Von Johannes, dem Wegbereiter

Geliebte Gottes!

Die Sonntagsevangelien der Adventszeit sind vor allem von einer Person geprägt; von dem gewaltigen Prediger und Wegbereiter des Herrn; von Johannes, dem Täufer. Wie er einst dem Erlöser den Weg bereitete, so soll er noch jetzt und bis ans Ende der Welt alle zum Erlöser hinführen. Er ist der von Gott berufene Adventsprediger aller Zeiten. Christus selbst stellt ihn uns vor. Johannes ist nicht wie ein Rohr, das vom Wind hin und her getrieben wird, sondern er ist unbeugsam und fest. Er ist nicht in weichliche Kleider gehüllt, sondern ist ein strenger Büßer, ein Held der Entsagung und Selbstüberwindung. Aber er ist noch mehr. Der Heiland selbst versichert: „Ich sage euch, unter den vom Weibe Geborenen gibt es keinen größeren Propheten als Johannes den Täufer.“ (Lk. 7,28).

„Von Gott gesandt.“

Wie alle Gerechten und Gottesfürchtigen des Alten Bundes nach dem Erlöser Ausschau hielten und in Stille darauf hofften, daß ihr Geschlecht und ihre Generation durch Ihn besonders begnadet werde, so war es auch bei dem Priester Zacharias und seiner Gattin Elisabeth. Der hl. Lukas berichtet: „In den Tagen des Herodes, des Königs von Juda, lebte ein Priester mit Namen Zacharias aus der Priesterklasse des Abias. Sein Weib war aus dem Geschlechte Aarons und hieß Elisabeth. Beide waren gerecht vor Gott und wandelten untadelig in allen Geboten und Satzungen des Herrn.“ (Lk. 1,5). Wenn es schon von dem Greisen Simeon, der vom Evangelisten ebenfalls als „gerecht und gottesfürchtig“ charakterisiert wird, heißt, „er harrte auf den Trost Israels“ (Lk. 2,25), wie sollte es da bei Zacharias und Elisabeth anders gewesen sein? Doch gerade das war ihr großer Kummer: „Sie hatten kein Kind, denn Elisabeth war unfruchtbar, und beide waren hochbetagt.“ (Lk. 1,7). Über ihren Schmerz konnte ihnen nichts hinweghelfen, nicht der Segen an zeitlichen Gütern, an denen sie reich waren, noch das hohe Ansehen, in dem sie standen. Umso herrlicher war aber schließlich die Erhörung.

Einst, so berichtet der hl. Lukas, versah Zacharias vor Gott den priesterlichen Dienst im Tempel. Dem Brauch der Priesterschaft folgend betrat er das Heiligtum, um dort vor dem großen Vorhang das Rauchopfer darzubringen. Da erschien ihm zur Rechten des Rauchopferaltares ein Engel des Herrn. Zacharias erschrak. Da sprach der Engel: „Fürchte dich nicht, Zacharias, dein Gebet ist erhört worden! Elisabeth, dein Weib, wird dir einen Sohn schenken; den sollst du Johannes nennen. Du wirst Freude und Wonne haben, und viele werden sich über seine Geburt freuen. Denn er wird groß sein vor dem Herrn; Wein und starke Getränke wird er nicht trinken und schon im Mutterschoß vom Heiligen Geiste erfüllt sein. Viele von den Kindern Israels wird er zu ihrem Herrn und Gott bekehren und er wird vor Ihm hergehen im Geiste und in der Kraft des Elias, … dem Herrn ein williges Volk zu bereiten.“ (Lk. 1,13 ff.). Was für eine Botschaft! Was für eine Verheißung! So wunderbar, daß sie selbst der fromme Priester nicht fassen konnte! „Woher soll ich erkennen, daß dies geschehen wird?“, entgegnet er und fügt seinen Zweifel hinzu: „Ich bin alt und mein Weib ist hochbetagt.“ (Lk. 1,18). Trotz aller Frömmigkeit ist sein Glaube an die Macht Gottes schwach. Er fehlte, denn wenn Gott spricht, ist auch der leiseste Zweifel Sünde, der die Strafe auf dem Fuße folgt. So erwiderte der Engel: „Ich bin Gabriel. Ich stehe vor Gott und bin gesandt …, dir diese frohe Botschaft zu bringen. Siehe, weil du aber meinen Worten nicht geglaubt hast, deshalb wirst du stumm sein und nicht reden können bis auf den Tag, da diese Dinge in Erfüllung gehen werden, zu ihrer Zeit.“ (Lk. 1,20).

Wie lange diese Strafe dauerte und die Erfüllung auf sich warten ließ, verschweigt das Evangelium. Erst bei der Verkündigung an Maria erfahren wir davon und daß Johannes ein halbes Jahr älter war als der menschgewordene Gottessohn. Aber schon in diesem halben Jahr erfuhr er, noch im Mutterschoß, die verheißene Heiligung durch den Besuch der Gottesmutter. Als dann die Zeit gekommen war, erhielt Elisabeth den verheißenen Sohn. Ihre Freude und Dankbarkeit über dieses Wunderkind muß riesengroß gewesen sein. Auch ihre Nachbarn und Verwandten freuten sich (vgl. Lk. 1,58). Man wollte dem Kind der damaligen Sitte gemäß erst den Namen seines Vaters geben. Doch „Nein“, entgegnete seine Mutter, „Johannes soll es heißen!“ (Lk. 1,6ß). Darüber verwunderten sich alle, da dieser Name in der ganzen Verwandtschaft des Zacharias unbekannt war. Man winkte dem Zacharias und fragte ihn. Dieser verlangte ein Schreibtäfelchen und schrieb darauf: „Johannes ist sein Name!“ (Lk. 1,63). Ein trefflicher Name! Denn der Name „Johannes“ bedeutet „Gnade Gottes“. Und in der Tat war er ein besonders Gnadengeschenk des Allerhöchsten. – Und noch im selben Augenblick löste sich die Zunge des Zacharias. Er konnte reden und lobte Gott. Alle aber, die von diesen Dingen hörten, dachten in ihrem Herzen: „Was wird wohl aus diesem Kind werden? Denn die Hand des Herrn ruht auf ihm!“ (Lk. 1,66).

Ja, Johannes war „von Gott gesandt“. (Joh. 1,16). Darum jenes großartige Lob- und Danklied des überglücklichen Zacharias, das die Kirche jeden Morgen in den Laudes anstimmt: „Benedictus Dominus Deus Israel! – Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels! Er hat sein Volk heimgesucht und erlöst, hat ein Horn des Heiles uns aufgerichtet im Hause Davids, seines Knechtes, wie Er von alters her verheißen hat!“ (Lk. 1,68 f.). – Von Johannes aber weissagte Zacharias in überströmender Freude: „Und du, Kind, wirst ein Prophet des Allerhöchsten genannt werden, denn du wirst vor dem Angesicht des Herrn einhergehen, Ihm den Weg bereiten und Sein Volk zur Erkenntnis des Heiles führen!“

Dies erfolgte jedoch ganz anders, als es Menschen vermuten konnten. Das Kind folgte nicht dem Vater in den Tempel zu Jerusalem und blieb auch nicht bei der Mutter, um durch sie mit der Mutter des Erlösers und mit Jesus selbst bekannt zu werden, sondern der zu einem kräftigen Jüngling herangewachsene Johannes folgte dem Rufe Gottes in die Einsamkeit. Wie schon der Prophet Malachias (3,1) und der Prophet Isaias (40,3) verkündet hatten, verließ Johannes, kaum daß er herangewachsen war, die Geborgenheit seines Elternhauses und zog in die Wüste von Judäa, um sich in einem lebenslangen Nasiräat einzig dem kommenden Erlöser zu weihen. – Was von der Kunst der Renaissance so lieblich dargestellt wurde – die beiden Kinder Jesus und Johannes im Spiel miteinander –, entspricht nicht den historischen Tatsachen. Sagte doch Johannes später am Jordan ausdrücklich: „Ich kannte Ihn nicht“ (Joh. 1,33). Nichtsdestotrotz werden die beiden Jungen, auch wenn sie getrennt voneinander aufwuchsen, oft, vielleicht pausenlos, aneinander gedacht haben und auf diese Weise in Gedanken miteinander gespielt haben, ohne daß sie sich persönlich begegneten. Wie der Psalmist, so konnte auch Johannes von sich und Christus sagen: „Wenn ich auf meinem Lager Deiner gedenke, in durchwachten Nächten mein Sinnen Dich sucht … Da klammert sich meine Seele an Dich, und Deine Rechte hält mich umfangen.“ (Ps. 62,7.9). „Stehe ich auf, so bin ich noch bei Dir!“ (Ps. 138,18). Wie der Engel verheißen, führte Johannes in der Wüste ein Leben der Entäußerung: Er trug ein Kleid, gewoben aus rauem Kamelhaar, das von einem derben Ledergürtel zusammengehalten wurde, und ernährte sich von Heuschrecken und dem Honig wilder Bienen.

Der Führer zu Christus

Mit dreißig Jahren, als man bei den damaligen Israeliten als Mann ernstgenommen wurde, trat Johannes nicht aus eigenem Antrieb, sondern auf Befehl Gottes (vgl. Lk. 3,2) in einer ganz neuen, unerwarteten Art aus seiner Verborgenheit hervor. Von den unwirtlichen Berghöhen und steinigen Schluchten der Wüste Juda stieg er in das tiefe Jordantal hinab, um dort an den Furten und Brücken den Menschen zuzurufen: „Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe! Bereitet den Weg des Herrn, macht gerade Seine Pfade! Jedes Tal soll ausgefüllt und jeder Berg und Hügel abgetragen werden; was krumm ist, soll gerade, was uneben, soll ebener Weg werden!“ (Mt. 3,2 ff.). Sein Auftreten mußte an die rauhen Prophetengestalten aus der Zeit der israelitischen Könige erinnern und großes Aufsehen erregen. In Scharen strömten die Leute aus allen Volksschichten zum Jordan hinab, um seine Worte zu hören und sich vor ihm zu beugen, wenn er sie zum Zeichen ihrer Umkehr in die Fluten des Jordans tauchte, weshalb Johannes schnell „der Täufer“ genannt wurde. Für jeden hatte Johannes das passende Wort. Mild und mahnend für die einen, streng warnend und drohend für die anderen. Am schärfsten aber für jene, die glaubten, der Buße nicht zu bedürfen. „Ihr Schlangenbrut“, schleuderte er den Pharisäern und Sadduzäern entgegen, „wer hat euch gelehrt, dem kommenden Strafgericht zu entgehen? Bringet daher würdige Früchte der Buße und sprechet nicht: ‘Wir haben Abraham zum Vater!’ … Die Axt ist schon an die Wurzel der Bäume gesetzt! Ein jeder Baum, der nicht gute Früchte bringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen!“ (Lk. 3,7 ff.).

Da kam, nachdem Johannes etwa ein halbes Jahr am Jordan seine Stimme erhoben und Tausende in dessen Wassern getauft hatte, auch Jesus von Nazareth und verlangte nach seiner Taufe. „Ich habe nötig, von Dir getauft zu werden, und Du kommst zu mir!“ (Mt. 3,13) rief Johannes erstaunt aus. Zunächst wollte er sich in Demut weigern, doch Jesus bestand darauf, und Johannes konnte nicht anders, als zu gehorchen. Als aber Jesus wieder aus dem Wasser herausstieg, da sah Johannes aus dem geöffneten Himmel den Heiligen Geist in Taubengestalt herabschweben und er hörte die Stimme des Vaters: „Dieser ist Mein geliebter Sohn, an dem Ich Mein Wohlgefallen habe.“ (Mt. 3,17). Von da an wußte Johannes, für wen er die Menschen bisher um sich gesammelt hatte und wen er fortan als den Messias zu verkünden hatte. So sprach er nämlich zu seinen Jüngern: „Ich kannte Ihn nicht; aber der, welcher mich gesandt hat, mit Wasser zu taufen, sprach zu mir: Über wen du den Geist herabsteigen sehen wirst und über Ihm verweilen, dieser ist es, der mit dem Heiligen Geiste tauft. Und ich habe gesehen und habe Zeugnis gegeben, daß dieser der Sohn Gottes ist.“ (Joh. 1, 33 f.). Mit dem hageren Zeigefinger wies Johannes seine Jünger auf Jesus hin: „Seht, das Lamm Gottes!“ (Joh. 1, 36) und führte dem Heiland die ersten Apostel zu.

Um Jesus zu erhöhen, erniedrigte sich Johannes fortan zutiefst. Und das war auch notwendig. Denn Johannes trat auf, wie sich das Volk einen Heiligen vorstellt: abgetötet, wortgewaltig und allein Gott ergeben. Das brachte einige seiner Zuhörer auf den Gedanken, er selber könnte der verheißene Messias sein. Sie wollten ihm huldigen. Dagegen wehrte sich Johannes energisch: „Ich bin nicht Christus!“, rief er entsetzt aus, als man ihn fragte. Und er fügte hinzu: „Ich bin nicht wert, Ihm die Schuhriemen aufzulösen! Ich taufe mit Wasser! Er aber wird euch mit dem Heiligen Geist taufen!“ ( vgl. Joh. 1,20 ff.). Hierauf verließ ihn ein beträchtlicher Teil seiner Jünger, um sich dem Heiland anzuschließen. Dem Johannes mißfiel das Zurücktreten und das Versinken in der Bedeutungslosigkeit nicht im Geringsten. Im Gegenteil! Ganz anders war das bei seinen treuergebensten Anhängern. Diesen mißfiel der schwindende Glanz ihres Meisters. Als ihm diese eifersüchtigen Jünger von dem größeren Zulauf Jesu berichteten, da wies er Johannes mit vielen Worten zurecht: „Jener muß wachsen, ich muß abnehmen!“ (Joh. 3,30). Er freute sich über jeden Erfolg, der ihm von Jesus gemeldet wurde, und trauerte über jeden Widerstand, auf den der Messias stieß.

Keineswegs müde setzte er indes seine Bußpredigt fort. Sogar dem Vierfürsten Herodes Antipas suchte er auf und erklärte ihm freimütig: „Es ist dir nicht erlaubt, das Weib deines Bruders zu haben.“ (Mt. 14,4). Mit diesen kühnen Worten machte sich der furchtlose Wegbereiter des Herrn weniger Herodes selbst zum Feind – dieser hörte ihn gern – als vielmehr die Herodias. Diese war nämlich eigentlich mit Philippus, dem Stiefbruder des Herodes Antipas, verheiratet. Bei einer Romreise des Antipas ließ sie sich zur Untreue gegen ihren Gemahl verleiten und heiratete Antipas, der gleichzeitig auch noch ihr Onkel war. Diesen Makel der Blutschande prangerte Johannes an, was ihm das Verlies der Bergfestung Machärus jenseits des Toten Meeres bescherte. Doch war seine Haft nicht so streng, daß er nicht durch seine Schüler von den Vorgängen im Land, besonders von den Wundern Jesu, hörte. Das weckte in ihm das Verlangen, selbst in Ketten weiter für Jesus zu wirken, und er sandte, wie wir soeben im Evangelium gehört haben, zwei von seinen Jüngern, die vielleicht am meisten an Johannes hingen und sich am schwersten getan haben, Jesus als den von Gott gesandten Messias anzuerkennen, damit sie sich anhand seiner zahllosen Wunder davon überzeugten, daß an dem bescheidenen Mann aus Nazareth die Vorhersagen der Propheten in Erfüllung gingen. Doch bald schon sollte er sein Leben beschließen.

Herodes hatte die Vornehmen seines Reiches zu einem Gelage versammelt. Auch Salome, die Tochter seiner Konkubine Herodias, war dabei und tanzte. Herodes wurde so von ihrer Darbietung berauscht, daß er ihr schwor: „Begehre von mir, was du willst, ich werde es dir geben, und wäre es auch die Hälfte meines Reiches!“ Das Mädchen beratschlagte sich mit seiner Mutter, wonach sie die blutrünstige Forderung erhob: „Ich will, daß du mir sogleich auf einer Schüssel das Haupt Johannes des Täufers gibst.“ (Mk. 6,25). Herodes wurde traurig, aber wegen des Eides und aus Furcht, das Gesicht vor seinen Gästen zu verlieren, wollte er die Bitte nicht abweisen. Die Kerkertür des Täufers öffnete sich und der Henker trat ein. Dann brachte er das blutende Haupt auf einer Schüssel und gab es dem Mädchen. Dieses aber überbrachte es seiner rachsüchtigen Mutter. – Schließlich kamen die Jünger des Johannes, holten den Leichnam und begruben ihn in Sebaste, der alten Hauptstadt Samaria.

So hat Johannes der Täufer frühzeitig, früher noch als Jesus es tun würde, mit gut dreißig Jahren sein Leben auf ruhmvolle Weise abgeschlossen. Er hatte seine Pflicht erfüllt, den Lauf vollendet, den Glauben bewahrt. Die Juden zu Jesus zu führen, dazu war er berufen, dafür hatte er gelebt. Diesen Auftrag hatte er vollbracht. Bereitwillig konnte er sein Haupt auf den Richtblock legen und den Todesstreich empfangen.

Der überzeitliche Wegbereiter

Sünde und Versuchung lasten noch immer furchtbar auf allen und richten in einem fort gräßliches Unheil an. Geht nicht alles Elend auch unserer Tage, samt und sonders, auf die Sünde zurück, die Johannes so entschieden bekämpft hat?

Damals wie heute tritt Johannes auf und weist uns auf den Erlöser von den Sünden hin: „Sehet das Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünde der Welt!“ Christus allein, das Opferlamm für die Sünden, schafft die Sünde und damit den Urquell allen Übels aus der Welt! Er gibt den Frieden des Herzens und begründet auch den gesellschaftlichen und den internationalen Frieden! Er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben (vgl. Joh. 14,6). „In keinem anderen ist Heil, denn es ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, wodurch sie selig werden können!“ (Apg. 4,12). Das ist die Wahrheit! Alles andere ist Lüge und Täuschung! Der Weisung des Johannes müssen auch wir Folge leisten! Zu Christus müssen wir gehen! Wie? Auf dem Weg des Glaubens, auf dem Weg des Gebetes, auf dem Weg der Buße, auf dem Weg der gnadenhaften Vereinigung im Allerheiligsten Sakrament. Nur so erfüllt sich auch an uns, was der Prophet Isaias sagt: „Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, den Bewohnern der Landschaft des Todesschattens geht ein Licht auf!“ (Is. 19,2).

Ferner müssen auch wir uns demütigen! Nichts widersteht Gott so sehr wie die Selbstgerechtigkeit, der Stolz, die lieblose Rachsucht. Haben wir nicht auch allen Grund, demütig zu sein? Was können wir aus uns anderes als sündigen? Die Hartnäckigkeit des Sünders gründet meist auf der Verblendung und führt ins Verderben. Die Demut des Büßers hingegen gründet auf wahrer Selbsterkenntnis und führt zur Barmherzigkeit Gottes. „Ein Opfer vor Gott ist ein betrübter Geist; ein zerknirschtes und gedemütigtes Herz wirst du, o Gott, nicht verschmähen.“ (Ps. 50, 19).

Schließlich müssen wir dieser Tage auch für unsere begangenen Sünden Genugtuung leisten. Das ist der Kern der Johannespredigt: „Tut Buße!“ „Bringet würdige Früchte der Buße!“ Wir sollen Gott Sühne leisten durch den Empfang der hl. Sakramente, durch die Übung guter Werke, durch den Verzicht auf Annehmlichkeiten und die bereitwillige Annahme aller Übel, die Gott uns zu unserer Besserung schickt. Dazu bemerkt der hl. Papst Gregor d. Gr.: „Weil wir aber gesündigt haben, weil wir durch häufige Übung des Bösen schon in schlimme Gewohnheiten verstrickt sind, so soll er [der Täufer] uns sagen, was wir tun müssen, um dem zukünftigen Zorn zu entfliehen. Er sagt: ‚Bringet also würdige Früchte der Buße!’ Hier ist wohl zu beachten, daß der Freund des Bräutigams uns ermahnt, nicht nur Früchte, sondern würdige Früchte der Buße zu bringen. Denn es ist ein großer Unterschied, Früchte der Buße oder würdige Früchte der Buße zu bringen. […] Wenn (aber jemand) in die Sünde […] gefallen ist, der muß auch in erlaubten Dingen so viel Abbruch tun, als er zuvor Unerlaubtes getan hat. Denn die Früchte guter Werke dürfen nicht gleich sein bei dem, der wenig, und bei dem, der viel gesündigt hat; oder bei dem, der in gar keine, und bei dem, der nur in einige, und bei dem, der in zahlreiche Sünden gefallen ist. Durch die Mahnung: ‚Bringet würdige Früchte der Buße’, wird jeder im Gewissen verpflichtet, sich durch die Buße umso reichere Schätze an guten Werken zu erwerben, je größeren Schaden er sich durch die Sünde zugefügt hat.“ (hom. in Ev. 20; PL 76,1163 f.).

Erfüllt vom Geiste Jesu Christi

Ja, ist Johannes der Täufer nicht wirklich der Adventprediger aller Zeiten? Ist nicht vor allem sein Leben eine wunderbare Predigt? „Er wird viele“, so hat es der Erzengel Gabriel gesagt, „von den Kindern Israels zu ihrem Herrn und Gott bekehren.“ Sollen nicht auch wir uns zu diesen Glücklichen gesellen?

Versuchen also auch wir, wieder ganz konsequent durch entschlossene Selbstverleugnung und Kreuztragen in die Nachfolge Christi zu treten. Demütigen wir uns! Widersagen wir der Sünde. So bereiten wir die Wege des Herrn. Dazu müssen wir den geraden Weg der Gerechtigkeit verfolgen. Jedes Tal der Trägheit, der Saumseligkeit, der Lieblosigkeit muß ausgefüllt werden; und jeder Berg und Hügel des Stolzes, der Eigenliebe, der Selbstgerechtigkeit muß unbedingt abgetragen werden. Die krummen Pfade der Lüge, der Täuschung, vor allem der Selbsttäuschung müssen begradigt werden. Niemand sei, der nicht eine würdige Adventsbeichte vorbereitet und ablegt. Während wir unsere Augen vor der Welt verschließen, wollen wir sie für die Bedürfnisse des Nächsten öffnen und uns um Aufmerksamkeit, Rücksichtnahme, Hilfsbereitschaft und Zuvorkommenheit bemühen. So beschreiten wir die Pfade, die uns Johannes der Täufer gewiesen hat.

Als der Heiland einige Zeit nach dem Tod des Johannes die Apostel bei Cäsarea-Philippi fragte, für wen die Leute den Menschensohn hielten, da antworteten sie Ihm: „Einige für Johannes den Täufer, andere für Elias, andere aber für Jeremias oder einen der Propheten.“ (Mt. 16,14). Die Leute damals, selbst seine Mörder, konnten offenbar nicht an den Tod des Täufers glauben. Sie meinten, in Jesus sei er wiederauferstanden und lebe in Ihm fort. In Wirklichkeit war es umgekehrt. Der Täufer war zeitlebens ganz beseelt vom Geiste Jesu Christi. Ihm war er ganz hingegeben. Ihn hat er geliebt bis zum Letzten. Die Beseelung mit dem Geiste Christi war jedoch ein Werk der allerseligsten Jungfrau Maria, denn sie hatte den ungeborenen Johannes bei ihrem huldvollen Besuch bei ihrer Base in die Nähe ihres göttlichen Kindes getragen, so daß Johannes mit dem Heiligen Geist erfüllt wurde.

Bitten wir die allerseligste Jungfrau, daß sie auch uns die Gnade erwirke, ganz vom Geiste Christi erfüllt zu werden. Dann mag man auch von uns berechtigterweise sagen, daß durch die Gesinnung Jesu Christi in uns auch der hl. Johannes fortlebt in unseren Herzen. Amen.

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