Vorbereitung auf die Ehe

Geliebte Gottes!

Die Ehe ist eine wichtige Einrichtung. Sie ist von Gott im Paradies geschaffen und von unserem göttlichen Erlöser Jesus Christus, als ein Abbild Seiner eigenen Verbindung mit der hl. Kirche, zur Würde eines Sakramentes erhoben worden. Die Ehe ist eine heilige und unauflösliche Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau, die in Form eines Vertrages dem jeweils anderen Gatten das Recht auf den eigenen Körper überträgt. Es sind daher die Brautleute selbst, die einander das Ehesakrament im Angesicht Gottes spenden und es voneinander empfangen. Sie tun es, indem sie – was zur Gültigkeit erforderlich ist – vor ihrem Pfarrer oder einem bevollmächtigten Priester und zwei Trauzeugen erklären, daß sie einander zur Ehe nehmen wollen. Durch das hl. Sakrament der Ehe empfangen Braut und Bräutigam die übernatürlichen Gnaden, die sie dazu befähigen einander heiligmäßig zu lieben, treu zusammenzuleben und ihre Kinder christlich zu erziehen.

Notwendigkeit der Vorbereitung

Die Ehe ist etwas Großes, etwas Heiliges, etwas Geheimnisvolles. Alle großen Dinge im Leben erfordern eine hinreichende Vorbereitung. Der Schul- oder Studienabschluß verlangt intensives Studium. Die Berufsausbildung dauert jahrelang. Ja, selbst der Führerschein kann nicht im Vorbeigehen erworben werden. Nur auf die Ehe meinen viele Menschen sich nicht vorbereiten zu müssen. Wenn man ins Kloster eintritt, muß man mit dem Postulat, dem Noviziat und der zeitlichen Profeß verschiedene Stufen durchlaufen, ehe man zu den ewigen Gelübden zugelassen wird. Auch der Priesteramtskandidat muß im Laufe seines Studiums mehrere Weihstufen erklimmen und sich dabei sowohl jene Kenntnisse als auch Tugenden aneignen, die ihn dazu befähigen, später segensreich als Priester wirken zu können. – Alle hohen und wichtigen Dinge bedürfen einer gewissen Vorbereitung. Sollte es da bei der Ehe etwa anders sein? Sollte man sich auf das, was das ganze Leben ausfüllen soll, nicht ebensogut vorbereiten? Gewiß! Nur wie?

Die Ausbildung und Bewahrung der eigenen Persönlichkeit

Die entfernte Vorbereitung auf die Ehe findet schon sehr früh im Leben statt, nämlich in der Zeit der Kindheit und Jugend. Schon dort wird nämlich das Fundament der eigenen Persönlichkeit gelegt. Viele Menschen gehen in die Ehe, ohne sich zu den Persönlichkeiten ausgebildet zu haben, die fähig sind, einen anderen anzunehmen, zu tragen, höher zu führen und auch bisweilen zu ertragen. Diese Fähigkeiten werden im Kreis der eigenen Familie schon als Kind und Jugendlicher erworben. – Man geht immer als derjenige in die Ehe, der man in der Kindheit und in der Jugend geworden ist. Die Tugenden der Selbstbeherrschung, der Hochachtung, der Dankbarkeit, der Nachsicht, der Demut, der Geduld, der Höflichkeit und der Keuschheit, sind zu einem harmonischen Zusammenleben unerläßlich. Leider sind viele, allzu viele aus den verschiedensten Gründen in ihrer Jugendzeit nicht zu den Persönlichkeiten geworden, die befähigt wären einen Ehegatten an ihrer Seite zu wissen, ihn zu ertragen und ihn wahrhaft zu lieben. Viele Ehen werden deshalb unglücklich, weil ein Teil oder beide die dafür notwendige persönliche Reife nicht erlangt haben.

In den Jahren der Jugend ist ferner von den Eltern darauf zu achten, daß ihre Kinder nicht zu früh anfangen, Bekanntschaften zu schließen. Was würde man sagen, wenn ein Schuljunge zum Spielen mit seinen Kameraden scharfe Schußwaffen verlangen würde, mit denen Soldaten in den Krieg ziehen könnten? Man wird sagen: Du gehörst auf die Schulbank, nicht auf das Schlachtfeld. Mit einer Wasserpistole kannst du spielen, aber nicht mit einem Gewehr oder einer echten Pistole. – Was aber soll man davon halten, wenn Teenager, die fast noch Kinder sind, die noch zur Schule gehen, die zwar schon alt genug sind, um zu sündigen, aber noch viel zu jung, um ernsthaft an eine Heirat zu denken; wenn also solche Teenager anfangen, miteinander auszugehen, händchenhaltend durch die Straßen flanieren und beieinander zu übernachten? Was ist dazu zu sagen? Es ist zu sagen, daß solche Tändeleien eine große Gefahr für Jugendliche darstellen und sie verderben. Sie sind oft das Grab der Unschuld und ein Lockmittel zur Sünde. Sie suggerieren ihnen, daß das Spiel mit dem Herz eines anderen ein abwechslungsreicher Spaß sei, was sich fatal auf den Charakter eines jungen Menschen auswirkt. – Deshalb ist einerseits von den Eltern in der Erziehung darauf zu achten, ihre Kinder zu ehefähigen Persönlichkeiten heranzubilden und vor schlechten Einflüssen zu schützen. Andererseits ist jeder, der sich mit dem Gedanken trägt eine Ehe eingehen zu wollen, selbst gefordert, sich in der Übung der vorhin genannten Tugenden zu befleißigen, um sich für die Ehe tauglich zu machen.

Die wohlüberlegte Gattenwahl

Die zweite Stufe der Vorbereitung ist die wohlüberlegte Gattenwahl. – Viele Ehen werden ohne überlegte Wahl geschlossen. Man hat sich verliebt. Man hatte vielleicht Torschlußpanik. Man ließ sich von Eltern, Freunden und Bekannten nichts sagen. Man hat sich nicht beraten. Deshalb wurde die Ehe voreilig, zumeist aus rein äußerlichen Gründen geschlossen, ohne zu bedenken, daß die Gefühle und das Äußere vergehen, hingegen die Ehe aber ein Bund fürs Leben ist.

Wovon soll man die Gattenwahl also nicht abhängig machen? – Man soll sie nicht abhängig machen von rein äußerlichen Faktoren: die körperliche Erscheinung, die Schönheit des Gesichtes, die Figur und Statur, das Haar, der Klang der Stimme oder andere körperliche Eigenschaften. Zweifelsohne ist die Schönheit von Gott gegeben und von Gott gewollt. Aber Gestalt und Schönheit des Körpers vergehen. Die Ehe aber dauert.

Nicht geeignet, um eine wohlüberlegte Gattenwahl zu treffen, ist ferner die Leidenschaft. Beteuerungen zwischen Verliebten sind stürmisch. Liebesschwüre sind glühend. Aber nichts schwindet so schnell dahin wie die Leidenschaft. Eine Mutter wollte von ihrer bis über beide Ohren verliebten Tochter wissen, woran sie erkenne, daß ihr Verehrer sie so heiß und innig liebe. Das Mädchen antwortete: „Nun, er sagt zu mir: Mein Häschen, mein Mäuschen, mein Spatz!“ Dem entgegnete die Mutter: „O, das kenne ich, später werden die Tiere dann immer größer werden!“ Die Leidenschaft vergeht, aber die Ehe besteht. Deshalb darf man nicht die Ehe auf die Leidenschaft bauen. Die Leidenschaft ist jedoch nicht nur unbeständig. Sie beeinträchtigt auch die Urteilskraft, die gerade in der Frage der Partnerwahl von größter Bedeutung ist. Die rosaroten Wolken vernebeln die Vernunft und machen, insbesondere wenn sich dazu auch noch der Rausch der sinnlichen Begierde gesellt, eine wohlüberlegte Gattenwahl unmöglich. Deshalb ist die voreheliche Keuschheit so wichtig. Die Keuschheit muß vor der Ehe nicht nur bewahrt werden, weil ihre Verletzung sündhaft ist, sondern auch um klar denken zu können. Die körperliche Vereinigung knüpft auf der Ebene der Leidenschaften ein Band, welches stärker ist als Vernunftüberlegungen. Wie viele sind nicht schon kurz nach der Hochzeit aufgewacht und sahen sich von den eigenen Leidenschaften betrogen? Sie stellen fest, daß sie eigentlich gar nicht zusammen passen. Wie konnte das geschehen? Warum haben sie das nicht schon früher gemerkt? Antwort: Weil sie ihre Vernunft mittels sexueller Leidenschaften berauscht hatten. Ein nüchternes Urteilsvermögen ist aber für eine gute Partnerwahl unerläßlich. – Nicht ausschlaggebend für die Gattenwahl dürfen ferner sein: Geld, Besitztümer oder Stellung und Position. Man heiratet nicht ein Bankkonto, sondern einen Menschen. Man geht keine Ehe mit einem Doktortitel ein, sondern mit einer Persönlichkeit. Wie wir noch sehen werden, ist die materielle Grundlage für eine Ehe zwar nicht unbedeutend, aber sie darf nicht vorrangig sein. Geld und Gut müssen hinreichend vorhanden sein, dürfen aber nicht den Ausschlag für eine Ehe geben. Ausschlaggebend muß der Wert der Person sein, die man als Gatten oder als Gattin heimführen will.

Was ist dann also für die wohlüberlegte Gattenwahl zu beachten? Erstens das Gebet um den richtigen Partner. Das Gebet ist das erste Mittel zu einer guten Wahl, weil es die Seele öffnet für die Führung Gottes. Man muß beten den richtigen Partner zu finden. Man muß beten, daß man erkenne, ob es der richtige Partner ist. In Frankreich gibt es ein Sprichwort. Es lautet: „Wenn du in den Krieg ziehst, dann bete einmal. Wenn du ein Schiff besteigst und dich auf See begibst, dann bete zweimal. Wenn du aber eine Ehe eingehst, dann bete dreimal.“ Offenbar ist der letzte Gang der am meisten gefährdete, weil es auf dem Schlachtfeld und auf hoher See nur um das zeitliche, in der Ehe aber um das ewige Leben geht.

Das zweite, was man tun muß, ist, daß man sich beratschlagt. Beraten heißt, sich erst einmal durch eigenes Nachdenken Gedanken darüber zu machen, was für die Wahl dieses Gatten spricht und was vielleicht dagegen spricht. Weil man jedoch in der eigenen Sache stets ein schlechter Ratgeber ist, muß man unbedingt auch Rat von anderen Personen einholen; von den Eltern, von Freunden oder vom Beichtvater. Freilich, wird wohl jeder Mensch von sich behaupten, es dürste ihn gerade in einer so wichtigen Frage wie der Partnerwahl nach nichts anderem als der Wahrheit. Doch leider ist es eine immer wiederkehrende Tatsache, daß die Wenigsten den Geschmack der Wahrheit schätzen, wenn sie dann aufgetischt wird. Die Menschen wollen gern beraten sein, aber häufig wollen sie in der Beratung das vernehmen, was sie selbst für sich schon längst beschlossen haben. Frei nach dem Motto: „Ratet mir gut, aber ratet mir nicht ab!“ – Freilich sind bezüglich der Gattenwahl nur solche Ratschläge ernst zu nehmen, die sich an objektiven Kriterien festmachen lassen. Ein Ratschlag, der nur auf Sympathie oder Antipathie beruht, oder auf dem berüchtigten Bauchgefühl, ist wertlos. Aber man muß jeden Rat annehmen, der von vernünftig denkenden Leuten stammt, die nüchtern und vorurteilsfrei urteilen und dabei das Wohl des eigenen Freundes, oder der eigenen Freundin im Auge haben.

Wichtige Kriterien für die Gattenwahl

Welches aber sind nun konkret die Vernunftgründe, die hinsichtlich der Wahl eines Ehepartners alleine und im Austausch mit anderen möglichst vorurteilsfrei erwogen werden müssen? – Da ist zu allererst und vor allen andern die berühmte Gretchen-Frage: „Wie steht es mit der Religion?“ – Dabei geht es nicht nur darum, ob die für die Ehe in Frage kommende Person im Besitz eines katholischen Taufscheins ist, sondern ob sie wahrhaft katholisch ist. Denken wir daran. Der erste Zweck der Ehe dient dazu, Kinder hervorzubringen und zu erziehen, damit sie ihre Seele retten können. Wie soll aber die katholische Erziehung der Kinder gelingen, wenn ein Elternteil entweder gar nicht katholisch oder nur lau in der katholischen Glaubenspraxis ist? Die katholische Religion verlangt den Gläubigen eine hochstehende Sittlichkeit ab, die ja zur Erlangung das ewigen Heiles erforderlich ist. Was werden wohl Kinder tun, angesichts des einen Elternteils, der immer sonntags zur hl. Messe geht, der regelmäßig beichtet und treu nach den Geboten lebt, was ja einiges an Verzicht bedeutet; und des anderen Elternteils, der es mit alledem nicht so genau nimmt? Was werden die Kinder tun? Es ist zu erwarten und in der Regel geschieht es, daß sie ab einem gewissen Alter lieber dem bequemeren Weg der Lauheit bis hin zum Glaubensabfall folgen. Deshalb: Gott will, daß aus der Ehe Kinder hervorgehen. Er will aber nicht, daß diese Kinder einst verdammt, sondern für den Himmel erzogen werden. Deshalb müssen die Eltern, beide Eltern, praktizierende Katholiken sein. Und deshalb müssen bei der Gattenwahl all diejenigen von vorneherein ausscheiden, die sich der katholischen Glaubenspraxis völlig verschließen; sei es weil sie selbst einer anderen Religion angehören, sei es, weil sie der katholischen Religion gleichgültig bis ablehnend gegenüberstehen. Einige Ungläubige, Andersgläubige und kirchlich-fernstehende Personen haben sich vor der Ehe zur Annahme des katholischen Glaubens bewegen und für die katholische Glaubenspraxis gewinnen lassen und sind gute Ehegatten geworden. – Freilich wird es in unserer heutigen Diasporasituation kaum möglich sein, einen Ratschlag zu befolgen, der in früheren Zeiten gegeben wurde: „Wenn du deinen zukünftigen Gatten suchst, dann suche ihn in der Kirche.“ Dennoch bleibt die Frage nach der Religion die erste und maßgebliche. Wenn darin keine grundsätzliche Übereinstimmung erreicht werden kann, macht eine Ehe keinen Sinn, selbst wenn alle anderen Faktoren günstig wären. Wenn sich also bei einer Bekanntschaft abzeichnet, daß sich auf dem Gebiet des Glaubens kaum etwas bewegt, dann ist es für den katholischen Teil reine Zeitverschwendung diese Bekanntschaft weiter zu unterhalten, weil daraus nie eine glückliche Ehe werden kann. Religion heißt Bindung, und zwar Bindung an Gott. Wer keine tiefe Bindung an Gott hat, wie wird sich derjenige auf Dauer an die Ehe gebunden wissen? Deshalb fehlt ohne die wahre Religion einer jeden Ehe der tragende Boden.

Als zweites Kriterium, das für die Gattenwahl entscheidend ist, sind die Tugenden anzuführen. Tugenden sind Fertigkeiten im Guten. Sie sind das wichtigste im ehelichen Zusammenleben. Hierbei ist zwischen dem Mann und der Frau zu unterscheiden. Der Mann muß sich fragen, ob die in Frage kommende Frau Eigenschaften besitzt wie Fleiß, Sanftmut, Güte, Geduld? Oder ist sie ein arbeitsscheuer, egoistischer Typ, der mehr der neuesten Mode und eigenen Interessen nachhängt? Er muß auch darauf achten, ob sie häuslichen Sinn hat. Kann sie einen Haushalt führen und Kinder erziehen? Eine Frau die nur gerne ausgeht und Geld ausgibt, hingegen weder kochen noch nähen kann und auch nicht putzen will, wird ihren Haushalt kaum meistern und damit ihrem Mann, ihren Kindern, ihrer Ehe und ihrer Familie nicht wirklich segensvoll dienen können. Die Frau muß Familiensinn haben. – Unsere heutige Gesellschaft glorifiziert den Typ der Karrierefrau. Dazu muß gesagt werden, daß Karrierefrauen für gute Ehen wenig geeignet sind. Die Karrierefrau denkt an ihren beruflichen Aufstieg und dem ordnet sie nicht selten die Liebe zu ihrer Familie und ihre Pflichten gegenüber der Familie unter. Das aber ist keine Basis für eine segensreiche Ehe. – Schließlich muß der Mann auch darauf achten, ob die Frau sich bewahrt, oder ob sie leicht zu haben wäre.

Die Frau hingegen muß sich bei ihrem Verehrer an erster Stelle fragen, ob er beruflich tüchtig ist. Der Beruf ist nun einmal eine wichtige Grundlage im Leben des Mannes. Er ist der Ernährer seiner Familie. Aus dem Beruf generiert er das Einkommen. Und ohne Basis eines hinreichenden materiellen Auskommens läßt sich nur schwerlich ein anhaltendes Familienglück bauen. – Ein Mann muß deshalb arbeitswillig, leistungsfähig, in seinem Fach ausgewiesen sein. Wer in seinem Beruf nichts taugt, der wird auch in der Ehe seine Pflichten als Gatte und Vater kaum erfüllen können. Die Frau muß ferner auf den Charakter des Mannes achten. Ist er ehrlich, zuverlässig, treu, beherrscht? Sklaven des Alkohols, des Nikotins oder der Spielkonsole sind nicht gut geeignet, um ausgezeichnete Ehemänner und Väter zu werden. Sodann: Wie verhält er sich bei Meinungsverschiedenheiten? Die Beherrschung ist überhaupt etwas vom Allerwichtigsten, was eine Frau an ihrem zukünftigen Mann finden muß. Das dritte Kriterium schließlich, welches es im Zusammenhang mit der Gattenwahl zu bedenken gilt, ist die Frage, ob die beiden auch tatsächlich zueinander passen. Für gewöhnlich gelingen Ehen am besten, wenn die Unterschiede nicht allzugroß sind. Das fängt etwa bei der Bildung an. Wenn die Bildungsunterschiede zu beträchtlich sind, besteht die Gefahr, daß die Gatten zu wenige gemeinsame Interessen haben und daß der überlegenere Teil es den anderen spüren läßt. Ähnliches gilt im Hinblick auf das Alter, das Temperament, für die kulturelle und gesellschaftliche Herkunft oder auch hinsichtlich der Vermögensverhältnisse aus denen beide stammen. Zu große Unterschiede bergen gewisse Gefahren, die in der Gattenwahl bedacht und gegeneinander abgewogen werden müssen.

Wir können also das bedeutende Kapitel der Partnerwahl in folgende Fragen zusammenfassen: 1. Wie sieht es aus mit der Religion und der religiösen Praxis? 2. Sind die notwendigen Tugenden vorhanden? Kann ich mir diese Frau als treusorgende, umsichtige Mutter meiner Kinder vorstellen? Ist er der aufopferungsvolle, gütige Vater meiner Kinder? Und 3. passen wir zusammen? Haben wir hinreichend Gemeinsamkeiten, die unsere Unterschiedlichkeit verkraft? Anhand dieser Frage ist eine Wahl zu treffen, ob es überhaupt Sinn macht, weitere Zeit, Energie, Gefühle und Herzblut in eine Bekanntschaft zu investieren. Ja, an sich erst wenn der Punkt der Gattenwahl Hoffnung auf eine Ehe gibt, ist erst Platz für die Gefühle; für das, was man Liebe nennt.

Die Zeit der Brautschaft

Die dritte Stufe ist sodann die Zeit der Brautschaft und des Verlöbnisses. Es ist eine schöne Zeit. Beide dürfen erfahren: Es gibt da jemanden, für den ich etwas bedeute. Und ich habe jemanden, der mir etwas bedeutet. Das ist ja die Erfüllung einer tief im Menschen schlummernden Sehnsucht – angenommen und geliebt zu werden. Die Liebe hat mehrere Stufen und Grade. Auf der niedrigsten Stufe spricht sie: „Ich will dich besitzen.“ Die begehrende Liebe ist eigentlich egoistisch. Deshalb bedarf sie dringend einer Erhöhung. Zu dem Begehren „Ich will dich besitzen“ muß deswegen hinzukommen: „Ich will mich dir schenken.“ Die Ehe ist ja nichts anderes als die unwiderrufliche Übereignung zweier Personen aneinander. Sie übereignen sich später am Traualtar mit Körper und Geist an den anderen, damit sie wie ein Herz und eine Seele seien. Diese Liebe nennen wir die „schenkende Liebe“. Die schenkende Liebe geht von sich selbst weg. Sie übergibt sich dem anderen. So wird die begehrende Liebe in einem ersten Schritt geordnet, erhoben und ehrbar gemacht. – Aber damit ist die Liebe noch nicht geläutert und geheiligt. Es bedarf noch einer dritten Stufe, die sagt: „Ich will dir dienen.“ Ich will nichts für mich haben. Ich will alles für dich tun. Ich will dich mit der Liebe des Wohlwollens und der Selbstlosigkeit lieben. Die dienende Liebe ist die höchste Stufe der Liebe. Der Gedanke an das Ich tritt soweit zurück, daß es nicht mehr „Mein“ und „Dein“ geben soll, sondern nur das gemeinsame, das „Unsere“. Diese dienende Liebe soll nun in den jungen Menschen, die einander kennengelernt und festgestellt haben, daß sie zueinander passen würden, vorhanden sein und wachsen. – Wie kann diese Liebe wachsen? Einerseits, daß beide anfangen, alles was sie tun, ihre Berufs- und Standespflichten, auch mit für den anderen tun. Es ist noch einmal Zeit um am eigenen Charakter zu feilen, um die Schärfen und Kanten für den anderen, für das gemeinsame Eheglück abzuschleifen. Man soll sich auch praktisch üben. Man soll seine beruflichen Fähigkeiten mit Eifer vervollkommnen, sich Fertigkeiten aneignen, die man bisher noch nicht besessen hat; seien es handwerkliche Dinge für den Mann, oder Fertigkeiten in der Haushaltsführung für die Frau. Man soll an das künftige Heim denken und auf die notwendigen Anschaffungen hinsparen. Auch die Familie des anderen sollte man in dieser Zeit kennenlernen. Es soll sich daraus eine Aufnahme in die Familie des einen wie des anderen ergeben. Während also einerseits das Leben der beiden Bekannten mehr und mehr zusammenwächst, bedarf die Zeit vor der Ehe auch der Distanz. Es wäre ungesund, wenn die beiden Verlobten nur noch aneinander kleben würden oder nur noch ihre gemeinsame Zukunft im Sinn hätten. Nein, um auch einem späteren Familienegoismus, der nur noch „unsere Familie“ kennt, vorzubeugen, sollen beide sich unabhängig voneinander durch Werke der Nächstenliebe üben; etwa im Freundeskreis, in einem Verein oder in der Nachbarschaft.

Distanz ist ferner notwendig auf dem Gebiet der geschlechtlichen Sittlichkeit. Das Feuer ist wohltätig und wärmend, wenn es recht gehütet wird. Aber wehe, wenn es bei einem Brand zu einer verheerenden Macht wird. Ähnlich ist es mit der Liebe. Wenn das Begehren des Fleisches die Oberhand gewinnt, wenn die Sinnlichkeit die Vernunft besiegt, wenn die schenkende und dienende Liebe vergessen wird, dann wird die Zeit der Brautschaft und des Verlöbnisses zu einer großen Gefahr. Dieser Gefahr muß man begegnen. Die Echtheit der Liebe muß sich bewähren in dem Entschluß beider: „Wir wollen rein in die Ehe gehen! Wir wollen Gottes Segen und nicht Gottes Fluch über unsere Ehe herabrufen.“ Denn nicht umsonst lautet ein Sprichwort: „Soviel Sünden vor der Ehe, soviel Tränen in der Ehe.“ Das Ziel der Reinheit des Hochzeitstages muß beiden klar vor Augen stehen und in ihnen alle Kräfte mobilisieren, um ihm zu genügen. Dazu bedarf es der klugen Vorsicht. Man muß die gefährlichen Gelegenheiten meiden.

Es ist immer eine Gefahr dabei, wenn der Dachdecker einen Kirchturm besteigt. Aber er darf ihn besteigen, weil er dort eine notwendige Arbeit zu besorgen hat. Er bleibt nicht länger, als die Arbeit dauert, und er besteigt den Turm nicht bei finsterer Nacht und auch tagsüber nicht bei heftigem Sturm. – Daß junge Leute sich kennenlernen liegt in der Natur der Sache und hat seine Berechtigung. Aber ist es dazu nötig allein bis tief in die Nacht zusammenzubleiben? Ganze Wochenenden allein miteinander zu verbringen? – Auch wenn sich beide sicher sind den Partner fürs Leben gefunden zu haben, dürfen sie nie vergessen, daß sie noch nicht verheiratet sind und sie sich deshalb in eine gewisse Gefahr zur Sünde begeben. Deshalb ist Vorsicht angesagt! Sie dürfen sich nicht des Nachts und erst recht nicht im tosenden Sturm der Leidenschaften alleine begegnen. – Vorsicht und Distanz ist auch angesagt in den Umgangsformen. Daß sich junge Verliebte einander ihre Liebe zeigen wollen liegt ebenfalls in der Natur der Sache, hat also eine gewisse Berechtigung. Es sei jedoch darauf hingewiesen, daß selbst den Verlobten, also denjenigen die sich bereits zur Ehe versprochen haben, im Umgang miteinander nicht mehr gestattet ist, als allen anderen Personen. Innige Küsse und Umarmungen, welche die Leidenschaften wecken, oder sonstige Formen von Zärtlichkeit, welche dieselbe Wirkung zeitigen, sind auch unter ihnen schwer sündhaft und deshalb unstatthaft. Als Maßstab für einen richtigen Umgang unter Verliebten gilt folgende Regel: Es ist alles erlaubt zu sagen und zu tun, was man in Gegenwart der Eltern oder einer dritten Person bedenkenlos sagen oder tun könnte, ohne, daß diese dritte Person, dadurch peinlich oder gar anstößig berührt würde. Das ist die Grenze, auch für Verlobte. Wer sie überschreitet, sündigt. – Deswegen heißt es insbesondere in der Zeit der Brautschaft, diese Gefahr vermeiden. Man muß die Seele freihalten. Man darf nicht Filme und Bilder anschauen, welche die Begierden des Fleisches aufstacheln. Man muß die Gelegenheiten auch im Hinblick auf die Schwäche des anderen meiden; sich darum sorgen, daß auch der andere nicht Feuer fängt. Und dazu muß man auch die Mittel anwenden, um rein zu bleiben. Das Gebet, die Beichte, die hl. Kommunion, die gesunde Distanz. Zum Zweck der Bewahrung der Keuschheit ist es auch notwendig, die Zeit der Brautschaft nicht unnötig in die Länge zu ziehen. Es ist zwar unbedingt jede Übereilung zu vermeiden, und doch ist eine gewisse Zielstrebigkeit durchaus angesagt. Man nehme sich die notwendige Zeit zur Prüfung, ob eine Ehe vernünftig wäre. Sind die Voraussetzungen gegeben, dann sollte man auch versuchen zu einem festen Verlöbnis und zu einer baldigen Hochzeit zu kommen. Stellt sich hingegen heraus, daß man nicht zueinander paßt, so verschwendet man nur die eigene Zeit und die Zeit des anderen Teiles, wenn man die Verbindung weiter unterhält. Was sollen Bekanntschaften und Verlöbnisse, die nicht wochen- und monatelang, sondern jahrelang dauern? Sie sind eine Gefahr zur Sünde. Sie sind eine freiwillige Gefahr zur Sünde. Sie führen nicht selten zur Sünde und sind häufig selbst Sünde.

Die meisten von uns sind zwar nicht in der Lage oder in der Notwendigkeit, auf Partnersuche zu gehen. Aber jeder von uns kann in die Lage kommen, anderen zu raten, ob er diese Frau oder ob sie jenen Mann heiraten soll. Dann wollen wir das beherzigen, was wir soeben erwogen haben: Nämlich, daß die Menschen sich charakterlich und sittlich auf die Ehe vorbereiten müssen; daß sie sich ernste Fragen stellen müssen, ob sie zueinander passen, ob der andere das besitzt, was zu einer Ehe unerläßlich ist; und daß wir ihnen vor allen Dingen sagen: „Bete um eine gute Partnerwahl! Laß dich vorurteilsfrei beraten! Bewahre dich rein für eine glückliche Ehe!“ Amen.

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