Fest des Unbefleckten Herzens Mariä
Im Strahlenkreis des Unbefleckten Herzens Mariä
Geliebte Gottes!
Am Patronatsfest unsere Kapelle sei es erlaubt, einige Worte zum Lob des Unbefleckten Herz der Gottesmutter an Sie zu richten. Schon am Fest Mariä Himmelfahrt haben wir von Maria als von der Frau gehört, die mit der Sonne bekleidet ist (vgl. Offb. 12,1). Wie es für einen Künstler, etwa für einen Maler, keine geringe Herausforderung darstellt das hellglänzende Licht der Sonne getreulich auf der Leinwand darzustellen, ebenso schwierig ist es die Vollkommenheit des Unbefleckten Herzens der Gottesmutter in Worten gebührend zu schildern. Doch sind gerade die geschaffenen Dinge der natürlichen Welt, da sie ja in gewisser Hinsicht ein Spiegel der Vollkommenheit Gottes sind, bestens geeignet, um die übernatürlichen Geheimnisse der Gnadenwelt zu erkennen und zu deuten. Um dem Geheimnis des Unbefleckten Herzens Mariä nachzuspüren soll uns gerade das Licht der Sonne als Vergleich dienen. Der Heilige Geist selbst hat diesen treffenden Vergleich schon im Hohelied des Salomon gewählt und von Maria bezeugt: „Auserkoren ist sie wie die Sonne“ (Hl. 6, 10). Drei Eigenschaften des Sonnenlichtes finden sich auch am Herzen der Unbefleckten Gottesgebärerin: 1. es erleuchtet, 2. es erwärmt und 3. es belebt.
Das Herz Mariä erleuchtet
Das Sonnenlicht erleuchtet das natürliche Auge und macht es uns so erst möglich, die Welt durch den Gesichtssinn wahrzunehmen. Ohne Licht bleibt alles finster. Ohne Licht vermag selbst das schärfste Auge nichts zu sehen. Ohne Licht keine Erkenntnis. Das gilt nicht nur für den Bereich der Sinneswahrnehmung, sondern auch für den geistigen Bereich. Gott hat dem Menschen bei seiner Erschaffung das Licht der Erkenntnis mitgeteilt, in dem er Ewiges und Vergängliches erkennen kann. Der erste Mensch war anfänglich in der Lage irrtumslos zu erkennen, was einen wahren Wert hat und was im Bezug auf sein ewiges Ziel wertlos ist. In diesem Licht erkannte er, daß er einzig nach dem höchsten ewigen Gut trachten muß und alles Vergänglich geringschätzen muß. Er wußte, daß er die Wertmaßstäbe nicht verwechseln darf, daß er nicht das Geschöpf wie den Schöpfer lieben und Gott außer Acht lassen darf.
Aber die Sünde verdunkelte dieses Licht. Seit der Erbsünde wandeln die Menschen in Finsternis und wie Christus sagt: „Wer in der Finsternis wandelt, der weiß nicht, wohin er geht“ (Joh. 12, 35). Wie vielen Menschen geht es gerade heute so. Sie wissen nicht woher sie kommen. Sie wissen nicht wohin sie gehen. Sie kennen den Sinn und Zweck ihres Lebens nicht. Und warum? Weil sie in Finsternis wandeln. Ja, mehr noch. Weil sie die Finsternis, nämlich die Sünde, lieben und das Licht der göttlichen Wahrheit hassen. „Denn jeder, der Böses tut, haßt das Licht und kommt nicht zum Licht“ (Joh. 3, 20). Der Sünder sagt zu Gott: „Geh weg von uns – die Erkenntnis deiner Wege wollen wir nicht“ (Job 21, 14). Deshalb ist es nicht überraschend, wenn dem modernen Menschen, der sich von Gott verabschiedet hat die Maßstäbe fehlen zwischen richtig und falsch, zwischen gut und böse, zwischen recht und unrecht zu unterscheiden. Da bleibt nur noch, daß alles gleich ist. Obwohl sich die moderne Regenbogenkultur in ihrem Gleichheitswahn so farbenfroh und kunterbunt präsentiert, sitzt sie doch in tiefster Finsternis bar allen himmlischen Sinnes.
Das Unbefleckte Herz Mariens zerstreut diese Finsternis. Das Herz der Gottesmutter ist das hellleuchtendste Gestirn aus Gottes Schöpferhand. Ihr Herz ist glasklar vom reinen Licht der göttlichen Gnade und Wahrheit durchflutet. Es ist wie eine Kristallkugel, die ins Licht der göttlichen Sonne gehalten wird. Dieses Herz wird dadurch gleichsam eine zweite Sonne, um andere zu erleuchten. Wenn die Verehrung des Unbefleckten Herzens Mariä in das Leben eines Sünders Eingang findet, so ist es, als ob die Morgenröte des ewigen Tages der göttlichen Gerechtigkeit und Liebe in diesem elenden Sündenleben aufginge. Es wird mild erleuchtet. Wie viele Bekehrungen haben genau damit begonnen, daß ein Sünder, der vielleicht ganz vom Weg des ewigen Heiles abgeirrt war, etwa zum Rosenkranz gegriffen hatte und immer wieder aufs Neue der Gottesmutter einen geistigen Kranz zu ihrem Lobpreis geflochten hat, einen Kranz, der ihr Unbeflecktes Herz schmückt. Und Maria läßt nichts unvergolten. Im Licht ihres Unbefleckten Herzens beginnt der Mensch den Schmutz der Sünde im Innern seiner Seele, den Wert der ewigen Güter und die Nichtigkeit alles Vergänglichen zu erkennen. Mehr und mehr erleuchtet Maria die innere Finsternis bis nicht nur der grobe Schmutz sondern sogar der Staub der kleinsten Unvollkommenheiten wahrgenommen wird. Auf diese Weise wird durch dieses unbestechliche Licht alles Sündhafte entzaubert und der Seele alles sittlich Mangelhafte klar zu Bewußtsein gebracht. Wie das Glühwürmchen nur in finsterer Nacht schön ist, indem es leuchtet und uns durch sein faszinierendes grünliches Glühen in Bann schlägt, hingegen am hellichten Tag als ein gemeiner Käfer ohne Glanz erscheint, so haben die vergänglich Dinge nur in der Nacht der Sünde und der Unwissenheit einen verführerischen Glanz, der jedoch vom Licht des Unbefleckten Herzens Mariä entzaubert und zum Verschwinden gebracht wird.
Das Herz Mariä erwärmt
Die bloße Erkenntnis allein genügt dem Menschen auf seinem Weg zu Gott jedoch noch nicht. Er muß sein Herz auch zur Gottesliebe erwärmen. Der hl. Paulus schreibt im Römerbrief: „Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unseren Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist“ (Röm. 5, 5). In keinem Menschenherzen hat sich dieser Satz mehr bewahrheitet als im Unbefleckten Herzen der Gottesmutter. Vom ersten Augenblick ihrer Empfängnis ist sie von Gott geliebt, hat sich in ihr Herz die Gnadenfülle Gottes wie ein feuriger Sturzbach ergossen, bis sich ihr der Heilige Geist vollkommen hingegeben hatte in dem Augenblick als er sie überschattet hat und ihren jungfräulichen Schloß fruchtbar werden ließ. Die Liebe Gottes ist ausgegossen in ihr Herz.
Die Sünde hingegen löscht die Flamme der Gottesliebe im Herzen des Menschen aus. Die Liebe zu Gott erkaltet. Statt dessen lodert ein anderes Feuer im Herzen des Sünders. Das sündhafte Feuer der ungeordneten Begierlichkeit. Es verströmt eine schneidende Kälte gegen alles Göttliche und himmlisch Übernatürliche. Das Feuer der Gier versetzt die Herzen derer, die es erfaßt, in eine Schockstarre, welche es in zunehmendem Maß unempfänglich werden läßt für jeden wärmenden Einfluß der helfenden Gnade Gottes, die den Sünder zur Bekehrung ruft, die ihn einlädt seine Werke Gott zuliebe zu tun. Diese schneidende Kälte aber geht im Tod über in die beißenden Flammen des ewigen Feuers. Denn, wenn das Feuer der göttlichen Liebe in diesem Leben nicht wieder in der Seele des Menschen entzündet wird, so ist es sein Schicksal des unbußfertigen Sünders ewig im Feuer des göttlichen Zornes zu brennen und dabei doch sein Herz in alle Ewigkeit nicht mehr erwärmen zu können.
Wendet sich der Mensch aber zu Maria, der „Mutter der schönen Liebe“ (Sir. 24, 24), dann wird der Rauhreif seines erstarrtes Herz von den Strahlen ihres Unbefleckten Herzens zum Schmelzen gebracht, so wie das Eis im Licht der wärmenden Sonne zerfließt. Ihr reinstes Herz ist wie ein glühender Feuerofen, in dem die heilige Flamme der Gottesliebe und der Liebe zu uns lodert. In dieser Liebe wünscht sie nichts sehnlicher, als daß auch unser Herz in der heiligen Liebe zu Gott entbrenne, daß wir uns an ihrem Unbefleckten Herzen, in welches die Liebe Gottes so vollkommen eingegossen ist, erwärmen.
Das Herz Mariä belebt
Nachdem wir anhand des Sonnenlichtes die erleuchtende und wärmende Kraft des Unbefleckten Herzens Mariä erkannt haben bleibt uns noch die dritte Eigenschaft desselben davon abzuleiten – seine belebende Kraft. Ohne die Sonne wäre die Erde eine leblose Wüste. Die kargen Gebiete der nordischen Länder innerhalb des Polarkreises geben uns eine Vorstellung davon. Gefrorener Boden. Unfruchtbares Land. Entsprechend wäre unsere innerliches Leben beschaffen, würde der Boden unserer Seele nicht durch das Sonnenlicht der göttlichen Gnade zu übernatürlicher Fruchtbarkeit erweckt werden.
Der Heilige Geist ist die Quelle der Gnade und damit die Quelle aller verdienstlichen Werke, die wir in Seiner Gnade tun. Der Heilige Geist weht bekanntlich wo Er will. Er teilt jedem mit wie Er es will. Er wirkt nicht nur das Wollen im Menschen, sondern auch das Vollbringen. Sein vollkommenstes Werk ist ohne Zweifel das Wunder der Menschwerdung des göttlichen Sohnes im Schoß der allerseligsten Jungfrau, als Er die zweite göttliche Person aus dem Blut Mariens einen Leib gebildet hat, mit dem Gott selbst als Mensch unzählige Wohltaten wirken konnte. Über ihre persönlichen Werke hinaus, die unter allen Geschöpfen an Vollkommenheit unübertroffen dastehen, sind aus dem Unbefleckten Herzen Mariä also gewissermaßen auch noch die edelsten und vollkommensten Werke, die Werke des Gottmenschen Jesus Christus hervorgegangen. Was für eine Fruchtbarkeit! Welch übernatürlicher Reichtum! Das heiligste Herz Mariä ist für uns wie eine belebende Sonne. Durch ihr Vorbild und durch das Vorbild ihres göttlichen Sohnes, werden wir angeregt, dieselben edlen Früchte der Tugend hervorzubringen. Wer das Unbefleckte Herz Mariens ehrt, auf den wird der Heilige Geist wohltätig seine belebenden Strahlen ausgießen. Da wird sich ohne Zweifel neues geistliches Leben in der Seele dieses Menschen regen, entfalten und seine kostbaren Früchte für die ewige Ernte bringen.
Im Strahlenkreis des Unbefleckten Herzens
So mögen wir, liebe Gläubige, die wir uns Woche für Woche unter dem Patronat des Unbefleckten Herzens Mariä hier in dieser Kapelle versammeln dürfen; mögen wir uns von diesem lichtdurchfluteten Herz erleuchten lassen und durch den Einfluß Mariens alle Finsternis der Sünde aus unserem Leben vertreiben. Gebe Gott, daß wir uns von der Liebe ihres Herzens erwärmen lassen und alle Kälte, alles Ungastliche, was Gott mißfallen könnte in unserer Seele auflösen in einer immer vollkommeneren und glühenderen Hingabe an Seinen Willen. Ja, und möge die Sonne des Herz der Unbefleckten unser Leben fruchtbar werden lassen, damit der Herr des Weinbergs am großen Erntetag, also in der Stunde unseres Todes, herrliche Trauben der Tugend ernten kann, an deren süßen Wein wir uns in Ewigkeit erfreuen dürfen. Bitten wir die Gottesmutter unter dem Titel ihres Unbefleckte Herz in dieser heiligen Messe ganz besonders um ihr Licht, ihre Wärme und ihr Leben. Amen.