist. Und so ist es gesichert, „daß der, welcher es [das Geheimnis der Bosheit] jetzt aufhält“, auf unbestimmte Zeit „hinweg geräumt“ (2. Thes. 2, 7) bleibt. Das ist das eigentliche Meisterstück Satans! Vielleicht deutet das auch die Umschreibung des Völkerapostels an, daß derjenige, der Satans Ansturm aufhält, „aus der Mitte (weggenommen) wird“, indem an die Stelle des zentralen „Ecksteines“ (Ps. 117, 21) ein Kuckucksei gelegt wurde, das immerfort neue Kuckuckseier produziert, aber keinen Eckstein, keinen Petrus-Felsen. Seither war jedenfalls der Weg frei, um die Reformen Satans durchzuführen, um dem Antichrist die Wege zu bereiten. Und das alles geschah unter dem aufbrandenden Beifall der ganzen Weltöffentlichkeit.
Werfen wir nochmals einen Blick auf den Grund, wie es dazu kommen konnte: „weil sie [die Menschen] die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen haben“ (2. Thes. 2, 10). Was charakterisiert unser Zeitalter mehr, als daß es die Wahrheit nicht liebt? Man kann die Wahrheit verkünden, und nichts geschieht. Es ist so als würde man gegen eine Wand reden. Die meisten unserer Zeitgenossen lieben die Wahrheit nicht. Insbesondere seit der Kulturrevolution von 1968, deren Fußvolk heute mit dem Anstrich, konservativ zu sein, die obersten Ämter in Politik und Gesellschaft bekleidet, werden all jene christlichen Wahrheiten verachtet, die uns von früheren Jahrhunderte getreu überliefert wurden. Deshalb läßt Gott Lügen und Irrtümer auf sie einwirken – als eine Strafe! Mit anderen Worten: Gott straft die Menschen, welche die Liebe zur Wahrheit nicht haben, indem Er sie den Irrtümern aussetzt, nach denen sie verlangen, damit „sie der Lüge glauben.“ Es gibt vielleicht keine bessere Beschreibung der Konzilskirche. Die Novus-Ordo-Religion ist das Produkt der Auflehnung gegen die göttliche Wahrheit, damit „sie der Lüge glauben.“ Das deckt sich mit der Lehre des hl. Augustinus, der sagt, daß Gott dem Sünder, der so sehr in seiner Sünde verhärtet ist, daß er Gottes Wahrheit widersteht, all das gewährt, womit er sündigen kann, damit er weiter sündige. Gott straft, indem er den Sünder sich selbst und seiner Sünde überläßt! Der Novus-Ordo ist genau das. Die Konzilskirche ist genau die Kirche, die sich der moderne Mensch wünscht. Alle Irrtümer und sittlichen Exzesse, denen er Beifall klatscht, werden in der Novus-Ordo-Religion gutgeheißen oder toleriert. Das ist schrecklich! – Doch noch furchtbarer ist, was darauf folgt. Gott läßt das zu „damit alle gerichtet werden, welche der Wahrheit nicht geglaubt, sondern der Ungerechtigkeit Beifall geschenkt haben“ (2. Thes. 2, 12).
Den Lesern, die diese Worte vom „Beifall für die Ungerechtigkeit“ als einem Massenphänomen vielleicht vor fünfhundert, dreihundert oder noch vor hundert Jahren gelesen haben, müssen die Gedanken des Völkerapostels überaus dunkel und unvorstellbar erschienen sein. Für uns sind sie das nicht mehr. Wir sehen es jeden Tag mit Händen greifbar vor unseren Augen.
3. Die Feinde der Kirche im Inneren der katholischen Institutionen
Der dritte Gedanke, den wir gut verstanden haben müssen, ist der, daß die Feinde der Kirche stets versucht haben, die katholische Kirche von innen heraus zu transformieren und ihren gottlosen Vorstellungen gemäß zu verändern. Sowohl die Freimaurer als auch insbesondere die Modernisten strebten danach, solange wie möglich unerkannt das Gift ihrer Irrlehren im Innern der kirchlichen Institutionen zu verbreiten. Sie ermunterten sich gegenseitig, indem sie einander zuriefen: „Bleib in der katholischen Kirche. Trenne dich nicht von ihr, sondern wandle sie von innen heraus um. Mache sie der moderne Welt gleichförmig.“ Und als der hl. Papst Pius X. die Modernisten mit seiner Enzyklika „Pascendi“ demaskierte und sie versuchte aus der Kirche zu bannen, bestärkten sie einander um so mehr. „Taucht unter! Bleibt in der Kirche! Denn alle Exkommunikationen und Lehrschreiben der Welt werden unsere Macht nicht mehr aufhalten können. Wir haben uns bereits heimlich die Posten ergattert, um die Kirche in etwas umzuformen, das der Welt von heute entspricht.“ Die Modernisten sagten es damals schon und geben es heute offen zu. Das war ihr Plan. Sie zogen die Köpfe ein, hielten sich so lange unter dem Radar der Überwachung durch das kirchliche Lehramt, bis 1958 mit dem Tod Papst Pius‘ XII. die Luft rein war.
Sowohl die Heilige Schrift als auch die tatsächlichen Ereignisse der jüngeren Kirchengeschichte ermöglichen es uns zu erkennen, daß wir uns nicht etwa irgend etwas einbilden. Es war zu erwarten, daß es genau so kommen mußte, wie es gekommen ist: Diese schreckliche Verwüstung des kirchlichen Lebens von innen heraus, durch Feinde, die sich im Inneren verbargen und ihre Institutionen vergiftet haben. Der Glaubensgeist hatte bis Mitte des 20. Jahrhunderts bereits soweit abgenommen, daß die Zeit reif war für die Transformation der katholischen Einrichtungen in die neue „Religion des Menschen“. Damit wurde die Bahn frei für den „großen Abfall“, der sich in der Nachkonzilsära bis heute in steigendem Maß in aller Welt bemerkbar macht.
Der hl. Paulus sagt, daß die große Apostasie die Voraussetzung bildet für das Auftreten des Antichrist: „zuvor muß der Abfall kommen und der Mensch der Sünde [= der Antichrist] offenbar werden“ (2. Thes. 2, 3). So wie unser Herr, der wahre Christus, nicht in einer Welt auftreten konnte, die nicht auf Seine Ankunft vorbereitet war, genauso kann auch der Antichrist nicht kommen, ehe die Menschheit auf sein Kommen vorbereitet wurde. Die Gründung des Volkes Israel, der alttestamentliche Kult, das Gesetz des Alten Bundes und die Prophezeiungen waren Vorbereitungsmaßnahmen Gottes auf die Ankunft des göttlichen Erlösers. Die Propheten waren Ihm Wegbereiter. Das alles mußte geschehen, damit Jesus Christus von den Menschen erkannt werden und bei ihnen Aufnahme finden konnte. – Dementsprechend bietet unsere Zeit, welche Tag für Tag immer weiter in sittlicher Entartung und geistiger Stumpfheit versinkt, zusehends eine passende Kulisse für das Auftreten des Anti-Christus. Auch er hat seine Propheten und Wegbereiter. Ja, es ist sogar nicht unwahrscheinlich, daß die moderne Welt den Antichrist in gleicher Weise herbeisehnen wird, wie das auserwählte Volk die Ankunft des Erlösers vor 2000 Jahren herbeisehnte.
Was wir derzeit sehen, ist die Erfüllung von Prophezeiungen, die unsere Zeit betreffen. Es sollte uns eigentlich nicht erschrecken. Denn es handelt sich selbst dabei um einen Beweis für die Göttlichkeit der Kirche, daß diese Weissagungen tatsächlich so vor unseren Augen eintreffen. Hätte man vor 100 Jahren behauptet, der Papst könne seinen Segen dazu geben, daß etwa unbußfertige Ehebrecher zu den Sakramenten zulassen werden; daß Ehen im Eilverfahren für nichtig erklärt würden; daß Homosexuelle nicht getadelt werden, sondern den kirchlichen Segen empfingen – hätte man vor 100 Jahren behauptet, all das könne im Namen der katholischen Kirche, im Namen Jesu Christi, gutgeheißen werden, so hätte man voller Empörung zu hören bekommen: Das ist unmöglich! Das kann nicht geschehen! – Heute sehen wir, daß unter der Ägide dessen, den die ganze Welt für den Stellvertreter Christi hält, all das sehr wohl möglich ist und auch geschieht. Die Feinde der Kirche scheinen am Ziel. Sie scheinen die Kirche umgewandelt zu haben. Doch das ist falsch. Sie haben eine neue Kirche geschaffen, die nicht die katholische Kirche ist. Wie sich bei einer Sonnenfinsternis der Mond vor die Sonne schiebt und so die Sonne verdeckt, so hat sich die Konzilskirche an die Stelle der katholischen Kirche geschoben, um den Erdkreis zu verfinstern. Genau das muß die Gottesmutter 1846 bei ihrer Erscheinung in La Salette gemeint haben, als sie von der bevorstehenden „Verfinsterung der Kirche“ sprach. Sie verwandte dabei den Ausdruck „Eklipse“, also „Sonnenfinsternis“. Wie bei einer Sonnenfinsternis von der Sonne lediglich ein kleiner Rand, die sog. Corona, sichtbar bleibt, so findet sich die katholische Wahrheit, der katholische Kult und die katholische Disziplin an den Rand gedrängt – doch nur solange, bis der verfinsternde Mond wieder weichen muß ...
4. Der göttliche Beistand wird in der Unveränderlichkeit der katholischen Kirche offenbar
Vierter Grundsatz: Die katholische Kirche hat ihre übernatürliche Ausstattung durch ihre doktrinelle und disziplinäre Beständigkeit bewiesen. Sie ist immer dieselbe geblieben, obwohl sie im Laufe ihrer langen Geschichte sowohl von innen als auch von außen zahlreiche Anfeindungen ausgesetzt war. Die Kirche wurde jedoch gerade durch diese Bedrängnisse gleichsam zu einem glänzenden, funkelnden Diamanten verdichtet, der in seinem Wesenskern hart, unzerstörbar und unwandelbar gleich bleibt. Gerade durch die zahlreichen Anfeindungen hat sie sich als die eine wahre Kirche Jesu Christi erwiesen, weil sie trotz allem, in ihrem Kern absolut unerschütterlich blieb.
Im Gegensatz dazu braucht man nur auf die Protestanten zu schauen. Sie sind in kürzester Zeit in unzählige Splittergruppen und Sekten zerfallen, von denen jede etwas anderes glaubt. Warum? Die Protestanten haben keinen obersten Hirten, der den göttlichen Beistand genießt. Bei den protestantischen Religionsführern handelt es sich lediglich um ganz „normale Menschen“, ohne göttlichen Beistand. Genauso sind auch die Konzilspäpste ganz „normale Menschen“. „Normale Menschen“ fallen aber in die größten Irrtümer, wenn es um Religion geht. Das ist normal! Schauen wir auf die großen Zivilisationen der Vergangenheit. Etwa auf die Ägypter, oder auf die Babylonier, die Griechen und Römer. Obwohl sie in vielerlei Hinsicht – etwa in der Baukunst, in der staatlichen Organisation, in der Wissenschaft und Philosophie bewundernswertes geleistet haben, sind sie in Fragen der Religion von einer Torheit in die nächste geraten. Sie beteten Tiere an, opferten der Sonne, schlachteten Tiere, um aus ihren Eingeweiden den Ausgang einer Schlacht vorherzusagen. Absurd! Was haben sie für unsinnige Dinge geglaubt! Und das, obwohl sie auf vielen anderen Gebieten der Kultur und Wissenschaft genial waren. Menschen fallen in religiösen Fragen so leicht in Irrtümer. Das ist für unsere gefallene Natur normal!
Einzig die katholische Kirche ist nahezu zwei Jahrtausende hindurch beständig dieselbe geblieben, weil sie beständig von einem mit Gottes Beistand ausgestatteten obersten Hirten gelehrt, geheiligt und regiert wurde. Heute können wir sehen, was passiert, wenn dieser, die Herde einende oberste Hirte über einen längeren Zeitraum fehlt. Die Schafe zerstreuen sich. Die katholische Christenheit zerfällt in die verschiedensten Strömungen und Sekten. Das ist „normal“! – An uns ist es, den unveränderlichen Diamanten der katholischen Wahrheit zu bewahren. Dem treu zu bleiben, was die Päpste uns als unwandelbare Lehre und Disziplin der katholischen Kirche hinterlassen haben. Nur so können wir katholisch bleiben. Deshalb noch ein letzter Gedanke.
5. Gottes Lösung und unsere Aufgabe
Weil die katholische Kirche den übernatürlichen Beistand Gottes besitzt, wird die Lösung unserer heutigen Probleme, wie auch immer sie aussieht, allein von der Gnade Gottes herrühren. Die Lösung wird nicht durch unsere menschlichen Anstrengungen zustande kommen. Wir dürfen also nicht mit menschlichen Augen auf die Kirche blicken und rein menschliche Berechnungen anstellen. Die katholische Kirche ist übernatürlichen Ursprungs. Sie ist eine göttliche Einrichtung und deswegen müssen wir auch auf übernatürliche Weise, d.h. mit den Augen des Glaubens auf sie blicken.
Folglich dürfen wir uns selbst in der aussichtslosesten Lage unter keinen Umständen auf irgendwelche Kompromisse einlassen. Die sog. Konservativen haben das von Anfang an getan, und auch die Traditionalisten der Lefebvre-Bewegung tun es, indem sie den Novus Ordo und seine Hierarchie als die katholische Kirche anerkennen. Sie lassen es zu, daß die glasklaren, heiligen und göttlichen Wahrheiten, welche von der Kirche durch Jahrhunderte hindurch im Namen Gottes verkündet wurden, in ein und demselben Buch mit all den schmutzigen Lügen, unsinnigen Irrtümer und verpesteten Erklärungen des sog. 2. Vatikanums zusammengebunden, als katholische Glaubenslehre präsentiert und den Seelen zur Annahme vorgelegt werden. „Man meint es doch gut mit uns“, sagen sie, „Wir wollen das 2. Vatikanum im Lichte der Tradition lesen, damit wir es als katholisch anerkennen können. So dürfen wir hoffen, eine traditionelle Seitenkapelle in der ökumenistischen Superkirche zugewiesen zu bekommen. Laßt uns bloß nicht mit dem Novus Ordo brechen! Laßt uns endlich Frieden schließen!“ Das ist die Lösung der Konservativen und der Traditionalisten. Es ist eine menschliche Lösung! Keine göttliche! Sie ist menschlich und bloß naturalistisch, als könne man über die Dinge des göttlichen Glaubens wie in der Politik Verhandlungen führen und sich diplomatisch auf einen Kompromiß einigen. Es kommt uns nicht zu, Kompromisse mit Irrlehrern zu machen. Wir sind keine Diplomaten, sondern Gläubige!
Unsere Aufgabe ist es, Katholiken zu bleiben! Das ist unsere Pflicht! Deshalb kann unser kompromißloser Standpunkt einzig lauten: Die Doktrinen des sog. 2. Vatikanums können nie und nimmer als katholisch durchgehen! Sie stellen eine schreckliche Diskontinuität in der Glaubensverkündigung dar und sind deshalb der katholischen Glaubenslehre durch und durch fremd! Aus diesem Grund müssen sie vollständig verworfen und verdammt werden, und zwar zusammen mit den Männern, die sie promulgiert haben!
So wie unser Immunsystem, wenn es einen Krankheitserreger wahrnimmt, keine Kompromisse macht, sondern zum Angriff übergeht und das Übel bekämpft, tötet und ausscheidet, genauso reagiert die Kirche auf gefährliche Lehren. Es ist eine gesunde Reaktion, wenn sie angreift, kämpft und dem Irrtum die Stirn bietet, statt sich liebenswürdig und freundlich auf Halbheiten einzulassen. Der vorhandene Kampfgeist ist immer ein Indiz dafür, inwieweit der Glaubensgeist (noch) vorhanden ist. Darin manifestiert sich auch heute noch die Unveränderlichkeit der katholischen Kirche. Deshalb ist es so wichtig für uns darin fortzufahren. Wir müssen unsere „Liebe zur Wahrheit“ und die Treue zum unserem göttlichen „Guten Hirten“ offen bekennen und die damit in Verbindung stehenden Schwierigkeiten opferbereit auf uns nehmen.
Konkret bedeutet das: Wir müssen nicht nur überleben, sondern auch immer bessere Katholiken und damit immer geeignetere Werkzeuge für Gottes Vorsehung werden. Wir müssen bestrebt sein, uns würdig zu machen! Gott wird sich nur geeigneter Werkzeuge bedienen, die Seiner würdig sind! Folglich können wir nur so den Plänen Gottes, der Kirche und dem Heil der Seelen nützlich sein, wenn wir uns für Ihn bereit halten, um Seinen Namen wie auch immer zu verherrlichen. Genauso hat Er sich der Apostel und der anderen Heiligen bedient – zur Verherrlichung Seines Namens.
Entscheidend sind dabei nicht die Zahlen! Für Gott haben Zahlen keinerlei Bedeutung. Als die Israeliten zur Zeit der Richter gegen die Übermacht der Madianiter kämpfen mußten, gelang es Gideon immerhin, ein Heer von 30.000 Mann aufzustellen. Doch 99 Prozent dieser Streitmacht ließ Gott wieder wegschicken, weil Sein göttliches Auge sie für unwürdig erachtete, in Seinem Namen zu kämpfen. Er erwählte lediglich 300 Männer (vgl. Ri. 7, 1-8). Doch durch Seinen Beistand vernichteten diese wenigen das riesige Heer Madians. Zahlenverhältnisse spielen für Gott also keinerlei Rolle.
Das gleiche gilt auch für die Zeit. „Ein Tag bei dem Herrn ist wie tausend Jahre, und tausend Jahre sind wie ein Tag“ (2. Pt. 3, 8). Wenn Gott fünf Brote und zwei Fische augenblicklich derart vermehren kann, daß, selbst nachdem eine Menschenmenge von 5000 Männern gesättigt wurde, noch zwölf Körbe voll übrigbleiben, wie sollte es für Ihn nicht ein Leichtes sein, aus ein paar Katholiken ein große Kirche erstehen zu lassen? Unsere Aufgabe ist es also nicht, irgendeine naturalistische Lösung für die heutige Krise zu ersinnen oder nach irgendwelchen Privatoffenbarungen Ausschau zu halten, die uns absurder Weise wissen lassen wollen, mit welchen Vorkehrungen wir den Weltuntergang überstehen können. Unsere Aufgabe ist es, geläuterte Instrumente zu sein bzw. zu werden. Instrumente, derer sich Gottes Vorsehung bedienen kann – wenn es Ihm gefällt, wann es Ihm gefällt, wofür es Ihm gefällt und solange es Ihm gefällt.
Es ist an uns als „kleine Herde“ und „kleiner Rest“, voll vertrauender Hoffnung und opferbereiter „Liebe zur Wahrheit“ auszuharren, bis der Tag kommt, an dem uns die göttliche Vorsehung entweder wieder einen „obersten Hirten“ schenken wird oder es aber der „Gute Hirt“ selbst sein wird, der auf den Wolken des Himmels, mit großer Macht und Herrlichkeit kommt, um durch Sein Gericht die Menschheit ein für allemal zu scheiden „wie ein Hirte die Schafe von den Böcken scheidet“ (Mt.25, 32). Bis Gott die Lösung bringt dürfen wir uns an der Verheißung unseres Herrn trösten, die zweifelsfrei wie auch alle anderen Seiner Worte gewiß eintreten werden: „Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn es hat eurem Vater gefallen, euch das Reich zu geben“ (Lk. 12, 32). Amen.